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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 622 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2023
Die Tausend Leben des Ardor Benn
Whitesides, Tyler

Die Tausend Leben des Ardor Benn


sehr gut

Nichts ist unmöglich, kein Abenteuer zu gewagt für Ardor Benn, den Meister von List und Tücke. Der außergewöhnliche Gentleman-Gauner, wie er sich selbst bezeichnet, ist nicht nur risikofreudig und gewitzt, er hat auch einen messerscharfen Verstand. Eines Tages erhält er von dem Eiland Halavend, einem Priester, einen Auftrag, der fast nicht durchführbar scheint. Zusammen mit Raek, seinem guten Freund und Mitstreiter sowie Quarra, ihres Zeichens Diebin, ersinnt Ard einen genialen Plan.

Die ersten Seiten musste ich direkt nochmal lesen, zum Hineinfinden war dies zwingend notwendig. Es war ein Hineintasten ins Buch, in ein für mich nicht alltägliches Genre. Dies ging erstaunlich schnell, auch war die Karte anfangs hilfreich, ich hab da immer mal wieder vorgeblättert, um auch räumlich den Überblick nicht zu verlieren. Auch die Charaktere waren zunächst ungewohnt, aber gut beschrieben, sodass ich mir zu jedem ein Bild machen konnte. Gewitzte Figuren wie etwa die Verkleidungsschöpfer Elbig und Cinza sind lebendig beschrieben, die Besten ihres Fachs, auch wenn sie zuweilen direkt unheimlich scheinen.

"Glimmer und Granit". Malm in seiner Vielfalt kann alles wie etwa Heilungsmalm, der den Körper kuriert. Flüstermalm, der nichts nach draußen dringen lässt oder den oftmals hilfreichen Barrieremalm, der die einen einsperrt und die anderen nicht eindringen lässt. Die Drachen sind hierfür vonnöten, sie drohen auszusterben.

Ja, Ardor Benn hat viele Leben, er muss sich immer wieder beweisen, sich mit List und Tücke aus so manch auswegloser Situation heraus manövrieren und zudem seinen Auftrag erfüllen. Der 800-Seiten-Fantasy-Schmöker hat es in sich – der einnehmende Schreibstil ist gut lesbar, die Story spannend und wendungsreich. Dem Gentleman-Gauner bin ich gerne gefolgt.

Bewertung vom 27.01.2023
Der Riss (eBook, ePUB)
Winter, Thilo

Der Riss (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Der Riss“ hat viel zu bieten. Er erzählt auf sehr unterhaltsame Weise von der weitgehend unbekannten Antarktis, von den Folgen, die ein Abschmelzen des Eisschildes für uns alle hätte. Die gewaltigen Rohstoffvorkommen wecken Begehrlichkeiten, sie locken so manche Glücksritter an. Es sind die ganz harten Typen, die in ihrer unendlichen Gier vor nichts zurückschrecken…

…und da ist er, der für ihn so ergreifende Augenblick - eine Spalte von gut fünf Metern Breite und einer nicht zu überblickender Länge tut sich vor ihm auf, das Ski-Doo ist darin verschwunden und um ein Haar wäre er selbst in den Abgrund gezogen worden. Endlich kommt Drok, der extra dafür entwickelte Roboter, zum Einsatz. Er ist gewandt und kräftig genug, unter dem Eisschild nach Diamanten zu suchen. Der lang ersehnte Augenblick der Wahrheit ist nun endlich da… Um diesen Riss rankt sich der rasante Thriller, der tiefe Einblicke in die menschliche Psyche gewährt.

Ein großes Vulkanfeld ist in der Westantarktis entdeckt worden. Die Folgen eines Ausbruchs wären katastrophal, ein Anstieg des Meeresspiegels wäre der Untergang vieler Küstenregionen. Noch ist unklar, ob diese schlafen oder aktiv sind.

Die Forscher Emilio Rauwolf und Pietro Maltatesta sind unterwegs mit dem Pistenbully, jedoch hat Maltatesta ganz andere Absichten. Er will nach Diamanten suchen, dabei kann er Emilio so gar nicht gebrauchen - beide Männer werden vermisst. Vier Wochen später trifft die Geologin Antonia Rauwolf auf der Forschungsstation Neumayer III ein. Sie soll Maltatestas Aufgaben übernehmen, jedoch liegt ihr Hauptaugenmerk auf der Suche nach Emilio, ihrem verschollenen Bruder.

Gespannt verfolge ich Antonias Weg. Von Anfang an begegnen ihr die meisten Kollegen nicht gerade wohlwollend und doch lässt sie sich nicht von ihrem eigentlichen Ziel, Emilio aufzuspüren, abhalten. Die Geschwister sind Kinder der Antarktis, ein tiefer Blick zurück in die Vergangenheit erzählt davon. Antonia lässt sich weder von den eisigen Temperaturen noch von den Schneestürmen abhalten, ihre eigentlichen Feinde sind eher die Menschen. Nicht alle, aber doch so einige.

Aus zwei ganz und gar entgegengesetzten Perspektiven wird hier erzählt. Der Antarktisvertrag verbietet die wirtschaftliche Ausbeutung des Eislandes. Die Antarktis ist das größte Naturschutzgebiet der Erde und so soll es auch bleiben. Was verbirgt sich unter den seit Jahrmillionen unberührt und weitgehend unerforschten vier Kilometer hohen Eismassen? Nicht nur dieser Frage geht der Wissenschaftsjournalist Thilo Winter nach. Er beschäftigt sich unter anderem mit dem Klimawandel, einhergehend mit den abtauenden Gletschern und der Zukunft der Polargebiete. Entstanden ist ein atmosphärisch dicht erzählter Thriller, in dem er gekonnt Fakten und Fiktion vermengt.

Die Story fesselt sofort, der Schreibstil ist so mitreißend, dass ich das Buch gar nicht weglegen mochte. Mit und um Antonia habe ich gebangt, nicht nur die unwirtliche Umgebung hat mich frösteln lassen, auch Maltatesta und seine unheilvolle Mission haben dazu beigetragen, sein Helfer blieb lange unsichtbar und hat mich letztendlich überrascht. „Der Riss“ im ewigen Eis ist ein lesenswerter Thriller, den ich uneingeschränkt empfehlen kann.

Bewertung vom 26.01.2023
Bissle Spätzle, Habibi? (eBook, ePUB)
Alaoui, Abla

Bissle Spätzle, Habibi? (eBook, ePUB)


gut

Minder ist eine Dating-App, die Amayas Familie, allen voran ihre Mama, für sie eingerichtet hat. Schon 30 und immer noch Single, das geht gar nicht! Also muss sie endlich an den Mann gebracht werden.

Amaya ist eher europäisch denn marokkanisch in ihrer Denkweise, ihr Leben ist so, wie man sich landläufig das einer jungen, alleinstehenden Frau vorstellt. Mit dem Unterschied, dass ihre Mama noch mitmischt. Sie ist Darstellerin einer Doko-Soap, in Rückblenden erfahren die Leser von der jungen Amaya.

Die Dialoge sind erfrischend, sie sind direkt aus dem Leben gegriffen. Schon witzig, ja – allerdings auch sehr klischeebehaftet, was auf Dauer eher ermüdend denn amüsant ist. Der Spagat zwischen den Kulturen ist gut nachgezeichnet, viel zu oft jedoch überzeichnet. Eine ganz amüsante Liebesgeschichte, die – je weiter ich gelesen habe – immer mehr ermüdend wurde. Kürzer, prägnanter, hätte mehr Würze gebracht. Ein ganz nettes Zwischendurch-Buch, das man lesen kann, aber nicht unbedingt lesen muss.

Bewertung vom 26.01.2023
Das glückliche Geheimnis (MP3-Download)
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis (MP3-Download)


sehr gut

Warmherzig und sehr offen erzählt Arno Geiger von sich. Vom Finden zu sich selbst und vom Suchen nach immer neuem Lesestoff ist er unterwegs in Wien, immer dem von anderen Weggeworfen auf der Spur. Eine Autobiographie.

Er ist jung, das Geld immer Mangelware. Aber aufs Lesen will er nicht verzichten und so sind ihm die Bücher, die er in Wiens Container findet, mehr als willkommen. Bald sind diese Streifzüge sowas wie Alltag, viele von seinen erbeuteten Schätzen verkauft er nach dem Lesen auf Flohmärkten, eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle.

Schreiben ist seit jeher seine Leidenschaft, lange ist er der unbekannte Literat, aber aufgeben ist keine Option. Der Erfolg stellt sich ein, Arno Geiger ist mittlerweile ein anerkannter und mit Preisen ausgezeichneter Schriftsteller. Diese literarische Seite mit allen Höhen und Tiefen zieht sich durchs Buch, gefühlt bin ich sehr oft mit ihm unterwegs, um all die Bücher, die alten Briefe und die vielen Schriften zu retten, die anderen nichts mehr wert sind.

Daneben oder besser gesagt dazwischen erfahre ich von seinen Frauen, immer vorne dabei K., mit der er es nach vielen Irrungen und Wirrungen in den Hafen der Ehe geschafft hat. Auch von seinen Eltern gibt er viel preis, für mein Empfinden fast zu viel. Seine Eltern gehören zu ihm und er zu ihnen, man spürt ihre tiefe Verbundenheit.

Der Autor macht sich und sein Leben sichtbar, dabei gelingt es ihm, den richtigen Ton zu treffen. Es ist ein kurzweiliges Porträt über ein erfülltes Dasein geworden, sein Leben ist geprägt von und mit seinen Büchern. Den gelesenen und denen, die ihn zum Schreiben inspiriert haben.

Arno Geigers glücklichem Geheimnis bin ich hörend gefolgt, gesprochen von Matthias Brandt, dem herausragenden Schauspieler und Hörbuchinterpreten. Ich kenne und schätze ihn sehr, er ist immer ein Gewinn. Ihm habe ich gerne zugehört, er hat mir „Das glückliche Geheimnis“ aufs Beste nahegebracht.

Bewertung vom 25.01.2023
Die Kinderklinik (eBook, ePUB)
Eidem, Karl; Poljarevius, Jale

Die Kinderklinik (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein ganz normaler Arbeitstag sollte es werden. Hannah Kaufman ist spät dran, sie wird noch unterwegs informiert, dass Schüsse in der Nähe der Kinderabteilung des Universitätsklinikums gemeldet wurden. Wie sich bald herausstellt, hat das Terrorkommando ‚Schwarze Flagge‘ das gesamte Kinderkrankenhaus in seiner Gewalt. Sie wollen 39 Personen freipressen, diese sollten dann mit weiteren Personen aus dem KH nach Doha ausgeflogen werden. Die Terroristen riegeln das gesamte Gebäude mit Sprengstoff ab. Sollte ihrer Forderung nicht unverzüglich Folge geleistet werden, wird jede Stunde ein Kind hingerichtet. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Die Einsatzleitung vor Ort obliegt Hannah.

Ein Szenario, das schrecklicher nicht sein kann. Die Autoren nehmen ihre Leser direkt mit in die Höhle des Löwen. Dass die Angreifer nicht lange fackeln, demonstrieren sie auf blutige Weise.

Die unspektakuläre, etwas langatmige Einführung hat mit dem weiteren Verlauf wenig zu tun, aber bald darauf bin ich versöhnt, das Hauptaugenmerk liegt auf die von den Terroristen festgehaltenen Kinder und deren Eltern im Wechsel zu der fieberhaften Polizeiarbeit. Die Spannung ist hoch, ich habe das Buch an zwei Abenden gelesen, mochte und konnte es nicht weglegen.

Zugegeben, es gibt so einige überzogene Momente, in der sich etwa die Hauptfigur inmitten eines Spezialeinsatzkommandos befindet. Die Planung mit Architekten und KH-Leitung dagegen ist gut durchdacht und glaubhaft dargelegt, die angespannte Atmosphäre mit Händen greifbar. Die Nebenstory um eine übereifrige, zu allem entschlossene Journalistin ist gut ins Geschehen integriert, ich hab mich wegen ihres skrupellosen Einsatzes mächtig aufgeregt. Die Ansicht auf die Terroristen ist gut gelungen, auch die Planung um die Freilassung der Inhaftierten ist nachvollziehbar. Der Anführer der Terroristen, der sich Aslan nennt, ist schwer greifbar. Er ist überall, hat seine Leute im Griff und doch kommt man ihm nicht nahe, er ist der Polizei immer mindestens einen Schritt voraus.

Trotz einiger Kritikpunkte hat mir das Buch gefallen, die Spannung war durchgehend da. Ein Thriller, nichts für Zartbesaitete.

Bewertung vom 24.01.2023
Grenzfall - In der Stille des Waldes / Jahn und Krammer ermitteln Bd.3 (eBook, ePUB)
Schneider, Anna

Grenzfall - In der Stille des Waldes / Jahn und Krammer ermitteln Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

„Zwei Länder. Zwei Ermittler. Mysteriöse Grenzfälle.“ Jahn und Krammer ermitteln.

Zwei präparierte Dachse werden bei Bauarbeiten am Ortsrand von Gnadenwald in Tirol gefunden. Schon ungewöhnlich, aber erst das Innere dieser Tiere ruft Chefinspektor Krammer auf den Plan. Ein winziger Babystrampler, eine blonde Locke mit einer zartrosa Schleife, eine silberne Rassel – was hat das zu bedeuten?

Währenddessen erholt sich die Oberkommissarin Alexa Jahn gezwungenermaßen von einer Schussverletzung. Eigentlich würde sie sehr viel lieber in ihrer neuen Dienststelle in Lenggries weiterarbeiten, ihr Vorgesetzter ist da aber anderer Meinung. Also wird sie ihre noch karge Wohnung einrichten, irgendwie muss sie sich ja beschäftigen. Als ihr ehemaliger Aschaffenburger Kollege vor der Tür steht und ihr berichtet, dass sie in einem Mordfall den wahren Täter haben laufen lassen, machen sie sich auf, seine Spur zu verfolgen. Und diese Spur führt sie ins nahe Österreich.

Abwechselnd lese ich von den beiden Ermittlungen. Krammer und seine Kollegin Szabo bilden ein Team, das an und für sich gut zusammenarbeitet. Auch wenn das Private immer wieder durchscheint, so bleibt es doch weitgehend außen vor, Szabo blockt komplett ab. Der Fall wird zunehmend mysteriös, ja tragisch. Die vergrabenen Babysachen lassen Schlimmes vermuten. Auch Alexa und Jan, ihr damaliger Kollege, lassen nicht locker. Diesmal müssen sie den Richtigen erwischen, dabei gehen sie nicht nur einmal an ihre Grenzen. Zwischen diesen beiden Ermittlungen kommen ein ER und noch öfter eine SIE zu Wort. Wer spricht da? Welchen der beiden Fälle können diese Stimmen zugeordnet werden? Diese kurzen Passagen sind geheimnisvoll, sie wirken düster, ja brachial.

Der komplexe Fall für Krammer und Szabo ist äußerst spannend und wendungsreich und sorgt für so etliche atemlose Momente. Hier steht die Suche nach den Vermissten im Vordergrund. Anna Schneider versteht es, ihre Leser mitzunehmen. Wer will da schon abbrechen, die Story ist so einnehmend, es treibt einen regelreicht weiter. Bei Alexa und Jan geht es sehr viel zäher voran, hier ist das Zwischenmenschliche eher sichtbar.

Ich bin direkt mit dem dritten Fall gestartet, habe bestimmt so einiges verpasst. Wie etwa das Finden von Vater und Tochter, von Krammer und Alexa. Bald aber habe ich mich zurechtgefunden und ich meine, dass man ohne weiteres mit diesem „Grenzfall – In der Stille des Waldes“ beginnen kann. Der dritte Band der grenzüberschreitenden Krimiserie ist unterhaltsam und lässt durch Szabos Geheimnis um ihr Privatleben auf einen spannenden vierten Band hoffen, den ich mir nicht entgehen lassen möchte.

Bewertung vom 23.01.2023
Frankie (eBook, ePUB)
Köhlmeier, Michael

Frankie (eBook, ePUB)


sehr gut

Frankie nennt Opa ihn. Dass er so nicht angesprochen werden will, ist dem 71jährigen ziemlich egal, er macht es trotzdem. Überhaupt ist er ein sehr eigensinniger Mensch. Er, nach achtzehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen, drängt sich mit seiner bloßen Anwesenheit in das Leben von Frank und seiner Mutter.

„Dieser Mann, Frank, ist kein Vorbild.“ Irgendwann sagt das Mama zu ihm, auch wenn sie ansonsten eher knauserig ist, ihm nichts über seinen Opa erzählen will. Nicht mal seinen Namen will sie preisgeben, aber „irgendwann müssen wir über ihn reden, Frank.“

Als All-Age-Roadnovel wird der Roman vorgestellt. Frank (Frankie) und sein Knacki-Opa sind ein unvergessliches Duo. Ein unvergessliches Duo im Sinne von: So stellt man sich eine Opa-Enkel-Beziehung nicht vor. Es ist alles, aber nicht das, was hinlänglich als normal gilt.

Michael Köhlmeier ist ein kurzweiliger Streifzug durch das Leben des 14jährigen Frank gelungen – ein bis soeben ganz normaler Junge, der neugierig ist, der seinen Opa besser kennenlernen möchte. Was ihm auch halbwegs gelingt, jedoch zeigt der alte Mann sich mehr von seiner nicht sehr liebenswürdigen Seite. All das, was man einem Halbwüchsigen nicht unbedingt beibringen will, hat Opa bestens drauf. Und Frank ist hin- und hergerissen. Möchte alles wissen, in sich aufsaugen. Tief drin weiß er, dass er sich losreißen sollte und doch ist er fasziniert von dem Neuen, dem allzu Bösen.

„Frankie“ ist ein rasanter Trip mit einem liebenswerten Teenie und einem Opa, der im Knast wohl besser aufgehoben wäre. Ein nicht alltägliches Duo mit einem Ende, das vieles beinhaltet. Nach dem Lesen wird man es wissen.

Bewertung vom 21.01.2023
In tiefen Seen / Commissario Grauner Bd.8
Koppelstätter, Lenz

In tiefen Seen / Commissario Grauner Bd.8


ausgezeichnet

Commissario Grauner und Ispettore Saltapepe ermitteln wieder. „In tiefen Seen“ ist ihr mittlerweile achter Fall und der führt sie direkt hinein in eine verschwiegene Dorfgemeinschaft im Passeiertal, hinein in den Berg, in das ehemalige Bergwerk mit dem verzweigten Stollensystem, das man kennen muss, um sich zurechtzufinden.

„Der Charly wird sterben.“ Wer ist Charly? Ist das ein ernst zu nehmender Anruf? Saltapepe schaut gerade ein wichtiges Fussballspiel, als Grauner ihn abholt. Mitten auf einer Wiese wurde ein Toter gefunden, direkt daneben sind tote Vögel, Äpfel, Birnen und noch mehr, auch eine blutverschmierte rostige Sense liegt da. Was soll diese Inszenierung? Hat dies etwa mit dem ominösen Charly zu tun? Keiner der Dörfler kennt so einen, sie alle hüllen sich in Schweigen.

Commissario Grauner ermittelt in Südtirol, hier sind seine Wurzeln, hier ist er zuhause. Mit seiner Alba bewirtschaftet er seinen Hof, seine Kühe gehen ihm über alles. Auch der Autor ist hier aufgewachsen, er kennt die Gegend und den Menschenschlag gut, seine Figuren sind allesamt authentisch, ein wenig kauzig und sehr heimatverbunden. Dies gilt auch für Saltapepe, den es hierher verschlagen hat, ein Neapolitaner und Fussballfan durch und durch. Tappeiner, Grauners Assistentin, und die Praktikantin Donnachiara vervollständigen das Team.

Der Prolog gibt gleich mal Rätsel auf – träumt Grauner oder ist ihm etwas zugestoßen? Nicht nur diese Frage drängt mich weiter. Grauner wird doch nicht…? Nein, ich verrate nichts, schließlich muss ein Mord aufgeklärt werden. Daneben geht es hinein ins ehemalige Bergwerk, die Geologen sind in Sorge, dass der ganze Berg, der durch den Erzabbau unterhöhlt ist, herunterkommt.

Lenz Koppelstätter lässt sich von realen Fällen inspirieren, so auch hier. In dem verzweigten Bergbaugebiet zwischen dem Passeier- und dem Ridnautal fanden die Nazis das perfekte Versteck für ihre geraubten Kunstschätze. Der Kriminalfall rankt sich rund um diese verborgenen Gemälde und den aktuellen Mordfall. Die Aufklärung gestaltet sich schwierig, bei den weit verzweigten Ermittlungen geht jeder einer anderen Spur nach. Lange ist nicht klar, wie hier alles zusammenpasst. Die Lage ist ganz schön verzwickt, aber aufgeben ist keine Option. Sie alle haben ihre Eigenheiten, ich mag sie, kenne sie mittlerweile ganz gut und hoffe, dass ich noch viele Fälle mit Grauner & Co. lösen werde.

Ein unterhaltsamer Krimi, dessen lose Fäden sich zum Schluss gut zusammenfügen. Man muss die Vorgängerbände nicht unbedingt kennen – es sind in sich abgeschlossene Fälle - und doch möchte ich sie nicht missen. Zugegeben – ich bin ein Fan von ihnen allen, besonders Claudio Saltapepe, der Neapolitaner in Südtirol, hat es mir angetan. Und nun heißt es Abschied nehmen. Ciao, bis demnächst, wenn es wieder heißt: Commissario Grauner ermittelt.

Bewertung vom 12.01.2023
Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1
Ægisdóttir, Eva Björg

Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1


sehr gut

Die Kleinstadt Akranes ist Schauplatz des ersten Bandes einer neuen Krimi-Reihe der isländischen Autorin Eva Björg ÄEgisdóttir. Ein beschaulicher Ort, in dem jeder jeden kennt. Der Leuchtturm ist einsam gelegen, genau richtig für zwei Jugendliche. Ihr tête-à-tête wird getrübt durch ein Fellknäuel, das sie tief unten entdecken. Der Schock sitzt tief, als sie auf einem Felsen eine Tote entdecken.

„Wie schnell kannst du zum Leuchtturm kommen?“ Elma hat sich von Reykjavík hierher versetzen lassen, sie ist hier aufgewachsen und nun kehrt sie aus persönlichen Gründen zurück. Mit ihren neuen Kollegen Sævar und Hörður ermittelt sie. Sie sind Typen wie du und ich, Hörður ist tief verwurzelt in Akranes, Sævar ist eher Außenseiter, er und Elma arbeiten gut zusammen, sie verstehen sich, sind auf einer Wellenlänge.

Beschaulich geht es los, Eva Björg Ægisdóttir gewährt ihren Lesern Einblicke in die Familien, beschreibt ihren Alltag und lässt so manch tiefen Blick in deren Gedanken zu. Noch sind es viele Figuren, die eher Oberflächliches verbindet. Man kennt sich eben von klein auf. Zwischendurch blitzt die Vergangenheit auf. Von kleinen Mädchen und deren Freundschaft wird erzählt, die eine wächst behütet auf, die andere ist eher sich selbst überlassen.

Es ist ein leiser, ein düsterer Krimi, der den Menschen hinter dem Verbrechen zeichnet. Das Warum wird hinterfragt und dafür reicht es nicht, nur einen flüchten Blick auf das Heute zu werfen. Immer mehr kristallisiert sich heraus, wie die einzelnen Charaktere miteinander verbunden sind.

Zunächst war ich ob der vielen losen Fäden etwas irritiert, auch konnte ich mit den Rückblicken nicht wirklich etwas anfangen. Aber dranbleiben lohnt sich. Die Autorin geht der Frage nach, ob ein von der Norm abweichendes Verhalten eher angeboren ist oder ob die Umgebung einen dazu macht. Verbrechen spiegeln auch gesellschaftliches Versagen wider, ihr erster Krimi ist diesbezüglich gut gelungen. Verschwiegenheit und wegschauen sind eine toxische Mischung, die sich früher oder später bitter rächen kann.

Das Hineinfinden in die verzweigte Story gestaltete sich anfangs zäh, es waren wie gesagt viele Figuren, die anscheinend nichts miteinander verband. Der einnehmende Schreibstil hat mich weiterlesen lassen und je mehr ich von ihnen allen wusste, desto besser konnte ich Vergangenes mit dem Heute verbinden. Nicht nur die Kommissare waren authentisch, jeder einzelne Charakter war glaubhaft angelegt. Ein spannender Krimi vor malerischer Kulisse mit sympathischen Ermittlern, der mich nach dem etwas holprigen Start dann immer mehr gefangen hat.

Bewertung vom 11.01.2023
Rote Sirenen
Belim, Victoria

Rote Sirenen


sehr gut

In den 1930er Jahren verschwand Nikodim, Victorias Urgroßonkel. Niemand kann Auskunft über seinen Verbleib geben, also macht sie sich auf, sein Schicksal zu ergründen.

Victoria ist zwar in der Ukraine geboren und hier aufgewachsen, hat aber lange Zeit im Ausland gelebt und nun kommt sie zurück, hilft ihrer Großmutter Valentina im Obstgarten, wir schreiben das Jahr 2014. Es ist eine unruhige Zeit, Russland annektiert die ukrainische Halbinsel Krim. Die Erinnerung daran dürfte jedem noch geläufig sein.

Gleich im ersten Kapitel breitet Onkel Wladimir sein Weltbild aus, seine Verteufelung auf alles Westliche und die damit einhergehende Verherrlichung der Sowjetunion mitsamt ihrem Aggressor. All die Verschwörungstheorien, die russische Propaganda, muss ich nicht haben. Schon da habe ich in Erwägung gezogen, das Buch abzubrechen. Unter dem Deckmäntelchen einer westlich orientierten Ukrainerin wollte ich meine Zeit nicht mit all den Parolen vergeuden. Bald jedoch war dieses unschöne Zwischenspiel vorbei. Ich habe weitergelesen und es nicht bereut.

Von nun an war ich so richtig drin in der Familiengeschichte, die logischerweise mit der Geschichte der Ukraine einhergeht. Die Autorin erzählt von dem ukrainischen Volk, es sind sehr warmherzige und hilfsbereite Menschen, die wechselvolle Geschichte des Landes ist immer im Hintergrund spürbar. An den Behörden kommt Victoria in ihrer Spurensuche nicht vorbei, hier beißt sie meist auf Granit, aber aufgeben ist keine Option. Irgendwann landet sie im berüchtigten Hahnenhaus, dessen Keller als Folterkammern dienten. Schon vor gut hundert Jahren meinte ein Schriftsteller, dass Beruhigungsmittel vonnöten seien, um die Geschichte der Ukraine auszuhalten. Dieses leidgeprüfte Volk wird wohl nie zur Ruhe kommen, wir sehen es momentan wieder sehr deutlich. Der 2013/14 begonnene Konflikt um die Ukraine ist wieder aufgeflammt, Russland will sich den Staat, der seit der Auflösung der Sowjetunion seit 1991 selbständig ist, wieder einverleiben.

„Rote Sirenen. Die Geschichte meiner ukrainischen Familie“ ist eine autobiographische Erzählung, die nicht nur das Leben und das Schicksal ihrer Familie nachzeichnet, es ist auch die Geschichte ihrer ukrainischen Heimat, in die Victoria aus bekannten Gründen momentan nicht einreisen kann. Valentina, ihre Großmutter, nennt die Ukraine „Blutland“.