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Lesendes Federvieh
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München
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Hinter dem Namen Lesendes Federvieh verbirgt sich das Blogger-Duo kathiduck und Zwerghuhn. Wir lesen querbeet alles, was uns zwischen die Finger kommt und veröffentlichen die Rezensionen dazu auf unserem Blog (lesendes-federvieh.de). Dort gibt es übrigens noch viele weitere Beiträge rund ums Thema Buch. :)

Bewertungen

Insgesamt 539 Bewertungen
Bewertung vom 24.04.2019
Wild Hearts - Kein Blick zurück / Outskirts Bd.1
Frazier, T. M.

Wild Hearts - Kein Blick zurück / Outskirts Bd.1


sehr gut

Nach dem Tod ihrer Mutter sind ein alter Camper namens Blue und ein Stück Land im Nirgendwo von Florida, das den Namen Outskirts trägt, alles was Sawyer Dixon bleibt. Gleichzeitig ist es der rettende Anker, endlich aus ihrem fundamentalistisch ausgerichteten Elternhaus zu fliehen, wo Frauen Menschen zweiter Klasse sind, die den Männern aufs Wort zu gehorchen haben. Fernab ihrer Heimat will sie einen Neuanfang wagen, doch nicht jeder in Outskirts ist so herzlich zu Sawyer wie die toughe Polizistin Josh. Denn ihr attraktiver einzelgängerischer Nachbar Finn findet es alles andere als gut, dass sie vor der Haustür zu seinem geheimen Rückzugsort campt und in ihm Gefühle weckt, die er mit einem großen Verlust tief in seinem Herzen verschlossen hat.

Als ich den Prolog von "Wild Hearts - Kein Blick zurück" gelesen habe, war mein erster Gedanke "Wow!", denn er ging wie ein Messer mitten ins Herz. Man bekommt einen ersten Eindruck des verschlossenen Einzelgängers Finn, der sich nach einem schrecklichen Verlust von jedem zurückgezogen hat und selbst mit seinen besten Freunden kein Wort mehr spricht. Von außen mag er bei den ersten Begegnungen auf Sawyer wie der attraktive sprücheklopfende Sonnyboy wirken, doch unter dem durchtrainierten Körper verbirgt sich ein Herz, das fragil wie ein aus Einzelteilen wieder notdürftig zusammengeklebtes Glas ist. Sawyer selbst hat eine dunkle Vergangenheit, denn sie ist in einer Familie großgeworden, die eng mit der Kirche verflochten ist und wo Gott alles ist. Als ihr gewalttätiger Vater, der die Frauen in seinem Haus als Menschen zweiter Klasse wie seine Bediensteten behandelt, ihre Mutter sogar bis in den Selbstmord treibt, sieht Sawyer in der Hinterlassenschaft ihrer Mutter die Chance zur Flucht gekommen. Bei dieser schrecklichen Familiengeschichte möchte man meinen, Sawyer wäre das unsichere, verschreckte Mädchen, das Angst vor den Menschen und dem Leben hat, doch bewundernswerterweise ist genau das Gegenteil der Fall. Ihre Geschichte hat keine düsteren Flecken auf ihrer Seele hinterlassen, sondern ihren Hunger auf das Leben geweckt. Die elektrisierende Romanze, die sich zwischen Sawyer und Finn entspinnt und innerhalb kürzester Zeit an Tiefgründigkeit gewinnt, war mitreißend zu verfolgen. Als sehr angenehm habe ich dabei das Ausbleiben der oftmals typischen Halt-dich-lieber-von-mir-fern-ich-bin-doch-nicht-gut-genug-für-dich-Leier empfunden, denn die beiden tragen das Herz auf der Zunge, lassen ihren Gedanken freien Lauf und sind von Beginn an schonungslos ehrlich zueinander, indem sie genau das ansprechen, was ihnen in dem Moment durch den Kopf geht. Die Fronten sind somit von Anfang an klar, obwohl Finns tiefe Wunden, die das einschneidende Ereignis in seiner Vergangenheit hinterlassen hat, ungewöhnlich schnell heilen, was ich persönlich ein bisschen unrealistisch fand, wie auch seine Rolle als geheimnisvoller Wohltäter. Zwei Jahre lang zieht er sich in die Einsamkeit zurück - geographisch wie psychisch - und wendet sich selbst von seinen besten Freunden Josh und Miller ab und dann taucht die hübsche Sawyer auf, er findet in ihr die große Liebe und schwupp ist alles vergessen? Die Geschichte der beiden ist herzerwärmend, aber zu hundert Prozent hat sie mich nicht überzeugt. Was ich jedoch wirklich genial finde, ist die Idee des Restaurantbesitzers der Stadt, der seine Gäste Zettel an die Decke hängen lässt, die sogenannten "Pings", auf denen wegweisende Worte stehen. Wie bei einer guten Dilogie - wie diese hier zweifelsohne den Anschein macht - zu erwarten, endet das Buch mit einem fiesen Cliffhanger, den ich so wirklich nicht habe kommen sehen.

"Wild Hearts - Kein Blick zurück" bringt alles mit, was ein mitreißender New Adult Roman braucht: Spannende Charaktere, starke Dialoge, eine Prise düstere Geheimnisse und natürlich eine berührende Liebesgeschichte, die Lust auf mehr macht.

Bewertung vom 23.04.2019
Bleib doch, wo ich bin
Keil, Lisa

Bleib doch, wo ich bin


sehr gut

Für die lebenslustige Kaya ist ihr Leben perfekt, denn in ihrem ländlichen Heimatort Neuberg führt sie ihre eigene Buchhandlung mitsamt Café, sie hat tolle Freunde und nicht zuletzt ihr heiß geliebtes Shetlandpony Achterbahn. Einen Mann an ihrer Seite, der sie in ihrem Alltag einengt, vermisst sie dabei nicht, weshalb sie bei ihrer bewährten One-Night-Stand-Taktik bleibt. Doch dann tritt der Großstädter Lasse in ihr Leben, der nur aufs Land gezogen ist, da es dort die erstbeste freie Stelle als Lehrer während des Halbjahres gab. Als Kaya ihn auf einer Scheunenparty trifft und sich angestachelt von ihrer besten Freundin Amelie mit ihm zu unterhalten beginnt, ahnt sie nicht, dass es sich bei dem gutaussehenden Typen um den Klassenlehrer ihrer Nichte handelt, der sie allerdings wegen einer Begegnung mit verheerenden Folgen für die Mutter seiner Schülerin hält.

Dank einer vor Lob nur so sprühenden Empfehlung bin ich auf "Bleib doch, wo ich bin" aufmerksam geworden, dessen frühlingshaft frisches Cover mir gleich noch mehr Lust auf die spritzige Erzählung gemacht hat, die ich innerhalb weniger Stunden verschlungen habe. Auf den ersten Seiten bekommt man bereits einen guten Eindruck der schlagfertigen Protagonistin Kaya, die das Herz eindeutig am rechten Fleck hat, wenngleich sie das in die ein oder andere schwierige Situation manövriert. Das große Dilemma beginnt jedoch erst, als Kayas 13-jährige Nichte Milena, die Tochter ihrer älteren Schwester Cordula, sie dazu überredet als ihre Mutter bei einem Elterngespräch zu erscheinen, damit diese nichts von dem Ärger mitbekommt. Soweit so gut, das Doofe an der ganzen Sache ist nur, dass sie wegen der dicken Brille nicht erkennt, wer vor ihr sitzt und Milenas Klassenlehrer deshalb auf der Scheunenparty nicht in ihrem attraktiven Gesprächspartner wiedererkennt. Vor Erotik prickelnde Szenen kommen dabei innerhalb des gesamten Buches nicht zu kurz. Die erfrischend klischeebefreite Romanze, die sich zwischen den beiden entspinnt, ist herrlich amüsant zu lesen, was nicht zuletzt dem spannenden Charakter Kayas zu verdanken ist. Sie versprüht eine unglaubliche Lebensfreude, hat den Traum eines jeden Bibliophilen mit ihrem eigenen Buchladen mit integriertem Café verwirklicht und scheint sich im Kreise ihrer Liebsten pudelwohl zu fühlen. Dazu zählt neben ihrer besten Freundin, die stets einen klugen Ratschlag zur Hand hat, der sympathische Tierarzt Rob, ihr Freund seit Kindheitstagen. Er ist mir dabei besonders ans Herz gewachsen, denn obwohl er selbst seit Jahren in Kaya verliebt ist, tut er bedingungslos alles, damit Kaya glücklich ist, auch wenn das bedeutet seine Gefühle hintenanzustellen und dafür zu sorgen, dass sie mit einem anderen Mann zusammenkommt. So eine Größe muss man erst einmal besitzen. Deshalb bin ich natürlich umso neugieriger auf die 2020 erscheinende Fortsetzung "Hin und nicht weg", die seine Geschichte erzählt.

"Bleib doch, wo ich bin" erzählt die mitreißende Geschichte der sympathischen Kaya, die unverhofft in ein großes Liebesabenteuer mit kleinen und großen Hürden stolpert, und punktet dabei neben dem frischen Schreibstil mit charismatischen Nebencharakteren und jeder Menge witzigen Dialogen, bei denen die Lachmuskeln nicht verschont bleiben.

Bewertung vom 20.04.2019
Flut
Aldersey-Williams, Hugh

Flut


ausgezeichnet

Ebbe und Flut strahlen seit jeher eine große Faszination auf die Menschheit aus. Hugh Aldersley-Williams nimmt seine Leser mit auf Entdeckungsreise in diese geheimnisvolle Welt...

"Flut - Das wilde Leben der Gezeiten" ist ein Sachbuch der besonderen Art, denn es ist ein äußerst interessantes, abwechslungsreiches und spannendes Werk über Ebbe und Flut. Warum ist das so? Nun der Autor prüft beispielsweise nicht nur selbst die Gesetzmäßigkeiten der Gezeiten, indem er sich nicht scheut sich stundenlang an den Strand zu setzen, zu beobachten und seine Eindrücke kurzweilig preiszugeben. Er hat eine Menge passender Informationen zusammengetragen, um das Phänomen Gezeiten anhand zahlreicher, verschiedener Aspekte und Hintergründe zu schildern. Bietet das Thema Flut allgemein schon eine Fülle an interessanten Details, so habe ich besonders seine Ausführungen zu Venedigs Aqua Alta sowie die Anekdoten über den Schriftsteller Charles Dickens sehr gerne gelesen. Mir war bisher gar nicht bewusst, wie auch er in seinen Büchern das Thema eingebracht hat.

Das macht für mich das Buch so lebendig und lesenswert, denn Hugh Aldersey-Williams hat eine absolut gelungene Kombination aus Naturwissenschaft, Geschichte und Literatur geschaffen, die er mit eigenen Beobachtungen und Erkenntnissen würzt. Durch seinen lockeren, humorvollen aber dennoch präzisen Schreibstil war ich direkt mitgerissen wie bei einem guten Krimi.

Man kann dieses Buch immer wieder zur Hand nehmen und sich einzelne Teilbereiche erneut zu Gemüte führen. Mir hat es großes Vergnügen bereitet, ein solch unterhaltsames Sachbuch zu lesen.

Fazit: So modern und unterhaltsam kann ein Sachbuch sein

Bewertung vom 20.04.2019
Frau im Dunkeln
Ferrante, Elena

Frau im Dunkeln


ausgezeichnet

Leda, verbringt angenehme Tage an der süditalienischen Küste. Sie genießt die Stunden am Meer, träumt vor sich hin und beobachtet eine junge Mutter und ihre kleine Tochter, die zu einer italienischen Großfamilie gehören. Doch plötzlich ziehen dunkle Wolken über das Idyll und Leda tut etwas völlig Unbegreifliches...

"Frau im Dunkeln" ist ein absolut gelungenes Portrait einer Frau unserer Zeit, die in einer scheinbaren Idylle am Meer ihre Gedanken in die Vergangenheit richtet. Was dabei so alles an die Oberfläche schwebt, ist ehrlich, berührend und ein Stückchen Wahrheit, die, so vermute ich jetzt einfach, jede Leserin in irgend einer Weise kennt.

Leda, die Protagonistin des Buches ist nicht unbedingt eine Sympathieträgerin, sie hadert zwischen Karriere und Mutterschaft und setzt ihre Pläne konsequent durch. Elena Ferrante seziert die Seele Ledas förmlich, direkt, schonungslos offen und auf den Punkt gebracht, so dass ich als Leserin immer wieder gezwungen wurde mir Gedanken über Ledas Verhalten zu machen, das ist es auch, was die Geschichte für mich so besonders und berührend macht. Man kann es nicht einfach lesen und weglegen, es hallt nach und gehört jetzt schon zu meinen Lieblingsbüchern des Jahres 2019.

Ihr Schreibstil ist klar und eindringlich zugleich, für mich hat sich daraus eine richtige Sogwirkung entfaltet. Aber auch ihre kraftvollen, bildhaft und lebendig ausgearbeiteten Charaktere verleihen der Erzählung ihre Authentizität und Kraft. Die Autorin schreibt über Ledas Leben so berührend, ich konnte mich als Frau, Mutter und auch als Tochter zwischen den Zeilen wiederfinden.

Fazit: Ungeschminkte Einblicke in die Seele einer Frau unserer Zeit. Emotional, berührend, einfach gut.

Bewertung vom 07.04.2019
Freischwimmen. Eine Frauengeschichte aus dem Engadin
Raschèr-Janett, Flurinda; Teckemeyer, Lothar

Freischwimmen. Eine Frauengeschichte aus dem Engadin


sehr gut

Flurinda Raschèr-Janett lässt sich nicht in konventionelle Rollen pressen, sie ist engagiert und sieht nach vorne. Über ihr ereignisreiches Leben erzählt sie in diesem Buch...

"Freischwimmen" ist ein ganz besonderes Buch, im wahrsten Sinne des Wortes, denn nicht nur Flurindas Lebensgeschichte ist außergewöhnlich, auch die Aufmachung des Buches ist es. Im Prinzip sind es zwei Bücher in einem, einmal in deutscher Sprache, dreht man es um, erhält man das gleiche Buch, jedoch in Rätoromanisch.

In 15 kurzen Kapiteln erzählt sie aus ihrem Leben im Unterengadin, das seinesgleichen sucht. Sie kämpft für ihre Überzeugungen, für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit. Und das alles auf eine mutmachende, sympathische Art. Ich finde, sie ist ihrer Mutter sehr ähnlich, ebenso modern und ihrer Zeit weit voraus. Sie zeigt, dass es sich lohnt auch bei Hindernissen nicht aufzugeben.
Zugleich gibt sie mit diesem Buch auch Einblicke in die starren, verkrusteten Strukturen des Dorflebens - erschreckend dabei ist die Tatsache, dass das alles keine hunderte Jahre zurückliegt, denn Flurinda wurde erst 1938 geboren. Sie schreibt locker und bringt alles genau auf den Punkt ohne jegliche Lobhudelei.

"Freischwimmen" ist ein sehr interessantes Porträt einer bewundernswerten, engagierten Frau, die man sich durchaus als Vorbild nehmen kann.

Bewertung vom 01.04.2019
Willkommen im Fairvale Ladies Buchclub
Green, Sophie

Willkommen im Fairvale Ladies Buchclub


sehr gut

Australien, Northern Territory, mitten in Australien, Ende der 1970 iger Jahre. Sibyl lebt dort mit ihrer Familie auf der Fairvale Station. Um neben dem harten Arbeitsalltag ein bisschen Abwechslung zu schaffen, gründet sie einen Buchclub. Ihre Freundin Rita, ihre Schwiegertochter Kate, die Amerikanerin Della und Sallyanne treten dem Club bei. Doch diese Treffen drehen sich nicht nur um Bücher, die Frauen haben auch die Möglichkeit über ihre Sorgen und Nöte zu sprechen. Daraus entwickelt sich im Laufe der Jahre eine große Freundschaft, bei der alle gemeinsam durch dick und dünn gehen...

"Willkommen im Fairvale Ladies Buch Club" war für mich wie ein kleiner Urlaub in Down Under. Australien und sein Northern Territory wie es leibt und lebt. Detailliert und authentisch beschreibt die Autorin das dortige Leben. Die trockenen, heißen Sommermonate und die Regenzeit, die alle monatelang von der Außenwelt abschneidet, der rote Staub überall in jeder kleinsten Ritze und nicht zu vergessen die allgegenwärtige Gefahr von Giftschlangen. Daneben bekommt man auch noch einen spannenden Einblick in die Arbeit der Flying Doctors, die im Outback unverzichtbar sind.

Dazu die Lebensgeschichten der Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können. Deren Entwicklung mitzuerleben war berührend und schön zugleich zu lesen. Die patente Rita, die taffe Della, die Engländerin Kate, die sich an die raue Welt Australiens erst gewöhnen muss und dies großartig verwirklicht, Sibyl, die für jeden da ist, obwohl sie mit ihrer großen Farm mehr als beschäftigt ist und schließlich Sallyanne, die sich ihr bisheriges Leben lang viel zu wenig zutraute. Sophie Green zeigt auf, dass man niemals aufgeben soll und auch was gute Freunde durch ihre Unterstützung alles bewirken können. Die Autorin erzählt dabei immer abwechselnd von den Erlebnissen der Freundinnen, so blieb die Geschichte spannend bis zum Schluss. Durch den flotten, lockeren und angenehmen Schreibstil verflogen die Seiten im Nu.

Neben der unterhaltsamen Handlung gab es zwischen den Buchdeckeln noch allerhand Informatives zu entdecken. Zunächst einmal die vielen Buchtipps aus dem Club. Das eine oder andere davon klingt wirklich gut. Sehr gelungen ist auch die Einteilung in drei große Kapitel. Die Geschichte spielt in den Jahren 1978,79 und 80. Jedem Jahr ist ein Überblick vorangestellt, was so alles in diesem Jahr passierte.

Sophie Green ist ein kurzweiliger, sehr schöner Roman gelungen mit dem man auf die andere Seite der Erdkugel entschwinden kann. Genau das Richtige für gemütliche Lesestunden auf dem Sofa.

Fazit: Eine lohnenswerte Reise nach Down Under.

Bewertung vom 01.04.2019
Gold und Schatten / Buch der Götter Bd.1
Licht, Kira

Gold und Schatten / Buch der Götter Bd.1


ausgezeichnet

Als Tochter eines Diplomaten ist Livia es gewohnt, häufig umzuziehen, doch sich unmittelbar nach ihrer Ankunft in Paris, der Stadt der Liebe, in den draufgängerischen Maél zu verlieben, damit hätte sie niemals gerechnet. Die beiden kommen sich schnell näher, doch Maél, der sich in den Katakomben unter den Straßen der Stadt herumtreibt als wäre es sein zweites Zuhause, geht immer wieder auf Abstand und scheint ihr einiges zu verschweigen. Livia beginnt zunehmend an ihrem Verstand zu zweifeln, als sie plötzlich Botschaften hören kann, die ihr Bäume und Blumen zuflüstern, und sich die seltsamen Vorkommnisse noch weiter häufen. Doch schon bald soll sie herausfinden, dass ihre Begegnung mit Maél alles andere als Zufall war und sie Teil eines jahrhundertealten Geheimnisses höherer Mächte ist.

Als glühender Fan der griechischen Mythologie konnte ich "Gold und Schatten" natürlich nicht widerstehen, zumal ich schon länger nichts mehr von der Götterwelt gelesen habe. Obwohl es schon einige moderne Adaptionen gibt, wie etwa die Göttlich-Trilogie, die allseits bekannten und verfilmte Reihe rund um Percy Jackson oder Jennifer L. Armentrouts eher schwache Götterleuchten-Serie, hat Kira Licht es dennoch geschafft, mich in ihrem fesselnden Roman mit einigen neuen Ideen zu überraschen und auf eine Reise durch die Unterwelt von Paris zu entführen. Dort fühlt sich der männliche Protagonist der Erzählung, der sich in das klassische Schema des Bad Boys fügt, heimisch und findet sich in dem Labyrinth aus zahlreichen verbotenen Gängen problemlos zurecht. Während einer Führung durch eine Kalksteinausstellung in den Katakomben kommt es zum schicksalshaften Zusammentreffen von Maél und Livia, wo natürlich die Funken fliegen. Hier sollte aber auf jeden Fall erwähnt werden, dass es sich bei den beiden um kein plattes, andauerndes gegenseitiges Angeschmachte handelt, wie ich bei dem klassischen Liebe-auf-den-ersten-Blick-Szenario beinahe schon erwartet habe. Vielmehr wird das für den Verlauf der Erzählung Unvermeidliche vorgezogen, um sich dann gänzlich dem überaus faszinierenden Plot zu widmen und mehr Raum für die Charaktere an sich zu schaffen, die allesamt - Hauptgötter wie auch das klagende Blümchen - authentisch Leben eingehaucht bekommen und durch ihre charmanten Eigenheiten bestechen. Nicht nur die witzigen, schlagfertigen Dialoge brachten mich mehrmals lauthals zum Lachen, manchmal genügte alleine die Beschreibung der Charaktere um meine Mundwinkel auf Wanderschaft nach oben gehen zu lassen. Paris hätte ich vorab nicht unbedingt als Stadt der Götter bezeichnet, doch eine moderne Erzählung über die griechische Mythologie dort anzusiedeln hat durchaus was und auf jeden Fall meine Neugier auf die Ossarien in den Katakomben geweckt, denen ich am liebsten sofort einen Besuch abstatten würde.

"Gold und Schatten" ist der Auftakt einer erfrischenden Dilogie über die griechische Mythologie, angesiedelt im Paris der Jetztzeit, deren eigenwillige Charaktere - allen voran die junggebliebenen Götter des Olymps - herrlich amüsant zu lesen sind. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

Bewertung vom 01.04.2019
So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt
Voß, Maike

So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt


sehr gut

Nach einigen Blicken im Klassenzimmer bedurfte es einem schicksalshaften Zusammentreffen an einer Bushaltestelle, seitdem sind Viola und Leon beste Freunde. Insgeheim liebt er sie schon lange, deshalb ist die gemeinsame Nacht, die sie nach einem Konzertbesuch miteinander verbringen, die Erfüllung seiner Sehnsüchte. Doch obwohl Viola eigentlich das Gleiche fühlt, packt sie die Panik, dass sie wie all die Male zuvor nur wieder auf jemanden hereingefallen sein könnte, weshalb sie ohne ein Wort des Abschiedes am Morgen verschwindet und sich vollkommen aus Leons Leben streicht. Leon kann und will ihr kommentarloses Abtauchen jedoch nicht akzeptieren und setzt alles daran herauszufinden, warum sie vor ihm wegläuft.

Vorab sei gesagt, dass "So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt" alles andere als leichte Kost ist, denn obgleich ich das Buch vor einigen Tagen ausgelesen habe, liegt es mir noch bleischwer im Magen. Es mutet an wie eine gewöhnliche Liebesgeschichte zweier junger Menschen, wie sie häufig zu lesen ist, und doch ist sie in ihrer Intensität und abgründigen Sogwirkung gänzlich anders. Weder die Wahl des schwarzen Covers sowie das darauf abgebildete Konterfei eines Mädchens, dessen Gesicht im Schatten liegt noch diejenige des unheilschwangeren Titels selbst kommen von ungefähr.

Durch die Schilderung aus den jeweiligen Perspektiven von Viola und Leon wird schnell klar, dass sie in dieser Konstellation die gequälte Seele ist, während er die Rolle des treuen, ahnungslosen Gutmenschen einnimmt, den der düstere Abgrund jedoch schneller zu verschlingen droht, als ich angenommen hätte. Ehe man sich versieht, wird man hineingezogen in einen Strudel aus dunkler, wunderschöner Poesie und das schon während der gemeinsamen Nacht der beiden, als man einen tiefen Einblick in die düstere Gedankenwelt Violas bekommt.

Lange Zeit hatte ich wirklich Schwierigkeiten, Viola zu verstehen Ja, sie hat furchtbar Scheußliches erlebt, das Spuren hinterlassen hat. Ja, es ist schwierig, einer anderen Personen seine inneren Zweifel zu verraten und sich gänzlich zu öffnen. Und ja, es gibt einige Menschen auf der Welt, die sich selbst am meisten lieben und andere schamlos ohne schlechtes Gewissen bis aufs Äußerste auszunutzen. Aber wieso sie sich mit diesem Hintergrund ohne mit der Wimper zu zucken auf den nächstbesten Typen einlässt, der Interesse zeigt, und sich diesem vollkommen hingibt, will einfach nicht in meinen Kopf. Genauso wenig wie ihr abweisend verletzendes Verhalten Leon gegenüber, der ihr auf beinahe jede nur erdenkliche Weise signalisiert hat, dass er wirklich an dem Gesamtpaket Viola samt Gedankenkarussell und nicht nur dem warmen Körper im Bett interessiert ist. Sie merkt gar nicht, wie er auf der Suche nach ihr sich selbst zunehmend verliert, bis es irgendwann zu spät ist.

Viola hat unglaubliche Angst zu vertrauen und sich jemandem vollkommen zu öffnen, aus Furcht erneut benutzt und wie ein schmutziges Taschentuch weggeworfen zu werden, und doch gelingt es ihr nicht alleine zu sein. Denn die mögliche Einsamkeit scheint ihr größeres Unbehagen zu bereiten als der Gedanke einer weiteren Enttäuschung. Gerade in diesem Zusammenhang ist es so schwer nachvollziehbar, wieso sie Leon, ihren besten Freund, nach ihrer perfekten gemeinsamen Nacht aus ihrem Leben streicht ohne ihm auch nur den Hauch einer Erklärung zu liefern. Was man als Vielschichtigkeit eines sensiblen Wesens bezeichnen könnte, ist doch nichts weiteres als das urmenschliche Sehnen nach Liebe, Zuneigung und Geborgenheit.

"So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt" erzählt die mitreißend dramatische Liebesgeschichte zweier junger Menschen, die sich mit ihren rotierenden Gedankenkarussellen selbst im Wege stehen, die inneren Kämpfe ohne miteinander zu reden alleine ausfechten oder eben daran scheitern. Dabei werden ihre Zerrissenheit sowie die tiefe Verzweiflung mit jedem einzelnen Wort der eindringlichen Sprache spürbar und zu einem intensiven Lese

Bewertung vom 01.04.2019
Die Fliedertochter
Simon, Teresa

Die Fliedertochter


sehr gut

Nachdem mir "Die Oleanderfrauen" von Teresa Simon ziemlich gut gefallen hat, war ich natürlich neugierig auf ihr neuestes Werk "Die Fliedertochter", womit sie sogar noch eine Schippe drauflegen konnte. Die Erzählung spielt auf zwei Zeitebenen, zum einen in der Gegenwart, zum anderen im Zeitraum von 1936 bis 1944/45 und thematisiert dabei die Judenverfolgung im Dritten Reich mit allen Facetten der Grausamkeiten. Dennoch - soviel schon einmal vorneweg - handelt es sich hier keineswegs um ein düsteres Kriegsbuch, das nur mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend zu lesen ist, denn es bildet vielmehr den historischen Hintergrund als Kulisse für die mitreißende Handlung. Im Mittelpunkt der Erzählung steht die junge Paulina, die von ihrer mütterlichen Freundin gebeten wird für sie nach Wien zu reisen, um dort ein Erbstück für sie in Empfang zu nehmen, da sie aufgrund einer Krankheit verhindert ist. Dabei handelt es sich um ein Tagebuch der aufstrebenden Sängerin Luzie Kühn aus der Zeit des Nationalsozialismus, das Paulina in Wien bei der außerordentlich gastfreundlichen Familie zu lesen beginnt. Sie begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit und geradewegs in ein abscheuliches Kapitel deutscher und auch österreichischer Geschichte, was ich besonders interessant zu lesen fand, da mir nicht mehr bewusst war, dass die Judenverfolgung in Wien die Grausamkeiten der Deutschen an Intensität und Brutalität noch bei weitem übertraf. Ohne Rücksicht auf Verluste und scheinbar ohne jegliches Mitgefühl, ganz zu schweigen von Mitleid wurden sie schonungslos verraten, verfolgt sowie niedergemetzelt und das in solchem Ausmaß, dass sogar Adolf Hitler sich gezwungen sah sie einzubremsen. Wie eingangs erwähnt ist es trotz der Thematisierung dieses dunklen Kapitels unserer Geschichte kein düsteres Buch, sondern eine Hommage an die Stadt Wien und ihre Bewohner samt liebenswürdigen Eigenheiten. Denn wenn Paulina das Tagebuch von Luzie, die von Berlin nach Wien floh, um Göbbels Avancen und der Verfolgung wegen ihres Glaubens zu entgehen, gerade nicht liest, verbringt sie gemeinsam mit dem Sohn der Familie und dessen Freund Zeit in Wien, wo sie inspiriert von Luzies Tagebuch in ihrer Originalkleidung Dokumentationsfilme drehen. Die darin eingeflochtenen "Dialektfetzen" sowie die authentische Schilderung des Wiener Lebens, der zahleichen gemütlichen Cafés und des leckeren Essens waren natürlich genau nach meinem Geschmack, denn so befand ich mich förmlich mit Paulina, Moritz und Tamas vor Ort und genoss die lebendige Wiener Atmosphäre.

"Die Fliedertochter" ist ein Roman, der trotz des düsteren Themas des Nationalsozialismus rundherum für Lesegenuss sorgt, denn abseits der Gräueltaten skizziert Teresa Simon authentische Charaktere und schildert sehr anschaulich das Wiener Leben.

Bewertung vom 01.04.2019
K.L.A.R. - Taschenbuch Dann bleib ich eben sitzen!
Steffens, Thorsten

K.L.A.R. - Taschenbuch Dann bleib ich eben sitzen!


ausgezeichnet

"Dann bleib ich eben sitzen!" ist ein Jugendbuch aus der K.L.A.R.-Reihe des Verlages an der Ruhr, deren Konzept mit dem Motto "Kurz - Leicht - Aktuell - Real" mir bisher unbekannt war, ich aber sehr spannend finde, denn die authentischen Geschichten richten sich thematisch direkt an die Jugendlichen, in dem Bestreben deren Lust fürs Lesen zu wecken und zu fördern. Die Bücher dieser Reihe zeichnen sich besonders durch die vereinfachte Sprache in kürzeren Sätzen, viel wörtlicher Rede sowie größere Schrift, die Thematisierung aktueller für Schüler interessante Sachverhalte sowie einen geringeren Umfang aus, damit die Konzentrationsfähigkeit nicht überstrapaziert wird und sich zugleich ein schneller Leseerfolg einstellt. Die Themen sind oft sehr nah an der Lebenswelt der Jugendlichen orientiert, wo auch diese Geschichte keine Ausnahme bildet, denn darin geht es schwerpunktmäßig um Versetzung, Leistungsdruck und Berufswahl.

Der Protagonist der Erzählung, der 16-jährige Tim, bekommt zum Halbjahr abermals ein schlechtes Zeugnis ausgehändigt, was zu Hause für dicke Luft sorgt. Seine Mutter wünscht sich von ihm, er würde sich mehr anstrengen, doch Tim hat weder Lust auf Schule und die andauernde Fragerei nach seinen Plänen für die Zukunft noch auf den anstehenden Umzug nach Köln, wo seine Mutter eine neue Stelle hat. Als er nach einem Streit beschließt absichtlich sitzen zu bleiben, um zu seinem Vater ziehen zu können, geht das Chaos erst richtig los.

Es ist herrlich amüsant zu lesen, wie Tim in seiner neuen Klasse alles daran setzt, sich bei den Lehrern möglichst schnell unbeliebt zu machen, jeden Test zu versieben und eine schlechte Note nach der anderen zu kassieren. Von außen betrachtet wirkt es wie sein Aufbegehren in einer schnelllebigen Zeit, wo sich alles an Leistung orientiert und man als Schüler am besten schon in der fünften Klasse wissen sollte, welchen Weg man in der Zukunft einschlagen möchte. Was als pubertäre Störrigkeit eines eigentlich klugen Kopfes beginnt, der sich abseits der Schule weiterhin rührend um seine Schwester Kati kümmert, die das Down-Syndrom hat, entwickelt sich dank der Hilfe eines Mädchens, eines guten Freundes und einer respekteinflößenden Lehrkraft zu einer mitreißenden Erzählung über das Bezwingen der Tücken des Erwachsenwerdens samt ihrer Stolpersteine.

"Dann bleib ich eben sitzen!" ist ein fesselnd geschriebener Roman für jugendliche Lesemuffel, der auf seinen knapp 120 Seiten die direkt aus dem Leben gegriffene Geschichte eines 16-jährigen Jungen erzählt, der sich mit den typischen Herausforderungen des Älterwerdens konfrontiert sieht, wie etwa dem schulischen Leistungsdruck und der damit zusammenhängenden Frage nach der beruflichen Zukunft, und dabei weder seinen herrlichen Humor noch sein Mitgefühl verliert.

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