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Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 18.07.2017
Für jetzt und immer
Rößner, Susanne

Für jetzt und immer


ausgezeichnet

Die 31-jährige Lena arbeitet als Erzieherin in einem Kindergarten. Sie liebt ihren Job, auch wenn die Arbeit ihr jeden Tag aufs Neue ihre Kräfte raubt. Als sie wegen eines Vorfalls, den sie nicht zu verantworten hat, ihren Arbeitsplatz verliert, ist Lena fassungslos, zumal sie feststellen muss, dass es weit und breit keine offene Stelle für eine Erzieherin gibt…

Susanne Rößner versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil ganz hervorragend, den Leser in den Bann dieser sowohl dramatischen wie auch unterhaltsamen Familiengeschichte zu ziehen.

Schon der Prolog lässt erahnen, dass es sich bei „Für jetzt und immer“ nicht einfach um eine leichte, heitere Sommerlektüre handelt, sondern um eine Geschichte mit einem ernsten Hintergrund: Die kleine Mia läuft auf einen zugefrorenen See. Die Eisschicht ist zu dünn, Mia bricht ein und versinkt mit ihrem Vater, der verzweifelt versucht, sie zu retten, in dem eiskalten Wasser…

Zeitsprung. Seit dem schicksalhaften Tag sind einige Jahre vergangen und Lena begegnet der mittlerweile 9-jährigen Mia. Aus Mia ist ein störrisches, trotziges Kind geworden, das lügt und stiehlt und keine Freunde hat. Lena erkennt schnell, dass Mia dringend Hilfe braucht und freundet sich mit ihr an. Als Lena dann das Angebot bekommt, Mias Kindermädchen zu werden, nimmt sie dieses an, ohne zu ahnen, dass die Aufgabe sich als viel umfangreicher und vielschichtiger erweisen wird, als es zunächst den Anschein hat. Dass sie zudem von jetzt an fast täglich den gutaussehenden aber unausstehlichen Leo, mit dem sie vor Kurzem auf einem Parkplatz heftig aneinander gerasselt ist, ertragen muss, nimmt Lena Mia zuliebe in Kauf.

Besonders gut gefallen hat mir Susanne Rößners Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle ihrer Protagonisten zu schildern. Man erlebt alle Höhen und Tiefen, die Lena & Co. im Verlauf der Handlung durchmachen, intensiv mit. Es war bewegend und amüsant zugleich, die Wege der Akteure zu verfolgen und das Miteinander und Gegeneinander zu beobachten.

Äußerst gelungen sind auch die Beschreibungen der Handlungsorte – die Landschaft und die beeindruckende Natur rund um den Tegernsee werden ganz wundervoll dargestellt, so dass man sich die Schauplätze alle sehr gut vorstellen konnte.

„Für jetzt und immer“ hat mir sehr gut gefallen. Ein kurzweilige, lebhafte Geschichte, in der der Alltag einer mitten im Leben stehenden Frau völlig auf den Kopf gestellt wird.

Bewertung vom 17.07.2017
Tod und Amore
Süssenbacher, Andrea

Tod und Amore


sehr gut

Friaul/Italien. Die 34-jährige Schriftstellerin Alexandra Hüttenstätter hat ein Häuschen im idyllisch gelegenen Dorf Cormòns gemietet, um in Ruhe an ihrem neuen Roman zu arbeiten. Doch dann kommt alles anders, denn plötzlich ist sie nicht nur die Hauptverdächtige in einem Mordfall, sondern macht sich gemeinsam mit dem Kunstdieb Angelo Cherubini auf eine spannende Spurensuche, um das Rätsel rund um ein geheimnisvolles Medaillon zu lösen…

Andrea Süssenbacher beginnt diesen Krimi mit einem fesselnden, sehr neugierig machenden Prolog – eine Frau kann sich aus einer Hütte befreien. Sie flüchtet, doch ihre Verfolger sind ihr dicht auf den Fersen…

Im Folgenden lernt man Alexandra und ihr Umfeld sowie die polizeilichen Ermittler kennen. Während die Ermittlungen in dem Mordfall Elena Fritz-Gardini eher im Hintergrund verlaufen, begibt man sich mit Alexandra, ihrem guten Freund Hannes und dem geläuterten Kunstdieb Angelo auf eine ereignisreiche Tour quer durch Friaul – ein Abenteuer, dass sich im Verlauf der Handlung zu einer rasanten Schatzsuche inklusive dramatischer Verfolgungsjagd entwickelt.

Sehr gut gefallen hat mir, dass die Handlung bis zum Schluss wenig durchschaubar ist und man über die Absichten der Akteure und die Hintergründe der Ereignisse rätseln und spekulieren kann. Überraschungen und Wendungen geben der Handlung dabei immer wieder neuen Schwung. Schade nur, dass die Auflösung ein wenig zu überstürzt geraten ist - das Entschlüsseln eines Codes und das Finden des Schatzes gelingen am Ende verblüffend einfach und machen die Geschichte eine Spur zu unglaubwürdig.

Äußerst gut gelungen sind die Beschreibungen der Handlungsorte – die Landschaft im Nordosten Italiens wird von Andrea Süssenbacher prima in Szene gesetzt, so dass man sich die Schauplätze alle sehr gut vorstellen kann.

„Tod und Amore“ ist ein kurzweiliger, angenehm zügig zu lesender Krimi, der mit einer lebhaften Schatzsuche, undurchsichtigen Akteuren und vor allen Dingen mit einer guten Portion italienischem Flair punkten kann.

Bewertung vom 28.06.2017
Deichmord / Romy Beccare Bd.6
Peters, Katharina

Deichmord / Romy Beccare Bd.6


gut

Rügen. Nachdem sich nach einer anonymen Terrorwarnung, die sich als Fehlalarm herausgestellt hat, die Anspannung bei der Kripo in Bergen und Stralsund gelegt hat, grübelt Romy Beccare vom Kommissariat Bergen, ob es sich dabei wirklich nur um einen bösen Scherz gehandelt hat oder ob der unbekannte Mailschreiber mit seinem konkreten Hinweis auf den Betreiber des Gästehauses Magold in Ralswiek eine bestimmte Absicht verfolgte. Romy geht der Sache nach und stößt auf zwei über zwanzig Jahre zurückliegende Vermisstenfälle…

Zur gleichen Zeit bekommt Romys Lebensgefährte Jan Riechter - Leiter des Kriminalkommissariats in Stralsund - einen neuen Fall auf den Tisch: Auf einer stillgelegten Mülldeponie wird der stark verweste Leichnam einer Frau gefunden, die laut Rechtsmedizin vor ca. zwei Jahren erschlagen wurde…

„Deichmord“ ist bereits der sechste Fall für Romy Beccare & Co. – für mich war dieser Einsatz auf Rügen der erste, bei dem ich den sympathischen Ermittlern über die Schulter schauen durfte. Auch ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände ist mir der Einstieg leicht gefallen und ich hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl, mit den beiden Ermittlerteams gut vertraut zu sein. Bei den anderen Akteuren sah das ein wenig anders aus – es ist nicht einfach, den Überblick über die Vielzahl an unterschiedlichen Personen und deren Beziehungen zueinander zu behalten.

Katharina Peters wartet zudem mit sehr vielen Handlungsfäden auf – Mordfälle, Vermisstenfälle, ein Banküberfall, Familiendramen - unterschiedliche „Baustellen“, die auf dem ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, aber doch irgendwie zusammengehören. Die Ermittler decken Verwicklungen, Verstrickungen und Querverbindungen auf, doch je mehr die Nachforschungen ausgeweitet werden, desto verschwommener scheint die ganze Geschichte zu werden. Man muss sich als Leser mächtig konzentrieren, um in diesem ganzen Geflecht keinen der Fäden zu verlieren.

Insgesamt hat mich „Deichmord“ nicht so gepackt, wie ich es erwartet hatte. Auch wenn die Auflösung am Ende nachvollziehbar war, waren mir die Handlung und die Ermittlungen insgesamt zu verzwickt und zu unübersichtlich.

Bewertung vom 27.06.2017
Ponts de Paris
Ferr, Mara

Ponts de Paris


ausgezeichnet

Das Zuhause der Mittfünfzigerin Marie Croix sind die Brücken von Paris. Seit acht Jahren ist die Witwe eines Schönheitschirurgen obdachlos. Eines Tages bekommt Marie ein hinterhältiges Jobangebot. Sie soll im Nobelbordell des vermögenden Monsieur Mondieu als Hausdame arbeiten. Die Entlohnung ist exzellent, die Bedingungen sind jedoch erbarmungslos. Lehnt sie das Angebot ab, müssen ihr in Amsterdam lebender Sohn und dessen Familie sterben. Hält sie sich nicht an die strengen Regeln ihres Arbeitgebers, geht es ihr selbst an den Kragen. Marie fügt sich, beginnt aber gleichzeitig damit, einen gefährlichen Plan auszutüfteln…

In ihrem spannenden Krimi „Ponts de Paris“ erzählt Mara Ferr die Geschichte einer Frau, die das Leben der Schönen und Reichen gelebt hat und dann aufgrund horrender Schulden in die Obdachlosigkeit abgestürzt ist. Doch Marie ist weder verzweifelt noch verbittert – schon nach wenigen Seiten merkt man, dass Marie zwar mittellos ist, aber sowohl ihre Würde wie auch ihre innere Stärke nicht verloren hat. Sie hat ihr Schicksal angenommen und kommt mit dem Leben auf der Straße einigermaßen zurecht. Dass sie eine Kämpferin ist, beweist sie einmal mehr, als sie dieses verhängnisvolle Angebot bekommt und nicht verzagt, sondern sich dem vermeintlich übermächtigen Gegner entgegenstellt.

Ich konnte durchweg bestens mit Marie mitfiebern - man wird mitgerissen von ihrem Willen, dem skrupellosen Mondieu das Handwerk zu legen, verfolgt dabei gespannt, wie sie geduldig alle nötigen Vorbereitungen trifft und hofft mit ihr, dass der Plan letztendlich gelingen wird.

Mara Ferr lässt ihre Hauptprotagonistin dieses Abenteuer nicht allein durchstehen, sondern hat ihr zwei Helfer zur Seite gestellt: Lilille und Claude sind Stimmen, die nur in Maries Kopf existieren. Auch wenn man sich als Leser genau wie Marie erst einmal an das ständige Dazwischenquatsche der beiden gewöhnen muss, sind deren Ratschläge, Tipps und Kommentare für Marie äußerst hilfreich und für den Leser sehr unterhaltsam.

Die Autorin wartet auch mit einer guten Portion Lokalkolorit auf und man erlebt Paris einmal von einer ganz anderen Seite, während man mit Marie von Brücke zu Brücke wandert.

„Ponts de Paris“ hat mich durchweg begeistert – ein etwas anderer Krimi, der besonders mit seiner psychischen Komponente punkten kann.

Bewertung vom 26.06.2017
Denn wer da hat, dem wird gegeben
Pesch, Volker

Denn wer da hat, dem wird gegeben


sehr gut

Greifswald. Architekt Axel Hegebarth möchte direkt an der Ostsee auf dem Gelände eines ehemaligen VEB seinen großen Traum verwirklichen: Bernstein City, ein extravagantes Urlaubsparadies. Doch Hegebarths Projekt findet wenig Anklang in der Bevölkerung. Und auch von den Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung erhält er kaum Unterstützung, denn die Mächtigen der Stadt favorisieren den Plan eines finanzkräftigen Investors, auf dem Grundstück eine Raffinerie zu errichten…

Als bei einer Ortsbegehung die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, beginnt nicht nur Kriminalhauptkommissar Jochen Ruhnke zu ermitteln, auch der kürzlich in Greifswald eingetroffene neue Polizeiseelsorger Tom Schroeder interessiert sich für den Mord und die Hintergründe…

„Denn wer da hat, dem wird gegeben“ ist ein Krimi, in dem es um Korruption geht. Um Bestechung und Bestechlichkeit. Hier wird manipuliert, vertuscht und gemordet, um das Füllen der privaten Taschen der Obrigkeit zu verschleiern und die scheinheilige Fassade verantwortungsvoller Politik aufrechtzuerhalten.

Volker Pesch erzählt die Geschichte flüssig und spannend, schnell ist man mittendrin im Geschehen. Der Autor präsentiert die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven, so dass man einen guten Einblick in die Ansichten und Beweggründe der Akteure bekommt. Die Figuren werden dabei allesamt sehr authentisch dargestellt, sie wirken real und handeln nachvollziehbar.

Volker Pesch hat mit Tom Schroeder einen interessanten Charakter erschaffen. Der Polizeiseelsorger ist neu in der Stadt und man merkt ihm an, dass er noch nicht genau weiß, wo seine beruflichen und seine persönlichen Wege hingehen. Es passt zu dem ehemaligen Gemeindepfarrer, dass er in seinem ersten Fall nicht gleich zum Überflieger wird, sondern eher zurückhaltend und unsicher agiert.

Besonders gut gefallen hat mir das wirklichkeitsnahe Geschehen. Das ganze Gerangel um das Gelände, die hinterhältigen Machenschaften, der Missbrauch öffentlicher Ämter - alles wird echt, glaubwürdig und greifbar dargestellt. Man kann sich gut vorstellen, dass die Dinge tatsächlich vielerorts so oder so ähnlich ablaufen, wie sie sich in diesem Krimi zutragen.

„Denn wer da hat, dem wird gegeben“ ist ein spannender Krimi, der mich nicht nur sehr gut unterhalten, sondern mir auch viel Platz zum Mitgrübeln und Miträtseln gegeben hat.

Bewertung vom 15.06.2017
Der Tag, an dem wir dich vergaßen
Chamberlain, Diane

Der Tag, an dem wir dich vergaßen


ausgezeichnet

New Bern, North Carolina. Das Leben der 25-jährigen Riley MacPherson wird seit sie denken kann von dem Selbstmord ihrer Schwester Lisa überschattet. Als Riley nach Jahren in ihren Heimatort zurückkehrt, um den Nachlass ihres kürzlich verstorbenen Vaters zu regeln und dessen Haushalt aufzulösen, wird sie mit Dingen konfrontiert, die ihr ganzes bisheriges Leben völlig auf den Kopf stellen…

Diane Chamberlain versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil ganz hervorragend, den Leser in den Bann dieser dramatischen Familiengeschichte zu ziehen. Schon nach wenigen Seiten baut sich eine unterschwellige Spannung auf, da Riley plötzlich von einem Gespinst aus Heimlichkeiten, Täuschungen, Lügen und merkwürdigen Andeutungen umgeben ist, das sich nicht mit dem Bild, das sie von ihren Eltern und ihrer gesamten Kindheit hat, vereinen lässt. Man fiebert sofort mit der jungen Frau mit und grübelt genau wie sie, welche der verstörenden Neuigkeiten wahr sein könnten und welche nicht.

Im zweiten Teil des Buches ändert sich der Aufbau der Geschichte und man bekommt zusätzlich zu dem aktuellen Geschehen rund um Riley Rückblenden in die 1990er Jahre präsentiert und erfährt nach und nach, was wirklich damals geschehen ist.

Besonders gut gefallen hat mir Diane Chamberlains Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle ihrer Protagonisten darzustellen und auf den Leser zu übertragen. Man wird mitgerissen von einer wahren Flut an Emotionen und erlebt alle Höhen und Tiefen, die die Akteure im Verlauf der Handlung durchmachen, äußerst intensiv mit.

„Der Tag, an dem wir dich vergaßen“ hat mich durchweg begeistert. Ein spannend erzähltes Familiendrama, das den Leser eindringlich an dem Schicksal der einzelnen Akteure teilhaben lässt.

Bewertung vom 14.06.2017
Das Goldstein-Haus
Dietrich, Wolf S.

Das Goldstein-Haus


ausgezeichnet

Göttingen. Die Journalistin Anna Lehnhoff plant eine Artikelserie über nicht aufgeklärte Diebstähle. Da ihr Exfreund Sven Petersson Kommissar bei der Kripo ist, bittet sie ihn um Unterstützung. Als Sven ihr von einem ungeklärten Mord aus dem Jahr 1986 erzählt, ist Annas Neugierde sofort geweckt. Über ungelöste Mordfälle zu berichten, findet sie viel spannender, als über Einbrüche zu schreiben und beginnt umgehend damit, in dem Fall der ermordeten Engländerin Sarah Jane Roberts zu recherchieren…

Susanne und Jörg Rudloff werden in ihrem Haus überfallen. Der Täter entwendet nicht nur wertvollen Schmuck und 80.000 Euro in bar, sondern lässt auch eine alte Pistole mitgehen. Kurioserweise interessiert Jörg der Verlust von Geld und Schmuck kaum, viel wichtiger ist es ihm, die Schusswaffe schnellstmöglich zurückzubekommen…

„Das Goldstein-Haus“ ist das erste Buch, das ich von Wolf S. Dietrich gelesen habe und ich bin begeistert! Ich war schnell mittendrin im Geschehen und hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl, mit allen Figuren gut vertraut zu sein.

Obwohl bereits nach wenigen Seiten klar ist, wer hier die Bösewichte sind, und man zudem schnell ahnt, was sich über die Jahre hinweg zugetragen hat, bleibt die Spannung bis zur letzten Seite auf einem hohen Niveau.
Ich konnte durchweg bestens mit Anna mitfiebern - man wird mitgerissen von ihrem Tatendrang, genügend Anhaltspunkte zu finden, damit die Polizei die Ermittlungen in dem alten Fall wieder aufnimmt, verfolgt dabei gespannt, wie sie immer neue Hinweise ausgräbt und Verbindungen aufdeckt und hofft mit ihr, dass die Täter gefasst und zur Rechenschaft gezogen werden.

Besonders gut gefallen hat mir, dass das aktuelle Geschehen immer wieder durch interessante Rückblenden in die Jahre 1940, 1958 und 1986 ergänzt wird. Wolf S. Dietrich hat die einzelnen Zeitabschnitte mit entsprechendem Zeitkolorit versehen, lässt die jeweiligen Akteure glaubwürdig und gemäß der Mentalität ihrer Generation handeln und hat mir damit das Gefühl gegeben, beim Lesen eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert zu machen.

Äußerst gelungen sind auch die Beschreibungen der Handlungsorte - Göttingen wird prima in Szene gesetzt, so dass ich mir die Schauplätze alle sehr gut vorstellen konnte.

„Das Goldstein-Haus“ hat mich durchweg begeistert. Der generationenübergreifende Kriminalfall überzeugt mit einer abwechslungsreichen, lebendigen Handlung und lässt zu keiner Zeit Langeweile aufkommen. Absolute Leseempfehlung für Krimifans!

Bewertung vom 07.06.2017
Der Näher / Martin Abel Bd.3
Löffler, Rainer

Der Näher / Martin Abel Bd.3


sehr gut

Gummersbach. Fallanalytiker Martin Abel wurde von seinem Chef ins Bergische Land geschickt, um das Verschwinden von zwei schwangeren Frauen aufzuklären, obwohl ein Verbrechen in beiden Fällen eigentlich ausgeschlossen werden kann. Abel macht sich wenig begeistert ans Werk. Als jedoch in einem unterirdischen Hohlraum die Leichen einer Frau und eines Säuglings entdeckt werden, wird Martin Abel klar, dass in den Vermisstenfällen Eile geboten ist…

„Der Näher“ ist bereits der dritte Fall für Fallanalytiker Martin Abel, der Thriller ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Rainer Löffler schafft schon mit den ersten Seiten eine packende Atmosphäre. Ruckzuck ist man mittendrin im Geschehen, geht mit Martin Abel und seinen Kollegen von der Gummersbacher Polizei auf Verbrecherjagd und kann dabei ganz intensiv den Druck spüren, dem die Ermittler ausgesetzt sind.

Der gesamte Handlungsverlauf ist sehr gut durchdacht und ausgefeilt – die Geschehnisse entwickeln schnell einen Sog, dem man sich als Leser kaum entziehen kann. Man wird mitgerissen von einem Strudel aus gegenwärtigen und vergangenen Ereignissen und kann dabei bestens über Hintergründe und Zusammenhänge mitgrübeln und miträtseln.

Rainer Löffler schickt einmal mehr eine kranke Seele ins Rennen, deren extreme Neigungen sogar einem erfahrenen Ermittler wie Martin Abel fast aus der Bahn werfen. Man muss sich als Leser auf einen Blick in menschliche Abgründe gefasst machen – ein Thriller, der absolut nichts für schwache Nerven ist.

„Der Näher“ bietet für die Fans harter Thrillerkost kurzweilige Unterhaltung – für mich hätte die grausame Vorgehensweise des Täters nicht in dieser Ausführlichkeit und Intensität beschrieben werden müssen.

Bewertung vom 06.06.2017
Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
Bell, Darcey

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor


gut

Die junge Witwe Stephanie lebt mit ihrem 5-jährigen Sohn Miles in einem kleinen Ort unweit von New York. Die leidenschaftliche Mom-Bloggerin ist nicht nur fürsorgliche Mutter, sondern auch zuverlässige Freundin. Als die berufstätige Emily sie bittet, ihren Sohn Nicky nach der Schule mit zu sich nach Hause zu nehmen, tut Stephanie ihrer Freundin gerne diesen kleinen Gefallen. Doch Emily holt Nicky am Abend nicht ab - die PR-Managerin ist plötzlich spurlos verschwunden…

In „Nur ein kleiner Gefallen“ wartet Darcey Bell mit einer Geschichte auf, die fesselnd und mitreißend hätte sein können, wenn es der Autorin denn gelungen wäre, aus ihrer großartigen Buchidee einen spannend erzählten Thriller zu machen.

Darcey Bell beginnt mit einem sehr kurzen, aber dennoch neugierig machenden Prolog – es geht um Geheimnisse und darum, dass man niemandem vertrauen soll, nicht einmal sich selbst. Klingt eigentlich ganz spannend. Im Folgenden passiert dann aber recht wenig. Man lernt Stephanie kennen und erfährt vieles aus ihrem Leben und über ihre gegenwärtige Situation. Stephanie hat zwei Gesichter. Sie stellt sich selbst in ihrem Blog als perfekte Hausfrau und Mutter dar, ist aber in Wirklichkeit nicht so vollkommen, wie sie gerne sein möchte. Sie verdreht gern die Wahrheit und hat durchaus ihre Heimlichkeiten. Diese unterschiedliche Darstellung hat mich ständig auf ein dunkles Geheimnis lauern lassen, dass die ganze Geschichte aus den Angeln hebt – das bleibt aber aus.

Interessanter wird es dann, als die Perspektive wechselt und das Geschehen aus Emilys Sicht erzählt wird. Leider macht die Spannungskurve hier nur einen kleinen Hüpfer, denn es wird sehr früh klar, was eigentlich gespielt wird. Die Hintergründe zu Emilys Verschwinden und die darauffolgenden Ereignisse sind vorhersehbar und das Weiterlesen ist mir von Seite zu Seite schwerer gefallen. Auch das Ende konnte mich aufgrund fehlender Wendungen und Überraschungen nicht mehr überzeugen.

„Nur ein kleiner Gefallen“ kann meiner Meinung nach nicht mit ähnlichen Büchern aus dem Genre mithalten. Dazu fehlen der Geschichte zum Beispiel die raffinierten, boshaften Verstrickungen wie in „Gone Girl“ oder die immer dramatischer werdenden Ereignisse wie in „Girl on the Train“. Schade, leider nicht der Thriller, den ich erwartet hatte (2,5/5).

Bewertung vom 01.06.2017
Auf sanften Schwingen kommt der Tod
Avanzini, Lena

Auf sanften Schwingen kommt der Tod


ausgezeichnet

Leon Ritter, Journalist und Fast-Verlobter von Gruppeninspektorin Carla Bukowski, kuriert seinen Bandscheibenvorfall in einer Reha-Klinik aus. Der angebliche Selbstmord einer Mitpatientin lässt Leon hellhörig werden. Er wittert einen Skandal, stellt heimlich Nachforschungen an und deckt zwar Ungereimtheiten auf, kann aber keine wirklichen Beweise finden. Dennoch fühlt sich jemand ertappt und macht dem Schnüffler den Garaus…

„Auf sanften Schwingen kommt der Tod“ ist bereits der zweite Fall für Carla Bukowski – für mich war dieser Einsatz der erste, bei dem ich der sympathischen Ermittlerin des LKA Wien über die Schulter schauen durfte. Auch ohne Kenntnis des vorhergehenden Bandes war ich schnell mittendrin im Geschehen und hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl, mit allen Akteuren gut vertraut zu sein.

Lena Avanzini hat mir alles geboten, was für mich zu einem unterhaltsamen Krimi dazugehört: eine flüssig erzählte Geschichte, deren Spannungskurve durchgehend auf einem hohen Niveau bleibt und die mir durch offene Fragen und unerwartete Wendungen viel Platz zum Miträtseln und Mitgrübeln gegeben hat.

Die Figuren wirken echt und handeln glaubwürdig. Die Autorin erzählt den Krimi nicht nur aus Sicht der Ermittler, sondern präsentiert das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven, so dass man einen guten Einblick in die Ansichten und Beweggründe aller Akteure bekommt. Auch den Mörder lässt Lena Avanzini zu Wort kommen: mehrere Auszüge aus einen Tagebuch berichten von unterschiedlichen Kränkungen, die der Täter in seinem Leben erdulden musste und für die er sich nach und nach rächt.

Sehr gut gelungen ist auch die Mischung aus Ermittlungen und privaten Angelegenheiten der Ermittler - da Carla nicht nur Ermittlerin ist, sondern auch die Lebensgefährtin eines Opfers, spielen ihre persönlichen Belange natürlich eine große Rolle und drängen sich entsprechend immer wieder in den Vordergrund.

„Auf sanften Schwingen kommt der Tod“ ist ein kurzweiliger Krimi, der mich mit seiner spannenden, abwechslungsreichen Handlung sehr gut unterhalten hat.