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Raumzeitreisender
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Ahaus
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 739 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2017
Ein ganzes Leben
Seethaler, Robert

Ein ganzes Leben


sehr gut

Geschichte eines Lebens - Geschichte des Lebens

"Wo wollen Sie denn eigentlich genau hin?", fragte der Mann. … "Ich weiß es nicht", sagte er [Andreas Egger] und schüttelte langsam und immer wieder den Kopf. "Ich weiß es einfach nicht." (182/183)

Autor Robert Seethaler verrät im Klappentext viel über die Handlung, insbesondere nennt er wichtige Abschnitte im Leben des Bergbauern Andreas Egger. Daher kann der Fokus des Buches nicht auf dem "was" liegen, sondern eher auf dem "wie". Es geht um eine Gesamtschau auf ein hartes entbehrungsreiches, aber letztlich glückliches Leben.

Die Beschreibungen des rauen Lebens in den Bergen erinnern an "Schlafes Bruder" von Robert Schneider. Es handelt sich um eine Erzählung aus der Perspektive eines neutralen Erzählers mit wenig wörtlicher Rede. Die Geschichte ist nicht streng chronologisch aufgebaut, sondern angereichert mit Retrospektiven und Prospektiven.

Wir wissen nicht, wo wir herkommen, wir wissen nicht, wo wir hingehen und dazwischen liegt ein Leben, welches uns manchmal in Staunen versetzt, manchmal verwirrt, welches wir aber schicksalhaft mit all seinen emotionalen Momenten annehmen. In Eggers Leben spiegelt sich diese Ur-Philosophie des Seins wider.

Bewertung vom 23.03.2017
Freiheit gehört nicht nur den Reichen
Herzog, Lisa

Freiheit gehört nicht nur den Reichen


sehr gut

Liberalismus mit sozialer Komponente

Lisa Herzog versucht „Liberalismus wieder so zu verstehen, dass er sich an der Idee eines freien [selbstbestimmten] Lebens orientiert und diese als Grundlage der Politik sieht.“ (8) Insofern geht es um die Fragen, wie ein zeitgemäßer Liberalismus definiert wird und was das für die wirtschaftliche Ordnung einer Gesellschaft bedeuten kann. Basis für die Überlegungen ist ein realistisches Menschenbild und nicht der „Homo oeconomicus“. Autorin Herzog, selbst studierte Ökonomin, schreibt aus der Perspektive einer Philosophin.

„Wesentlich ist jedoch, dass die Freiheit aller Individuen als grundsätzlich gleichberechtigt in Betracht gezogen wird.“ (15) Dabei ist Freiheit nicht gleichzusetzen mit freiem Markt. Spätestens die Bankenkrise 2008 hat deutlich gemacht, dass der Staat eingreifen muss, um den Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern. Märkte müssen so gestaltet werden, dass sie die Freiheit aller Mitglieder der Gesellschaft unterstützen.

Der Mensch entspricht nicht dem Bild des klassischen Liberalismus. Die Autorin gibt einen Überblick über die Thesen großer Denker wie John Locke, Thomas Hobbes, Adam Smith, Karl Marx und Albert Hirschman, um nur Beispiele zu nennen, und stellt diese gegenüber. Freiheit erfordert, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die diese beschränken. Der Mensch muss die Fähigkeit zu einem selbstbestimmten Leben erst entwickeln.

Liberalismus erfordert auf der einen Seite Handlungsfreiräume für die Entwicklung eigener Vorstellungen und auf der anderen Seite Ressourcen für die Realisierung eines selbstbestimmten Lebens. Eine Begrenzung des Liberalismus erfolgt durch die Frage nach Gerechtigkeit. Ressourcen sind nicht gleich verteilt und manchmal spielt der Faktor Glück eine große Rolle. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.

Der Weg durch die Geschichte lehrt, dass die heutigen Strukturen wesentlich komplexer sind, als vor Jahrhunderten. Auch ist heute deutlicher als je zuvor klar geworden, dass die Ressourcen der Erde begrenzt sind. Zudem ist der Mensch ein soziales Wesen und sucht den Sinn in seiner Tätigkeit. Insofern geht es in der heutigen Gesellschaft nicht nur um das reine Geldverdienen. Die Arbeitsbedingungen müssen stimmen.

Die Autorin stellt Gewinnmaximierung um jeden Preis infrage. Dem Liberalismus sind Grenzen gesetzt und zwar im Interesse der gesamten Gesellschaft. Statt eines Wettbewerbs nach den billigsten Produkten sollte ein Wettbewerb nach den fairsten Lebens- und Arbeitsbedingungen stattfinden. Liberalismus, Wirtschaft und Freiheit aus der Perspektive einer Philosophin betrachtet, führt zu einer anderen Gewichtung. Die soziale Komponente rückt in den Fokus. Ob es sich um ein rein theoretisches Plädoyer handelt, was leider zu befürchten ist, wird die Zukunft zeigen.

Bewertung vom 07.03.2017
Der Mitternachtspalast
Ruiz Zafón, Carlos

Der Mitternachtspalast


gut

Eine Gruselgeschichte aus Kalkutta

„Der Mitternachtspalast“ ist der zweite Roman von Carlos Ruiz Zafón aus dem Jahr 1994. Es handelt sich um ein spannendes Jugendbuch mit Elementen aus dem Genre Fantasy. Insbesondere die Kenner der Barcelona-Romane werden neugierig sein auf Zafóns frühere Werke. Auffallend ist, das Mystische ist in „Der Mitternachtspalast“ noch nicht so feinsinnig eingewoben, wie in „Der Schatten des Windes“.

Der Roman spielt in Kalkutta und beschreibt zwei Zeitebenen und zwar 1916, das Jahr der Geburt der Zwillinge Ben und Sheere und 1932, das Jahr der schicksalhaften Ereignisse. Beide wachsen ohne Eltern auf, Ben im Waisenhaus St. Patrick`s und Sheere bei ihrer Großmutter Aryami Bosé. Die Trennung hat ihren Grund, da die Kinder in Gefahr sind. Ein seltsames Wesen namens Jawahal trachtet ihnen nach dem Leben.

Ben ist zusammen mit sechs Freunden des Waisenhauses Mitglied des Geheimbundes Chowbar Society. Zusammen versuchen sie den Ursprung für die Gefahr durch Jawahal zu ergründen und erleben einige Abenteuer. Der Roman ist fantasievoll und gruselig. Die Beschreibungen der Umgebung sind jedoch etwas wirr und lassen keine plastischen Bilder im Kopf entstehen, zudem ist die Geschichte phasenweise dick aufgetragen. Man merkt, dass Carlos Ruiz Zafón noch auf der Suche nach seinem Stil war.

Bewertung vom 05.03.2017
Unterwerfung
Houellebecq, Michel

Unterwerfung


ausgezeichnet

Das Versagen der Eliten

Joris-Karl Huysmans, französischer Schriftsteller, lebte von 1848 bis 1907. Seine ersten Werke wurden als sittenwidrig bezeichnet und sind überwiegend im Milieu der französischen Unterschicht angesiedelt. Bekannt wurde er insbesondere mit dem Roman „Gegen den Strich“, der von einem dekadenten neurotischen Aristokraten handelt. Dieser trägt Züge des Autors Huysmans, ist aber auch ein Spiegel seiner Zeit.

Literaturwissenschaftler Francois, Protagonist aus „Unterwerfung“, hat über Huysmans promoviert und beschäftigt sich als Professor mit diesem Autor. Bereits auf den ersten Seiten drängen sich Parallelen zwischen Huysmans, seinen Romanfiguren und Protagonist Francois auf. Dies gilt für Francois spöttische gleichgültige Haltung, seine sexuellen Eskapaden und seine dekadente Einstellung. So stellt er ironisch fest, „ein Abschluss in Literaturwissenschaften kann ein zusätzlicher Pluspunkt sein“, wenn ein junges Mädchen sich als Verkäuferin bewirbt. (13)

Als Leser taucht man sehr schnell in Houellebecqs Romanwelt ein. Er versteht es, Atmosphäre zu schaffen. Francois ist einsam und desillusioniert. Der Sex mit seinen Studentinnen führt nicht zur Befreiung. An seinem Lebenswandel wird der Werteverfall der westlichen Welt gespiegelt. Der Roman hat viele Facetten. Er beschreibt die Unterwerfung unter den Islam und damit verbunden das Versagen der Eliten. Es ist aber auch ein Roman über den dekadenten intellektuellen Zyniker Francois.

Der Roman ist voller Anspielungen auf Huysmans. Es ist sicherlich kein Zufall, dass sowohl Huysmans als auch Francois eine Phase der Besinnung im Kloster verbracht haben, wobei es zu Francois passt, dass ihm diese Zeit nichts gebracht hat. Was ändert sich durch die Unterwerfung unter die muslimische Gesellschaft? Für Francois recht wenig. Erlaubte Polygamie, insbesondere für Eliten wie Hochschulprofessoren, sind ein Ersatz für seine bisherigen Beziehungen zu seinen Studentinnen. Die Verlierer der Entwicklung sind die Frauen, die sich nunmehr muslimischen Traditionen unterwerfen müssen.

Der Roman ist dicht gespickt mit Anspielungen auf Huysmans und ein Kenner dieses Autors wird die Zusammenhänge in der Romanwelt besser verstehen, als andere Leser. Houellebecq gelingt es, Gleichgültigkeit, Zynismus, Opportunismus und Dekadenz überzeugend darzustellen. Dazu gehört auch eine Priese Sex, die bei Houllebecq ein wenig größer ausfällt und, passend zum Roman, nicht wirklich zur Erfüllung führt. Es gibt zahlreiche Autoren, die es verstehen, eindimensionale Romane zu verfassen. Houllebecq gehört ganz sicher nicht dazu.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.03.2017
Das Leben lesen
Bahnsen, Ulrich

Das Leben lesen


sehr gut

Die geheime Sprache des Blutes

„Es hat eine medizinische Revolution begonnen, in ihrem Mittelpunkt steht das Blut.“ (8) Autor Ulrich Bahnsen, Diplom-Biologe, macht deutlich, worum es in dem Buch geht. Im Fokus stehen die versteckten Botschaften, die sich im Blut befinden und die entschlüsselt werden können. Der geheime Code gibt Aufschluss über Erkrankungen, die im Entstehen begriffen sind. Aber das ist noch nicht alles. Gesucht werden im Blut die Stoffe, die den Verfall des Körpers aufhalten können. Ist die Entdeckung einer Methusalem-Formel im Bereich des möglichen?

Bahnsen beschreibt den Aufbau des Blutes, soweit er für das Verständnis seiner Thesen erforderlich ist. In der Blutflüssigkeit befinden sich Erbmoleküle toter Zellen. Wissenschaftler sprechen hier von zellfreier DNA. Diese spiegelt jede Krankheit wider, die mit dem Untergang der Zellen verbunden ist. Das gilt für Krebszellen und bei einer Schwangeren auch für die Zellen des Fötus. Damit wird Leben transparent. Zum Verständnis der Thematik stellt Bahnsen die Entwicklung der Entschlüsselung der Gene vor.

Die Frühdiagnostik wirft Fragen auf, die in Politik und Gesellschaft zu Diskussionen führen. Sollen Krankheiten bzw. Anfälligkeiten für Krankheiten ermittelt werden, wenn eine Heilung nicht möglich ist? Manche Kritiker sehen in der vorgeburtlichen Diagnostik eine „Perfektionierung der Selektion ungeborenen Lebens“. (93) Der Autor untersucht Fragen der Ethik und Moral im Hinblick auf vorgeburtliche Testverfahren. Deutlich wird, dass es keine einfachen Antworten gibt.

Dem Thema Früherkennung von Krebs widmet der Autor ein ganzes Kapitel. „Es ist tatsächlich möglich, einen Krebsherd im Körper mit einem Bluttest aufzuspüren. Und noch mehr: Die Erbmoleküle darin verraten nicht nur, dass ein Tumor wächst, sie geben auch Auskunft darüber, in welchem Organ er zu suchen ist.“ (132) Da die Testverfahren nicht perfekt sind und auch im Hinblick auf Heilungschancen, gilt es abzuwägen, in welchen Fällen eine Früherkennung im Interesse des Patienten ist.

„Das Altern ist nach der Entstehung des Lebens auf der Erde das größte Mysterium der Biowissenschaften.“ (200) Aus dem Blickwinkel der Evolution ist Sterben notwendig, damit eine Entwicklung stattfinden kann – ohne Tod keine Evolution. Dennoch ist der Mensch auf der Suche nach Möglichkeiten, die Lebenszeit zu verlängern und bei Fruchtfliegen ist das auch schon gelungen. Die Wissenschaft ist auf dem Weg, dieses Ziel auch für Menschen zu erreichen.

Der Schlüssel liegt im jungen Blut. Parabiose-Experimente, bei denen der Blutkreislauf zweier unterschiedlich alter Mäuse verbunden wird, bestätigen, dass eine Verjüngung stattfindet. Experimente mit Mäusen sind nicht übertragbar auf Menschen. Dennoch tun sich Chancen auf, Krankheiten wie Alzheimer in den Griff zu bekommen und darüber hinaus der Vergreisung insgesamt entgegen zu wirken. Sollte das tatsächlich gelingen, wäre das eine gesellschaftliche Revolution. Der derzeitige Stand der Forschung liefert Stoff für Romane.

Im Blut stecken Informationen, die bei üblichen Untersuchungen nicht erfasst und nicht ausgewertet werden. Ulrich Bahnsen macht deutlich, was sich an der Front der Forschung abzeichnet. Die Krankendiagnostik wird sich verändern und auch die Behandlung von Krankheiten. Das „Drehen an der Lebensuhr“ wird gesellschaftliche Diskussionen auslösen. Forscher Tony Wyss-Coray weist darauf hin, was das Ziel sein sollte. Es gehe nicht darum dem Tod auszuweichen, sondern darum, die guten Jahre zu verlängern.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.02.2017
Der Fürst des Nebels
Ruiz Zafón, Carlos

Der Fürst des Nebels


sehr gut

Pakt mit dem Fürst der Finsternis

„Der Fürst des Nebels“ ist der erste Roman von Carlos Ruiz Zafón aus dem Jahr 1993. Es handelt sich um ein Jugendbuch, welches auch für Erwachsene geeignet ist. Insbesondere die Kenner der Barcelona-Romane werden neugierig sein auf Zafóns Anfangswerk.

Um den Kriegswirren zu entkommen bezieht Familie Carver im Jahre 1943 ein Landhaus in einem kleinen Fischerdorf. Sie erfahren, dass in dem Haus vor Jahren ein Junge gelebt hat, der auf mysteriöse Weise im Meer ums Leben gekommen ist. Im Haus und im nahe gelegenen Skulpturengarten geschehen seltsame Dinge.

Max, der Sohn des Uhrmachers Carver lernt Roland, den Enkel des Leuchtturmwärters Victor Kray kennen. Zusammen mit Alicia, der Schwester von Max, kommen sie in Berührung mit unheimlichen Mächten. Sie befinden sich im Einflussbereich des Fürsten des Nebels und die Wahrheit wird Schritt für Schritt aufgedeckt.

Auffallend sind die leicht verständliche Sprache und die Struktur, die bei Weitem nicht so komplex ist, wie die von „Der Schatten des Windes“. Einige Namenswiederholungen stechen ins Auge und auch der Umstand, dass statt von „Vater“ und „Mutter“ zu sprechen häufig die kompletten Namen genannt werden. Davon abgesehen hat Corelli einen Vorgänger und Parallelen sind auch zu „Marina“ erkennbar.

Bewertung vom 15.02.2017
Der Teil und das Ganze
Heisenberg, Werner

Der Teil und das Ganze


ausgezeichnet

Ein Klassiker der Wissenschaftsgeschichte

In „Der Teil und das Ganze“ zeichnet der deutsche Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg (1901-1976) seinen Lebensweg nach von seiner ersten Begegnung mit der Atomlehre im Jahre 1919 bis hin zu seiner Zeit als Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik. Das Besondere an dem Buch sind die Erinnerungen an Gespräche mit Fachkollegen (Albert Einstein, Wolfgang Pauli, Niels Bohr u.a.m.), aus denen die Denkweise und der jeweilige Entwicklungsstand hervorgehen.

Die Gespräche drehen sich nicht nur um Quantenmechanik und Atomphysik, sondern insbesondere um den daraus folgenden Wandel in der Philosophie. Das wird besonders in den Gesprächen mit der Philosophin Grete Hermann deutlich, die vehement die Kantsche Philosophie verteidigt. Aber auch die Gespräche mit Albert Einstein, der sich mit den Folgerungen aus der Quantenmechanik nicht anfreunden wollte, drehen sich um erkenntnistheoretische Fragen.

Heisenberg hat den Ersten und Zweiten Weltkrieg miterlebt. Er lernt Niels Bohr kennen, der an der politischen Situation in Deutschland großes Interesse zeigt. Lange arbeiten die beiden eng zusammen und unternehmen Wanderungen, bis die Freundschaft der beiden Fachkollegen in den Wirren des Krieges zerbricht. Heisenberg erläutert ausführlich seine Sicht der Entwicklung.

Das Buch ist 1969 erstmals veröffentlicht und seitdem immer wieder neu aufgelegt worden. Es ist ein Klassiker der Wissenschaftsgeschichte, der weit über den Rahmen der Physik hinausgeht und für ein breites Publikum geeignet ist. Werner Heisenberg gehört zu den führenden Köpfen auf dem Gebiet der Quantenmechanik. Die autobiografischen Elemente, die Ausflüge in die Politik und Geschichte, die Verbindungen zur Philosophie und die Gespräche mit Fachkollegen machen das Buch zu einem zeitlosen Werk.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2017
Nachts unter der steinernen Brücke
Perutz, Leo

Nachts unter der steinernen Brücke


ausgezeichnet

Ein magisches Puzzle

Der historische Roman besteht aus vierzehn einzelnen Novellen, die Leo Perutz kunstvoll miteinander verwoben hat. Die Beziehungen zwischen den Erzählungen ergeben sich nach und nach und sind eine Herausforderung für die Leser. Diese werden zu Konstrukteuren einer Rahmenhandlung, die sich aus zeitlich ungeordneten einzelnen Handlungsfäden ergibt.

Die Protagonisten sind der Römische Kaiser und König von Böhmen Rudolf II, der vermögende Jude Mordechai Meisl, dessen hübsche Ehefrau Esther und der Rabbi Loew. Das ergibt sich aber erst aus dem Gesamtzusammenhang, da in den einzelnen Geschichten häufig andere Personen im Fokus stehen. Die Geschichten spielen in Prag um 1600.

Perutz ist ein Meister des magischen Realismus. Historie, Humor und Ironie fließen ein. Andere Autoren orientieren sich an seinen Werken. Auffallend ist, dass Perutz den Roman erst 1953, nach fast dreißig Jahren, fertiggestellt hat. Bedauerlich, dass der Roman, vermutlich aufgrund der Judenverfolgung im Dritten Reich, nicht die Aufmerksamkeit erhalten hat, die ihm zugestanden hätte.