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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 623 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2022
Einsame Nacht / Polizistin Kate Linville Bd.4
Link, Charlotte

Einsame Nacht / Polizistin Kate Linville Bd.4


ausgezeichnet

Eine Frau fährt am späten Abend alleine durch die Nacht, am nächsten Morgen ist sie tot, ermordet in ihrem zugeschneiten Auto auf einem einsamen Feldweg. Die einzige Zeugin schweigt, hat sie zwar gesehen, wie ein Mann in das Auto der Toten gestiegen ist, aber trotz einem unguten Gefühl nichts gemacht. Nun ist die Scham darüber so groß, dass sie sich nicht meldet. Kate Linville ermittelt und stößt schnell auf einen alten Fall, der auf den ersten Blick überhaupt nicht zum aktuellen Verbrechen passt. Der Täter damals wurde nie gefunden, nun gibt es vielleicht einen neuen Ansatz.

Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um den vierten Band der Reihe um Kate Linville. Wer den vorherigen Teil nicht gelesen hat, dem empfehle ich dringend, dies vor der Lektüre dieses Buches zu tun, denn nicht nur im Privatleben der beteiligten Personen haben sich gravierende Änderungen ergeben, es wird auch oft Bezug genommen auf den abgeschlossenen Fall unter Nennung der schuldigen Person. Dazu kommt, dass sich im Laufe der aktuellen Geschehnisse einige Antworten finden auf Fragen, die den letzten Fall betrafen.

Nun aber zum aktuellen Fall. Bereits der Prolog, der zeitlich fast zehn Jahre vor der Gegenwart spielt, ist so dramatisch, dass ich sofort gefesselt bin. Die Autorin hat die Gabe, eine Geschichte so zu erzählen, dass es trotz der verschiedenen Schauplätze am Anfang nie dazu kommt, dass ich verwirrt bin; im Gegenteil versuche ich, Zusammenhänge zu erkennen, was mir natürlich selten gelingt, so raffiniert ist die Erzählung. Erst nach und nach ergeben sich Ansätze, die es mir möglich machen, die losen Enden miteinander zu verbinden, dennoch dauert es sehr lange, bis auch ich den Durchblick erlange, was natürlich gewollt ist. Bereits früh habe ich einen Verdacht, den ich erst verwerfe, weil die Autorin es schafft, mich in die Irre zu führen, aber letztendlich bestätigt sich dieser, was meine Lesefreude dennoch nicht schmälert, denn es war meinerseits ein Schuss ins Blaue und auch nicht die erste Wahl.

Die Geschichte rund um den Fall war diesmal nicht einfach zu ertragen. Melancholie, Einsamkeit und Depression geben sich hier die Hand, viele Personen im Buch haben ihr Päckchen zu tragen. Das passende Wetter tat das übrige, über allem lag der Hauch einer Traurigkeit, die sich durch das ganze Buch zieht. Ein verzwickter Fall, eine tolle Auflösung, die keine Fragen offen lässt, und eine Ermittlerin, der ich hoffentlich noch bei vielen Fällen über die Schulter schauen darf. Wieder einmal hat Charlotte Link mich auf ganzer Linie überzeugt. Volle Punktzahl gibt es dafür von mir und eine Leseempfehlung.

24 von 26 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.10.2022
Verbrenn all meine Briefe
Schulman, Alex

Verbrenn all meine Briefe


ausgezeichnet

Mit diesem Buch begibt sich der Autor auf die Suche nach den Ursachen seiner Wut, die seit Jahren in ihm ist und von der er selbst erst jetzt realisiert hat, dass sie nicht nur ihm, sondern insbesondere seiner Familie schadet. Einen Ansatz findet er in der Familienlinie mütterlicherseits, dort waren Konflikte an der Tagesordnung und so wuchs er damit auf. Erste Nachforschungen führen ihn zu seinem Großvater, einem in Schweden berühmten Schriftsteller, der eine unglaubliche Fülle an Büchern und Schriftwerken hinterlassen hat. Dieser hat sein Leben lang in Konkurrenz mit einem anderen Autor gelegen, was aber wohl mehr im privaten als im schriftstellerischen Bereich gelegen hat. Alex Schulman fördert ungeheuerliches zutage, das ein ganz anderes Licht wirft auf seinen Großvater und besonders dessen Frau Karin.

Wer nun ein Sachbuch erwartet, wird schnell eines besseren belehrt. Aus Büchern, Briefen und Tagebuchaufzeichnungen ergibt sich eine Geschichte, die schöner und tragischer nicht sein könnte. Schulman schreibt so intensiv, so einfühlsam über die Begegnung seiner Großmutter mit ihrer großen Liebe, dass es eine Freude ist, diesen Teilen im Buch beiwohnen zu dürfen. Eine große Liebe, ein Tabubruch, eine unerfüllte Sehnsucht und ein tragisches Ende, das keines war. Eine Geschichte wie ein Buch, das das Leben schrieb. Ich habe wider besseren Wissens darauf gehofft, dass es einen anderen Abschluss gibt, habe so sehr gewünscht, dass es anders endet. Immer wieder musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass dies andere Zeiten waren, dass es sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich war, was heute so selbstverständlich ist. Und trotzdem hat es mich erschüttert und emotional sehr bewegt, welche Bürde aus Pflichtgefühl und Angst Karin auf sich genommen hat. Die letzten Seiten haben mich so aufgewühlt, dass ich das Buch an die Seite legen und mich sammeln musste. Eine Liebesgeschichte ohne Happy End. Ein Meisterwerk. Volle Punktzahl mit Sternchen und eine Leseempfehlung gibt es von mir.

8 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2022
Fairy Tale
King, Stephen

Fairy Tale


ausgezeichnet

Der siebzehnjährige Charlie ist auf dem Weg nach Hause, als er am Haus des Einsiedlers Mr. Bowditch vorbeikommt, dessen Hund hysterisch bellt. Trotz eines unguten Gefühls, schließlich soll es sich beim Hund des Nachbars um eine wilde Bestie handeln, schaut Charlie nach und findet Mr. Bowditch verletzt und hilflos vor. Er versorgt den alten Mann, während er auf den Krankenwagen wartet, und verspricht diesem, sich um Radar, so heißt die Hündin, zu kümmern, während dieser im Krankenhaus ist. Auch als Mr. Bowditch wieder zu Hause ist, kümmert Charlie sich weiterhin um ihn und seinen Hund. Als Mr. Bowditch schließlich nach einem Herzinfarkt stirbt, hinterlässt er Charlie mysteriöse Nachrichten, seinen gesamten Besitz und einen Zugang zu einer fremden Welt. Was Charlie dort erlebt, hätte er sich in seinen wildesten Träumen nicht denken können.

Auf den ersten dreihundert Seiten bekam ich die Gelegenheit, Charlie und sein Leben kennenzulernen. Dies hätte eintönig und langweilig sein können, tatsächlich war dies aber interessant und sehr unterhaltsam. Die vielen Andeutungen, die Charlie machte, haben natürlich dazu geführt, dass ich eine phantastische Geschichte erwartet habe, was ich dann aber tatsächlich zu lesen bekam, hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen! Zuerst gab es zwar eine Wendung, die dazu führte, dass meine anfängliche Euphorie etwas nachgelassen hat, weil ich sicher war, den weiteren Verlauf der Story voraussagen zu können. Als ich dann aber verstanden habe, in welche Richtung die Erzählung ging, konnte ich kaum fassen, wie falsch ich gelegen habe, und war selbst mehr als erstaunt darüber, wieviel Freude mir das Gelesene machte, bin ich aus dem Alter für Märchen ja bereits lange raus.

Die Welt, die Stephen King vor meinen Augen hat entstehen lassen, war eine phantastische, schöne und grausame, dabei aber so realistisch, dass ich oft das Gefühl hatte, mittendrin im Geschehen zu sein. Die Abenteuer, die Charlie erlebte, waren so unglaublich spannend, dass ich durch die Seiten geflogen bin und einfach nicht wollte, dass es endet, dieses wunderbare Buch! Eine märchenhafte Kulisse, ein Königreich, Bösewichte und Helden, von allem gab es etwas und langweilig wurde es nie. Ich hätte noch viel länger dort verweilen wollen, wäre am liebsten nicht so schnell wieder aufgetaucht aus dieser fiktiven Welt. Für mich ein weiteres Highlight aus der Feder des Meisters und der Beweis, dass man für Märchen nie zu alt wird. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung. Besucht diese märchenhafte Welt und lasst euch verzaubern. Grandios!

12 von 12 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.10.2022
Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1
Yokomizo, Seishi

Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1


sehr gut

Ein schreckliches Verbrechen passiert im Winter 1937 in einem Dorf, ein jungvermähltes Brautpaar wird bestialisch abgeschlachtet, Spuren gibt es kaum und nicht nur das; der Raum ist von innen abgeschlossen, die Waffe befindet sich draußen. Dies scheint genau der richtige Fall für den Privatdetektiv Kosuke Kindaichi zu sein.

Der Ich-Erzähler, der sich selbst als Autor von Kriminalromanen bezeichnet, führt durch die Geschichte, von der er viele Jahre später gehört hat. Hierbei bedient er sich verschiedener Hilfsmittel. Anhand von Erzählungen und Aufzeichnungen beteiligter Personen erfuhr ich so nach und nach, wie das Verbrechen passiert und letztendlich auch aufgeklärt worden ist. Die Sprache ist hierbei ein wenig altmodisch und es gibt viele japanische Begriffe, die teils übersetzt, überwiegend aber dem hinten angehängten Glossar zu entnehmen sind. Das empfand ich als etwas störend, genauso wie den Umstand, dass die Namen der Beteiligten immer wieder abgewandelt wurden, sodass ich oft überlegen musste, wer überhaupt gemeint ist. Dies ist natürlich dem Umstand geschuldet, dass für mich die Namen oft gleich klingen und die diversen Abwandlungen hierzulande nicht üblich sind.

Der Kriminalfall selbst war sehr außergewöhnlich und interessant, allerdings war die Auflösung zu kompliziert, als dass ein Privatdetektiv diese hätte erraten können, was ich nicht stimmig fand. Es gab auch für mich persönlich nicht einen logischen Ansatz, um mitraten zu können, so verworren war die Lösung. Das fand ich etwas schade, denn eigentlich ist der Leser solcher Bücher dazu gehalten, mitzuraten und zumindest am Ende hin nachzuvollziehen, wie es zur Auflösung kam. Hier grenzt es schon an Wahrsagerei, was der Privatdetektiv alles herausgefunden hat.

Trotz meiner Kritikpunkte wurde ich gut unterhalten und würde mich freuen, in absehbarer Zeit den nächsten Teil mit Kosuke Kindaichi lesen zu können. Ich hoffe, dass es bald eine weitere Übersetzung dieser ungewöhnlichen Buchserie geben wird. Von mir gibt es dreieinhalb Sterne mit Tendenz nach oben und eine Leseempfehlung.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2022
Todesspiel. Die Nordseite des Herzens
Redondo, Dolores

Todesspiel. Die Nordseite des Herzens


sehr gut

Die spanische Polizistin Amaia Salazar soll dem FBI dabei helfen, einen Serienmörder zu finden, der als der Komponist bekannt ist. Dieser tötet ganze Familien, richtet ihre Köpfe gegen Norden aus und sein Motiv ist völlig unklar. Amaia ist unglaublich talentiert und mit einer besonderen Gabe gesegnet, kämpft seit ihrer Kindheit aber mit eigenen Dämonen. Als der Hurrikan Katrina in Richtung New Orleans dreht, verdichtet sich der Verdacht, dass der Komponist ebenfalls auf dem Weg dorthin ist. Amaia und ihre Kollegen machen sich auf den Weg in ihren schlimmsten Alptraum.

„Sie war eine Fährtensucherin, eine Jägerin, einer jener Menschen mit der natürlichen Gabe, das Böse aufspüren zu können. Ein zweifelhaftes Privileg, das sie erhalten hatte, als sie in der Hölle gewesen war.“ (Seite 340)

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und von Rückblicken in Amaias Kindheit unterbrochen, sodass nach und nach ein klares Bild davon entstand, was Amaia zugestoßen ist. Bereits früh war ich vom Schreibstil gefesselt und konnte das Buch nicht aus der Hand legen. Der Fall war ungewöhnlich und bizarr, die Ermittlung sehr spannend. Amaia wurde zwar etwas übertrieben genial dargestellt, auch einige andere Personen fand ich überspitzt, aber es passte zur restlichen Geschichte und störte mich nicht. Der Thriller enthält mystische Elemente, es werden Geister, Dämonen und magische Wesen erwähnt, was der Story ein wenig eine übersinnliche Atmosphäre verlieh. Die Autorin baut zudem die Katastrophe in New Orleans mit ein, als der Hurrikan Katrina dort gewütet hat, sodass eine Prise Voodoo unvermeidlich war. Dies alles war aber nicht übertrieben und passte unglaublich gut zum Setting.

Die Wendung, die die Story irgendwann nahm, fand ich zuerst überraschend und dann etwas irritierend, für mich kam die Ermittlung dadurch vollkommen aus dem Takt. Je näher das Ende kam, desto gespannter war ich darauf, welche Auflösung mich erwartet. Das grandiose Finale, das ich erwartet habe, fiel dabei gänzlich aus, das Ende wurde in kürzester Zeit abgehandelt und ich blieb etwas enttäuscht zurück. Das hätte ich mir anders gewünscht, nachdem ich so viele Seiten lang darauf hingefiebert hatte. Dies und die manchmal etwas holprige Übersetzung führen dazu, dass das Buch ganz knapp eine volle Punktzahl verpasst und von mir mit vier Sternen bewertet wird. Zudem spreche ich gerne eine Leseempfehlung aus, denn ich wurde wirklich ausgezeichnet unterhalten und habe mir die vor Jahren erschienene Trilogie mit Amaia Salazar auf meine Wunschliste gesetzt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.10.2022
Die Optimistinnen
Tank, Gün

Die Optimistinnen


ausgezeichnet

In diesem Buch erzählt die Autorin die fiktive Geschichte von Nour, die 1972 mit 22 Jahren als Gastarbeiterin aus der Türkei nach Deutschland kam. Mir persönlich war bisher überhaupt nicht bekannt, dass es auch Gastarbeiterinnen gab. Allein in der Fremde und doch nicht einsam, die Solidarität unter den Frauen aus aller Welt ist unglaublich. Als sie realisieren, dass sie ausgebeutet werden, formieren sie sich und fangen auch ohne Sprachkenntnisse an, für ihre Rechte zu kämpfen; für gleichen Lohn, für Sprachunterricht und eine menschenwürdige Unterbringung. Dies passierte in einer Zeit, als deutsche Frauen eine Erlaubnis ihres Ehemannes benötigten, um überhaupt arbeiten zu dürfen, was mir unglaublichen Respekt abnötigt.

Es ist eine interessante Erzählweise, denn das Leben von Nour wird nicht vollständig erzählt, es sind Bruchstücke, Auszüge, die sich hauptsächlich mit ihrer Zeit in Deutschland, aber auch mit ihrer Beziehung zur Familie und Freundinnen beschäftigen. Parallel kommt die Tochter von Nour als Ich-Erzählerin immer wieder zu Wort und schildert ihre Sicht. Gabriele Su wurde in Deutschland geboren, was dazu führt, dass sie ihre Identität sucht und hinterfragt. Aus beiden Erzählsträngen ergibt sich das faszinierende Leben einer Frau, die zusammen mit anderen Frauen etwas geleistet hat, von dem alle anderen Frauen profitierten. Das ist großartig und bewundernswert, zudem fand ich es sehr spannend und informativ, etwas über diese Zeit zu erfahren, über Zustände, die anscheinend nicht wichtig genug erschienen, um darüber zu berichten. Zumindest bis jetzt.

Ich habe die Geschichte von Nour sehr gerne gelesen, vergebe die volle Punktzahl und eine Leseempfehlung. Ich freue mich bereits sehr auf weitere Werke der Autorin, deren Debüt mich wunderbar unterhalten hat.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.10.2022
Todesrache / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.7
Gruber, Andreas

Todesrache / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.7


sehr gut

Nachdem das letzte Buch der Reihe mit einem fiesen Cliffhanger geendet ist, habe ich diesen Teil der Reihe mehr als sehnsüchtig erwartet. Der Telefonanruf, den Maarten S. Sneijder am Ende des letzten Buches erhält, lässt hoffen, dass eine totgeglaubte Person noch am Leben ist. Natürlich lässt der BKA-Profiler nun nichts unversucht, diese Person aufzuspüren und wie immer lässt er sich bei dieser Suche weder von Vorschriften, noch von Gesetzen aufhalten. Dabei kommt er Dingen auf die Spur, die einen Zusammenhang mit einem gerade erfolgten Verbrechen vermuten lassen. Anscheinend steckt da mehr dahinter, als auf den ersten Blick ersichtlich.

Dies ist bereits der siebte Teil der Reihe um Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez, und noch immer hat diese Serie nichts von ihrer Faszination für mich verloren. Trotz des Cliffhangers im letzten Buch und meiner unglaublichen Neugierde darauf, wie es weitergeht, habe ich diesmal trotzdem länger gebraucht, um ins Buch zu finden. Die Zeitsprünge in Geschehnisse im vorherigen Teil sowie in verschiedene vergangene Jahrzehnte unterbrechen immer wieder die Geschichte, was mich anfangs etwas irritierte; besonders, weil die Ereignisse in ferner Zeit so gar nicht richtig zusammenpassten. Natürlich klärt sich dies nach und nach auf und die Auflösung ist genial, genauso wie der gesamte Fall, der sich letztendlich daraus ergibt. Es ist großartig wie zum Ende hin die Fäden zusammenlaufen und in einem wahnsinnig spannenden Finale münden. Ich bin zufrieden mit der Auflösung, alle Fragen wurden beantwortet und schlüssig geklärt.

Der Fall ist abgeschlossen, zum Ende hin gibt es aber Andeutungen, die mich mal wieder den nächsten Teil ungeduldig werden erwarten lassen. Das ist gleichermaßen fies, wie auch genial. Jemand sollte mit dem Autor mal ein ernstes Wort sprechen, denn das grenzt schon etwas an Folter. Spaß! Vier Sterne gibt es von mir sowie eine Leseempfehlung.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.10.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


gut

Johanne Mohn ist tot, sie hinterlässt Mann und Kinder. Die Trauerarbeit wird verschleppt, meint das Traueramt, sodass ein Trauerarbeiter auf die Familie angesetzt wird. Die Familie aber hat ihren eigenen Weg gefunden, zu trauern. Vor allem aber möchte man die Erinnerungen an Johanne bewahren.

„Er wünschte, sie hätten einen inneren Reißwolf, sodass schäbige Bemerkungen nicht eindringen könnten, sondern gleich zu Beginn, bevor sie Hirn und Herz erreichten, in Streifen geschreddert würden. Was sich die Leute nur herausnehmen. Sie als Familie sind ein zerbrochenes Gefüge. Und die anderen stellen Fragen und kommentieren.“ (Seite 68)

Dieses Buch war ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe. Es gab Worte und Sätze einer Poesie gleich, manche Sätze dabei seltsam unvollständig, was passend, geradezu stellvertretend für das Leben der Familie stand, in dem eine Lücke klafft, fehlt dort ja nun ein Mensch; eine Ehefrau, eine Geliebte, eine Mutter. Die Trauer der verbliebenen Familienmitglieder sickerte aus jeder Zeile, ihre Handlungen erschienen oft irrational und fremd; als wäre Trauer sonst vertraut und ließe sich erkennen.

Außergewöhnlich und fast skurril erschien mir das Buch, unwirklich und märchenhaft. Ich empfand es zu wirr und dadurch fiel es mir schwer, der Erzählung zu folgen. Ein Sprung nach da, einer hier und dort, aber einen Grund für das alles habe ich nicht gefunden. Mir war das zu experimentell, es ergab vieles wenig bis keinen Sinn. Mir fehlte Struktur und ein roter Faden, zuletzt blieb ich verwirrt zurück und hatte mehr Fragen als Antworten. Es war wohl nicht der richtige Zeitpunkt für mich und das Buch. Wer außergewöhnliche und märchenhafte Erzählungen mag, wird hier aber begeistert sein.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.10.2022
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


gut

Das Buch versammelt acht Kurzgeschichten über koreanische Frauen. Es behandelt verschiedene gesellschaftliche Themen, allerdings geht es fast immer um Probleme von Müttern, Töchtern, Ehefrauen, Geliebten; also Frauen überhaupt. Ich habe hier etwas anderes erwartet, etwa eine Message, die sich aus den Stories ergibt, oder eine versteckte Botschaft, die zwischen den Zeilen steht. Manchmal war dies tatsächlich so.

„Mir wurde klar, dass meine Angst nicht unbedingt einem Stalker oder Einbrecher galt, sondern etwas Wesentlicherem. Es war meine Situation, die mir Angst machte - die einer jungen, allein lebenden Frau, die die Verantwortung für sich selbst tragen musste.“ (Seite 129)

Meistens aber waren es Geschichten, die bereits nach dem ersten lesen verpufften und in Vergessenheit gerieten, nichts blieb bei mir haften, weder Name noch Grund, es blieb einfach nichts hängen, so banal empfand ich diese. Es gab lediglich wenige Stories, die mich begeistert haben und die die grundlegende Thematik auch wirklich betrafen. Da ist zum Beispiel die junge Frau, die ihrem Freund nach zehn Jahren den Laufpass gibt, weil ihr endlich klargeworden ist, welch schlechten Einfluss er auf ihr Leben hat, wie schlecht er sie behandelt und wie behindernd er für ihr Glück ist. In einem Brief wird sie endlich alles los, wozu ihr der Mut fehlt, es persönlich anzusprechen. Oder die Großmutter, die sich nicht alt genug dafür fühlt, sich fortwährend um ihr Enkelkind kümmern zu müssen, weil sie stattdessen ihr Leben leben und genießen will; Schuldgefühle inklusive. Diese und noch eine weitere Story waren wunderbar, die Quintessenz daraus ganz klar. Der Rest war nicht interessant genug, um Erwähnung zu finden, etwas Neues erfuhr ich dabei jedenfalls nicht. Das ist schade, zumal ich die Kultur spannend und faszinierend finde.

Für Liebhaber koreanischer Literatur ist das Buch sicherlich geeignet, für mich war es okay, aber herausragend fand ich es nicht. Vielleicht war der Zeitpunkt für mich und das Buch aber auch einfach nur falsch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.10.2022
Unsre verschwundenen Herzen
Ng, Celeste

Unsre verschwundenen Herzen


ausgezeichnet

Vor fast drei Jahren veränderte sich das Leben von Bird, als seine Mutter Margaret fortging, sie verließ ihn und seinen Vater, kam nie mehr zurück. Zu Hause wird nicht mehr über sie gesprochen, es ist, als habe sie nie existiert, und Bird heißt nun Noah. Als er per Post eine seltsame Zeichnung erhält, ist er überzeugt davon, dass diese von seiner Mutter stammt. Er beginnt nachzuforschen, was schlimme Folgen nach sich ziehen kann, schließlich ist PACT in Kraft und Kinder können verschwinden, wenn die Regierung es will. Es sind harte Zeiten und Ungehorsam wird gnadenlos bestraft.

„Der Preserving American Culture and Traditions Act, PACT, das Gesetz zur Erhaltung amerikanischer Kultur und Traditionen. In der Vorschule nannten sie es ein Versprechen: Wir versprechen, die amerikanischen Werte zu schützen. Wir versprechen, aufeinander aufzupassen. Jedes Jahr lernen sie das Gleiche, nur in bombastischeren Worten.“ (Seite 22)

Schon nach den ersten Seiten ist mir klar, dass die Geschichte sich nicht in unserer Zeit abspielt. Erst sind es Hin- und Verweise auf ein Gesetz, das mir vollkommen unbekannt ist, dann aber Geschehnisse, die ich mir kaum vorstellen kann. Der erste Teil dreht sich hauptsächlich um Bird, um seine kindliche Sicht; was er glaubt, was passiert ist beziehungsweise an was er sich erinnert. Diese Sicht ist unvollständig, verzerrt und nicht immer stimmig, was natürlich damit zusammenhängt, dass Bird ein Kind ist und zum Zeitpunkt des Verschwindens von Margaret nicht mal neun Jahre alt. Die vielen Hinweise und Andeutungen, was geschah, sind zwar interessant und machen mich neugierig, aber es ist ein ruhiger Teil, der nicht sonderlich aufregend ist. Dennoch bin ich seltsam gebannt und gespannt darauf, ob ich mehr über die Vergangenheit erfahren werde.

Im zweiten Teil ist es soweit, endlich werden meine Fragen beantwortet und die Lücken gefüllt. Nun bin ich mir sicher, dass ich eine Dystopie lese, dass die Story mehr Fiktion als Realität ist, obwohl erschreckende Parallelen nicht von der Hand zu weisen sind, wenn auch die Ethnie nicht stimmt. Rückwirkend ergibt sich nun erstaunlicherweise eine komplett andere Richtung, was mich staunen und durch die Seiten fliegen lässt. Die Welt, die Celeste Ng vor meinen Augen entstehen lässt, macht mir Angst, denn so abwegig ist eine solche nicht. Ein Szenario, das so ähnlich bereits in vielen Teilen der Welt für viele Menschen Realität ist, abscheulich und verachtend, erschütternd und krank.

Ich hatte keine Ahnung, wie dieses Buch enden könnte und war gespannt auf die Auflösung im dritten Teil. Das Ende ist anders als gedacht, allerdings könnte ich mir kein anderes vorstellen, weil es so gut zum Gesamtbild passt. Es ist ganz schön traurig, aber auch traurig schön. Emotional und ergreifend endet die Erzählung und stimmt mich nachdenklich, wozu auch das Nachwort der Autorin beiträgt, das einiges erklärt. Ein wunderbares Buch über ein Thema, das wohl alle angeht, ob sie Kinder haben oder auch nicht. Über eine Ungerechtigkeit, die gerade überall auf der Welt tatsächlich passiert. Grandios umgesetzt und in eine Geschichte verpackt, die berührt, erschüttert und hoffentlich aufrüttelt. Volle Punktzahl mit Sternchen gibt es dafür von mir. Lesen!

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.