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MaWiOr
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Halle

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Insgesamt 3573 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2023
Reise zum Mittelpunkt der Erde
Verne, Jules

Reise zum Mittelpunkt der Erde


ausgezeichnet

Die „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Romanen des französischen Science-Fiction-Schriftstellers Jules Verne (1828-1905). Der angesehene Geologe Lidenbrock und sein Neffe Axel finden eine verschlüsselte Botschaft eines mittelalterlichen Alchimisten mit einer Reiseroute zum Mittelpunkt der Erde: Voller Neugier und Erkenntnisdrang brechen die beiden sogleich auf.

Die Expedition beginnt in einem erloschenen Krater auf Island, wo man sich mit Hilfe des einheimischen Führers Hans Bjelke auf eine phantastische Reise in die Unterwelt begibt. Sie führt durch eine atemberaubende unterirdische Landschaft mit engen Gängen und palastartigen Höhlen. Dunkelheit, gefährliche Stürme und Unwetter sowie grässliche Lebewesen aus der Urzeit halten das Forscher-Trio nicht auf. Mehrfach verirren sie sich, verdursten beinahe, stoßen aber unbeirrbar weiter vor, bis sie an die Gestade eines Ozeans tief unter der Oberfläche der Erde gelangen. Am Ende spuckt der Vulkan Stromboli die Reisenden wieder aus.

Dieser Klassiker der Science-Fiktion-Literatur ist jetzt im Coppenrath Verlag in einer wunderbaren Schmuck-Ausgabe erschienen. Die farbige Gestaltung (u.a. roter Buchschnitt) und die zahlreichen Illustrationen machen die Neuerscheinung schon allein zu einem Blickfang und wahren Lesevergnügen. Das Highlight sind aber die beigelegten Extras mit Bildern und Grafiken, die auch Jules Verne zur Verfügung standen und ihn möglicherweise zu seinem Roman inspiriert haben – z.B. eine Runentafel, Beschaffenheit des Erdinnern, Einladung zu einer Hamburger Dinosaurier-Ausstellung aus dem Jahre 1863 oder eine geologische Karte von Europa aus dem selben Jahr.

Fazit: Die bibliophile Ausgabe ist eine absolute Empfehlung. Jules Vernes Roman „In 80 Tagen um die Welt“ ist übrigens in ähnlicher Ausstattung erschienen.

Bewertung vom 04.03.2023
Königsgemahlin Camilla
Levin, Angela

Königsgemahlin Camilla


ausgezeichnet

Königin Camilla – Gemahlin des neuen britischen Königs Charles III., von der Presse und dem Volkszorn gebeutelte Geliebte, Aktivistin, begeisterte Großmutter, Landadlige. Die Adelsexpertin Angela Levin, die schon seit langem ein enges Vertrauensverhältnis zu der Königsgemahlin pflegt, zeigt in ihrer neuen Biografie den wahren Menschen hinter all den Zuschreibungen, zeigt ihre Stärken und Schwächen.

In 27 Kapiteln wird Camillas Biografie beschrieben, dabei lässt sich ihr Leben in zwei sehr gegensätzliche Abschnitte unterteilen: den vor und den nach ihrer Hochzeit mit Prinz Charles im April 2005. Die Autorin hatte die Gelegenheit, mit einer Vielzahl von Persönlichkeiten aus Camillas Freundeskreis und von Menschen, die mit ihr oder für Sie gearbeitet haben, hilfreiche Gespräche zu führen. So erfuhr sie auch viel Vertrauliches über ihren Charakter und ihre Wesensart. Natürlich erfahren die Leser*innen auch viel Wissenswertes über Charles und die anderen Mitglieder der königlichen Familie.

Levin bewundert Camillas unermüdlichen Arbeitseifer, wobei sie ihre zentrale Rolle darin sieht, ihrem Gemahl den nötigen Halt zu geben, der in ihr eine Seelenverwandte gefunden hat. So avancierte sie zu einer enormen Bereicherung für die Royals. Kenntnisreich, informativ und mit einer Fülle von zuvor nie geschilderten Anekdoten präsentiert die Autorin eine neue Sicht auf Camilla als eine komplexe Persönlichkeit mit vielen Passionen. Besonders lobenswert an der neuen Biografie ist, dass nicht die üblichen Klatschthemen beschrieben wurden, sondern der Fokus auf die Hintergründe gelegt wurde.

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Bewertung vom 04.03.2023
Lord Jim
Conrad, Joseph

Lord Jim


ausgezeichnet

„Lord Jim“ ist der berühmteste Roman des polnisch-britischen Schriftstellers Joseph Conrad (1857-1924). Erzählt wird die Geschichte eines Mannes, der vom Heldentum träumt, jedoch als junger Schiffsoffizier im entscheidenden Moment versagt hat. Jim ist Offizier bei der englischen Handelsmarine und ein romantischer Idealist. Als das marode und überfüllte Pilgerschiff „Patna“, auf dem er angeheuert hat, im Roten Meer leck schlägt, flüchtet er sich zusammen mit dem Kapitän und weiteren Besatzungsmitgliedern auf ein Rettungsboot und überlässt die schlafenden Passagiere ihrem Schicksal. Doch das Schiff sinkt nicht, Lord Jim muss sich allein vor Gericht verantworten und verliert sein Offizierspatent.

Fortan wird Jim von seiner Scham und Schuld verfolgt, doch das Schicksal hält eine zweite Bewährungschance für ihn bereit. Nach langen Reisen erreicht er die entlegene Insel Patusan im Indischen Ozean und erwirbt sich das Vertrauen der Einheimischen, die ihn als Friedensstifter hoch verehren. Tief im Dschungel wird aus Jim Lord Jim. Doch dann tauchen Piraten auf, und sie scheinen zu wissen, wer er wirklich ist. Wird er diesmal die richtige Entscheidung treffen?

Die vorliegende Hörspielfassung (mit musikalischer Umrahmung durch eine Sinfonieorchester) ist eine Produktion des Hessischen Rundfunks aus dem Jahr 2022. Das Booklet vermittelt zahlreiche Informationen zu der äußerst gelungenen Produktion, die auch mit namhaften Sprecher*innen bestückt ist. Sehr hörenswert und empfehlenswert.

Bewertung vom 03.03.2023
Ilias · Odyssee
Homer

Ilias · Odyssee


ausgezeichnet

„Ilias“ und „Odyssee“ sind die ältesten Werke der abendländischen Literatur Die griechischen Sagen kennen die meisten von den zahlreichen Nachdichtungen, z.B. von Gustav Schwab. Die epischen Dichtungen wurden von Homer um 800 v. Chr. nach Überlieferungen niedergeschrieben.

Die „Ilias“ schildert in 24 Gesängen die letzten 49 Tage des zehnjährigen Krieges um die Stadt Troja (griechisch Ilion), der mit dem Raub der schönen Helena durch den trojanischen Königssohn Paris begonnen hatte. Schließlich überwinden die Griechen die Trojaner mit einem listigen Plan: Auf Veranlassung von Odysseus bauen sie ein hölzernes Pferd (Trojanisches Pferd), in dem sich einige Krieger verstecken. Das angebliche Geschenk holen die Trojaner in ihre Stadt. In der Nacht klettern die Griechen aus dem Pferd, öffnen die Stadttore und zerstören Troja.

Die „Odyssee” knüpfte an die „Ilias” an. In 24 Büchern berichtet Homer über die Heimkehr und Irrfahrten des Königs Odysseus zu seiner Heimat Ithaka. Bei seinen Irrfahrten, die insgesamt zehn Jahre dauern, ist Odysseus immer wieder den schicksalshaften Ent-scheidungen der Götter ausgesetzt.

Die äußerst ansprechende Reclam-Ausgabe (im Schuber) bringt die Übersetzungen des deutschen Schriftstellers Johann Heinrich Voß: „Odyssee“ (1781) und „Ilias“ (1793). Es ist Vossens Verdienst, dass die griechische Sagenwelt und die Homerische Sprache Eingang in die deutsche Kultur fanden. Die beiden Reclam-Bände sind zum besseren Verständnis mit ausführlichen Einführungen und Nachworten ausgestattet.

Bewertung vom 02.03.2023
Der gestiefelte Kater. Kindermärchen in drei Akten. Mit Zwischenspielen, einem Prologe und Epiloge
Tieck, Ludwig

Der gestiefelte Kater. Kindermärchen in drei Akten. Mit Zwischenspielen, einem Prologe und Epiloge


ausgezeichnet

Am 31. Mai ist der 250. Geburtstag von Ludwig Tieck. Im Vorfeld dieses literarischen Jubiläums hat der Reclam Verlag das Kindermärchen in drei Akten „Der gestiefelte Kater“ herausgebracht. Die Komödie wurde 1797 veröffentlicht und gilt als Schauspiel eines Schauspiels. Zunächst befindet sich der Leser/die Leserin in einem Theatersaal, in dem das Märchen aufgeführt werden soll. Dann beginnt das Theaterstück und das eigentliche Märchen über den gestiefelten Kater nimmt seinen Lauf.

Ein gefräßiger König, ein tyrannischer Popanz, eine alberne Prinzessin, die miserable Gedichte schreibt? Ein Hanswurst, der derbe Späße macht, ein schlauer Kater, der den Menschen den Spiegel vorhält. Tiecks Theater gegen das Theater endet im kreativen Chaos. Während der Vorstellung sitzt das Publikum mit auf der Bühne, wo es ständig Kommentare abgibt, sodass die Schauspieler völlig aus dem Konzept geraten. Auch der Dichter kommt immer wieder zu Wort und bittet die Zuschauer um Milde. Dabei sind die Bühnenhandlung und die Interaktionen des Publikums und des Dichters nicht voneinander zu trennen.

In der Nachbemerkung der Ausgabe findet man einige hilfreiche Erläuterungen. Ein absolut lesenswertes und vor allem witziges Stück.

Bewertung vom 02.03.2023
Wörterbuch der Lebenskunst
Janosch

Wörterbuch der Lebenskunst


ausgezeichnet

Es gibt unzählige Lebensweisheiten – von „Das Leben ist kurz“ bis „Das Leben ist schön“. Für Janosch ist das Leben wie kaltes Wasser, in das man hineingeworfen wird. Und dann muss man halt strampeln. Der Reclam-Band versammelt mehrere Hundert Aphorismen und Gedanken des bekannten Kinderbuchautoren.

Die Sinnsprüche und Lebensregeln sind nach Themen alphabetisch geordnet – von „Aber ja – aber nein!“ bis „Zukunft“ („Es wird sein, wie es sein wird.“). Viele regen zum Nachdenken an, über andere muss man schmunzeln. Nein, Janosch kommt nicht als Philosoph daher, er hat sein „Wörterbuch der Lebenskunst“ einfach dem Alltag, dem Leben abgelauscht. Kurz, pointiert, einfallsreich und hintersinnig – viele Sprüche sind wahre Kleinods. Auf 100 Seiten kann man Janosch als Aphoristiker entdecken. Und natürlich fehlen auch einige farbige Illustrationen nicht.

Die Neuerscheinung schlägt man auf jeder Seite mit Gewinn auf. Das Bändchen ist auch wunderbar als Mitbringsel geeignet. Und hier noch ein Spruch: „Je weniger Gegenstände einer besitzt, umso mehr kann er damit anfangen.“

Bewertung vom 13.02.2023
Tobias Mayer
Knubben, Thomas

Tobias Mayer


ausgezeichnet

Tobias Mayer (1723-1762) war ein deutscher Astronom und Pionier der Wissenschaften während der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Mit 28 Jahren wurde er, der nie eine Universität besucht hatte, vom Kurfürsten von Hannover und König von England als Professor nach Göttingen berufen.

Der Kulturwissenschaftler Thomas Knubben beleuchtet in seinem neuen Buch Leben und Leistung des Wunderkindes und Waisenknaben. Mit Fleiß und ungeheurem Wissensdrang gelang es Mayer aus eigener Kraft, die Stellung eines Spitzenforschers zu erlangen, dabei war der Autodidakt auf vielen Wissenschaftsfeldern tätig: Kartographie, Mathematik, Baukunst, Geographie und Astronomie. So verfertigte er bereits mit 16 Jahren einen ersten Stadtplan von Esslingen und mit 22 Jahren veröffentlichte er in Augsburg ein umfangreiches Lehrbuch der Mathematik, den „Mathematischen Atlas“. Weiterhin schuf er zahlreiche Land- und Mondkarten. Berühmt wurde er vor allem durch seine exakten Berechnungen der geographischen Länge, wofür er posthum einen Teil des Preises des British Board of Longitude erhielt. Seine mathematischen Tafeln waren dabei die Voraussetzung zur schwierigen Längenbestimmung auf See.

Mayer starb knapp 40jährig im Februar 1762 am Fleckfieber oder am Typhus. Viele seiner Schriften blieben ungedruckt oder erschienen posthum. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde sein Wirken näher untersucht und eine umfassende Ausgabe seiner gesammelten Werke in Angriff genommen. Die informative Neuerscheinung von Thomas Knubben, die durch zahlreiche historische Abbildungen ergänzt wird, leistet dabei einen wichtigen und willkommenen Beitrag.

Bewertung vom 12.02.2023
Deutsche Geschichte in 100 Zitaten
Marx, Christoph

Deutsche Geschichte in 100 Zitaten


ausgezeichnet

Meist wird die deutsche Geschichte in mehrbändigen und dickleibigen Geschichtswerken abgehandelt. Der Historiker und Literaturwissenschaftler Christoph Marx hat in seinem neuen Buch versucht, die deutsche Geschichte kompakt anhand von 100 Zitaten im Überblick darzustellen. Um es vorweg zu sagen: es ist ein äußerst gelungener Versuch.

In chronologischer Reihenfolge – vom römischen Geschichtsschreiber Tacitus („Wild blickende blaue Augen, rötliches Haar und große Gestalten“) bis zur Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel („Wir schaffen das“) – werden Herkunft und Bedeutung der Zitate dargestellt. Sie stammen von bekannten Persönlichkeiten aus Reden und Büchern, von Parolen, Aufrufen und Zeitungsmeldungen. Dabei sind die Zitate in acht Geschichtsepochen unterteilt – von den deutschen Ursprüngen in Antike und Frühmittelalter bis zur Berliner Republik der Gegenwart.

Es sind meist bekannte Persönlichkeiten, die zitiert werden – von Walther von der Vogelweide über Martin Luther, Johann Wolfgang Goethe, Otto von Bismarck, Thomas Mann, Rosa Luxemburg, Ernst Reuter, Willy Brandt oder Günter Schabowski bis hin zu Helmut Kohl („Blühende Landschaften“) oder Roman Herzog („Durch Deutschland muss ein Ruck gehen“). Aber nicht alle Urheber und Urheberinnen sind deutscher Herkunft. So kommen auch John F. Kennedy („Ich bin ein Berliner“), Germaine de Stael („Volk der Dichter und Denker) oder Greta Thunberg („Wie könnt ihr es wagen“) zu Wort. Dabei sind es nicht immer hochpoltische oder poetische Zitate, auch flapsige Aussprüche werfen mitunter ein Schlaglicht auf die Geschichte.

Fazit: Eine anregende Lektüre, die man auf jeder Seite mit Gewinn aufschlagen kann. Auch die farbigen Illustrationen von Dieter Wiesmüller tragen dazu bei.

Bewertung vom 12.02.2023
Gabriele Münter

Gabriele Münter


ausgezeichnet

Gabriele Münter (1877-1962) war eine bedeutende Malerin, Grafikerin und Fotografin des deutschen Expressionismus. Als Schülerin und Lebensgefährtin von Wassily Kandinsky entwickelte sie den Expressionismus entschieden mit. Die Ausstellung „Gabriele Münter – Menschenbilder“ im Bucerius Kunst Forum (11.2.-21.5.2023) legt erstmals den Fokus auf die Porträtdarstellungen der Künstlerin. Bisher wurde dieses Thema weder akademisch noch kuratorisch bearbeitet, dabei stellte sich Münter in ihrem Schaffen immer wieder der Aufgabe des „Bildnismalens“. Durch die Fotografie hatte sie ihr Auge geschult, Augenblicke einzufangen und gelungene Kompositionen zu erkennen. Anhand von rund 80 Gemälden, Druckgrafiken, Zeichnungen, Fotografien und einer Hinterglasmalerei veranschaulicht die Ausstellung den enormen Facettenreichtum in Münters Porträtkunst.

Im Hirmer Verlag ist der umfangreiche und reich illustrierte Katalog zu dieser bemerkenswerten Ausstellung erschienen. Im Essayteil beleuchten sechs aufwändig recherchierte Beiträge von renommierten KunstwissenschaftlerInnen die Vielfalt von Münters „Menschenbildern“. Zunächst gibt Kathrin Baumstark eine Einführung in das Bildnismalen als die „kühnste und schwerste, die geistigste, die äußerste Aufgabe für den Künstler“. Ulrich Pohlmann gibt dann einen Überblick über Münters Fotografien und Zeichnungen aus Nordamerika, Isabelle Jansen setzt sich mit der Bedeutung der Menschendarstellung für Gabriele Münter auseinander und Uwe M. Schneede behandelt ihr Selbstbildnisse. Währen sich Frank Schmidt mit ihren Kinderbildnissen beschäftigt, informiert Christine Hopfengart abschließend über Münters Gruppenporträts der Jahre 1909-1916, mit denen sie Kunstgeschichte geschrieben hat.

Der Katalogteil ist in sechs Kapitel unterteilt (Selbstbildnisse, Porträts, Figurenbildnisse, Menschenbilder in Zeichnungen, Kinderbildnisse und Gruppenporträts). Der umfangreiche Anhang bringt neben dem Verzeichnis der ausgestellten Werke und einer Auswahlbibliografie auch eine zehnseitige Biografie der Künstlerin. Fazit: Eine anregende Ausstellung und ein aufschlussreicher Katalog, die mit einer bisher weniger bekannten Facette der Künstlerin bekannt machen.

Bewertung vom 10.02.2023
Haupt, Klaus-Werner

"Ich bin recht wohl hier aufgenommen worden ..."


ausgezeichnet

1717 in Stendal in einfachen Verhältnissen geboren, hatte Johann Joachim Winckelmann in der Altmark seine Kindheit, Schul- und Jugendzeit und seine frühen Berufsjahre verbracht. Seine Stationen waren Stendal, Salzwedel, Osterburg, Seehausen und Werben. Hier musste er u.a. fünf Jahre im preußischen Schuldienst die für ihn erdrückenden Verhältnisse erdulden. Kein Wunder also, dass Winckelmann im September 1748 die Gelegenheit ergriff, als der Reichsgraf Heinrich von Bünau (1697–1762) für seine umfangreiche Bibliothek (mit 42.000 Bänden die größte Privatbibliothek in Deutschland) auf Schloss Nöthnitz (bei Dresden) einen Bibliothekar zur Erfassung des Bestandes suchte.

Der Autor Klaus-Werner Haupt, der schon mehrfach über Winckelmann veröffentlicht hat, beleuchtet in seinem neuen Buch ausführlich die Jahre auf Schloss Nöthlitz und in Dresden. Es waren sechs glückliche Jahre, denn neben der Vertiefung in die gräflichen Bücherbestände ergab sich für Winckelmann auch die Möglichkeit, im benachbarten Dresden, damals eine aufblühende Residenzstadt der sächsischen Kurfürsten und polnischen Könige (Friedrich August II.), Kontakte zu Künstlern und Gelehrten zu knüpfen. Auf Schloss Nöthnitz entstand Winckelmanns erste bedeutende Publikation „Gedanken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Mahlerey und Bildhauerkunst“ (1755). In dieser Schrift, die den Vorbildcharakter der griechischen Kunst für das 18. Jahrhundert unterstrich, proklamierte Winckelmann erstmals das Begriffspaar „edle Einfalt und stille Größe“, das für die deutsche Klassik so wegweisend werden sollte.

Neben zahlreichen Quellen bewertete Haupt u.a. auch Winckelmanns Briefe neu, von denen mehr als fünfzig aus den sächsischen Jahren überliefert sind. Der Titel, der mit zahlreichen Abbildungen illustriert ist, ist anlässlich des 275. Jahrestages der Ankunft Winckelmanns in Sachsen erschienen. Die Neuerscheinung wird durch zwei Gastbeiträge über die jüngere Geschichte des Schlosses Nöthnitz und die Visionen der Freunde Schloss Nöthnitz e.V. ergänzt. Außerdem gibt es ausgewählte biografische Daten zu Winckelmann und Heinrich von Bünau.

Fazit: Eine ausführliche und wunderbare Darstellung von Winckelmanns Wirken in Sachsen.