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hamburger.lesemaus
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Bargfeld-Stegen

Bewertungen

Insgesamt 396 Bewertungen
Bewertung vom 14.02.2022
Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1
Frank, Sylvia

Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1


gut

Nette Geschichte
Gala & Dalí - Die Unzertrennlichen
Sylvia Frank

Gala ist unglücklich in ihrer Beziehung und enttäuscht davon, dass ihr Mann und Dichter Paul Éluard nichts mehr zu Papier bringt. Gemeinsam fahren sie ins spanische Dorf Cadaqués. Beide erhoffen sich, dass Paul dort Ruhe, Musse und Inspirationen findet, damit sich seine Schreibblockade legt.

Gala lernt dort den 10 Jahre jüngeren Dalí kennen und sie verlieben sich ineinander. Ihre Liebe vertieft sich, als Paul abreist und Gala in Cadaqués zurücklässt.

Doch es ist Dali‘s Unsicherheit, als auch die finanzielle Abhängigkeit von seinem Vater, die ihn veranlasst, Gala ohne Liebeserklärung, zurück nach Paris abreisen zu lassen.

Ein halbes Jahr später reist Dalí für seine aller erste Vernissage nach Paris, wo er wieder auf Gala trifft...

Das Buch liest sich gut, der Schreibstil ist leicht und man findet sehr schnell in die Geschichte hinein.
Gemälde werden genannt und auch beschrieben, das gefällt mir sehr an Romanbiografien. Die Umsetzung seiner Inspirationen sind mir allerdings nicht immer schlüssig.
Gewünscht hätte ich mir ausserdem mehr Leidenschaft und Emotionen in ihrer Liebe. Gala wirkt kalt und ich konnte nicht rauslesen, ob sie sich an Dalís Künstler-Seite sonnen wollte oder ob sie ihn wirklich liebte.
Freunde von Dalí, wie zum Beispiel René Magritte, werden nur als Statisten benutzt, dass sie selber große Künstler sind, wird nicht erwähnt.

Fazit:
Das Buch ist schnell durchgelesen und ich konnte ein paar neue Werke von Dalí kennenlernen. Kataloniens Landschaft, Meer und Essen wird wunderbar von dem/der Autor:in beschrieben und ich konnte förmlich das Salz des Meeres riechen.

Bewertung vom 09.02.2022
Elbstürme / Eine hanseatische Familiensaga Bd.2
Georg, Miriam

Elbstürme / Eine hanseatische Familiensaga Bd.2


sehr gut

Elbstürme
von Miriam Georg

Der zweite Teil - Eine hanseatische Familiensaga - ist beendet.
Ein spannender Zweiteiler, der 1890 im Hamburger Gängeviertel spielt.

Nach drei Jahren in Liverpool kehrt Lily, die verstoßende Tochter des reichen Redereibesitzers Karsten, mit ihrem Mann Henry und ihrer unehelichen Tochter Hanna nach Hamburg zurück. Doch ihre Ehe mit Henry von Cappeln ist unglücklich und sie sehnt sich nach ihrer großen Liebe Jo. Doch eine Scheidung kommt nicht in Frage: Bereits einmal hat sie das Ansehen ihrer Familie beschmutzt und Henry würde das Sorgerecht für Hanna zugesprochen werden. Von ihrer Familie erfährt sie keine Unterstützung, diese ist damit beschäftigt eine Übernahme der Reederei durch den reichen Hamburger Kaufmann Oolckert abzuwehren. Unterdessen brodelt es im Gängeviertel: Elend, Krankheit und Armut nehmen überhand...


Auch der zweite Band hat es geschafft mich zu fesseln und ins alte Hamburg zu katapultieren. Das Buch ist spannend, authentisch und gespickt mit historischen Fakten.
Leseempfehlung für alle, die gerne mal ins alte Hamburg abtauchen wollen.
****

Bewertung vom 04.02.2022
Schöne Welt, wo bist du
Rooney, Sally

Schöne Welt, wo bist du


gut

Sally Rooney
Schöne Welt, wo bist du
Übersetzt von Zoe Beck
Gesprochen von Julia Nachtmann

Beendet. Ob ich es mochte? Ich bin mir noch nicht sicher..

Zwei junge Frauen, die ihr Glück im täglichen Leben suchen und das in einer Welt, die gerade zerfällt.
Eileen und Alice kennen sich aus dem College und wohnen gemeinsam in Dublin, bis Alice in ein kleines Dorf an die Irische Küste zieht.
Beide sind extrem wortgewandt. Alice hat ihren ersten Roman mit Erfolg publiziert und Eileen ist selbständige Schriftstellerin. Es folgt ein reger Emailaustausch, indem sich seitenlang philosophisch oder auch nicht über alles ausgetauscht wird. Ihre Monologe beginnen bei der Bronzezeit und enden bei ihren Sexabenteuern, dazwischen gibt es feministische, ökologische und politische Themen - alles wird angesprochen und minuziös zelebriert (puhhh).
Immer wieder treffen die Frauen auf ihren alten Nachbarn Simon, der eigentlich schon lange mit Eileen flirtet und immer mal wieder ein Sex-Abenteuer mit ihr hat. Alice lernt über Tinder Felix kennen, aber auch diese Beziehung gestaltet sich schwierig.
Bleibt die Frage, ob diese vier jungen Leute ihre schöne Welt finden...

Mich lässt das Buch eher unzufrieden zurück. Die Protagonisten waren mir nicht sympathisch, die Handlung lahm, die Mails zäh.
Das letzte Drittel gefiel mir deutlich besser, der Schreibstil wurde flüssiger, vielleicht auch weil es keine langen Mails mehr gab.
Positiv möchte ich noch die Sprecherin Julia Nachtmann erwähnen: Sie gefiel mir sehr gut, eine ganz wunderbare Stimme.

Fazit: Meine Tochter, die sich das Buch gewünscht und gelesen hat, gefiel das Buch gut, aber sie hatte mir bereits zart angedeutet, dass es ‚eher nicht meins' sei. Schnecki, du hattest recht! Ab und zu sollte ich auf dich hören ;)

Bewertung vom 30.01.2022
Nie, nie, nie
Strømsborg, Linn

Nie, nie, nie


ausgezeichnet

Gerade habe ich das Buch fertig gelesen. Die Träne in meinem Augenwinkel ist noch nicht getrocknet. So ein wunderbares Buch. Ein wirkliches Highlight!

NIE, NIE, NIE
Linn Strømsborg
Aus dem Norwegischem von Stefan Pluschkat

Die 35-jährige Protagonistin (wir erfahren ihren Namen nicht, was der Story nicht schadet) führt ein vollkommenes und glückliches Leben mit ihrem langjährigen Freund Philip in Oslo.
Gleich zu Beginn ihrer Beziehung hat sie ihm gesagt, dass sie 'nie, nie, nie’ Kinder haben möchte.
Doch plötzlich erlebt sie um sich herum einen wahren ‚Baby Boom‘ und selbst ihre beste Freundin wird schwanger.
Ihr Umfeld hat immer wieder Probleme ihre Anti-Baby-Haltung zu akzeptieren und als Philip dann auch noch seinen Kinderwunsch äussert, nimmt ihre persönliche ‚Love Story’ einen anderen Verlauf…

‚Mit anderen spreche ich nicht darüber. Das Thema erfüllt mich mit Scham, ich meide es, schleiche auf langen verbalen Umwegen daran vorbei. Reden meine Freunde vom Kinderkriegen, lenke ich das Gespräch in eine andere Richtung. Ich will mich nicht festlegen, denn vielleicht wache ich ja eines Morgens auf und bin eine von ihnen, eine durchschnittliche Frau in den Dreißigern, und will schwanger werden, eine Familie gründen, meinen Körper und mein Herz vergrößern, damit noch jemand anderes Platz darin findet. Es ist nicht verboten, sich umzuentscheiden.‘ (Seite 20)

Kann man ohne Kinder glücklich sein?
Das ist ein sensibles Thema und die Familienplanung anderer sollte uns nichts angehen.

Ein unglaublich gutes Buch, aus so vielen unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt.
Die Kapitel sind kurz gehalten und das Buch hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Das letzte Kapitel hat mich mitten ins Herz getroffen.
5 Strene

Bitte lest dieses Buch!!!

Bewertung vom 22.01.2022
Unser kostbares Leben
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


sehr gut

Flashback

Unser kostbares Leben
Katharina Fuchs

Ich drücke den Knopf am Tolino und bin zurück in 2022.
Dabei war ich doch eben noch in den 70er und 80er Jahren. Ein Flashback sozusagen, zurück in die Zeit der Yes-Törtchen, Löwenmähne, Disco-Kugeln, Schulterpolster, Schaumkussbrötchen, Popperzeit und - meine Güte - habt ihr auch nach jedem stundenlangen Haare-föhnen eine halbe Dose Haarspray verbraucht? Ich höre heute noch meine Mutter jammern, dass ihr ganzer Spiegel von meinem Haarspray verklebt sei.

Katharina Fuchs neuster Roman ist lesenswert und beinhaltet wichtige Themen wie Umweltverschmutzung, Tierversuche und Arzneimittelstudien an Heimkindern, durchgeführt/mit Wissen von Behörden

1972:
Caro und Mika sind 10 Jahre alt und beste Freundinnen, obwohl ihre Familien nicht hätten unterschiedlicher sein können:
Mikas Vater ist der sozialdemokratische Bürgermeister der Stadt Mainheim, während sein Nachbar, Caros Vater, der Direktor einer gut-situierter Schokoladenfabrik und Familienvater von fünf Kindern ist.
Ihr gemeinsamer Freund Guy, der bei einem Schwimmbadbesuch verunglückt, löst eine Reihe von Kettenreaktionen im Dorf aus, die einfach von den Mächtigen im Dorf unter den Teppich gekehrt werden.
Erst 10 Jahre später decken die Mädchen all diese Dinge auf ...


Das war mein erstes Buch von der Autorin. Die Sprache ist einfach gehalten und es gibt oft Wiederholungen. An einigen Stellen wurde mir zu detailliert erzählt, wie zum Beispiel die ganze Beschreibung zur Herstellung von Schokolade.
Ich glaube 200 Seiten weniger hätten dem Buch gut getan.
Dennoch möchte ich dem Buch 4 Sterne geben, denn das Buch ist ein Stück Zeitgeschichte, die mich auf sehr unterhaltsame Weise zurück in meine Jugend katapultiert hat.

Bewertung vom 19.01.2022
Legende vom Glück ohne Ende
Plenzdorf, Ulrich

Legende vom Glück ohne Ende


weniger gut

Konnte mich nicht überzeugen


Paula und Paul wachsen gemeinsam in der DDR auf. Jeder im Bekanntenkreis war sich sicher, dass beide einmal heiraten würden, aber aus unterschiedlichen Gründen finden sie nicht zueinander. Als Paul nach der Universität aus Moskau zurückkehrt, hat Paula bereits zwei Kinder von zwei verschiedenen Männern und so heiratet Paul eine andere Frau. Paula will gerade dem Werben des älteren Reifenhändlers nachgeben, als es dann doch noch funkt und Paul seine Frau und Sohn für Paula verlässt.
Paula stirbt bei der Geburt ihres gemeinsamen Kindes und Paul leidet sehr, bis zu dem Tag, als er Laura trifft, die seiner Paula zum verwechseln ähnlich sieht.

In diesem Hörbuch sind zwei Bücher des Autors Ulrich Plenzdorf vereint.
Die Geschichte konnte mich direkt von Beginn an NICHT überzeugen, wäre aber noch als durchschnittlich durchgegangen, wenn es nicht den 2. Teil mit Laura(-Paula) gegeben hätte. Dieser war einfach albern, an den Haaren herbeigezogen und langatmig.
Vielleicht hätte man die Geschichte in den 80er Jahren lesen/hören müssen, als sie geschrieben wurde oder man muss in der DDR aufgewachsen sein, um die kleinen feinen Details zu erkennen, die eine Jugend dort prägten.

Positiv erwähnen möchte ich noch die Sprecherin des Hörbuchs: Cornelia Heyse hat eine wunderbare, angenehme Stimme und deshalb bekommt das Hörbuch von mir 2 Sterne.

Bewertung vom 16.01.2022
Meine dunkle Vanessa
Russell, Kate Elizabeth

Meine dunkle Vanessa


sehr gut

Meine dunkle Vanessa
Kate Elisabeth Russel

Triggerwarnung: Sexuelle Gewalt an Kindern.

Es geht um die 15-jährige Vanessa, ein stilles Kind ohne Freunde, die zum ersten Mal in ihrem Leben große Aufmerksamkeit bekommt und das ausgerechnet von ihrem dreißig Jahre älteren Highschool-Englischlehrer Mr. Strane.
Sie beginnen ein sexuelles Verhältnis, dabei manipuliert er Vanessa so geschickt, das sie sich für alles die Schuld gibt und sich als die ‚dreckige Verführerin‘ tituliert. Als das Verhältnis droht aufzufliegen, schützt sie ihren Lehrer, indem sie sich als Lügnerin stellt und die Schule verlässt.
'Denn wenn es keine Liebesgeschichte ist, was ist es dann?' (Tolino S.318)

Das Buch wird in zwei Zeitebenen erzählt:
- In der ersten Ebene lernt Vanessa Mr. Strane kennen.
- In der anderen Zeitebene ist die #metoo - Bewegung in vollem Gang und Vanessa, mittlerweile eine Erwachsene Frau, leidet noch immer unter den Geschehnissen ihrer Kindheit. Noch einmal muss sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzten, denn Mr. Strane wird ein weiteres Mal angeklagt: Eine andere 14-jährige beschuldigt Mr. Strane von ihm sexuell belästigt worden zu sein.

‚Nein hören sie mir zu. Behandeln sie mich nicht, als wüsste ich nicht, wovon ich rede. Er hat mich nie genötigt, okay? Er hat darauf geachtet, dass ich allem immer erst zugestimmt habe, besonders damals, als ich noch jünger war. Er war behutsam. Er war gut. Er hat mich geliebt.‘ Ich wiederhole es immer wieder, ein Refrain, der rasch jede Bedeutung verliert. Er hat mich geliebt, er hat mich geliebt. (Tolino S.317)

ufff, schwere Kost, ein wunderbar fesselndes Buch, aber es ist so schrecklich zu lesen, wie Vanessa daran festhält geliebt und nicht ausgenutzt/ vergewaltigt worden zu sein.
**** Sterne für ein wichtiges Thema - auch als Klassensatz in der Oberstufe hervorragend geeignet.

Macht euch selber ein Bild, ob Vanessa vergewaltigt wurde oder nicht:

'Er versucht einzudringen, sein Daumen drückt sich schmerzhaft in mein Becken. Es passt nicht.
'Du musst dich beruhigen, Süße’, sagt er. ‚Schön tief durchatmen.‘
Mir kommen die Tränen, aber das stört ihn nicht. Er sagt bloß, dass ich das prima mache, während er weiter in mich einzudringen versucht. Ich soll ein- und wieder ausatmen, sagt er, und als ich ausatme, stößt er fest zu und dringt ein Stückchen weiter ein. Ich fange an zu weinen, richtig zu weinen - doch er hört nicht auf.
‚Du machst das prima‘, sagt er. ‚Jetzt noch mal tief durchatmen, okay? Es ist okay, wenn es wehtut. Es wird nicht immer wehtun. Und noch mal tief durchatmen, okay? Na also. Das ist doch schön. Das ist so schön.‘
(Tolino S.107)

Bewertung vom 11.01.2022
Zum Paradies
Yanagihara, Hanya

Zum Paradies


sehr gut

Genial
Da ist es endlich: Das Buch, auf das ich so lange gewartet habe:

Zum Paradies von Hanya Yanagihara. Übersetzt ins Deutsche von Stephan Kleiner.

Ich bin so gespannt: Am liebsten würde ich die Fortsetzung von „Ein wenig Leben“ lesen, aber wie soll das gehen? (Vorsichtig Spoiler:) Jude ist tot.
Und wäre Hanya Yanagihara nicht auch eine schlechte Autorin, wenn sie einfach eine ähnliche Story schreibt, einen Abklatsch?

Nein, hier kommt etwas total anderes:

Drei Geschichten, in drei verschiedenen Zeitebenen.
Geschichten, die in der Vergangenheit und in der Zukunft spielen.

Ich beginne die erste Geschichte, die in 1893 spielt, zu lesen. Amerika gehört zu den Free States, jeder darf seine Liebe ausleben: So sind Männer mit Männern verheiratet oder Frauen mit Frauen. Kinder werden einfach adoptiert.
David Bingham ist ein Sohn einer wohlhabenden Familie und verliebt sich in einen zweifelhaften jungen Mann, der es nur auf sein Geld abgesehen hat, so scheint es.
Doch was ist das? Gerade als es so richtig spannend wird, hört die Geschichte auf! Oh nein!

Gut, ich beginne also mit der zweiten Geschichte, die hundert Jahre später spielt: Aber was ist das wieder: Alle Protagonisten haben ja dieselben Namen wie in der ersten Geschichte?.
Mein Gehirn versucht ständig beide Geschichten miteinander zu verknüpfen, aber es gelingt mir nicht. .. Ist das der Sohn? Nein, zu jung, es kann ja nur der Großvater sein .. Nein, passt nicht.
Und auch dieses zweite Buch, wo der Protagonist ein Hawaiianer ist, mitten in der AIDS- Epidemie spielt, hat ein abruptes Ende, aber ich bin gespannt, bestimmt wird die Autorin noch alles auflösen, es gibt ja noch mehr als 450 Seiten.

Die letzte Ebene hat es in sich: 2093, wieder 100 Jahre später, aber die Welt ist von Seuchen und Epidemien zerstört. Reisen, Internet und Nachrichten jeglicher Art sind verboten, der Staat kontrolliert was du sagst, isst, wann du duscht oder deine Wäsche wäscht. Die meisten Menschen sind steril, Liebe zwischen Gleichgeschlechtlichen sind verboten.
Und wieder tragen alle Protagonisten die Namen aus den ersten zwei Geschichten.
Die Enkeltochter eines sehr angesehenen Wissenschaftlers bzw. Tochter eines hingerichteten Staatsfeindes versucht ihr Glück in einer arrangierten Ehe zu finden.

Doch ob am Ende alle Geschichten verknüpft und aufgelöst werden, müsst ihr selber herausfinden.
4½ Sterne

Sie hat es wieder geschafft: Hanya Yanagihara hat, wie auch in ihrem ersten Buch „Das Volk der Bäume“, die Welt auf den Kopf gestellt. Es ist ein anderes Leseerlebnis, eines, das viele Fragen aufwirft, die allerdings unbeantwortet bleiben.
Meiner Meinung nach kann das Buch nicht an „Ein wenig Leben“ anknüpfen, aber es ist ein wirklich lesenswertes und spannendes Buch auf 895 Seiten, das zum Nachdenken anregt.

Eine Leseempfehlung von mir, aber nur wenn man sich auf die manipulierende Schreibintention der Autorin einlässt.

Bewertung vom 10.01.2022
Tante Helene und das Buch der Kreise
Beyer, Martin

Tante Helene und das Buch der Kreise


gut

Kennt ihr das? Ihr beendet ein Buch, aber eigentlich wisst ihr gar nicht wie ihr das Buch bewerten sollt?
Es war phasenweise wirklich gut, aber dann plätscherte es wieder dahin. Was fehlte hier - der Tiefgang?

Den Krieg hatte Helenes geliebter Vater überlebt, aber dann raffte ihn eine Krankheit dahin. Helene blieb mit der Frau zurück, mit der sie nie warm wurde, die sie züchtigte und sich Mutter nannte.
Erst als sie Harald kennenlernt und nicht mal sicher ist, wirklich in ihn verliebt zu sein - aber trotzdem das Aufgebot bestellt - stellt sie fest, dass Mutter gar nicht ihre Leibliche ist.
Helene wurde direkt nach ihrer Geburt zur Adoption freigegeben.
Ihre leibliche Mutter ist nicht einfach zu finden, denn diese ist früh nach Amerika ausgewandert. Eine Adlige, deren Familie mit den Nazis sympathisierte.
Doch sie nimmt Kontakt mit ihr auf und stellt dabei fest, dass sie eine Halbschwester hat.
Diese neue adlige Familie passt nicht zu ihrem künstlerischen Leben und erst recht nicht zu der politisch autonomen Meinung ihres Mannes Harald. Komplikationen sind vorprogrammiert.

Dann gibt es noch Alex, den Sohn ihrer verstorbenen Halbschwester. Er wird von Tante Helene inspiriert, die schneidert, malt und seit über 50 Jahren an dem Buch der Kreise schreibt.
Wir erfahren seine Leidensgeschichte und lernen seine neue Liebe kennen, aber richtig sympathisch wird er nicht.

Schade, die Ansätze waren gut und zeitweise war das Buch eine gute Unterhaltung. Ich hätte gern mehr über die Verbindung der Familie zu den Nazis erfahren und Helenes Kunst kam auch zu kurz.
Der Schreibstil gefiel mir, auch wenn er ein wenig gewöhnungsbedürftig ist.

3½ Sterne von mir.

Bewertung vom 01.01.2022
Offene See
Myers, Benjamin

Offene See


sehr gut

Es gibt Begegnungen die einen prägen, die das Leben ins wanken bringen oder es völlig verändern.

England, nach dem 2. Weltkrieg: Der 16-jährige Robert, Sohn eines Bergarbeiters, beschliesst auf Wanderschaft zu gehen. Er hasst die Enge und sehnt sich nach der Weite des Meeres, demnächst eine Lehre „Unter Tage“ zu beginnen ist ihm ein Graus. Er zieht von Hof zu Hof, hilft hier und dort und verdient sich so sein Essen, welches in Europa noch immer knapp ist.
Eines Tages steht er vor dem Cottage der betagten Dulcie, die ihm einen Tee anbietet und zum Abendessen einlädt.
Dulcie ist eine unkonventionelle Frau, die nur ihren eigenen Regeln folgt. Aus einer geplanten Übernachtung entwickelt sich eine ganz besondere Freundschaft, die ein Leben anhalten wird.

Offene See
Benjamin Myers
Übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Zimmermann

Benjamin Myers hat hier ein leises, poetisches und unglaublich kraftvolles Buch geschrieben.
Der Schreibstil ist so wunderschön, dass man einfach nichts lesen aufhören zu kann.
Benjamin Myers hat sich in diesem Jahr in mein Herz geschrieben. Seine Beschreibungen sind so detailliert und wunderbar beschrieben, dass ich das Gefühl hatte bei Robert und Dulcie am Tisch gesessen zu haben. Ich konnte den Hummer förmlich schmecken.

Große Buchempfehlung von mir. 4½ Sterne von mir.

"Es war Krieg gewesen, und obwohl der Kampf zu Ende war, tobte er noch immer in den Männern und Frauen, die ihn mit sich nach Hause genommen hatten.
Er lebte in ihren Augen weiter oder hing ihnen schwer um die Schultern wie ein blutgertränkter Umhang. Und er blühte in ihren Herzen, eine schwarze Blume, die dort Wurzeln geschlagen hatte und nie mehr ausgerissen werden konnte. […] Ich war weder alt genug, um mich zum Helden gemacht zu haben, noch jung genug, um den Wochenschaubildern entkommen zu sein oder den langen dunklen Schatten, die die heimkehrenden Soldaten wie leere Särge hinter sich herzogen. Denn niemand gewinnt einen Krieg, wirklich; manche verlieren bloß ein bisschen weniger als die anderen."
(Seite 14/15)

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