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Lilli33
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 499 Bewertungen
Bewertung vom 23.07.2017
The Hate U Give
Thomas, Angie

The Hate U Give


ausgezeichnet

Schockierende Ereignisse fesselnd erzählt

Inhalt:
Die sechzehnjährige Starr lebt mit ihrer Familie in einem armen Schwarzenviertel. Als ihr Freund Khalil vor ihren Augen von einem Polizisten erschossen wird, bricht Starrs Welt zusammen. Um Gerechtigkeit für Khalil zu fordern, müsste Starr gegen den Polizisten aussagen, ebenso gegen einen Drogenboss und Ganganführer. Ihr Leben und das ihrer Familienangehörigen wäre in Gefahr. Wird Starr das Richtige tun?

Zitat:
„Manchmal machst du alles richtig, und es geht trotzdem alles schief. Entscheidend ist, dass du dennoch nie aufhörst, das Richtige zu tun.“ (S. 180)

Meine Meinung:
„Leider“ wirkt dieser Roman nur allzu realistisch. Dass ein schwarzer Jugendlicher von einem weißen Polizisten erschossen wird, kommt in den USA viel zu oft vor. Und meist kommt der Polizist ungeschoren davon. Dass es diese Missstände und Ungerechtigkeiten gibt, darf man nie vergessen und sollte sich immer wieder dafür einsetzen, dass sich das ändert. Aus diesem Grund sind Bücher wie „The Hate U Give“ so wichtig. Doch nicht nur in den USA gibt es Rassismus, sondern auch bei uns in Deutschland und in ganz Europa. Diese Geschichte betrifft uns insofern alle.

Mir fiel es sehr leicht, mich auf die Protagonistin Starr einzulassen. Sie ein sehr sympathischer junger Mensch, der den Spagat zwischen dem schwarzen Ghetto und der weißen Privatschule probiert. Dabei versucht sie, beide Welten strikt getrennt zu halten, um am Ende nicht allein und einsam dazustehen. Sowohl in ihrem Wohnviertel Garden Heights als auch in der Schule hat Starr Freunde, die sie nicht verlieren möchte, die mit der jeweils anderen Seite aber nichts anfangen können und wollen. Rassismus herrscht auf beiden Seiten. Doch durch Khalils Tod gerät Starr zwischen die Fronten.

Dadurch dass Starr in der Ich-Form und im Präsens erzählt, ist man hautnah an der Protagonistin dran und quasi auch live dabei. So erfährt man ihre Gedanken und Gefühle aus erster Hand und kann sich wirklich leicht in sie hineinversetzen. Man empfindet mir ihr Angst, Trauer, Selbstzweifel, aber auch Geborgenheit, Liebe und Glück. Mich hat dieser Roman sehr stark berührt. Die Handlung ist sehr abwechslungsreich; immer ist etwas los. Oft ist es die alltägliche Gewalt durch Straßengangs oder auch die Cops, der die Ghettobewohner ausgesetzt sind, aber es gibt auch sehr viele schöne Momente mit den Freunden oder mit der Familie und der Nachbarschaft.

Die Charaktere empfand ich als sehr plastisch. Ich hatte von jeder Person ein genaues Bild im Kopf und das Gefühl, als würde ich sie schon sehr lange und wirklich gut kennen. Nicht nur die Figuren, sondern auch die Umgebung wirken sehr authentisch. Bei meinen literarischen Streifzügen durch die Straßen von Garden Heights bekam ich immer wieder Beklemmungen. An jeder Ecke könnte Gefahr lauern. Nicht auszudenken, dass das für viele Menschen tatsächlich die Realität ist!

Auch der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er ist locker zu lesen und durch die vielen Dialoge sehr lebendig. Es werden einige Slang-Begriffe verwendet, die im Anhang in einem Glossar erläutert sind. Man kann hier ruhig vor der Lektüre schon mal reinschauen, es wird nicht gespoilert. Oder man lässt es ganz und liest mit Mut zur winzigen Lücke, was dem Lesevergnügen keinen Abbruch tut. Das Wichtigste davon wird auch im Roman kurz erklärt.

„The Hate U Give“ ist der Debütroman von Angie Thomas und meines Erachtens zu Recht auf der Bestsellerliste der New York Times gelandet. Ich bin schon auf weitere Werke dieser Autorin gespannt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.07.2017
Die unglaublichen Abenteuer der besten Piraten der Welt / Die Unsinkbaren Drei Bd.1
Nünnerich, Wilhelm

Die unglaublichen Abenteuer der besten Piraten der Welt / Die Unsinkbaren Drei Bd.1


sehr gut

Eine humorvolle Piratengeschichte um ein seltsames Trio

Inhalt:
Kapitän Flitschauge hat bei einer Meuterei seine gesamte Mannschaft „verloren“ (man könnte auch sagen, er hat sie über Bord gehen lassen). Da kommen ihm zwei schiffbrüchige Piraten, die er aus dem Meer fischt, ganz recht. Zu dritt schmiedet das ungleiche Trio Kaperpläne und macht sich auf Schatzsuche.

Meine Meinung:
Wilhelm Nünnerich dürfte vielen ein Begriff sein. Er schrieb für die Sendung mit der Maus und andere Fernseh- und Radiomagazine. Seit fast 25 Jahren laufen seine Hörspielfolgen über „Die unsinkbaren Drei“ mehrmals wöchentlich im WDR-Kinderradio und im BR.

Thomas Dähne hat dieses Kinderbuch illustriert – wie ich meine, sehr ansprechend. Die Bilder sind zum Teil ganzseitig, zum Teil aber auch kleiner und passen immer gut zu dem, was gerade erzählt wird.

Die Geschichte der drei Piraten wird sehr humorvoll und immer mit einem Augenzwinkern erzählt. Dabei kommt natürlich auch eine kleine Message nicht zu kurz. Zum Beispiel sind Gräte und Bumskopp anfangs verfeindet, lernen aber im Lauf der Zeit, miteinander auszukommen und sogar gut zusammenzuarbeiten. Auch wird klar, dass man nicht immer ausgetretene Pfade gehen muss, sondern dass man auch mit ungewöhnlichen Ideen zum Ziel kommen kann.

Ich fand die Geschichte zwar nicht berauschend, aber doch ganz lesenswert. Und die kleinen Leser werden sicher ihre Freude daran haben, vor allem bei der Szene, als die Piraten eine Flaute mittels einer „Pupssuppe“ überwinden. Empfohlen wird das Buch ab 6 Jahren zum Vor- und Selberlesen, wobei ich denke, dass die Kinder schon recht gut lesen können sollten, da doch einige schwierige Wörter vorkommen, wie zum Beispiel „Takelage“ oder auch Wortschöpfungen wie „fettfisselig“. Gerade die seemännischen Ausdrücke sind mit einem Sternchen versehen und hinten im Glossar erklärt, was natürlich den Lesefluss ein wenig ausbremst. Als nette Zugabe ist hinten im Buch noch eine CD mit wilden Piratenliedern eingeklebt.

Bewertung vom 23.06.2017
Ewig dein / Deathline Bd.1
Clark, Janet

Ewig dein / Deathline Bd.1


sehr gut

Mystery – Romance – Thrill

Inhalt:
Die 16-jährige Josie lebt mit ihrem Bruder und ihrem Vater auf einer Ranch nahe dem Städtchen Angels Keep. Dort kümmert sie sich um die Pferde und um die Feriengäste. Außerdem hilft sie ihrer Freundin in deren Laden. Als dort mysteriöse Dinge geschehen, muss der Laden geschlossen werden. Auch an anderen Orten passieren unheimliche Dinge, und schließlich ist auch die Ranch kein sicherer Ort mehr. Dass Josie sich in den Yowama-Indianer Ray verliebt, bringt sie in große Gefahr.

Meine Meinung:
Mir gefiel das Setting in diesem Roman sehr gut. Durch die Beschreibungen hatte ich eine detaillierte Vorstellung von dem Städtchen und der Ranch. Josie und Ray können gut mit Pferden, was sie mir auf Anhieb sympathisch machte, denn auch ich mag Pferde sehr.

Josie kommt dem Leser als Ich-Erzählerin sehr nahe. Man erfährt ihre Gedanken, ihre Ängste und ihre Hoffnungen hautnah. Trotzdem blieb es für mich unerklärlich, wie sie sich so plötzlich in Ray verlieben konnte. Diese Liebe auf den ersten Blick war für mich nicht ganz nachzuvollziehen. Hier hat es Janet Clark leider nicht geschafft, die Gefühle zu mir zu transportieren.

Während Josies Charakter eine gewisse Tiefe hat, bleibt Ray leider eher farblos. Klar, er soll geheimnisvoll wirken, deshalb darf man nicht so viel über ihn erfahren. Aber das war für mich sicher mit ein Grund, warum ich die Liebesbeziehung zwischen Josie und ihm nicht verstehen konnte.

Ansonsten hat mir der Roman wirklich gut gefallen. Der Schreibstil ist fesselnd und gut zu lesen. Ich mag es auch ganz gerne, wenn es um übernatürliche Dinge geht. Die mysteriösen Vorfälle waren fast schon ein bisschen gruselig, wurden aber am Ende aufgeklärt. Ich fand es sehr spannend, herauszufinden, wie alles zusammenhängt und wer dahintersteckt.

„Ewig dein“ ist der Auftakt der Deathline-Reihe. Das Buch endet halboffen. Das Wichtigste ist geklärt, aber der Grundstein für die Weiterführung der Handlung ist bereits gelegt.

Bewertung vom 16.06.2017
Sieh nichts Böses / Kommissar Dühnfort Bd.8
Löhnig, Inge

Sieh nichts Böses / Kommissar Dühnfort Bd.8


ausgezeichnet

Ein Krimi-Highlight!

Inhalt:
Dühnfort und Gina haben gerade ihre Hochzeitsreise und eine Beerdigung hinter sich und freuen sich auf ihr erstes Kind, als Dühnfort auch schon wieder an den Fundort einer Leiche beordert wird. Das Opfer ist eine junge Frau, die wohl schon jahrelang auf einer Lichtung vergraben liegt. Rätsel gibt den Ermittlern eine kleine Figur auf, die bei der Toten liegt, ein Affe, der seinen Unterlieb bedeckt. Bald ergibt sich allerdings ein Zusammenhang mit einem anderen Fall. Und dann wird auch noch eine weitere Frau vermisst …

Meine Meinung:
Inge Löhnig hat es wieder einmal geschafft, mich restlos zu begeistern. Dieser 8. Fall der Kommissar Dühnfort-Reihe ist so clever gestrickt und absolut spannend. Da könnte sich mancher Thriller-Autor eine Scheibe abschneiden.

Wie so oft bei Löhnig gibt es viele Handlungsstränge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, doch am Ende gibt es natürlich eine Verknüpfung und alles fügt sich logisch ineinander. Durch kleine Cliffhanger am Kapitelende und die häufigen Perspektivwechsel wird die spannende Atmosphäre noch verstärkt.

Es gibt einige Verdächtige, zwischen denen man hin und her schwanken kann, aber meist ist man auf der falschen Spur. Das beherrscht die Autorin ganz gut.

Ein Großteil zum Gelingen dieses Romans tragen natürlich auch die sympathischen Protagonisten bei. Dühnfort und Gina sind einfach tolle Menschen und zeigen, dass sie auch mit Problemen umgehen können.

Auf der Seite der Bösen ist es das krasse Gegenteil. Hier werden Probleme mit roher Gewalt gelöst. Inge Löhnig mutet dem Leser hier einiges zu, denn die beschriebenen Abgründe der menschlichen Seele können einem schon zusetzen.

Der Kriminalfall ist in sich abgeschlossen. Daher kann dieser Band unabhängig von den anderen Bänden der Reihe gelesen werden. Die Protagonisten haben sich natürlich seit dem ersten Band entwickelt, sodass hier Vorkenntnisse schön wären, aber nicht unbedingt notwendig.

Die Reihe:
1. Der Sünde Sold
2. In weißer Stille
3. So unselig schön
4. Schuld währt ewig
5. Verflucht seist du
6. Deiner Seele Grab
7. Nun ruhet sanft
8. Sieh nichts Böses

Bewertung vom 29.05.2017
Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster
Pásztor, Susann

Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster


ausgezeichnet

Dieses Thema geht früher oder später jeden Menschen an

Inhalt:
Karla ist Anfang 60. Sie hat Bauchspeicheldrüsenkrebs und nur noch wenige Monate zu leben. Fred ist alleinerziehender Vater des 13-jährigen Phil. Er ist ehrenamtlicher Hospizmitarbeiter und arbeitet in seiner Freizeit als Sterbebegleiter. Sein erster Fall ist Karla, die bald auch einen Job für Phil hat. Nach anfänglichen Schwierigkeiten werden die drei zu einem tollen Team im Kampf um ein würdevolles Sterben.

Meine Meinung:
Susann Pásztors Roman über das Sterben ist zwar nicht besonders dick, aber trotzdem steckt eine ganze Menge drin. Die einzelnen Kapitel beleuchten die Perspektiven von Fred, Karla, Phil und einer weiteren Person, wobei Karlas Kapitel hauptsächlich aus kurzen Listen der verschiedensten Dinge bestehen.

Alle drei Protagonisten waren mir von Anfang an sehr sympathisch. Sie sind in ihrem Wesen so unterschiedlich, wie es fast nicht mehr geht. Und anscheinend ist es gerade das, was die Beziehung zwischen ihnen ausmacht und was sie am anderen bewundern. Durch den Umgang miteinander und mit der quasi ausweglosen Situation entwickeln sich die Figuren enorm weiter. Ich fand es absolut faszinierend, diese Entwicklungen zu beobachten. Vor allem Phil wird in wenigen Monaten so viel reifer.

Auch die zwei wichtigsten Nebenfiguren, Karlas Bekannte Rona und den Hausmeister Leo Klaffki mit seinem Hund Kottke, muss man einfach ins Herz schließen, allein schon wegen ihrer Namen. Sie alle tragen dazu bei, dass Karla in Würde sterben kann.

Auch wenn das Ende bereits feststeht, ist das Buch alles andere als vorhersehbar. Es kommt zwischendurch immer wieder zu Überraschungen. Und obwohl es hier um ein so ernstes und trauriges Thema geht, ist das Buch nicht nur traurig. Zwischendrin blitzt immer mal wieder ein Funken Humor durch die grundsätzlich melancholische Stimmung und lockert das Ganze etwas auf. Dies geschieht sehr natürlich und keineswegs pietätlos oder aufgesetzt. Diese Gratwanderung hat die Autorin hervorragend gemeistert.

Susann Pásztor arbeitet auch selbst wie Fred als ehrenamtliche Sterbebegleiterin. Es ist ihr sehr gut gelungen, ihre Erfahrung in diesen Roman einzubringen.

Fazit:
Ein bewegender Roman über das Sterben, aber auch über das Erwachsenwerden. Er regt dazu an, sich mit dem eigenen Leben und dem eigenen Tod auseinanderzusetzen und kann eventuell sogar Ängste nehmen.

Bewertung vom 28.05.2017
Sommernachtsfunkeln
Gurian, Beatrix

Sommernachtsfunkeln


sehr gut

Toller Schreibstil, schöne Geschichte

Inhalt:
Luke und Kati sind beste Freunde – bis Kati erkennt, dass sie weit mehr für Luke empfindet. Nach einem tragischen Unfall, seitdem sie mit einer entstellenden Narbe gezeichnet ist, bricht Kati die Verbindung zu Luke ab und geht als Au-pair nach Los Angeles. Hier in der Welt der Reichen und Schönen erfährt sie eine neue Liebe, doch man weiß ja: Es ist nicht alles Gold, was glänzt …

Meine Meinung:
Beatrix Gurian konnte mich von Anfang an mit ihrem fließenden, lebendigen Schreibstil begeistern. Man ist sofort an Katis Seite in die Handlung verstrickt und begleitet diese Siebzehnjährige gern durch die Wirren des Gefühlschaos. Einzelne Kapitel beleuchten auch Luke, sodass man auch seine Sicht kennenlernt. Beides zusammen ergibt schließlich ein rundes Bild des Geschehens.

Dabei spielt sich der Hauptteil in Los Angeles ab, wo Kati nach ihrem Vater suchen will, den sie nie kennengelernt hat. Dass sie die Bekanntschaft eines mysteriösen jungen Mannes macht, der ihr die Welt zu Füßen legt, ist für Kati der Wendepunkt in ihrem Leben. Endlich geht es nach diesem vermaledeiten Unfall wieder aufwärts und Kati ist glücklich. Immer mehr lässt sie sich auf ihr neues Leben ein, bis es fast zu spät ist.

Mir hat dieses Buch von Beatrix Gurian sehr gut gefallen. Ich habe es sehr gerne gelesen, obwohl ich vieles, was eigentlich eine Überraschung werden sollte, schon früh erahnen konnte. Dadurch hätte ich mir gerade am Schluss noch etwas Spektakuläreres und Überraschenderes gewünscht.

Fazit:
Eine tolle, fantasie- und gefühlvolle Geschichte um Freundschaft, Liebe und die wirklich wichtigen Dinge im Leben, gespickt mit einer Portion Mystik. Für junge Leserinnen ab ca. 12 Jahren sehr zu empfehlen.

Bewertung vom 05.05.2017
Die Taugenichtse
Selvon, Samuel

Die Taugenichtse


sehr gut

Absolut lesenswert

Unter dem Titel „The Lonely Londoners“ veröffentlichte Samuel Selvon diesen Roman bereits 1956 in England. Nun ist er erstmals auch auf Deutsch erschienen. Auch wenn mittlerweile etwa sechzig Jahre vergangen sind, ist der Text auch heute noch von aktueller Bedeutung.

Ab 1948 holt die britische Regierung billige Arbeitskräfte aus den karibischen Kolonien nach Großbritannien. Einer der Ersten, die in London Fuß fassen, ist Moses. Er fühlt sich verpflichtet, die Neuankömmlinge aus Trinidad, Jamaika, Barbados, Grenada oder Antigua unter seine Fittiche zu nehmen, ihnen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche zu helfen, sie auch mal bei sich in seinem schäbigen Zimmer wohnen zu lassen, wenn es anders nicht geht. Dabei fehlt es ihm selbst an allen Ecken und Enden. Obwohl er Nacht für Nacht in der Fabrik schuftet, kommt er auf keinen grünen Zweig. Längst hat er resigniert. Vom einstigen Optimismus bei seiner Ankunft in Waterloo Station ist nicht viel übrig geblieben. Doch Moses ist eine gute Seele, der Mittelpunkt der karibischen Gemeinschaft in Bayswater, London.

Als Gegensatz zu Moses lernen wir in „Die Taugenichtse“ aber auch andere Zuwanderer kennen, Galahad, Big City, Five past Twelve und wie sie alle heißen. Sie haben noch Hoffnung, dass sie etwas erreichen, dass sie ein weißes Mädchen heiraten oder dass sie als reicher Mann in die Heimat zurückkehren können. Mit allen möglichen Tricks halten sie sich über Wasser, suchen Arbeit, leben in den Tag hinein, genießen das Leben, streiten und vertragen sich wieder. Und wenn es darauf ankommt, halten sie zusammen.

Von den Weißen werden die sogenannten Mokkas abgelehnt, höchstens geduldet. Wie auch heute bei uns hat man Angst, dass die Fremden, die Dunkelhäutigen, den Einheimischen die Arbeitsplätze wegnehmen.

Sehr speziell ist die Sprache, die Samuel Selvon verwendet. Es ist eine Art Pidgeon, Umgangssprache, gebrochen, so wie man es sich eben vorstellt, dass diese Protagonisten sprechen. Allerdings sind nicht nur die Dialoge in dieser Sprache, sondern der gesamte Text. Dies erzeugt eine sehr authentische Atmosphäre, die einen gewissen Sog ausübt.

Der Roman gibt nicht nur Einblick in das Leben der „Neu-Londoner“ in den 1950er Jahren, sondern ein wenig auch in deren Kultur und Bräuche in der karibischen Heimat. Ich fand die Lektüre sehr interessant und habe einige der Protagonisten ins Herz geschlossen. Ich hätte mir lediglich noch mehr Tiefe und eine ausführlichere Erzählung gewünscht.