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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1368 Bewertungen
Bewertung vom 19.06.2021
Wohin der Fjordwind uns trägt
Horngacher, Melanie

Wohin der Fjordwind uns trägt


sehr gut

Wenn zwei Herzen sich finden...
Tischler Kristian reist mit Model-Freundin Solveig vom norwegischen Oslo auf die Lofoten zur Beerdigung ihrer Großmutter. Solveig fühlt sich dort überhaupt nicht wohl und will mit den Einheimischen so wenig wie möglich zu tun haben. Doch immer, wenn Kristian mehr herausfinden will, blockt sie ab. Als Solveig das Haus ihrer Großmutter erbt, engagiert sie Kristian für die Renovierungsarbeiten und reist ab. Kristian ist begeistert von der Landschaft der Lofoten, aber auch Finja, Solveigs ehemalige Freundin, hat es ihm angetan. Obwohl Finja sich geschworen hat, ihn nicht näher an sich herankommen zu lassen, verliebt sie sich immer mehr in ihn. Allerdings steht Kristians Beziehung zu Solveig zwischen ihnen, und auch Lasse, Finjas Ex-Freund, ist von Kristians Gegenwart nicht gerade begeistert. Werden sie die Chance auf ein gemeinsames Glück haben?
Melanie Horngacher hat mit „Wohin der Fjordwind uns trägt“ einen unterhaltsamen Sommerroman vorgelegt, der mit einem wunderschönen landschaftlichen Setting sowie einer sehr anrührenden Liebesgeschichte zu punkten weiß. Der flüssig-leichte, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil entführt den Leser schnell in die beeindruckende Landschaft der Lofoten, wo er durch abwechselnde Perspektivwechsel mal Kristian, mal Finja über die Schulter sieht und gleichzeitig in ihre Gedanken- und Gefühlswelt Einblick erhält. Schnell fühlt der Leser sich als Teil der Bewohnern des kleinen Ortes, erfährt von ihren Macken und zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander, aber auch von Gerüchten und diversen Zwistigkeiten. Finja und Solveign waren mal eng befreundet, bis beide Mädchen Solveigns Vater mit Finjas Mutter erwischten. Seitdem herrscht von Solveigs Seite her Eiszeit, denn sie hat die Lofoten fast fluchtartig verlassen und ist kaum jemals wieder dort gewesen. Als Leser ist man hin- und hergerissen, den Handlungen von Solveig Verständnis entgegen zu bringen, oder aber sie einmal kräftig durchzuschütteln, um ihr das arrogante und doch recht abfällige Benehmen aus dem Gesicht zu treiben. Und man stellt sich immer wieder die Frage, wie die Beziehung von Kristian und Solveig überhaupt zustande gekommen ist, denn den beiden fehlen völlig die Gemeinsamkeiten. Die Geschichte ist einerseits doch recht vorhersehbar, doch durch geschickt eingeflochtene Nebenhandlungen entsteht eine gewisse Spannung und lässt dem Leser die Seiten nur so durch die Finger sausen. Auch die schönen Landschaftsbeschreibungen fachen das Kopfkino an verbunden mit dem Wunsch, diese atemberaubende Gegend einmal selbst zu sehen.
Die Charaktere sind facettenreich und liebevoll in Szene gesetzt, überzeugen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften und nehmen den Leser schnell in ihre Mitte, so dass dieser alles aus erster Hand miterlebt. Kristian ist ein aufrichtiger und ehrlicher Mann, der noch seinen Platz im Leben sucht. Er ist fürsorglich und hilfsbereit, vor allem gegenüber Schwächeren. Solveig ist eine arrogante und gefühlskalte Person, was wohl auf ihre Vergangenheit zurückzuführen ist. Aber auch ihr Job als Model hat sie zu einer Frau gemacht, um die sich alles drehen muss. Finja denkt immer erst an andere, dabei vergisst sie sich selbst. Sie ist großmütig und großzügig, aber auch eine starke Persönlichkeit mit dem Herz am rechten Fleck. Lasse ist ein schmieriger Großkotz, den man nicht unterschätzen sollte. Ole ist eine einsame Seele mit Abwehrhaltung, um sich zu schützen. Aber auch Marit, Sten, Lotta und viele andere machen die Geschichte durchweg kurzweilig.
„Wohin der Fjordwind uns trägt“ ist ein kurzweiliges und gefühlvolles Lesevergnügen, dass den Leser mit Familiengeschichten, Liebe, Freundschaften und einigen Spannungsmomenten gut unterhält, während gleichzeitig die norwegische Landschaft vor dem inneren Auge vorbeizieht. Verdiente Empfehlung für eine Geschichte zum Mitfiebern!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2021
Wellenglanz und Inselträume (eBook, ePUB)
Jaeggi, Christine

Wellenglanz und Inselträume (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Zuerst wurde Mauritius geschaffen, dann das Paradies. Aber das Paradies war nur eine Kopie von Mauritius.“ (Mark Twain)
Die gebürtige Mauritianerin Aurélie ist schon seit Jahren im „Sunset Le Morne“-Hotel tätig und hofft insgeheim, dass sie mit ihrer Bewerbung als Vizedirektorin Erfolg haben wird. Doch leider hat sie bei der Beförderung kein Glück, dafür das Angebot, als Direktorin das ziemlich heruntergekommene Hotel „Petite Prince“ wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. Aurélie nimmt die gebotene Chance wahr, muss allerdings bald erkennen, dass die das dort angestellte Personal mit Service nicht viel am Hut hat und ihr zudem den ihrer Position gebotenen Respekt verweigert. Und der umtriebige englische Golflehrer Jasper macht es ihr auch nicht gerade leicht, der es schnell schafft, bei ihr Schmetterlinge im Bauch zu verursachen. Als sich eine trächtige Riesenschildkröte direkt neben dem Golfplatz einnistet, wird sie zum Schicksal von Aurélie und Jasper…
Christine Jaeggi hat mit „Wellenglanz und Inselträume“ einen sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Leser gedanklich nicht nur eine Fernreise spendiert, sondern auch mit einer romantischen Geschichte punkten kann. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil katapultiert den Leser auf die kreolische Insel Mauritius, wo er sich Luxushotel Sunset wiederfindet und dort auf Aurélie trifft, die in ihrem Beruf eine Berufung sieht, denn sie liebt es, die Gäste zu umsorgen und ihnen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Gerade deshalb ist ihr die Beförderung auch so wichtig. Doch dann kommt alles ganz anders und stellt sie vor eine viel größere Herausforderung! Eingefahrene Strukturen, wenig ambitioniertes, intrigantes und diebisches Personal sowie das abgewohnte Hotel Petite Prince benötigen all ihre Kräfte, wieder in die Gewinnzone zu kommen. Wer schon einmal in Mauritius war, kennt die wunderschönen Strände, Hotelanlagen und vor allem die herrlichen Sehenswürdigkeiten von Flora und Fauna, um sich wie im Paradies zu fühlen. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, dieses Hintergrundsetting lebendig zu gestalten und das Kopfkino beim Leser anspringen zu lassen. Zudem hat sie unvorhergesehene Wendungen in ihre Handlung einfließen lassen, die die Spannung in der Geschichte durchgängig halten können und den Leser regelrecht an das Buch ketten. Als Hauptprotagonistin eine Schildkröte namens Belle zu wählen, ist außergewöhnlich, hier aber sehr treffend gewählt.
Die Charaktere sind mit viel Liebe zum Detail ausgestaltet und mit ihren Ecken und Kanten glaubwürdig in Szene gesetzt. Der Leser fühlt sich sofort wohl in ihrer Mitte und nimmt regen Anteil an ihrem Schicksal. Aurélie ist eine fleißige, aber auch ehrgeizige Frau, die doppelt so viel leisten muss, um Erfolg zu haben. An Ideen mangelt es ihr nicht und da sie ihren Beruf liebt, spüren das auch die Gäste. Sie fühlt sich ihrer Mutter verpflichtet und möchte ihr irgendwann ein Haus kaufen. Jasper ist nicht nur attraktiv, sondern zieht die Frauen magisch an. Dabei hat er insgeheim mit einer unglücklichen Liebe sein Päckchen zu tragen. Vielleicht wirkt er deshalb manchmal etwas zynisch und arrogant, doch eigentlich ist er ein sympathischer Kerl. Riesenschildkröte Belle verursacht vor allem Aurélie einige Kopfschmerzen, bringt diese aber auch zur Ruhe und inneren Einkehr, um sich an der Natur und ihren Wundern zu erfreuen, vor allem aber, um mal in sich selbst hineinzuhören.
Mit ihrem neuen Roman „Wellenglanz und Inselträume“ kann Autorin Christine Jaeggi wieder auf ganzer Linie überzeugen. Neben einer sich anbahnenden Romanze erwartet den Leser eine Auszeit vom Alltag mit traumhafter Inselkulisse, die das Fernweh noch mehr glühen lassen. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der den Sommer in die heimischen vier Wände holt!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.06.2021
Zu Befehl, Frau Doktor!
Witemeyer, Karen

Zu Befehl, Frau Doktor!


ausgezeichnet

Eine Ärztin mit Herz und Verstand
1890 Texas. Nach einer blutrünstigen Schlacht am Wounded Knee Creek satteln vier befreundete Kavalleristen um, quittieren ihren Dienst und nutzen fortan als „Hangers Reiter“ ihre Fähigkeiten nur noch dazu, um die Welt vor Banditen und allem Unbill zu schützen. Als einer von ihnen bei einem Auftrag angeschossen wird, wird dieser von ihrem Anführer Matthew Hanger in die in Purgatory ansässige Arztpraxis gebracht. Schon bald macht Matthew große Augen, als er sich Dr. Josephine Burkett gegenüber sieht, denn er hatte eigentlich mit einem Mann gerechnet. Bald schon schwirrt ihm Dr. Jo ständig im Kopf herum und er genießt das Wortgeplänkel mit ihr regelrecht. Nachdem der Verletzte von seinen Wunden kuriert ist, müssen die vier Reiter Dr. Jo zu Hilfe eilen, deren Bruder von Banditen für die Erpressung von Lösegeld entführt. Schon bald befinden sich alle in großer Gefahr, denn die Banditen scheuen vor nichts zurück…
Karen Witemeyer hat mit „Zu Befehl, Frau Doktor!“ einen sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vor historischer Kulisse vorgelegt, der den Leser von Beginn an zu fesseln weiß. Der flüssige, bildhafte und mit reichlich Humor gewürzte Erzählstil beamt den Leser in den Wilden Westen Ende des 19. Jahrhunderts, wo er nicht nur alsbald Kommandant Matt Hanger mit seinen drei Kameraden kennenlernt, sondern vor allem die Ehre hat, in Dr. Josephine Burkett einer starken und unabhängigen Frau zu begegnen, die sich mit Hingabe um ihre Patienten kümmert und zusätzlich um die Anerkennung in ihrem Beruf kämpfen muss, weil sie eine Frau ist. Spritzige Wortgefechte zwischen Dr. Jo und Matt lassen schon bald die Funken zum Leser überspringen, während die beiden ganz langsam ihre Gefühle füreinander entdecken. Die Autorin ist bekannt dafür, ihre Rollen mit starken und selbstsicheren Frauen zu besetzen, während sie gleichzeitig unterschwellig darauf hinweist, wie hart diese um ihre jeweilige Position kämpfen und sich durchsetzen müssen, weil sie sich in einer von Männern dominierten Welt bewegen. Bildhafte Kampfszenen lassen das Kopfkino ebenso anspringen wie die Verarztung des verletzten Wallace. Die sich entfaltende Liebesgeschichte wird fein dosiert mit der Handlung verwebt und spiegelt nebenbei die damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten wieder. Auch der christliche Aspekt wurde mit der Geschichte verbunden, denn Werte wie Vertrauen in Gott, Nächstenliebe sowie Vergebung werden hier hervorgehoben.
Die Charaktere sind sehr lebendig in Szene gesetzt und überzeugen durch ihre glaubwürdigen Ecken und Kanten, die sie dem Leser schnell ans Herz wachsen lassen. Dieser folgt ihnen gern, um an ihrer Seite ein Abenteuer zu erleben und mit ihnen zu fiebern. Josephine Burkett ist eine selbstbewusste und patente Frau, die nicht nur mit ihren Fähigkeiten als Ärztin punktet, sondern auch ein schlagfertiges Mundwerk besitzt, das sie wie eine Waffe einzusetzen weiß. Matthew Hanger ist ein pflichtbewusster und verantwortungsvoller Mann, der neben Selbstsicherheit auch Fürsorge ausstrahlt. Auch er trägt das Herz auf der Zunge und ist um keine Antwort verlegen. Wallace ist ein Charmebolzen, der gern flirtet und das Leben aufgrund seines jungen Alters etwas leichter sieht. Jos Bruder Charlie ist ein selbstsüchtiger Taugenichts, der durch seine Taten andere immer wieder in Gefahr bringt. Aber auch die anderen Protagonisten tragen ihren Anteil an dieser spannenden und abwechslungsreichen Geschichte.
„Zu Befehl, Frau Doktor!“ ist eine sehr gelungene Mischung aus historischem Abenteuer- und Liebesroman, der den Leser von der ersten Seite an gefangen hält und dabei ein wunderbares Kopfkino in Gang bringt. Ein spannender Pageturner, der eine absolute Leseempfehlung verdient hat!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.06.2021
Unser Sommerblau für immer
Sonntag, Sabrina

Unser Sommerblau für immer


gut

Einfach mal Blaumachen
Ein sehr kompromittierendes Foto ihres Verlobten Matthias wird Sophie genau einen Tag vor der Hochzeit in die Hände gespielt und bringt ihre Gefühle so sehr in Aufruhr, dass sie kurzerhand Reißaus nimmt und sich auf die Insel Spiekeroog absetzt. Abstand ist jetzt das einzig richtige, denn Sophie muss sich erst einmal neu sortieren, aber ob ausgerechnet Spiekeroog dafür der ideale Ort ist? Schließlich hat sie Matthias dort einst kennen- und lieben gelernt…
Sabrina Sonntag hat mit „Unser Sommerblau für immer“ einen leichten Sommerroman mit Inselsetting an der Nordsee vorgelegt, der sich kurzweilig im Urlaub am Strand lesen lässt, aber auch dann etwas Urlaubsfeeling versprüht, wenn man auf der heimischen Couch liegt. Der locker-flüssige Erzählstil lässt den Leser schnell an Sophies Seite schlüpfen, erlebt ihr Entsetzen und ihre Flucht auf die Insel hautnah mit. Ihre Erinnerungen an die erste Zeit mit Matthias auf Spiekeroog, seine kleinen warmherzigen Liebesbotschaften und das Anwachsen ihrer innigen Zuneigung zueinander sind gefühlvoll beschrieben und geben einen Blick auf ein Paar, das sich anscheinend gesucht und gefunden hat. Die anonyme Zustellung des Störobjektes genau einen Tag vor der Hochzeit wirkt nicht nur berechnend, sondern geradezu böswillig, da es anscheinend jemandem gehörig gegen den Strich geht, dass die beiden glücklich sind. Solch ein Foto kann schon das Gefühlsleben in Wallung bringen, jedoch fehlt Sophie das nötige Vertrauen, sich erst einmal mit Matthias auseinanderzusetzen und die Dinge zu hinterfragen. Lieber wirft sie alles über Bord, was sie sich gemeinsam aufgebaut haben und schenkt jemandem Glauben, der sich auch noch anonym an sie wendet. Die Geschichte ist unterhaltsam, wenn auch mit künstlich erzeugtem Drama recht vorhersehbar und an einigen Stellen sehr fragwürdig, zudem mangelt es ihr an Spannungsmomenten, was die Autorin mit lebendigen Landschaftsbeschreibungen auszugleichen versucht.
Die Charaktere sind gut ausgestaltet und liebevoll in Szene gesetzt, mit ihren glaubwürdigen Eigenheiten wirken sie auf den Leser überzeugend, der sich prompt an ihre Fersen heftet, um deren Schicksal mitzuverfolgen. Sophie ist für ihr Alter noch sehr naiv und unbedarft, wenn auch mit freundlichem Wesen ausgestattet. Ihr kann man leider alles vormachen, sie würde es für bare Münze nehmen, anstatt ein gesundes Misstrauen an den Tag zu legen und den Dingen erst einmal auf den Grund zu gehen. Matthias ist eher unscheinbar und viel zu weich gespült, anstatt mal wie ein Kerl aufzutreten. Tom ist da ein ganz anderes Kaliber, als Egomane manipuliert er gern und lässt alle nach seiner Pfeife tanzen. Der Sympathieträger ist einzig der kleine Felix, der viel erwachsener wirkt alle anderen und dabei trotzdem liebenswert bleibt.
„Unser Sommerblau für immer“ ist unterhaltsame leichte Strandlektüre ohne großen Anspruch, die nicht lange im Gedächtnis haften bleibt. Für‘s Blaumachen zwischendurch reicht‘s.

7 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2021
Jedes Jahr im Juni
Louis, Lia

Jedes Jahr im Juni


schlecht

Ein kompletter Totalausfall
Seit Lucas ihren Luftballon gefunden und ihr eine Mail geschrieben hat, ist er der wichtigste Mensch in Emmies Leben. 16 Jahre kennen sie sich nun schon, haben viel miteinander erlebt und teilen sogar ihren Geburtstag. Seit einigen Jahren ist Emmie sicher, dass Lucas ihre große Liebe ist. Doch bei einem gemeinsamen Essen in ihrem Lieblingsrestaurant, das jedes Jahr am selben Ort stattfindet, eröffnet ihr Lucas, dass er seine Ex-Freundin heiraten wird und bittet Emmie, seine Trauzeugin zu sein. Für Emmie bricht eine Welt zusammen, hat sie sich so böse getäuscht?
Lia Louis hat mit „Jedes Jahr im Juni“ einen Liebesroman vorgelegt, der eigentlich unterhalten und den Leser zum Träumen bringen soll. Doch schon der einschläfernd wirkende Erzählstil, der mit langatmigen Verschachtelungen daherkommt, nötigt dem Leser einiges an Geduld ab. Es dauert gefühlte Ewigkeiten, bis man in der Handlung gelandet ist. Aus Emmies Sicht in der Ich-Form geschrieben, kommt die Autorin vom Hölzchen aufs Stöckchen, springt vorwärts und rückwärts ohne große Kennzeichnung oder Vorwarnung, und lässt ihre Protagonistin sich kapitelweise in Selbstmitleid suhlen, nachdem sie Lucas‘ Neuigkeiten von der bevorstehenden Hochzeit erfahren hat. Der stetige Fluss von immer wieder neu auftauchenden Charakteren, die für die Handlung kaum von Belang waren, macht es dem Leser noch schwerer, sich rein auf die wichtigsten Protagonisten zu konzentrieren. Leider bessert sich der Schreibstil auch nach mehr als 150 Seiten nicht, alles plätschert elendig vor sich, so dass man froh ist, das Buch mal aus der Hand zu legen. Die Geschichte ist dermaßen oberflächlich und öde, von Leichtigkeit, Romantik und Schmetterlingsgefühlen weit entfernt. Eher ist es tragisch, wenn man etwas über das recht traurige Leben von Emmie erfährt, da sind Depressionen schon fast vorprogrammiert. Aber auch das rettet die doch recht simpel gestrickte und nicht konsequent umgesetzte Handlung nicht, denn die Autorin schneidet auch noch einige Dinge an, die am Ende offen bleiben und nicht dazu beitragen, sich mit dem Buch irgendwie zu versöhnen. Ein Spannungslevel ist ebenfalls nicht zu erkennen, am Ende fragt man sich als Leser, was für eine Story man da eigentlich gelesen hat.
Die Charaktere sind 08/15 gestrickt, bleiben durchweg blass und unpersönlich, so dass der Leser keinen Draht zu ihnen bekommt. Emmie geht einem mit ihrem ständigen Selbstmitleid und ihrer Jammerei gehörig auf die Nerven. Man kann gar nicht glauben, dass sie bereits 30 ist, eher sieht man ein Kind vor sich, dass sich wie Rumpelstilzchen gebärdet und dem mal anständig der Kopf gewaschen gehört. Lucas wirkt eher wie eine Banderole, die ab und an mal durchs Bild hüpft. Tja und Elliot, der eigentlich sympathischste Typ innerhalb der ganzen Seiten hat mit seinen Frauen auch nicht den glücklichsten Griff, denn Freundin Ana ist eine Giftnatter der besonderen Art. Und dann gibt es da noch Lucas Eltern, Mr. Morgan, Marie etc., etc., etc.
„Jedes Jahr im Juni“ sollte eigentlich ein romantischer Liebesroman sein, der den Leser verzaubert und zum Träumen und Mitfiebern animiert. Geworden ist es ein langweiliger, oberflächlicher Roman ohne Tiefgang, ohne Gefühl und Herzflattern, ohne Spannung, den man wirklich nicht gelesen haben muss. Schade um die investierte Zeit. Gehört in die Kategorie „Ablage P“. Keine Empfehlung!

10 von 15 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2021
Die Frauen von New York - Glanz der Freiheit / Töchter Amerikas Bd.1
Carey, Ella

Die Frauen von New York - Glanz der Freiheit / Töchter Amerikas Bd.1


sehr gut

„Gib niemals auf, für das zu kämpfen, was du tun willst. Mit etwas, wo Leidenschaft und Inspiration ist, kann man nicht falsch liegen.“ (Ella Fitzgerald)
1942 New York. Die aus wohlhabendem Hause stammende Lily Rose hat sich gegenüber ihren Eltern durchgesetzt und arbeitet als Köchin im von Giorgio Conti geführtem Valentino’s, einem der angesehensten Restaurants der Stadt. Während ihre Mutter Victoria ständig versucht, Lily in eine Ehe mit Jugendfreund Nathaniel zu drängen, dessen Familie Geld, Einfluß und Macht besitzt, hat Lily ihren eigenen Kopf. Gerade, als sie sich in Chef de Cuisine Tom Morelli verliebt, wird dieser zum Kriegsdienst eingezogen und nach Europa geschickt, wo er schon bald als vermisst gilt. Während sie hoffnungsvoll darauf wartet, dass Tom noch am Leben ist, muss Lily als neu ernannte Chefköchin das Restaurant durch immer schlimmer werdende Lebensmittelrationierungen bringen, die sie und ihre Küchencrew allerdings auch in den Rezepten erfinderisch werden lassen. Als der Krieg beendet ist und die Soldaten zurückkehren, verlieren viele Frauen ihre Anstellung, um Platz für die Männer zu machen. Auch Lily ist davon betroffen…
Ella Carey hat mit „Glanz der Freiheit“ den ersten Band ihrer Reihe „Die Frauen von New York“ vorgelegt, der zu einer unterhaltsamen Zeitreise ins letzte Jahrhundert einlädt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil bringt den Leser schnell in die Küche des ehrwürdigen „Valentino’s“, wo er nicht nur die unterschiedlichsten Mitglieder der Küchenbrigade kennenlernt, sondern sich zudem schnell an die Fersen von Lily Rose hängt, die es liebt, zu backen, zu kochen, in Rezepten zu schwelgen und ihre Gerichte immer weiter zu verfeinern. Kochen und Backen sind für sie sowohl Leidenschaft als auch Therapie, denn während sie glücklich ist, Gäste zu verwöhnen, deprimiert sie das abgehobene Standesdenken ihrer Mutter Victoria. Das Verhältnis der beiden hat sich immer mehr verschlechtert, denn Victoria will jedem ihren Willen regelrecht aufzwingen, daher manipuliert und taktiert sie, wo sie nur kann. Da ist Lily der offene und oft rauhe Ton in der Küche lieber, dem sie etwas entgegensetzen kann. Die Autorin hat die Machtverhältnisse in dem Küchenrefugium ebenso gut in Szene gesetzt wie die innerhalb der Familie Rose. Die geschichtlichen Ereignisse besetzen nur den Hintergrund, Tatsache ist allerdings, dass die Frauen die Positionen ausfüllen müssen, die die zum Krieg eingezogenen Männer hinterlassen haben, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Als diese aus dem Krieg zurückkehrten, wurden die Frauen einfach entlassen, obwohl sie ihr Können hinreichend unter Beweis gestellt haben und auch so manches Geschäft vor dem Ruin bewahrten, wobei sie für ihre Arbeit auch noch weniger verdienten. Die eingeflochtene Liebesgeschichte läuft eher am Rande mit, vielmehr geht es um den Kampf der Frauen, während des Krieges nicht nur ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern auch ein Stück ihrer Unabhängigkeit.
Die Charaktere wurden liebevoll gestaltet und inszeniert, individuelle Eigenheiten lassen sie glaubhaft und authentisch wirken, so dass der Leser ihnen gerne folgt und mitfiebert. Lily besitzt ein offenes, freundliches, aber bestimmtes Wesen. Sie ist selbstbewusst, lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen und agiert mit diplomatischem Geschick. Großmutter Josie ist ihr eine große Stütze, während Mutter Victoria sie herumkommandieren und in die Ecke drängen will. Giorgio Conti ist ein respektabler Chef, seine Frau Vianne eine Frau mit Herz, Verstand, Weitblick und Geschäftssinn. Tom ist ein warmherziger Mann mit viel Familiensinn, seine Mutter Gia ist eine Seele von Mensch.
„Glanz der Freiheit“ spendiert eine Zeitreise nach New York mitten im Zweiten Weltkrieg, um dort mitzuerleben, wie Frauen sich während dieser Phase behaupten und ihren „Mann“ stehen müssen. Der Leser findet hier neben Familiengeschichte und Liebe auch Intrigen und etwas Drama. Kurzweilig erzählt und recht unterhaltsam, gib

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.06.2021
Sehnsucht in Aquamarin
Covi, Miriam

Sehnsucht in Aquamarin


ausgezeichnet

"Liebe ist nicht das was man erwartet zu bekommen, sondern das was man bereit ist zu geben." (Katharine Hepburn)
Die Schwestern Jette und Polly Reinhardt sind seit frühester Kindheit ohne Mutter Eve aufgewachsen, denn die hat Knall auf Fall ihre Sachen gepackt, ihre Kinder verlassen und ist nie zurückgekehrt. Als Jette nun bei einem Kollegen auf einem Foto das Konterfei ihrer Mutter entdeckt, gibt es für die beiden Schwestern kein Halten mehr. Sie buchen den nächsten Flieger in die USA, um sich dort in Bar Harbor auf die Suche nach Eve zu machen. Mit wenig Geld ist kein Hotel drin, deshalb wird im Acadia National Park gecampt, wo Eve arbeiten soll. Dort lernen sie den alleinerziehenden Ranger Liam kennenlernen, der schon bald nur noch Augen für Polly hat. Wird Polly, die aufgrund negativer Erfahrungen in der Vergangenheit nicht auf eine ernstere Geschichte einlassen möchte, ihr Herz für Liam öffnen? Und wie wird das erste Zusammentreffen mit Mutter Eve verlaufen, werden Jette und Polly endlich die wahren Gründe erfahren, warum Eve sie damals verlassen hat?
Miriam Covi hat mit „Sehnsucht in Aquamarin“ einen wunderschönen und berührenden Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur emotional durch eine Achterbahn der Gefühle schickt, sondern ihm auch die Schönheiten von Maine aufzeigt und ihm somit eine herrliche Auszeit vom Alltag schenkt. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort ins Leben der beiden Schwestern gleiten, wo er das Wesen dieser zwei so unterschiedlichen Frauen im Verlauf der Geschichte kennenlernt und so einige ihrer Handlungsweisen nachvollziehen kann. Vor allem Polly ist eine harte Nuss mit weichem Kern, die zu knacken sich wahrlich lohnt. Schon bald sitzt der Leser voller Neugier mit den beiden im Flieger in der Hoffnung, endlich Fragen aus der Vergangenheit klären zu können. Während die Autorin mit intensiven Bildern das Kopfkino des Leser ins Gang bringt, sind es gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen, die in dieser Geschichte das Zünglein an der Waage sind. Wunderbar webt Covi die entzweiten Familienbande langsam wieder ineinander, während sowohl Jette als auch Polly langsam ihren wahren Lebenshafen finden. War Jette vorher ein Hansdampf in allen Gassen und immer auf der Suche, so hat Polly sich mehr oder weniger isoliert, damit ihr niemand zu nahe kam. Doch die Suche nach ihrer Mutter sowie die gemeinsame Reise brechen nicht nur ihre jeweils errichteten Dämme langsam auf, sondern lassen sie erkennen, was ihnen in all den Jahren gefehlt hat und den Mut hervorbringen, sich dem endlich zu stellen. Als Leser geht man vor allem mit Polly durch Höhen und Tiefen, kann ihre Ängste nachvollziehen und möchte sie doch manchmal schütteln, damit sie endlich den Schritt nach vorne wagt.
Facettenreiche Charaktere sind lebendig und realistisch in Szene gesetzt, ihre glaubwürdigen Ecken und Kanten lassen sie dem Leser schnell ans Herz wachsen, der ihnen nur zu gerne auf Schritt und Tritt folgt und mitfiebert. Polly ist fast schon eine Einsiedlerin zu nennen, denn sie schottet sich ab, ist eher bürgerlich konservativ und manchmal ein wenig chaotisch. Innerlich wirkt sie oftmals unsicher und sehr verletzlich. Ihre ältere Schwester Jette ist fast schon übertrieben lebenslustig, sie handelt impulsiv, ist ständig auf der Jagd nach der großen Liebe. Liam ist ein liebevoller und fürsorglicher Vater, der selbst ein Päckchen zu tragen hat. Töchterchen Izzy wirkt für ihr Alter manchmal altklug und vorwitzig, doch erobert sie das Leserherz im Sturm, denn sie weiß genau, was sie will. Ebenso haben Eve, Owen und einige andere Protagonisten ihre denkwürdigen Auftritte in der Geschichte.
„Sehnsucht in Aquamarin“ überzeugt mit wunderbarem, bildhaftem Erzählstil, Familiengeschichte, Liebe, Dramatik sowie einem zauberhaften Setting auf ganzer Linie. Die Seiten rinnen bei diesem Pageturner nur so durch des Lesers Finger. Ein Roman zum Mitfiebern und Träumen. Absolute Leseempfehlung für eine herrlic

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.06.2021
Die Donauperle
Valentin, Andrea

Die Donauperle


sehr gut

"Eine Reise wird besser in Freunden als in Meilen gemessen." (Tim Cahill)
Schon als Kind war Susanne Mattner mit ihrem Großvater mit dem Schiff auf der Donau unterwegs, für sie gab es nichts Schöneres. Nun hat sie endlich ihr Kapitänspatent in der Tasche und das Kommando über das Ausflugskreuzfahrtschiff „Donauperle“. Bereits am ersten Tag muss Susanne feststellen, dass der 1. Offizier nicht gerade begeistert ist, dass ihm eine Frau vor die Nase gesetzt wurde und er bei der Beförderung übergangen wurde. Dafür freuen sich Hotelmanager Christian sowie die Restaurantkräfte Melanie und Vanessa umso mehr über die neue Kapitänin. Während die Reise die Donau hinauf und hinab führt, immer wieder neue Passagiere an Bord weilen und die Streckenschönheiten nebst Besuchen in Wien, Budapest und der Wachau genießen, hat die Crew nicht nur mit dem Aufspüren eines Stalkers zu tun, sondern Susanne muss sich auch als Kapitänin beim Personal etablieren und ganz nebenbei erwischt sie auch noch Amors Pfeil gleich doppelt, was sie in die Bredouille bringt….
Andrea Valentin hat mit „Die Donauperle“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser zu einer Reise an Bord des Ausflugskreuzfahrtschiffes einlädt, um neben der herrlichen Strecke vom österreichischen Melk über Dürnstein, Krems, Tulln, Wien ins ungarische Budapest und zurück auch die zwischenmenschlichen Beziehungen unter den einzelnen Gästen sowie Bordmitarbeiten mitzuerleben. Kleine Ausflüge zu Susanne Familie gibt zudem einen guten Einblick in ihr familiäres Umfeld und ihre enge Bindung an Onkel, Tante und Schwester. Mit locker-flüssigem und gefühlvollem Erzählstil stellt die Autorin den Leser an Susannes Seite und dieser folgt ihr wie ein Schatten durch ihre erste Zeit als Flusskapitänin, während er gleichzeitig den Aufenthalt an Bord genießen darf. Auf dem schwimmenden Hotel geht es hoch her, denn nicht nur unter den Gästen ist einiges los, sondern auch beim Personal gibt es das eine oder andere Abenteuer mitzuerleben. Bildhafte Beschreibungen der Ausflugsziele geben dem Leser zudem das Gefühl, hautnah dabei zu sein und die zauberhafte Landschaft an sich vorbeiziehen zu sehen. Einige aufgeführte Sehenswürdigkeiten in Regensburg und Budapest wandern schnell zusätzlich auf die Reiseliste für zukünftige Besuche in den beiden Städten. Auch die sich anbahnenden Liebesgeschichten sowie die Jagd nach dem Stalker sind gut in der Geschichte integriert und wirken so glaubhaft und nachvollziehbar.
Die Charaktere sind liebevoll und realitätsnah in Szene gesetzt, sie wirken wie Menschen, denen man täglich begegnet, deren Probleme und Reaktionen authentisch sind, so dass der Leser sich schnell in ihrer Gesellschaft wohl fühlt und mitfiebert. Susanne ist eine patente und selbstbewusste Frau, die in ihrem Gefühlsleben etwas impulsiv ist, ansonsten aber gerecht und kompetent ihren Job macht. Christian ist ein Charmeur, freundlich, warmherzig, ehrlich und offen. Der 1. Offizier trägt eine Menge Ballast mit sich herum, dazu hegt er einen gewissen Groll, weil er bei der Beförderung übergangen wurde. Florian ist ein netter Kerl, der man oftmals schwer einordnen kann. Susannes Schwester Katrin ist eher von zurückhaltender Natur, doch auch sie findet endlich das große Glück. Melanie, Vanessa, Steffen und viele andere haben ebenso ihre Auftritte in dieser kurzweiligen Geschichte.
„Die Donauperle“ spendiert nicht nur einen Kurzurlaub auf einem schwimmenden Hotel, um die Schönheiten der Donaugegend zu entdecken, sondern unterhält zudem mit Familiengeschichte, Liebe und interessanten Geschichten von Bord. Genau die richtige Lektüre für alle, die eine Flusskreuzfahrt von Österreich nach Ungarn planen, denn es gibt schöne Geschichten um einige Ausflugspunkte gratis dazu. Verdiente Empfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.06.2021
Stürmische Zeiten / Palais Heiligendamm Bd.2
Grünig, Michaela

Stürmische Zeiten / Palais Heiligendamm Bd.2


ausgezeichnet

"Schwierige Zeiten lassen uns Entschlossenheit und innere Stärke entwickeln." (Dalai Lama)
1922. Die NSDAP ist auf dem Vormasch, während die Währungskrise Deutschland fest im Griff und auch das Palais Heiligendamm erfasst hat. Gerade erst hat das Hotel mit der Renovierung ein neues Gewand bekommen, da muss Elisabeth erneut die Ärmel hochkrempeln, um das schleppende Geschäft zum Laufen zu bringen. Als das Hotel als Hintergrundkulisse für einen Film dient, sieht es fast so aus, als würden die dunklen Wolken am geschäftlichen Horizont verschwinden und der Kampf ums Überleben Geschichte. Elisabeth ist Julius Falkenhayn schon allein durch die gemeinsame Tochter eng verbunden, aber zwischen den beiden kriselt es. Und Elisabeths Bruder Paul, der sich als Musiker einen Namen machen wollte, gerät durch eine verhängnisvolle Affäre mit einem ambitionierten Politiker in den Dunstkreis der NSDAP…
Michaela Grünig hat mit „Palais Heiligendamm-Stürmische Zeiten“ den zweiten Teil ihrer historischen „Palais Heiligendamm“-Reihe vorgelegt, der dem Auftakt an Spannung und Dramatik in Nichts nachsteht. Der flüssige, bildgewaltige und einnehmende Schreibstil lässt den Leser durch eine Zeitreise im Jahr 1922 landen, wo er im „Palais Heiligendamm“ eincheckt, sich häuslich einnistet und sodann an die Fersen von Elisabeth heftet, um ihr Treiben hautnah mitverfolgen zu können. Durch die akribische Recherche der Autorin wird dem Leser gleichzeitig die politische und gesellschaftliche Lage in Deutschland sehr nahe gebracht. Über den Zeitraum von 11 Jahren erfährt der Leser nicht nur von den horrenden Reparationskosten des Ersten Weltkrieges, unter denen das Land ächzt, sondern darf die Golden Zwenties ebenso miterleben wie die Geldentwertung oder die immer mächtiger werdende NSDAP mimt ihrem menschenverachtenden Judenhass. Während der Leser durch Zeit und Raum gleitet, erlebt er Elisabeths berufliche Sorgen und ihren Kampf gegen den Untergang, Pauls Scheinehe und seine Gefühle für einen NSDAP-Anhänger, die ihn Kopf und Kragen kosten können. Grünig lässt den Leser tief eintauchen in das Leben ihrer Protagonisten und vermittelt nicht nur das Bild der Privilegierten, sondern gibt auch einen spannenden Einblick in die unteren sozialen Schichten. Gerade diese gelungene Mixtur lässt den Leser an den Seiten kleben und während der Lektüre ein wahres Kopfkino vor dem inneren Auge abläuft. Die zwischenmenschlichen Beziehungen und die unterschiedlich geknüpften Bande verheißen nicht nur einige Dramen, sondern türmen durch die sich immer mehr verändernde politische Lage dunkle Wolken am Horizont auf, die nicht nur den Leser, sondern auch die Protagonisten durch ein Wechselbad der Gefühle laufen lassen.
Die Charaktere wurden glaubhaft und facettenreich weiterentwickelt, so dass sie den Leser sofort wieder in ihre Mitte nehmen, der regen Anteil an ihren Aktivitäten nimmt. Elisabeth ist zu einer starken, klugen und verantwortungsvollen Geschäftsfrau herangereift, die dazu noch einiges an Empathie und Fürsorge mit in die Waagschale wirft. Nur mit dem persönlichen Glück will es noch nicht so ganz klappen. Julius ist ein Mann mit Prinzipien und Anstand, der Elisabeth in ihrem Tun unterstützt. Paul ist neben seiner Neigung, die er zu verbergen sucht, viel zu gutmütig und will es jedem recht machen, dabei geht er selbst fast unter. Minna kommt zurück ins Palais und hofft auf ein Leben mit Albert. Aber auch Protagonisten wie Johanna, Samuel, Margot, Helene oder Luise haben ihre Auftritte in dieser abwechslungsreich gestalteten Geschichte.
„Palais Heiligendamm-Stürmische Zeiten“ schlägt den Leser mit einer tollen Mischung aus bildhaftem Erzählstil, unterhaltsamer Familiengeschichte, Liebe, Dramatik sowie einem akribisch recherchiertem historischen Hintergrund sofort in seinen Bann. Die Seiten rinnen dem Leser regelrecht durch die Finger. Eine Geschichte, die süchtig macht. Absolute Leseempfehlung!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.06.2021
Das Leben, das wir beinah hatten
Henley, Amelia

Das Leben, das wir beinah hatten


sehr gut

Liebe und Leid liegen nah beieinander
Anna ist totunglücklich, doch als der zurückhaltende Adam ihr das Leben rettet und sie aus den Fluten in Sicherheit bringt, scheint sich das Blatt nicht nur für Anna zu wenden. Die beiden verlieben sich und verbringen nach einem wunderbaren Urlaub auch weiterhin gemeinsam ihr Leben miteinander. Doch während die Jahre ins Land gehen, legt sich der Staub auf ihre Liebe und lässt den täglichen Einheitstrott sowie die Sorgen und Nöte in die Beziehung, die Anna und Adam immer mehr entfremden. Werden die beiden doch noch die Kurve kriegen und ihre Liebe erhalten können?
Amelia Henley hat mit „Das Leben, das wir beinah hatten“ einen einfühlsamen Roman vorgelegt, der erst einmal im Kleid eines Liebesromans erscheint, um dann doch viel tiefgründiger zu werden. Der flüssige und gefühlsbetonte Erzählstil lässt den Leser die Schicksalsbegegnung zwischen Anna und Adam miterleben, aus der eine große Liebe entsteht. Doch wie auch im normalen Leben bestimmen bald Probleme und Konflikte den Alltag, lassen die Beziehung in den Hintergrund treten und aus der gewachsenen Einheit langsam zwei Einzelkämpfer werden. Über wechselnde Perspektiven lässt die Autorin den Leser mal an die Seite von Anna, mal an die von Adam gleiten, um die jeweilige Sichtweise kennenzulernen und so zu erkennen, dass sie manches gleich empfinden, aber manches auch differenzierter sehen. Oftmals möchte man einschreiten und beide in einen fensterlosen Raum sperren, damit sie sich einander anvertrauen und offen miteinander sprechen, vor allem aber, damit sie erkennen, dass sie mit ihrem Gegenstück schon ein großes Geschenk besitzen, das gehegt und gepflegt werden will und nicht etwas anderem zum Opfer fallen sollte. Die Autorin hat ein gutes Gespür, die zwischenmenschlichen Beziehungen und Emotionen buchstäblich auf Papier zu bannen, mit denen sich auch der Leser identifizieren kann und Teil der Geschichte wird, obwohl er nur als stiller Beobachter fungiert.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt. Sie besitzen glaubhafte Ecken und Kanten, die es leicht machen, ihnen als Leser zu folgen und mit ihnen zu hoffen, zu bangen und zu fiebern. Anna ist eine sympathische Frau, die in einer für sie tragischen Zeit zufällig auf Adam trifft und in ihm ihr Gegenstück findet, das ihr wieder Lebensmut und Zuversicht vermittelt. Adam ist ein zurückhaltender und ruhiger Mann, der Anna genau zur rechten Zeit findet, um seinem Leben Farbe zu verleihen. Mit einer wahren Achterbahn der Gefühle darf man als Leser beiden Protagonisten sehr nah kommen und praktisch in ihre Seele schauen, während sie Probleme wälzen, die auch im realen Leben bei vielen Menschen an der Tagesordnung sind.
„Das Leben, das wir beinahe hatten“ ist eine durchweg emotionale Geschichte über große Gefühle, Verlust, Hoffnungslosigkeit und vor allem über die Liebe. Achtung – Taschentuchalarm!!! Verdiente Leseempfehlung!

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