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Benutzername: 
dorli
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Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 883 Bewertungen
Bewertung vom 11.09.2017
Aquila
Poznanski, Ursula

Aquila


gut

Siena. Die 19-jährige Studentin Nika Ruland wacht in ihrem Zimmer auf. Ihre Klamotten sind matschverkrustet, sie vermisst ihr Handy, ebenso ihre Schlüssel, ihren Pass und den Akku für ihr Notebook. Damit nicht genug, ihr fehlt zudem jegliche Erinnerung an die vergangenen zwei Tage. Dafür entdeckt sie in ihrer Hosentasche einen Zettel mit rätselhaften Notizen, auf dem Badezimmerspiegel eine mysteriöse Botschaft und ein blutbeflecktes Männershirt vor der Waschmaschine. Ihre Mitbewohnerin kann Nika zu der ganzen Situation nicht befragen, denn Jenny ist spurlos verschwunden…

Die Kurzbeschreibung zu „Aquila“ hat mich sofort neugierig gemacht und mich eine fesselnde, mitreißende Geschichte erwarten lassen; eine spannende Spurensuche, bei der man mitfiebern und miträtseln kann.

Ich mag den Schreibstil von Ursula Poznanski sehr und war bisher immer begeistert von ihren Geschichten, aber mit „Aquila“ hat mich die Autorin nicht gerade vom Hocker gerissen. Dort, wo ich das Besondere erwartet habe, habe ich nur Durchschnitt bekommen und bin entsprechend ein wenig enttäuscht.

Der Start ist eigentlich äußerst vielversprechend, Nika befindet sich in einer vermeintlich ausweglosen Lage, sie weiß nicht, wem sie vertrauen kann und ist demzufolge verzweifelt. Es gelingt der Autorin hier sehr gut, Nikas Gedanken und Gefühle darzustellen und auf den Leser zu übertragen. Ich fiebere mit Nika mit und verfolge gespannt ihre nächsten Schritte. Doch so richtig in Schwung kommt die Handlung nicht.
Die Geschichte wird ziemlich in die Länge gezogen – es passiert zwar immer etwas, so dass man Weiterlesen möchte, aber die wirklich spannenden Passagen gibt es nur häppchenweise, der größte Teil besteht aus den Befindlichkeiten und Unsicherheiten der Protagonistin.
Im letzten Drittel des Buches geht es dann Holterdiepolter, Nika findet Antworten zu den rätselhaften Notizen. Das Geschehen wird dabei jedoch immer unrealistischer, die Akteure handeln kaum noch nachvollziehbar und die Geschichte mündet schließlich in einer verworrenen und unglaubwürdigen Auflösung.

Auch in punkto Lokalkolorit ist Ursula Poznanski hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben. Ich konnte mir die Schauplätze zwar vorstellen, aber die besondere Atmosphäre, die eine Stadt wie Siena ausstrahlt, ist bei mir nicht angekommen.

„Aquila“ kann meiner Meinung nach nicht mit anderen Büchern der Autorin mithalten. Dazu fehlt es dieser Geschichte an raffinierteren Verstrickungen, gewitzteren Figuren und einer ausgefeilteren Handlung (2,5/5).

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.09.2017
Die Moortochter  (Restauflage)
Dionne, Karen

Die Moortochter (Restauflage)


ausgezeichnet

Michigan/Upper Peninsula. Helena ist in primitiver Isolation aufgewachsen. Bis zu ihrem 12. Lebensjahr hat sie zusammen mit ihren Eltern in einer Blockhütte mitten im Moor gelebt und ist schon in jungen Jahren zu einer ausgezeichneten Jägerin und Fährtenleserin geworden. In Helenas Augen war ihr Vater Jacob Holbrook ein Held – bis der Tag kam, an dem sie erfahren musste, dass Jacob in Wahrheit ein gefährlicher Psychopath ist, der ihre Mutter entführt hat…

Es ist mittlerweile 15 Jahre her, dass Helena mit ihrer Mutter fliehen konnte. Während ihr Vater seit damals in einem Hochsicherheitsgefängnis sitzt, hat Helena alle Verbindungen zu ihrer Kindheit gekappt. Sie lebt zufrieden mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Sault Ste. Marie und verdient ihren Lebensunterhalt mit dem Kochen von Marmeladen und Gelees. Diese Beschaulichkeit stürzt in sich zusammen, als Jacob aus dem Gefängnis ausbricht - Helena ist sofort klar, dass sich ihre Familie in großer Gefahr befindet. Und sie weiß auch, dass nur sie ihren Vater aufspüren kann. Eine unerbittliche Jagd beginnt…

Karen Dionne versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil ganz hervorragend, den Leser in den Bann dieser dramatischen Geschichte zu ziehen. Schon nach wenigen Seiten fiebert man mit Helena mit und verfolgt gespannt das mitreißende Geschehen.

Dass die Autorin mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter ein alternatives Leben in einer Hütte auf der Upper Peninsula geführt hat und damit über einen reichen Erfahrungsschatz bezüglich dem Leben in der Einöde verfügt, spürt man auf fast jeder Seite dieses Buches. Die Beschreibungen der urwüchsigen Natur und des Alltags in der Abgeschiedenheit sind ausführlich, faszinierend und eindringlich.

Während Ich-Erzählerin Helena sich in der aktuellen Handlung auf die Suche nach ihrem entflohenen Vater macht, erzählt sie ausgiebig in zahlreichen Rückblenden von den Erlebnissen während ihrer Kindheit.
Helena wächst in kargen Verhältnissen auf – keine Elektrizität, kein fließend Wasser, keinerlei Kontakt zur Außenwelt. Lesen lernt sie anhand alter National-Geographic-Magazine; ihre Kenntnis über das Leben außerhalb des Moores beschränkt sich auf den Inhalt der Artikel in diesen Zeitschriften. Erzogen wird Helena von einem Vater, der ein ausgesprochener Narzisst und Sadist ist. Doch das bemerkt Helena viele Jahre nicht. Sie blickt bewundernd zu Jacob auf, lernt alles Wissenswerte über die Natur und die Dinge, die für das Überleben in der Wildnis wichtig sind. Derbe Schläge und unmenschliche Strafen nimmt sie hin, weil sie davon überzeugt ist, diese seien rechtens. Erst nach und nach erkennt sie, wie ihr Vater wirklich tickt…

Besonders gut gefallen hat mir Karen Dionnes Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle ihrer Protagonistin darzustellen und auf den Leser zu übertragen. Man erlebt alle Höhen und Tiefen, die Helena im Verlauf der Handlung durchmacht, sehr intensiv mit. Als Leser kann man sich dabei nicht nur ein umfassendes Bild von ihrer Entwicklung machen, man bekommt durch Helenas Augen auch hautnah vermittelt, wie selbstverliebt, rücksichtslos und egoistisch ein Mensch mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung denkt und handelt.

„Die Moortochter“ hat mir äußerst gut gefallen. Ein spannend erzähltes Psychodrama, das den Leser eindringlich an dem Schicksal der einzelnen Akteure teilhaben lässt.

Bewertung vom 04.09.2017
Grado im Dunkeln / Kommissarin Degrassi Bd.2
Nagele, Andrea

Grado im Dunkeln / Kommissarin Degrassi Bd.2


sehr gut

Grado. Die Lehrerin Violetta Capello und ihre Kollegin Olivia Merluzzi haben nach dem Besuch eines Konzertes eine Autopanne. Die beiden warten auf dem Seitenstreifen auf den Abschleppwagen. Als Oliva kurz zum Auto geht, um ihr Handy zu holen, verschwindet Violetta spurlos… Violetta wird einige Zeit später auf einem Parkplatz entdeckt – sie wurde verschleppt und vergewaltigt. Commissaria Maddalena Degrassi nimmt die Ermittlungen auf und stellt schnell fest, dass Violetta nicht das erste Opfer war…

„Grado im Dunkeln“ ist bereits der zweite Fall rund um Maddalena Degrassi, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis des ersten Bandes bestens verständlich.

Andrea Nagele zeigt auch in diesem Krimi, dass sie ein gutes Händchen für psychologisch ausgefeilte Krimis hat – ich war ruckzuck mittendrin im Geschehen und konnte sehr gut nachempfinden, was Violetta durchmachen musste. Die Autorin schildert sehr eindringlich, mit welchen Dämonen die Opfer von Gewaltverbrechen zu kämpfen haben und wie wichtig es ist, dass Betroffene professionelle Hilfe bekommen.

Andrea Nagele versteht es dabei ausgezeichnet, dem Leser die Gedanken und Gefühle, die Ängste, die erdrückenden Erinnerungen und die Albträume, die Violetta nach dem traumatischen Erlebnis den Boden unter den Füßen wegziehen, zu vermitteln.
Auch die Rat- und Hilflosigkeit der Menschen aus dem persönlichen Umfeld der Opfer und deren ganz unterschiedlicher Umgang mit der schwierigen Situation wird beleuchtet.

Maddalena Degrassi ist bewusst, dass sie schnell handeln muss, um den Täter zu stoppen, doch fehlende Spuren und Hinweise lassen die Ermittlungen stocken - Maddalena kann nicht verhindern, dass eine junge Frau ermordet wird…

„Grado im Dunkeln“ hat mir insgesamt gut gefallen. Die Geschichte wird spannend erzählt und ich konnte mit den Akteuren mitfiebern. Der eigentliche Kriminalfall lässt mich jedoch ein wenig unzufrieden zurück, weil Fragen offen bleiben. Es gelingt Maddalena zwar am Ende, einen Täter dingfest zu machen - die Indizien sind erdrückend, der vermeintliche Täter gesteht – und doch bleiben Zweifel, ob der Fall wirklich aufgeklärt wurde.

Bewertung vom 31.08.2017
Bodden-Tod
Kastner, Corinna

Bodden-Tod


ausgezeichnet

Barnstorf/Fischland. Die Schriftstellerin Greta Sievers hat den Auftrag des Galeristen Matthias Röwer angenommen, eine Biographie über dessen Großvater zu schreiben. Nicht nur das Honorar lockte, auch die Aussicht, einige Zeit auf dem malerischen Fischland zu leben und zu arbeiten, hat Greta nicht zögern lassen, Röwer zuzusagen - und damit rauscht die Mittdreißigerin in eine Geschichte, die immer mysteriöser zu werden scheint und schließlich sogar richtig gefährlich wird…

Corinna Kastner hat einen angenehm zu lesenden, sehr fesselnden Schreibstil, so dass ich schnell mittendrin im Geschehen war und schon nach kurzer Zeit das Gefühl hatte, mit allen Akteuren gut vertraut zu sein.

Ganz besonders punkten kann Corinna Kastner mit ihrer Darstellung von Land und Leuten. Die Handlungsorte werden detailreich beschrieben und die Eigenart und Schönheit der Landschaft hervorgehoben - den ganzen Charme, den der Landstrich zu bieten hat, hat die Autorin in ihren Krimi gepackt. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, dass Greta begeistert war, für einige Zeit dort zu leben und bin mir sicher, dass ich mich in diesem Idyll auch wohlfühlen würde.

Corinna Kastner hat auch ein gutes Händchen für Figuren. Jeder Einzelne bekommt schnell ein Gesicht und nimmt einen wichtigen Platz in der Geschichte ein. Die Akteure werden dabei allesamt sehr authentisch dargestellt, wirken echt und handeln glaubwürdig und nachvollziehbar.

Auf Greta warten nicht nur ein interessanter Auftrag und ein idyllisches Flecken Erde, sie bekommt es während ihrer Recherchen auch mit einem dunklen Familiengeheimnis und einer skelettierten Leiche zu tun – Ungereimtheiten, Gerüchte und rätselhafte Andeutungen ranken sich um die Familie Röwer und lassen nicht nur Greta, sondern auch den Leser über die Geschehnisse innerhalb der Familie und über das vor Jahren spurlose Verschwinden von Gretas Vorgängerin, der Biographin Wiebke Theunert, grübeln und spekulieren.

„Bodden-Tod“ hat mich durchweg begeistert. Eine herrliche Mischung aus Spannung, Romantik und wunderbarem Lokalkolorit - die abwechslungsreiche Handlung hat mich nicht nur sehr gut unterhalten, sondern hat mir auch viel Platz zum Miträtseln über Täter, Motive, Zusammenhänge und Hintergründe gegeben.

Bewertung vom 30.08.2017
Endstation Neukölln
Roters, Connie

Endstation Neukölln


ausgezeichnet

Berlin-Neukölln. Im Hausflur eines Hauses in der Braunschweiger Straße wird der Drogendealer Johannes Faris Rosenholz erstochen aufgefunden. Die Spur führt in die Wohnung des drogensüchtigen Thomas „Toto“ Tollner. Kurze Zeit später wird der rechtsextreme Daniel Busse erschlagen auf einem Grünstreifen der Schillerpromenade entdeckt – nicht nur die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen den Mordfällen gibt den ermittelnden Kommissaren Rätsel auf…

„Endstation Neukölln“ ist bereits der dritte Fall für Breschnow und seine Kollegen, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

In diesem Krimi stellt Connie Roters die Menschen, die in unserer Gesellschaft keinen Halt finden, in den Mittelpunkt und nimmt den Leser mit in eine dunkle Parallelwelt, in der Alkohol und Drogen an der Tagesordnung sind und Gewalt und kriminelle Machenschaften vorherrschen.

Mit ihren detailreichen Beschreibungen und ausführlichen Schilderungen zeichnet Connie Roters ein sehr authentisches Bild des Berliner Bezirkes. Jede Szene wirkt lebendig und ist fesselnd, so dass ich nicht nur ruckzuck mittendrin im Geschehen war, sondern auch durchweg bestens mit den Akteuren mitfiebern und mit den Ermittlern über Hintergründe und Zusammenhänge mitgrübeln und miträtseln konnte.

Die Akteure werden von Connie Roters vielschichtig präsentiert. Jeder Einzelne spielt die ihm zugedachte Rolle ausgezeichnet und belebt mit seinen Eigenarten, Macken und Besonderheiten die Szenerie. Alle sind ausdrucksstark, wirken echt und handeln glaubwürdig. Man lernt ihren Alltag kennen, erfährt etwas über ihre Probleme, ihre Ängste und Sorgen, ihre Träume und Erinnerungen. Man erhält einen Einblick in ihre Gedanken und Beweggründe und erlebt alles, was sie durchmachen, sehr intensiv mit.

Hauptkommissar Stefan Breschnow liebt seine Neuköllner Kieze mit all ihren hellen und dunklen Facetten. Der Hobbylyriker, dem zu seinem Leidwesen im Moment die Worte für seine Gedichte fehlen, wirkt immer ein wenig mürrisch. Er raucht Kette, kann die Finger nicht von Alkohol lassen und begeht diesmal während der Ermittlungen einen folgenschweren Fehler.
Am meisten ans Herz gewachsen ist mir die 18-jährige Kimmie Naumann. Kimmie wird nicht nur von einer Jugendbande drangsaliert und sorgt sich um ihren heroinabhängigen Freund Toto, sie kümmert sich auch um ihre jüngeren Schwestern, weil ihre alkoholabhängige Mutter nicht dazu in der Lage ist. Man bangt um Kimmie und hofft durchweg, dass sie einen Ausweg aus ihrer Misere finden wird.
Auch die Journalistin Cosma Anderson spielt eine wichtige Rolle. Gespannt kann man verfolgen, ob sie ihrem Ziel, als Kriminalreporterin Fuß zu fassen, näher kommt oder ob sie sich in ihrem Eifer doch zu weit vorwagt.

Nicht nur die Charaktere sind interessant, auch der Kriminalfall ist spannend und wird im Verlauf der Handlung immer dramatischer. Breschnow & Co. geraten in einen Strudel aus Lügen, Gewalt und mieser Geschäftemacherei. Zahlreiche offene Fragen und überraschende Wendungen sorgen für ein abwechslungsreiches Geschehen und lassen zu keiner Zeit Langeweile aufkommen.

„Endstation Neukölln“ hat mich durchweg begeistert. Ein fesselnder, gut durchdachter Krimi, der nicht nur von der ersten bis zur letzten Seite kurzweilige, spannende Unterhaltung bietet, sondern aufgrund seiner aufwühlenden Thematik lange nachhallt.

Bewertung vom 29.08.2017
Das vorwitzige Frauenzimmer
Jennings, Regina

Das vorwitzige Frauenzimmer


ausgezeichnet

Missouri, 1885. Der 24-jährige Deputy Joel Puckett wurde in das kleine Städtchen Pine Gap versetzt, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Es heißt, die Verantwortlichen dort seien korrupt und in illegale Machenschaften verstrickt und die Bürger würden sehnlichst auf Hilfe von außerhalb warten – eine Fehlinformation! Die Einwohner von Pine Gap wollen ihre Probleme allein lösen und lassen den aus Texas stammenden Joel spüren, dass er in ihrer Stadt überflüssig ist…

Die ebenfalls 24-jährige Betsy Huckabee möchte eine erfolgreiche Reporterin werden. Ein Traum, der noch nicht in Erfüllung gegangen ist, weil ihre bisherigen Artikel den überregionalen Zeitungen zu langweilig waren. Das ändert sich mit der Ankunft von Joel Puckett. Inspiriert von dem gutaussehenden Gesetzeshüter und seinen Erlebnissen erfindet Betsy Geschichten und landet mit ihrer Artikelserie über einen schneidigen Deputy und seine Heldentaten einen Volltreffer…

„Das vorwitzige Frauenzimmer“ ist das erste Buch, das ich von Regina Jennings gelesen habe und ich bin begeistert! Die Autorin hat einen frischen, lebendigen Schreibstil, die Beschreibungen und Schilderungen sind sehr humorvoll und die Dialoge – besonders zwischen Betsy und Joel – haben viel Witz und bringen dadurch eine Menge Schwung in die Handlung.

Die lebhafte Betsy ist mir sehr schnell ans Herz gewachsen. Sie ist selbstbewusst, energiegeladen, unerschrocken und schlagfertig. Tatkräftig lässt sie nichts unversucht, um ihre Ziele zu erreichen: eine erfolgreiche Reporterin werden, in einem eigenen Haus leben und unabhängig sein – auf einen Mann an ihrer Seite kann sie dabei gut verzichten.

Auch Joel war mir von der ersten Seite an sympathisch. Der Deputy musste seine Heimat verlassen, weil er angeblich eine junge Frau kompromittiert hat und diese trotz Drängen seines Umfeldes nicht heiraten wollte. Sobald man den Deputy kennengelernt hat, ist klar, dass die Anschuldigungen gegen ihn nur eine Lüge sein können, so ehrlich und aufrichtig wirkt er. Für ihn zählen nur Recht und Gesetz, sein Ziel ist es Sheriff zu werden – auf eine Frau an seiner Seite kann er dabei gut verzichten.

Dass weder Betsy noch Joel der Sinn nach Romantik steht, kann die Autorin ihren Hauptprotagonisten natürlich nicht durchgehen lassen – und so lässt Regina Jennings die beiden so lange gemeinsame Abenteuer bestehen, bis die Geschichte ihren vorbestimmten Lauf nimmt :-)

„Das vorwitzige Frauenzimmer“ ist eine schwungvolle Geschichte, bei der Humor, Romantik und Historie nicht zu kurz kommen. Eine Leseempfehlung für alle, die romantische Wildwest-Komödien mögen.

Bewertung vom 29.08.2017
Die Räuberbraut
Fritz, Astrid

Die Räuberbraut


ausgezeichnet

In ihrem historischen Roman „Die Räuberbraut“ entführt Astrid Fritz den Leser in das frühe 19. Jahrhundert in den Hunsrück und erzählt die Geschichte der Musikantentochter Juliana „Julchen“ Blasius, die drei Jahre lang mit dem als Schinderhannes bekannt gewordenen Räuber Johannes Bückler durch die Lande gezogen ist.

Astrid Fritz hat die zahlreichen historischen Fakten und Hintergründe rund um Johannes Bückler und das Wenige, das über Juliana selbst bekannt ist, mit einer spannenden fiktiven Geschichte verknüpft und ein umfassendes und sehr glaubwürdiges Bild der Welt der Räuber und Gauner zur damaligen Zeit gezeichnet.
Besonders gut gefallen hat mir, dass die Autorin viele Begriffe aus dem Rotwelsch in die Dialoge eingeflochten hat - das macht die ganze Geschichte noch überzeugender und authentischer.

In einer Rahmenhandlung, die im Mai 1844 spielt, blickt die mittlerweile 63-jährige Juliana auf die gemeinsame Zeit mit dem Schinderhannes und seinen diversen Gefährten zurück und lässt den Leser damit an ihren vielfältigen Erlebnissen und Abenteuern teilhaben.

Armut und Frust in ihrem Elternhaus wecken in der 18-jährigen Juliana den Wunsch nach Freiheit und Abenteuer. Beides findet sie an der Seite des Räubers Johannes Bückler. Julchen verbringt zunächst sorglose Wochen und Monate inmitten der Schinderhannesbande - sie und Hannes heiraten und schon nach kurzer Zeit ist sie fest mit dem Räuberleben verwachsen.
Ihre anfängliche Euphorie erhält einen ersten Dämpfer, als sie den Banditen heimlich auf einen Raubzug folgt und beobachtet, dass Kinder misshandelt und als Druckmittel eingesetzt werden. Julchen begreift dann nach und nach, dass das Räuberleben auch seine Schattenseiten hat und dass der Alltag einer Räuberbraut nicht so abenteuerlich ist, wie sie sich vorgestellt hat, sondern zunehmend eine eintönige Abfolge aus Warten, Hoffen und Bangen sowie ausufernder Gelage ist. Während sie selbst mit gefälschten Papieren als Krämerin Juliana Ofenloch von Markt zu Markt zieht, werden die Beutezüge und Schutzgelderpressungen von Hannes und seinen Kumpanen immer tollkühner und leichtsinniger - die mittlerweile schwangere Julchen hat nicht nur Angst um ihren Hannes, sie ist auch enttäuscht und später wütend, dass er seine Versprechen nicht hält…

Trotz der ausführlichen Beschreibungen und detailreichen Schilderungen ist es nicht ganz einfach, Julianas Wege und die der Räuber durch die vielen kleinen Dörfer zu verfolgen, wenn man nicht ortskundig ist. Obwohl dies der eigentlichen Geschichte keinen Abbruch tut, habe ich es als ein wenig schade empfunden, dass dem Buch eine Übersichtskarte über das Gebiet fehlt, in dem der Räuberhauptmann sein Unwesen getrieben hat.

Mit „Die Räuberbraut“ ist Astrid Fritz ein spannendes Porträt über eine interessante Frau des 19. Jahrhunderts gelungen. Es hat Spaß gemacht, Juliana Blasius kennenzulernen, sie auf dem Weg durch ihren wohl aufregendsten Lebensabschnitt zu begleiten und die guten wie auch die schlechten Zeiten mit ihr zu teilen.

Bewertung vom 24.08.2017
Wenn der Platzhirsch röhrt
Bleyer, Alexandra

Wenn der Platzhirsch röhrt


ausgezeichnet

Sepp Flattacher – Mölltaler Urgestein und Jäger mit Leib und Seele – sieht seine beschauliche Ruhe in Gefahr, soll doch sein Nachbar Heinrich auf Drängen von dessen wichtigtuerischen Schwiegersohn Anton ins Altersheim abgeschoben werden, damit dieser dann samt Ehefrau Carola und den drei lautstarken Kindern in Heinrichs Häuschen einziehen kann. Das will Sepp auf keinen Fall zulassen, da verbrüdert er sich lieber mit dem zwar lästigen, aber vergleichsweise ruhigen Heinrich – im Abwehrkampf vereint, hecken die beiden älteren Herren fiese Attacken aus, um den aufdringlichen Anton in die Flucht zu schlagen…

„Wenn der Platzhirsch röhrt“ ist bereits der zweite Fall für den kauzigen Aufsichtsjäger Sepp Flattacher – auch ohne Kenntnis des vorhergehenden Bandes ist mir der Einstieg in diesen Krimi leicht gefallen. Schon nach kurzer Zeit ich hatte das Gefühl, mit allen Akteuren gut vertraut zu sein.

Der Clou in diesem Krimi sind ganz eindeutig die herrlichen und zum Teil recht skurrilen Figuren – alle werden hervorragend charakterisiert und beleben mit ihren Eigenarten und Besonderheiten die Szenerie. Ich habe schmunzelnd das Miteinander und das Gegeneinander der Akteure verfolgt, habe mich köstlich über Sepps und Heinrichs Anton-Vergraul-Aktionen amüsiert und konnte zudem prima über die Hintergründe und Zusammenhänge von Antons gesetzwidrigen Machenschaften mitgrübeln und miträtseln.

Alexandra Bleyer hat ihren Protagonisten viele lockere Sprüche in den Mund gelegt, die Dialoge sind frisch und mit ganz viel schwarzhumorigen Wortwitz gespickt. Zusätzlichen Schwung erhält die Handlung darüber hinaus durch die eingeflochtene Kärntner Mundart.

Das Lesen hat mir großen Spaß gemacht - „Wenn der Platzhirsch röhrt“ ist ein sehr unterhaltsamer Krimi mit viel Lokalkolorit und einem querköpfigen aber dennoch sehr sympathischen Hauptdarsteller.

Bewertung vom 22.08.2017
Murder Park
Winner, Jonas

Murder Park


ausgezeichnet

Zodiac Island - eine kleine Insel vor der Ostküste der USA - soll nach 20 Jahren wieder einen Freizeitpark bekommen. Unternehmer Rupert Levin plant eine Vergnügungsstätte der besonderen Art - einen Park, der den Grund für die damalige Schließung aufgreift: Levine will einen Erlebnispark eröffnen, in dem sich thematisch alles um Serienkiller dreht, ganz besonders um Jeff Bohner, der in den 1990er Jahren auf der Insel drei Frauen brutal ermordet hat…

Um sein Programm vorzustellen und die neue Attraktion bekannt zu manchen, hat Levin eine Gruppe aus Journalisten, Helfern und Sachverständigen eingeladen, vor der eigentlichen Eröffnung ein Wochenende mit ihm auf der Insel zu verbringen. Unter den Gästen ist auch der Reporter Paul Greenblatt, dessen Mutter eines von Bohners Opfern war…

Was als informative Pressereise beginnt, wird für die elf Besucher und ihren Gastgeber schnell zu einem mörderischen Albtraum, als ein Teilnehmer nach dem anderen ermordet wird…

Jonas Winner hat mich mit seinem Thriller „Murder Park“ von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt. Schnell ist man mittendrin im Geschehen und begibt sich gemeinsam mit Paul auf eine spannende Mörderjagd. Jonas Winner gelingt es dabei hervorragend, Pauls Gedanken und Gefühle darzustellen und auf den Leser zu übertragen. Man wird mitgerissen von einer wahren Flut an Emotionen und erlebt alle Höhen und Tiefen, die der Reporter im Verlauf der Handlung durchmacht, äußerst intensiv mit.

Der Aufbau des Thrillers hat mir besonders gut gefallen. Die eigentliche Handlung wird immer wieder von Interviews unterbrochen, die mit den Teilnehmern vor dem Event geführt wurden. Hier lernt man die einzelnen Akteure gut kennen, erfährt etwas über ihre Verbindungen zum alten Park und zu den anderen Gästen, bekommt einen Überblick über die Ereignisse von vor 20 Jahren und erhält Informationen zur damaligen Mordserie. Diese Gespräche, die ein Psychiater geführt hat, der ebenfalls von Levine zu der Veranstaltung eingeladen wurde, unterstreichen nicht nur die aktuelle Handlung, sondern lassen die Vorkommnisse im Murder Park immer wieder in einem neuen Licht erscheinen.

„Murder Park“ hat mir sehr gut gefallen. Ein ausgefeilter, gut durchdachter Thriller – ich konnte durchweg prima über Täter, Hintergründe und Zusammenhänge mitgrübeln und miträtseln und wurde am Ende von einer zu keiner Zeit vorhersehbaren Auflösung überrascht.

Bewertung vom 21.08.2017
Wächter der Meere, Hüter des Lichts
Schlick, Oliver

Wächter der Meere, Hüter des Lichts


ausgezeichnet

Oliver Schlick wartet in seinem Fantasyroman „Wächter der Meere, Hüter des Lichts“ mit einer tollen Mischung aus Spannung, Abenteuer und einer kräftigen Portion Humor auf.

Ich lese sehr gern Geschichten, in denen der ganz normale Alltag des Protagonisten plötzlich durch etwas Unerklärliches aus den Fugen gerät. Und genau das passiert der 16-jährigen Rebecca Quist in diesem Roman - plötzlich hört sie Glocken und ihr unbekannte Stimmen, kann Musik sehen, wird von Leuchtturmwärtern kontaktiert und erfährt nicht nur von einer Prophezeiung, an deren Erfüllung sie maßgeblich beteiligt sein soll, sondern auch, dass ihr Leben, wie sie es die vergangenen 10 Jahre kannte, auf einer großen Lüge basiert.

Auf Rebecca wartet ein Kampf zwischen Gut gegen Böse. Ein Krieg zwischen den sogenannten Passagieren - dem weißen Passagier, der dem Geist der Menschen Freiheit bietet, und dem schwarzen Passagier, der das Bewusstsein der Menschen wie ein bösartiger Parasit erobern und kontrollieren will.
Immer an Rebeccas Seite: die Wächter. Der Bund der Wächter, der zu einem großen Teil aus Leuchtturmwärtern besteht, hat die Prophezeiung des Sostratos von Knidos entschlüsselt und kennt damit das Geheimnis der Passagiere. Aufgabe der Wächter ist es, die Voraussetzungen für die Erfüllung der Prophezeiung - die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort erfolgen kann - zu schaffen und dabei den Schwarzen, der eben dieses verhindern will, samt seiner Agenten und Kämpfer zu stoppen.

Ein Wettrennen gegen die Zeit und gegen die Verfolger beginnt und hält Akteure und Leser gleichermaßen in Atem. Wilde Verfolgungsjagden, hinterhältige Machenschaften und ein Verräter in den eigenen Reihen beschäftigen die Wächter pausenlos und machen die Geschichte zu einem rasanten Abenteuer.

Besonders punkten kann Oliver Schlick mit seinen Figuren. Diese sind allesamt ausdrucksstark gezeichnet und tragen mit ihren jeweiligen Eigenarten kräftig zur Unterhaltung bei. Am meisten amüsiert habe ich mich über Helios Ehrenfeld. Der Leuchtturmwärter aus dem Rheinland wurde nicht nur mit einem herrlichen Dialekt ausgestattet, er präsentiert sich auch stets äußerst gelassen und entschärft damit so manch schwierige Situation.

„Wächter der Meere, Hüter des Lichts“ hat mich durchweg begeistert. In diesem Buch stimmt einfach alles – den Leser erwartet eine schwungvoll erzählte Geschichte voller lebhafter, einzigartiger Charaktere. Frische, humorvolle Dialoge. Flotte, actionreiche Handlung. Interessante Schauplätze. Und dazu Einblicke in die faszinierende Welt der Leuchttürme sowie ein kleines bisschen Romantik. Nicht nur für jugendliche Leser ein großartiges Lesevergnügen.