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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1368 Bewertungen
Bewertung vom 03.07.2021
Wer Mondstaub sieht
Farohi, Eva-Maria

Wer Mondstaub sieht


ausgezeichnet

Das Auge des Meeres
Zur Feier des 95. Geburtstages von Miguel trifft dessen Neffe Nicolau nach vielen Jahren wieder auf Jugendliebe Amira. Die beiden waren seit ihrer frühesten Kindheit unzertrennlich gewesen und dann ein Liebespaar geworden. Doch dann ist Amira von einem Tag auf den anderen nicht mehr nach Mallorca zurückgekehrt und ließ Nicolau unwissend und wütend zurück. Während sich Nicolau mit seiner Familie sich rührend um seinen alten Onkel kümmert, erzählt Miguel ihm nach und nach von seiner großen und einzigen Liebe Catalina, die er in Zeiten des spanischen Bürgerkrieges verlor und stattdessen deren schwangere Schwester heiratete. Nicolau ist von der Geschichte ganz fasziniert, erfährt er doch so viel tiefere Einsichten in die Familiengeschichte. Dabei geht ihm seine eigene Geschichte mit Amira nicht aus dem Kopf. Aber auch Amira, die kurz vor der Hochzeit mit einem berühmten Filmregisseur steht, ist sich nach dem kurzen Wiedersehen mit Nicolau nicht mehr sicher, ob sie mit ihrem Verlobten glücklich wird, denn sie hat Nicolau etwas verschwiegen und dieses Geheimnis nagt an ihr. Wird sie den Mut haben, ihm endlich zu erzählen, warum sie damals nicht mehr zurückkam?
Eva-Maria Farohi hat mit ihrem Buch “Wer Mondstaub sieht” einen sehr berührenden, emotionalen, teils historischen Roman vorgelegt, der Einsicht in die Kriegszeiten auf Mallorca gibt und eine wunderschöne Liebesgeschichte erzählt. Der Schreibstil ist flüssig zu lesen, der Leser findet sich schon nach einigen Seiten vor der wunderbaren Kulisse Mallorcas wieder und begleitet Miguel, Nicolau und Amira bei ihren Gedanken und ihrem Tun. Die Landschaftsbeschreibungen sind so detailliert und farbenfroh, dass der Leser alles vor Augen hat und regelrecht den Wind in den Haaren sowie die Meeresluft auf den Gesicht spüren kann. Der Spannungsbogen wird gemächlich aufgebaut und steigert sich im Verlauf der Handlung immer weiter. Der Vergangenheitsstrang mit viel historischem Informationen wird aus der Sicht von Miguel erzählt, und wurde sehr schön in die Handlung eingebettet, wobei sich die Gegenwart abwechselnd mal um Nicolau und mal um Amira dreht.
Die Charaktere sind alle liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie haben alle ihre besonderen Facetten und wirken dadurch sehr authentisch und lebensnah. Miguel ist ein betagter Herr und inzwischen das Oberhaupt der auf der Insel verstreuten Familie. Besonders sein Neffe Nicolau ist ihm ans Herz gewachsen. Mit seiner Lebensweisheit und einem geschulten Auge möchte er diesen dazu bringen, endlich über seinen Schatten zu springen und sich zu seiner Liebe zu bekennen. Nicolau hat sein Herz einst an Amira verloren, doch diese Liebe endete für ihn unglücklich, seitdem ist er allein und bewirtschaftet die Familiengüter recht erfolgreich. Nur seine Familie lässt er noch einigermaßen nahe an sich heran, meist wirkt er allerdings wie ein Eigenbrötler, recht sympathisch, aber doch verletzt und einsam. Amira wirkt dagegen wie eine quirlige junge Frau, abenteuerlustig und aufgeschlossen, doch innerlich ist sie ebenfalls zerrissen, denn sie trägt ein Geheimnis mit sich herum, welches sie schon einmal hat zusammenbrechen lassen. Sie will es hüten, doch gleichzeitig versperrt dieses ihr den Weg zum Glücklichsein. Die Nebenprotagonisten mit ihren kleinen Geschichten und Episoden sowie Einmischungen untermalen
“Wer Mondstaub sieht” ist ein sehr unterhaltsamer und anrührender Roman mit historischem Anteil, der einmal mehr aufzeigt, wie wichtig die Familie und deren Zusammenhalt ist, aber auch das Vertrauen und das Reden miteinander. Eine zauberhafte Geschichte, die einen von der ersten bis zur letzten Seite in Atem hält und den Leser zufrieden und glücklich zurücklässt. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.07.2021
Fincaträume
Farohi, Eva-Maria

Fincaträume


ausgezeichnet

Eine Schildkröte als Kupplerin
Seit 9 Jahren lebt Marika nun schon auf Mallorca, hat sich mit ihrem kleinen Privatzoo an gestrandeten Tieren eingerichtet, mit ihrer Tätigkeit als Änderungsschneiderin etabliert und sich einen großen Freundeskreis aufgebaut, der ihr wie eine eigene Familie ist. Doch dass sie ein Heimkind der ehemaligen DDR ist und ihre Eltern nie kennengelernt hat, hat sie nie vergessen. Deshalb fällt es ihr auch so schwer, sich zu verlieben, an eine eigene Familie und Kinder zu denken, diese Gedanken hat sie kurzerhand aus ihrem Kopf verbannt. Doch dann steht plötzlich dieser große blonde Fremde namens Dean Vossbrink vor ihrer Tür mit einer verletzten Schildkröte auf dem Arm. Marika geht sofort auf Abwehrstellung, kann sie doch diesen neureichen und arroganten Angeber nicht ausstehen. Doch je öfter sich die beiden treffen, umso mehr findet Marika Gefallen an Dean, wenn nur nicht ihre Ängste aus der Vergangenheit ihr im Wege stehen würden. Aber auch Dean hat schon so einiges im Leben erlebt und verarbeitet als Schriftsteller diese Schicksalsschläge in seinen Büchern. Marika und Dean kommen sich immer näher wohlwissend, dass auch eine Zeit der Trennung kommen wird. Wie wird sich Marika entscheiden?
Eva-Maria Farohi hat mit ihrem Buch „Fincaträume“ den Nachfolgeband ihres Romans „Fincamond“ vorgelegt. Der Schreibstil ist schön flüssig, der Leser findet sich in Gedanken sogleich im mediterranen Mittelmeer auf der Insel Mallorca wieder, wo es ein Wiedersehen mit alten Bekannten, dem sympathischen Freundkreis um Marika, Lisa und Emely, gibt. Die Landschaftsbeschreibungen sind so genau und farbenfroh, dass man die Sonne auf der Haut und den Meereswind in den Haaren spüren kann, ebenso sieht man die wunderschöne Vegetation der spanischen Insel vor dem inneren Auge wieder und hat somit einen kleinen Gedankenurlaub während der Lektüre.
Die Charaktere sind sehr schön skizziert, wirken durch ihre jeweiligen Eigenheiten liebenswert, natürlich und authentisch. Wenn man den ersten Teil bereits kennt, ist es wie ein Nachhauskommen zu lieben alten Freunden. Marika ist eine sehr sympathische und liebevolle junge Frau, die alles für ihre Tiere tut, aber auch für ihre Freunde eine Anlaufstelle ist bei Sorgen und Nöten. Doch wenn sie allein ist, wirkt sie oftmals unsicher, zurückhaltend und sehr verletzlich, was ihrer Vergangenheit geschuldet ist. Nie hat sie ein richtiges Familienleben kennengelernt, kennt das Gefühl von familiärer Wärme und Geborgenheit nicht, sondern erlebt dies nur durch ihre engsten Freunde. Lisa und Emely sind die besten Freundinnen von Marika, jede der drei Frauen nimmt starken Anteil am Schicksal der anderen und unterstützt und hilft, wo es nur geht. Dean Vossbrink ist ein attraktiver Mann, der in seinem Hobby, dem Schreiben, seine Passion gefunden hat und damit sehr erfolgreich ist. Er kommt aus einer wohlhabenden Hamburger Familie, doch sein Elternhaus war nicht von Liebe und Zuneigung geprägt. So hat er sich abgenabelt und steht auf eigenen erfolgreichen Füßen, doch er vertraut nicht leicht. Oma Helene ist der Fels in der Brandung und die Anlaufstelle für gutes Essen und das Abladen von Sorgen. Sie weiß immer Rat und hilft auch ungebeten, die Wogen zu glätten.
„Fincaträume“ ist ein sehr stimmungsvoller romantischer Liebesroman vor der zauberhaften Kulisse Mallorcas, der als Urlaubslektüre ebenso geeignet ist wie als Lesegenuss für alle Daheimgebliebenen, die sich einfach nur wegträumen wollen. Absolute Leseempfehlung!!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.06.2021
Die Tänzerin vom Moulin Rouge
Steinlechner, Tanja

Die Tänzerin vom Moulin Rouge


gut

"Der Tanz ist ein Gedicht, von dem jede Bewegung ein Wort ist." (Mata Hari)
1882 Paris. Nach dem Tod des Vaters lebt die 16-jährige Louise Weber mit ihrer Mutter in ganz ärmlichen Verhältnissen. Louises ältere Schwester Vic hat der Familie den Rücken gekehrt, um ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen. Mit der harten Arbeit in der Wäscherei trägt Louise zum gemeinsamen Lebensunterhalt mehr schlecht als recht bei, während sie von einer Karriere als Tänzerin auf den Bühnen von Paris träumt. Die Chance, das armselige Leben zu verlassen, ergibt sich bald und Louise taucht in die bunte und schillernde Welt des Montmartre ein und wird dort als Cancan-Tänzerin zu „La Goulue“, der das weltberühmte Moulin Rouge und das illustre feierwütige Volk von Paris zu Füßen liegt. Doch ihre Herkunft kann Louise nicht wie ein Hemd abstreifen, zu sehr zehren die Jahre der Armut an ihr, so dass sie alles tut, um dies nie wieder erleben zu müssen…
Tanja Steinlechner hat mit „Die Tänzerin vom Moulin Rouge“ einen ganz unterhaltsamen historischen Roman mit biografischen Zügen vorgelegt, der sich mit dem Leben von Louise Weber alias „La Goulue“ beschäftigt, einer bekannten Cancan-Tänzerin. Der flüssige, bildhafte und der Zeit angemessen nachgebildete Erzählstil lädt den Leser ein, sich Ende des 19. Jahrhunderts in Paris umzusehen und dem Moulin Rouge einen Besuch abzustatten, um dort Louisse als Tänzerin mitzuerleben. Doch bevor es soweit ist, taucht er erst einmal in das ärmliche Leben der jungen Frau, die mit ihrer Mutter Tag für Tag ums Überleben kämpft und sich nichts mehr wünscht als das sich ihr Traum von einer Bühnenkarriere erfüllt. Der Zufall kommt ihr zu Hilfe, denn durch Unterstützung von Toulouse-Lautrec oder Auguste Renoir wird ihr Traum bald zur Wirklichkeit. Die Autorin zeichnet das Bild einer ehrgeizigen jungen Frau, die, anfangs noch eine Sympathieträgerin, sich rasch durch ihren Erfolg verändert und sich selbst ein Gefängnis schafft, aus dem sie kaum zu entkommen vermag. Das Leben in Armut sowie die Heiratspläne ihrer Mutter für sie haben sie so geprägt, dass sie kaum jemanden näher an sich heranlässt und in ihrem ganzen erreichten Ruhm doch allein ist. Das Bühnenleben wird farbenfroh und lebendig dargestellt, ebenso die diversen bekannten Persönlichkeiten, die das Etablissement besuchen, dabei sind der Autorin keine Grenzen gesetzt, Fiktion und Realität verschmilzen zu einem homogenen Ganzen. Trotzdem fehlt es an der gewissen Tiefgründigkeit, die den Funken überspringen lässt. Viele langatmige Passagen und ein fehlender Spannungsbogen lassen schnell Langeweile beim Leser aufkommen. Einzig die Schilderungen des alten Paris können vollends überzeugen.
Die Charaktere sind lebhaft ins Bild gesetzt und weisen glaubwürdige menschliche Eigenschaften auf. Es gelingt ihnen jedoch nicht, den Leser für sich einzunehmen, der die Szenerie nur als unbeteiligter Beobachter betrachtet, wobei Mitgefühl und Mitfiebern auf der Strecke bleiben. Als junge Frau ist Louise sympathisch, selbstbewusst, ehrgeizig und noch mit Träumen gesegnet. Doch je mehr sie erreicht, umso mehr wird sie zu einer oberflächlichen Egomanin, die manipulativ und oftmals verletzend mit ihren Mitmenschen umspringt. Sie hält sich für den Nabel der Welt, was bestimmt auch in ihren Unsicherheiten und Ängsten begründet liegt, den hart erarbeiteten Erfolg wieder zu verlieren. Dass sie dadurch ihre Einsamkeit selbst verschuldet, ist ihr eher nicht bewusst.
Mit „Die Tänzerin vom Moulin Rouge“ lässt die Autorin die eher unbekannte Louise Weber lebendig werden. Der historische Hintergrund ist gut recherchiert, ebenso sind die Beschreibungen vom alten Paris und die nächtlichen Streifzüge sehr gelungen. Leider fehlt dem Buch jegliche Spannung, es gibt zu viele Längen und auch die Protagonistin ist wenig sympathisch. Empfehlenswert für jene, die sich für historische Persönlichkeiten interessieren.

11 von 13 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.06.2021
Trümmerland / Edith - Eine Frau geht ihren Weg Bd.1
Hofmann, Sabine

Trümmerland / Edith - Eine Frau geht ihren Weg Bd.1


sehr gut

Ein Fund zwischen Schutt und Asche
1946 Bochum. Der Krieg ist zwar überstanden, doch die Menschen im zerbombten Deutschland leiden sehr unter den Nachwirkungen sowie an Hunger und Kälte. So geht es auch der 12-jährigen Hella, die auf ihren Trümmerstreifzügen nach Holz und anderen nützlichen Dingen sucht, um damit für sich und ihre Mutter über Wasser zu halten. Doch dann findet sie einen Toten, dessen Mantel Hella als Tauschobjekt für den Schwarzmarkt an sich nimmt, der sich als wahre Fundgrube entpuppt, denn eingenäht im Futter finden sich auch noch Bezugsscheine für Butter. Hellas Mutter Martha sowie die einquartierte Edith wittern ein gutes Geschäft, denn sie möchten mit eigenem Tauschhandel ihren Schnitt auf dem Schwarzmarkt machen. Doch die Konkurrenz ist nicht nur groß, sondern auch gefährlich und bringt sie in eine bedrohliche Lage…
Sabine Hofmann hat mit „Trümmerland“ einen fesselnden historischen Roman vorgelegt, der nicht nur einen Kriminalfall beinhaltet, sondern gleichzeitig die Zustände der Nachkriegszeit sehr bildhaft wiederspiegelt. Der locker-flüssige und farbenfrohe Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins vergangene Jahrhundert antreten, wo er sich mitten im Ruhrgebiet zwischen ausgebombten Häusern und Straßenzügen wiederfindet und der kleinen Hella folgt, die in den Trümmern wühlt, um etwas zum kargen Überleben für sich und ihrer Mutter beizutragen. Der Fund des Toten ist erschreckend, umso erstaunlicher der Umgang von Hella mit der Leiche. Empathisch sowie pragmatisch kümmert sie sich um ihn und nimmt die Dinge an sich, die sich noch gebrauchen lassen. Während Mutter und Untermieterin ihren Überlegungen schon bald Taten folgen lassen, lässt die Autorin spannend die Lebensumstände der Menschen vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden. Die Herrschaft der britischen Besatzer wird dabei ebenso thematisiert wie die Neuformierung der Polizei oder die Jagd auf den „Persilschein“, um als unbescholtener Bürger wieder zur Normalität zurückkehren zu können ohne die Anhaftung als Nazisympathisant. Und während der Schwarzmarkt blüht und sich die Menschen gegenseitig nicht nur Konkurrenz machen, sondern auch nach den Dingen anderer gieren, lässt die Autorin ihre Geschichte in einen Kriminalfall münden, den Oberinspektor Diederichs versucht zu lösen.
Die Charaktere wurden lebhaft in Szene gesetzt, so dass sie wie aus dem realen Leben entsprungen wirken. Ihre glaubhaften menschlichen Ecken und Kanten können den Leser schnell überzeugen, der sich nur zu gern an ihre Fersen heftet, um keinen Moment dieser spannenden Geschichte zu verpassen. Hella ist ein aufgewecktes Mädchen, das schon früh lernen muss, Verantwortung im täglichen Überlebenskampf zu übernehmen und die bis dato keine unbeschwerte Kindheit gehabt hat. Ihre Mutter Martha treibt die Verzweiflung, wie sie sich und ihre Tochter durchbringen soll. Sie kratzt all ihren Mut zusammen, um sich auf dem Schwarzmarkt ein Zubrot zu verdienen, doch die Angst ist ihr immer im Nacken, auch wenn sie in Edith Unterstützung hat. Doch Frauen hatten den umtriebigen Gesellen damals oft nicht viel entgegen zu setzen. Diederichs ist ein Mann mit Prinzipien und vom alten Schlag, der endlich wieder Recht und Ordnung haben möchte. Emil ist ein gewitzter Junge mit dem Blick fürs Wesentliche, der sich durchzuboxen weiß.
„Trümmerland“ überzeugt mit einem schönen Mix aus authentischer Nachkriegsgeschichte, Familienzusammenhalt und Kriminalfall. Die ausdrucksstarken Protagonisten machen das damalige Bild noch lebendiger. Verdiente Leseempfehlung für eine interessante Lektüre!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.06.2021
Weil ich an uns glaubte
Fröhling, Heike

Weil ich an uns glaubte


sehr gut

„Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben.“ (Philip K. Dick)
2020. Am Geburtstagsabend ihrer Mutter Susanne belauscht Lena unfreiwillig ein lautstarkes Telefonat, bei dem der Name Marlies fällt, der Name ihrer totgeglaubten Großmutter. Lena ist erschüttert darüber, all die Jahre belogen worden zu sein und will Marlies unbedingt so schnell wie möglich kennenlernen. Schon bald nach der ersten Kontaktaufnahme spürt Lena ein enges Band zu Marlies, die ihr nach und nach aus ihrer Vergangenheit erzählt…
1946. Günther und Marianne wachsen in der ehemaligen DDR beide als Außenseiter auf, die sich gesucht und gefunden haben und die die erste große Liebe miteinander verbindet. Doch eines Tages ist der 16-jährige Günther nebst seiner Familie spurlos verschwunden, nur ein Brief ist Marianne geblieben, in der ihr Günther verspricht, sie nicht zu vergessen. Während Günther versucht, sich im Westen zurechtzufinden, spukt ihm Marianne weiterhin im Kopf herum, er will sie auf keinen Fall aufgeben. Ob sich Günther und Marianne wohl jemals wieder in die Augen sehen werden?
Heike Fröhling hat mit „Weil ich an uns glaubte“ einen unterhaltsamen und anrührenden Roman vorgelegt, mit dem sie ihre historisch angehauchte Familiensaga „Zeit der Schattenfrauen einleitet. Mit flüssigem, farbenfrohem und gefühlvollem Erzählstil lädt die Autorin den Leser ein, sich mit den Protagonisten mal in der Gegenwart, aber vor allem in der Vergangenheit zu bewegen und schicksalhafte Ereignisse einer Familiengeschichte mitzuerleben. Wechselnde Zeitebenen und die Sichtweisen mal von Lena, mal von Marlies lassen den Leser in ihre Gedanken- und Gefühlswelt eintauchen und sie näher kennenzulernen. Während sie ihre Handlung an den Leser bringt, verwebt die Autorin den historischen Hintergrund geschickt mit ihrer Geschichte. Neben alten Geheimnissen, neuen Problemen sowie wichtigen Entscheidungen erfährt der Leser einiges über das Leben in der ehemaligen DDR und wie das damalige Regime ihre Bürger malträtiert hat bis hin zur Zerstörung von Existenzen. Fröhling schafft es mit viel Empathie, den Leser sowohl mit den Protagonisten fiebern zu lassen als auch zum Nachdenken anzuregen und ihn während der Geschichte durch eine Achterbahn der Gefühle zu jagen. Existentielle Fragen, die auch in der Gegenwart die Menschen bewegt, begleiten den Leser während der gesamten Lektüre und regen zum Reflektieren an.
Die Charaktere sind liebevoll und lebendig in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Eigenheiten gewinnen sie schnell das Herz des Lesers, der ihnen wie ein Schatten folgt, um bloß nichts zu verpassen. Lena ist eine freundliche, offene und ehrliche Frau, die momentan in einer Sinnkrise steckt und sich bei vielem hinterfragt. Ihre Neugier und Hartnäckigkeit führt sie zu Oma Marlies, die keine leichte Kindheit und Jugend hatte, wurden diese doch durch die harte Führung des Vaters und einer devoten Mutter geprägt. Sowohl Marianne als auch Günther schleichen sich schnell ins Leserherz, denn ihre Treue und ihre Sehnsüchte übertragen sich schnell, lassen den Leser mitfiebern und hoffen, dass die beiden sich am Ende doch noch wiedersehen werden.
„Weil ich an uns glaubte“ ist eine voller Gefühl und Spannung aufgeladene Geschichte, die nicht nur von Anfang bis Ende packend unterhält, sondern den Leser regelrecht in die Handlung hineinsaugt. Verdiente Leseempfehlung verbunden mit der Hoffnung, dass auch der Nachfolgeband so fesseln wird.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.06.2021
Menschen im Hotel
Baum, Vicki

Menschen im Hotel


ausgezeichnet

"Leute, die alles bedenken, ehe sie einen Schritt tun, werden ihr Leben auf einem Bein verbringen." (A. de Mello)
1920er Jahre Berlin. Das Grand Hotel im Herzen der Stadt öffnet seine Pforten für allerlei illustre Gäste aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, die sich dort einmieten und deren Schicksal an einem Wendepunkt befindet. Die in die Jahre gekommene Balletttänzerin Grusinskaja hängt ihren glanzvollen Zeiten hinterher, während sie sich in ihrem Zimmer vor der Welt versteckt. Unternehmer Preysing steht mit seiner Fabrik kurz vor dem Bankrott und hofft auf einen besonderen Geschäftsabschluss, der ihn zurück auf die Gewinnerstraße bringt. Sein Lohnbuchhalter Kringelein wirft derweil mit Geld nur so um sich, denn eine unheilbare Krankheit zeigt ihm auf, wie kurz das Leben ist. Der charmante Baron von Gaigern ist hochverschuldet und verdingt sich als Trickbetrüger. Und Dr. Otterschlag, vom Krieg auf grausame im Gesicht entstellt, verbringt die Tage in der Lobby, während er auf das Leben schimpft und sich in Selbstmitleid suhlt….
Vicki Baum hat mit ihrem im Jahr 1929 erschienenen Roman „Menschen im Hotel“ ein sehr interessantes Gesellschaftsportrait der Weimarer Republik vorgelegt, in dem sie auf geschickte, atmosphärische und pointierte Weise die unterschiedlichsten Charaktere mit ihren Wünschen, Träumen, Desillusionen, Schicksalsschlägen und Enttäuschungen proträtiert und dabei auch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten aufzeigt. Mit flüssig-leichtem, teils poetischem Erzählstil bringt Baum den Leser erst ins Grand Hotel, wo er in luxuriösem Ambiente und während das übliche geschäftige Treiben in einer Hotellobby seinen Gang geht, auf die Akteure trifft, deren Leben ihm nach und nach dargeboten wird. Dabei erlaubt Baum dem Leser auch einen Blick durchs Schlüsselloch und hinter die Fassade, um die Protagonisten besser kennenzulernen und auch von ihren Schicksalsschlägen, Gedanken- und Gefühlsleben einen Eindruck zu erhalten. Die Autorin versteht es dabei perfekt, nicht nur das Hotelpersonal unauffällig mit in ihre Geschichte einzubinden, sondern vor allem auf das Zusammentreffen ihrer Hauptakteure hinzuarbeiten, das am Ende dazu führt, dass in deren Leben kein Stein mehr auf dem anderen bleibt, Entscheidungen gefällt werden, deren Tragweite sich erst final erkennen lässt. Obwohl sehr unterhaltend und pointiert erzählt, erweckt die Handlung den Anschein, als wäre sie mitten aus dem Leben gegriffen und könnten auch im 21. Jahrhundert auf der Tagesordnung stehen. Die Einzelschicksale, die nach und nach miteinander verwebt werden und voneinander abhängig sind, fast eine Schicksalsgemeinschaft werden, spiegeln auf interessante Art die Sehnsüchte oder verpassten Gelegenheiten wieder.
Die Charaktere sind sehr detailliert und lebendig ausgestaltet, sie stehen stellvertretend für die unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten. Mit ihren glaubhaften menschlichen Eigenschaften können sie den Leser schnell überzeugen, der ihnen bei ihrem Treiben über die Schulter sieht und ihre Schicksale verfolgt. Buchhalter Kringelein, vorher ein Erbsenzähler, wird durch einen persönlichen Schicksalsschlag auf einmal großzügig und bringt sein Geld unter die Leute. Ihm ist alles egal geworden, er lebt nur noch für den Moment. Die alternde Balletttänzerin Grusinskaja kann sich bisher nicht damit abfinden, auf einmal nicht mehr gefragt zu sein. Ihr ganzes Leben war ein Tanz, bei dem ihr die Welt zusah, nun spürt sie die Einsamkeit und leidet unter der Unbedeutsamkeit. Preysing leidet unter Bluthochdruck. Er wäre lieber bei seiner Familie, als sich ums Geschäft zu kümmern. Von Gaigern nutzt seinen Charme und sein Aussehen, um die Frauen zu umgarnen und sie um ihr Geld zu bringen. Dabei ist ihm jedes Mittel recht.
„Menschen im Hotel“ ist zu Recht ein Meisterwerk. Sowohl damals wie heute so zielsicher, treffend, atmosphärisch-dicht, unterhaltsam und vor allem tragisch. Baum hält dem Leser den Spiegel vor: Wer davon b

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.06.2021
Sternenwende / Gut Greifenau Bd.6
Caspian, Hanna

Sternenwende / Gut Greifenau Bd.6


ausgezeichnet

Und die Sterne sind dafür da, um nach ihnen zu greifen...
1929. Während die Wirtschaftskrise Deutschland fest im Griff hat und auch vor Gut Greifenau nicht Halt macht, unterwandern die Nationalsozialisten mit ihren menschenverachtenden Parolen die Gesellschaft. Katharina wird vom Schicksal doppelt hartgetroffen, und in ihrer Trauer muss sie sich dann auch noch gegen ihren Schwiegervater Gustav behaupten. Konstantin setzt alle Hebel in Bewegung, um Greifenau vor dem Ruin zu retten, dafür ist er sogar bereit, seine Seele an die Nazis zu verhökern, was für Ehefrau Rebecca geradezu unerträglich ist und die Ehe der beiden auf eine harte Probe stellt. Zur Ablenkung konzentriert Rebecca sich darauf, ihre Kinder und auch Katharina liebevoll zu umsorgen, die aus Berlin aufs Gut gekommen ist. Zwischen Gutsverwalter Albert und Katharina entwickelt sich bald eine enge Freundschaft, wobei sie auch Alberts gutgehütetes Geheimnis entdeckt. Bei den Dienstboten geht es ebenfalls hoch her, denn Berta ist wieder da und nicht allein…
Mit „Gut Greifenau-Sternenwende“ legt Hanna Caspian den Abschlussband ihrer 6-teiligen historischen Familiensaga rund um das Gut in Hinterpommern vor und überrascht den Leser einmal mehr mit einer Achterbahn der Gefühle sowie jeder Menge spannender Entwicklungen, bevor er sich von all den inzwischen liebgewonnenen Charakteren leider unwiederbringlich verabschieden muss. Der flüssige, farbenprächtige und mit vielen Emotionen angereicherte Erzählstil lässt den Leser schnell wieder auf Greifenau einziehen, um sich dort sowohl an die Fersen der Gutsherrschaften als auch an die der Bediensteten zu heften und ihnen bei ihren Entscheidungen und Erlebnissen über die Schulter zu blicken. Im Zeitraum von 1929 bis 1932 erlebt man so einschneidende Ereignisse wie die Wirtschaftskrise und ihre Folgen auf die Bevölkerung, aber auch der immer stärker werdende Einfluss der Nazis, die auch an den Gutsbewohnern nicht spurlos vorbeigehen. Caspians größte Stärke sind neben ihrer historischen Recherche vor allem ihre wundervoll ausgearbeiteten Charaktere sowie die Darstellung der zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander. Die Figuren wirken wie aus dem Leben gegriffen, ihre Sorgen und Nöte sowie ihr Handeln und Tun sind nachvollziehbar und gerade deshalb fühlt man sich als Leser sowohl mit ihnen, als wäre man selbst ein Teil von ihnen. Während der Lektüre rauscht die Handlung wie ein Kinofilm vor dem inneren Auge ab, jagt den Leser durch ein Meer von Emotionen, während man entweder die Augen verdreht, Tränen verdrückt, Gänsehautmomente erlebt oder auch die eine oder andere Verwünschung ausstößt. Alles ist so plastisch, dass man es fast mit Händen greifen kann und man sich am Ende des Buches verwundert die Augen reibt, wenn man wieder in der Realität auftauchen muss.
Die Charaktere wurden Band für Band glaubhaft weiterentwickelt, wobei man bei einigen das Gefühl hat, sie werden sich nie ändern. Trotzdem liebt man sie als Leser und möchte sie einfach nicht missen, allen voran die schreckliche Feodora, die immer wieder auf die Füße fällt, obwohl sie einem ständig auf die Nerven fällt. Katharina hat sich von Beginn an ins Herz geschlichen und verweilt dort ebenso bis zum Schluss wie Rebecca. Mit Konstantin muss man warm werden, er ist ein Mann, der seine guten und schlechten Phasen hat. Aber auch Alexander, Berta, Gustav, Albert und viele andere lassen des Lesers Herz höher schlagen mit ihren Schicksalen.
Selten gab es eine Buchreihe, die das konstant hohe Niveau des Einführungsbandes durchgängig halten konnte. Doch hier holt die Autorin ihr geballtes Können aus der Schublade und überrascht den Leser mit Verwicklungen, Spannung und Intrigen in jedem Band aufs Neue. Der Leser kann Geschichte leibhaftig miterleben. Mit „Gut Greifenau-Sternenwende“ geht eine Ära zuende, ein fabulöser Lesegenuss, den man sich nicht besser wünschen könnte. Absolute Leseempfehlung – diese Serie ist Königsklasse! Chapeau mit Sternenschweif!!!!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.06.2021
Ein Junggeselle zum Verlieben
Carlson, Melody

Ein Junggeselle zum Verlieben


sehr gut

"Gegensätze soll man nicht auszugleichen trachten, sondern produktiv gestalten." (Richard von Schaukal)
Der knapp 55-jährige Junggeselle George Emmerson wird nach 30 Jahren Lehrertätigkeit vorzeitig in Pension geschickt, was dem zurückhaltenden und mit Zwangsneurosen bestückten, altmodisch anmutenden Einzelgänger gar nicht schmeckt. Doch die Begegnung mit der lebensbejahenden, energiegeladenen Künstlerin Willow West stellt die Zeichen auf Veränderung in Georges Leben. Ist er zu Beginn noch misstrauisch und eher ablehnend, beginnt er nach und nach, sich der lebenslustigen Willow zu öffnen und sich seinen eigenen Dämonen aus der Vergangenheit zu stellen. Aber auch in Willows Leben bahnen sich einige Veränderungen an…
Melody Carlson hat mit „Ein Junggeselle zum Verlieben“ einen unterhaltsamen und anrührenden Roman vorgelegt, der vor allem von der Gegensätzlichkeit der Charaktere und deren Schicksal lebt. Mit flüssigem, bildhaftem und gefühlvollem Erzählstil lässt lädt die Autorin den Leser ein, mal an der Seite von George, mal an der von Willow deren unterschiedliche Lebenslagen und individuellen Verhaltensweisen kennenzulernen und dabei tief in ihre Gedanken- und Gefühlswelt einzutauchen. Der Unterschied zwischen den Hauptprotagonisten ist frappierend. Während Willow dem Leben zugewandt ist, alles auskostet, positiv in Welt schaut und ihrem Umfeld manchmal eher zu viel zutraut, lebt George abgekapselt von seiner Umwelt, pflegt seine Marotten und ist vielleicht auch deshalb allein, weil er sich in seinem Leben so eingerichtet hat, um andere auf Abstand zu halten. Gerade der Spagat zwischen den so unterschiedlichen Persönlichkeiten wurde von der Autorin wunderbar ausgeführt und zeigt, dass man nur etwas mehr auf andere zu- und eingehen sollte, damit das Zusammenspiel klappt. Der christliche Aspekt wurde warmherzig, unaufdringlich und sehr schön mit der Handlung verwoben. Es geht gelebten Glauben, Festhalten an Traditionen, Nächstenliebe und vor allem Vertrauen. Je mehr der Leser aus dem Leben der Protagonisten erfährt, umso mehr entdeckt er ihre unterschiedliche Umgangsweise damit, was sich im Zusammenspiel aus durchaus positiv erweist.
Die Charaktere sind mit glaubwürdigen Ecken und Kanten versehen und lebendig in Szene gesetzt. Der Leser heftet sich gern an ihre Fersen, um alles über sie zu erfahren und zu beobachten, wie sie sich nach und nach zusammenraufen. Willow ist eine herzensgute, fröhliche und optimistische Frau, die sich ihr Interesse an Menschen bewahrt hat. Sie ist manchmal etwas fordernd, jedoch eher im positiven Sinne. Tochter Josie ist trotz ihres Alters bisher nicht erwachsen geworden. Sie macht ihre Mutter für ihre Misere verantwortlich, vernachlässigt aber gleichzeitig ihren eigenen Sohn Collin. Sie ist ein unsicherer Mensch, die bisher nicht gelernt hat, Eigenverantwortung zu übernehmen. Collin ist ein feiner Kerl, der in seiner Oma einen sicheren Hafen hat. George ist ein verschroben wirkender Mann, der seinen Eigenheiten immer mehr Macht in seinem Leben eingeräumt hat, um seine Vergangenheit zu kompensieren. Daraus resultiert auch seine Einsamkeit, weil er nie jemanden mehr näher an sich herangelassen hat.
„Ein Junggeselle zum Verlieben“ ist ein unterhaltsamer warmherziger Roman, der den Leser von Beginn an mit in die Handlung hineinzieht. Wunderbar gestaltete Charaktere sowie eine Geschichte wie aus dem realen Leben lassen das Kopfkino anspringen und die Zeit vergessen. Verdiente Leseempfehlung für diese kurzweilige Lektüre!

7 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2021
Der Bund der Familien
Carsta, Ellin

Der Bund der Familien


ausgezeichnet

Der Wind dreht sich...
1938. Nach seinem Schlaganfall erweckt es den Anschein, als erholt sich Wilhelm Lehmann nur mäßig. Nur Paul-Friedrich weiß, wie es wirklich um ihn steht und kauft Wilhelms Firmenanteile für den Wert von 5 Reichsmark. Als die Familie davon erfährt, fällt sie aus allen Wolken, vor allem Leipold, der nichts gegen den rechtmäßigen Verkauf unternehmen kann, dabei ist gerade er der Grund für Wilhelms momentane Lage. Währenddessen verliebt sich Wilhelmine von Falkenbach in einen Widerstandskämpfer, der sich von jetzt auf gleich in Luft auflöst und sie zurücklässt. Derweil muss sich ihr Bruder Gustav der besonderen Aufmerksamkeit des Gauleiters stellen, der ihm und der Familie aufgrund einer augenscheinlich prekären Situation schaden will. Überhaupt werden die Zeiten am Starnberger See rauer, nicht nur aufgrund der politischen Lage…
Ellin Carsta hat mit „Der Bund der Familie“ den dritten Teil ihrer historischen Falkenbach-Saga veröffentlicht, in der dem Leser nicht nur die immer stärker werdende Macht der Nazis ins Gesicht weht, sondern auch die Spannungen innerhalb der Familie immer weiter zunehmen. Mit flüssig-bildhaftem und empathischem Erzählstil lädt die Autorin den Leser zu einer Zeitreise ins vergangene Jahrhundert ein, wo er sich am malerischen Starnberger See wieder unter die Familienmitglieder der von Falkenberg und Lehmann mischt und dabei wieder einige Geheimnisse und Intrigen zu Tage fördert. Die Beziehung zwischen Wilhelm und seinem Sohn Leopold ist weiterhin sehr angespannt, was sich durch den Verkauf der Firmenanteile an Paul Friedrich nur noch weiter verstärkt. Neben dem von der Autorin exzellent recherchierten historischen Hintergrund beherrschen vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen unter den Protagonisten sowie deren Geheimnisse die Handlung und treiben die Spannung während der immer schwieriger werdenden politischen Lage immer weiter in die Höhe. Auch die Nazis haben sich in Starnberg eingenistet und machen der Bevölkerung mit ihren Verleumdungen, Gerüchten und ihrer Intrigenschmiederei das Leben mehr als schwer, so dass man selbst als Leser kaum noch weiß, wem wirklich zu trauen ist und ob gerade innerhalb der Familien der Zusammenhalt so stark ist, dass sie sich davon nicht irritieren lassen. Der Spannungslevel ist wieder gut dosiert und liegt auch in diesem Teil wieder sehr hoch.
Die Charaktere wurden glaubhaft weiterentwickelt und wandeln mit ihren persönlichen Eigenheiten lebendig durchs Kopfkino des Lesers, der ob der Ereignisse mitfiebert und rätselt. Wilhelm ist der geborene Schachspieler, der seinen Sohn durch seinen Coup schachmatt setzt, wohlwissend, dass die Querelen innerhalb der Familie damit noch nicht vorbei sind. Paul Friedrich ist ein cleverer Geschäftsmann, der jede Chance nutzt, die sich ihm bietet. Er ist mit seinem Pokerface undurchschaubar und der Strippenzieher im Hintergrund. Dabei verliert er neben seinen Zielen auch die Familien nicht aus den Augen, wobei er auch seinen Vorteil im Blick hat. Leopold ist ein Egoist, der immer noch nicht gelernt hat, seinen Mann zu stehen und Verantwortung zu übernehmen. Irma überrascht durch ihre intelligente und fürsorgliche Art, wobei sie genau weiß, welche Knöpfe sie drücken muss, um Erfolg zu erzielen. Aber auch Wilhelmine, Gustav, Elisabeth und weiter Protagonisten tragen zum Unterhaltungswert dieser Geschichte bei.
Auch mit „Der Bund der Familie“ kann Carsta wieder überzeugen und lässt den Leser am Fortgang der von Falkenbergs und Lehmanns hautnah teilhaben. Wie gebannt kleben die Finger an den Buchseiten, um nur ja nichts zu verpassen. Absolute Leseempfehlung für einen guten Mix aus Geheimnissen, Intrigen, Familiengeschichte vor historischem Hintergrund!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.