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CM94
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Bielefeld

Bewertungen

Insgesamt 884 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2023
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


sehr gut

Echte Geschichten über starke Frauen der Vergangenheit finde ich immer inspirierend und faszinierend vor dem Umstand der wenigen Möglichkeiten, die ihnen geboten wurden. Hedy Lamarr ist eine von ihnen und das Wissen um ihre Existenz hat meinen Geist bereichert, auch wenn ich mir von der Geschichte einen anderen Fokus erhofft hatte.

Zum Inhalt: Hedy ist Schauspielerin am Theater als sie vom Unternehmer Fritz Mandl entdeckt wird. Der Hersteller von Munition verfügt über weitreichende Kontakt und Einfluss, sodass sich Hedy seinem Werben nicht entziehen kann. Doch schon kurz nach der Hochzeit zeigt Fritz sein wahres Gesicht und Hedy muss alles an Kraft und Einfallsreichtum aufbieten, um zu überleben.

Der Klappentext beschreibt Hedy als Erfinderin und Entdeckerin- leider kommt das im Buch kaum rüber und wird auch erst ganz am Ende überhaupt aufgegriffen und auch dann bleibt sie in erster Linie Schauspielerin. Daran ist auch überhaupt nichts verwerflich, aber das Buch hat bei mir einfach eine völlig falsche Erwartungshaltung geweckt, die es dann nicht ganz erfüllen konnte.

Hedys Geschichte war trotz dessen sehr interessant und ihr Schicksal ergreifend, sodass ich schon mit der Protagonistin mitgefiebert habe. Vor allem ihre charakterliche Entwicklung hat mir sehr gefallen, sie wird vom Spielball zur Strippenzieherin, kämpft für ihre persönliche Freiheit und ihr Glück. Das macht das Buch wahnsinnig lesenswert und besonders bei ihren Fluchtversuchen habe ich gebangt, ob sie es wohl schaffen wird.

Generell ist das Buch toll geschrieben und baut an den richtigen Stellen Spannung auf. Auch die gesellschaftliche Betrachtung der Rolle der Frau in der Gesellschaft und auch in Hollywood ist gut gelungen.

Das Buch wirft schon die Frage auf, was hätte sein können, wenn man Hedy Lamarr Gehör geschenkt hätte und dass die Geschichte auf realen Begebenheit beruht, ist erstaunlich und erschreckend zugleich. Als Unterhaltungsroman nett zu lesen, ich könnte mir Hedys Geschichte auch gut verfilmt vorstellen. Als belletristische Biografie war das Buch für meine Geschmack nicht ausreichend um zu erfassen, was diese Frau geleistet hat, sodass ich mir weitere Bücher über Hedy Lamarr suchen werde.

Bewertung vom 31.05.2023
Unwesen
Lindqvist, John Ajvide

Unwesen


sehr gut

Ich hab mich ein bisschen durch die Worte »Schwedens Antwort auf Stephen King.« verleiten lassen. Beim Lesen dachte ich dann "achso, diese Art Stephen King". Denn was ich auch bei King immer wieder vergesse ist, dass ich seine Bücher ausschweifende und stellenweise geradezu verwirrend finde. In diesem Sinne stimme ich zu, liest sich wie Stephen King. Ich hab viel zu lange gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen, die, als die einmal Fahrt aufgenommen hatte, dann doch recht spannend wurde.

Zum Inhalt: In einem verschlafenen Küstenstädtchen in Nordschweden taucht ein herrenloser Frachtcontainer auf. Und obwohl er Gesprächsthema Nummer 1 ist, wird er nicht geöffnet. Als es dann doch passiert erschüttert nicht nur der Inhalt die Stadt, es hat auch den Anschein, als wäre etwas Böses ihm entflohen. Doch außer Siw und Max scheint niemand was zu merken, bis die Stimmung zu kippen droht.

Der Beginn des Buches zog sie für meinen Geschmack ziemlich in die Länge. Dadurch hatte man zwar als Leser Gelegenheit die umfangreich ausgearbeiteten Figuren gut kennenzulernen, aber für meinen Geschmack hätte da auch ein bisschen was gekürzt werden können, denn bis überhaupt so richtig Spannung aufkam, dauerte es mir einfach zu lange und ich wusste lange nicht, wo die Geschichte eigentlich hinwill.

Es fällt mir total schwer, das Buch in ein Genre einzuordnen, irgendwo zwischen Mystery/Horror, Gesellschaftskritik und Spannungsroman bewegt sich die Geschichte auf nicht unbedingt gradlinigen Bahnen, getragen von den Figuren selbst, die dafür aber auch sehr authentisch rüberkamen.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat mir die Geschichte im Verlauf dann auch gut gefallen, auch wenn der Vergleich mit Stephen King vllt. etwas großzügig ist. Besonders das Thema "Verlust der Menschlichkeit" ist gut rübergebracht worden und regt subtil zum nachdenken an. Das letzte Viertel war dann ungefähr, wie ich es vom gesamten Buch aufgrund des Klappentextes erwartet hätte. Von mir daher 3,5 Sterne

Bewertung vom 26.05.2023
Melodie der Träume / Das Theater am Park Bd.2
May, Valentina

Melodie der Träume / Das Theater am Park Bd.2


sehr gut

Ich mag historisch angehauchte Liebesromane, vor allem vor den Hintergrund des Krieges. Aus dem simples Grund, dass diese meisten ohne jegliche Art von übermäßigem Kitsch auskommen, weil die Menschen einfach andere Sorgen hatten. Ich liebe diese Art bodenständiger Liebesgeschichten, die mich an ein echtes Happy End glauben lassen, egal wie schwer die Zeiten sind. Und genauso ist dieses Buch.

Zum Inhalt: Violetta wäschst als Kind einer Theaterfamilie in Hannover aus. Nichts schöneres kann sie sich vorstellen, als am elterlichen Theater Karriere zu machen. Außer vielleicht es gemeinsam mit dem Komponisten Hans zu tun, der ihr Herz gestohlen hat. Doch dann kommt der Krieg und die beiden müssen flüchten- denn Hans ist jüdischer Abstammung.

Vorab einmal: die Geschichte wird aus zwei Perspektiven geschrieben, was ich prinzipiell immer gerne mag, weil man so näher an den Protagonisten dran ist. In diesem Fall spoilert es den Verlauf der Geschichte aber ein bisschen, was ich an sich nicht dramatisch finde, da Liebesromane ja meistens recht vorhersehbar sind. Trotzdem habe ich dadurch irgendwie immer mit dem "Knall" gerechnet, der ja dann auch kam.

Ich mochte diese Geschichte vor dem Hintergrund des Theaters und der Musik, denn diese kulturellen Themen haben eine schöne Rahmenhandlung abgegeben. Außerdem war es die Musik, die Violetta durch die dunklen Jahre trug und nie aufgeben ließ- sowas finde ich immer bemerkenswert und lese solche Geschichten immer total gern, bei denen Menschen in ihrer Leidenschaft vollkommen aufgehen. Auch Violette selbst hat mir als Protagonistin gut gefallen. Sie ist eine starke Frau, die sich ihren Weg bahnt und für sich einsteht, auch wenn das nicht immer leicht ist.

Das Buch eher eine tragische Liebesgeschichte, denn die Verbindung von Hans und Violetta steht unter keinen guten Stern. Ich mochte die Ausarbeitung der Charaktere, ihre Gegensätzlichkeiten und Wesenszüge. Wunderbar war auch Violettas Verhältnis zu ihren Eltern- in der ganzen Familie herrschte so viel Wärme und Liebe. Und auch nach ihrer Flucht nach England ist Violetta umgeben von Herzlichkeit und Güte, was keine Selbstverständlichkeit ist. Auf mich hat die Geschichte einen in sich stimmigen, authentischen Eindruck gemacht. Die Handlung war auf tragische Weise ergreifend und trotzdem irgendwie hoffnungsvoll, was ich sehr mochte.

Insgesamt eine schöne Geschichte, die ich gerne gelesen habe. Werde auch die anderen Bände lesen.

Bewertung vom 23.05.2023
Lied der Sterne / Das Musikhaus an der Alster Bd.1 (eBook, ePUB)
Dörr, Katja

Lied der Sterne / Das Musikhaus an der Alster Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Ich würde das Buch als historisch angehauchten Frauenroman bezeichnen, denn im Fokus steht ganz klar das Liebesleben der Protagonistin, die sich zwischen den Fängen der gesellschaftlichen Gepflogenheiten der damaligen Zeit und ihren eigenen Sehnsüchten wiederfindet.

Zum Inhalt: Das Leben von Theresa von Eiben wird auf den Kopf gestellt, als ihr Verlobter nicht von einer Dienstreise heimkehrt. Allein dem Willen ihres Bruders ausgeliefert, soll sie sich schon bald erneut verloben um ihre Stellung und den Reichtum der Familie zu sichern. Doch das Ableben von Jakob lässt ihr keine Ruhe. Als ein unerwartetes Paket aus Berlin seinen Weg zu Theresa findet, braucht diese kurzentschlossen auf, um die Wahrheit herauszufinden.

Zuerst mal: die Geschichte ist denkbar seicht und die Protagonistin fast unsäglich naiv in ihrer Denkweise. Das zeigt sich auch darin, dass sie in knapp 300 Seiten drei Verlobungen zu Stande bringt und ein Großteil ihrer Gedanken darum streift mit welchem der Männer sie wohl glücklich werden könnte/ geworden wäre und was sie sich schon anderes vom Leben erhoffen könne als verheiratet und Dame der Gesellschaft zu sein. Das ging mir ehrlich gesagt irgendwann gehörig gegen den Strich. Ja, die Protagonistin fasst irgendwann auch andere Träume ins Auge, aber der Wandel dorthin war mir einfach zu langwierig.

Der Fall um den Toten Jakob öffnete quasi die Tür die eine andere Liebesgeschichte. Die private Ermittlung um seinen Todesfall rückte immer wieder in den Hintergrund. Dabei war es dieser Handlungsstrang, der mich ursprünglich neugierig gemacht habe. Wie eine kleine Detektivgeschichte innerhalb eines Liebesromans.
Die Story, die letztendlich offenbart wird, war in meinen Augen schon reichlich abstrus und die Motive extrem banal.

Musik hat zwar letztendlich den Täter überführt, ansonsten spielte sie im gesamten Buch eigentlich keine Rolle. Das bereits auf dem Klappentext angeteaserte Musikhaus hatte am Ende nochmal seinen Auftritt, spielte aber innerhalb der Handlung absolut keine Rolle. Vermutlich wird es im Folgeband eher im Zentrum der Handlung stehen, aber ich hatte mir von diesem Buch einfach eine komplett andere Geschichte erwartet. So richtig hat mich das Buch einfach nicht abholen können.

Bewertung vom 23.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


sehr gut

TC Boyle hat diese besondere Art Geschichten zu erzählen und wandelt dabei immer auf dem schmalen Grad zwischen Wahrheit und fast schon sarkastischer Verzerrtheit. Er erschafft Szenarien, die sich an Skurrilität zu überbieten versuchen, schockt und amüsiert auf ganzer Linie. Und doch bleibt am Ende dieses kleine Zögern, ob er nicht recht behalten wird.

Zum Inhalt: In Kalifornien brennt das Land, während Florida unter Wassermassen versinkt. Und mittendrin eine Familie mit ihren alltäglichen Sorgen um Nachhaltigkeit und wie man in der heutigen Zeit überhaupt überleben soll. Als sich Tochter Cat eine Python als Haustier zulegt, scheint die Extravaganz komplett. Doch dann geschieht ein Unglück und die Familie fragt sich, wie viel ein Mensch ertragen kann.

Klimawandel ist ein hochaktuelles und interessantes Thema aus dem man viel herausholen kann. Boyle versetzt uns in eine fiktive Zukunft, die immer denkbarer erscheint. Naturkatastrophen, Insektensterben und ähnliches sind ja schon lange keine Einzelfälle mehr. Dementsprechend wirken die Szenarien trotz ihrer Überspitztheit durchaus realistisch.

Die Geschichte selbst und die verrückten Charaktere haben mir sehr gut gefallen, das ausschweifende Leben von Cat, die mit einer Onlinekarriere verbundenen Hoffnungen, der Tiefe Fall- das Buch deckt eine ganze Bandbreite an Emotionen und Tragödien ab. Einfach fantastisch wie Boyle mit seinen Figuren und dem Leser spielt. Aber auch der Rest der Familie weiß zu schockieren und zu verblüffen.

Eine Familiengeschichte mit einer ordentlichen Prise schwarzem Humor der den alltäglichen Wahnsinn auflockert und trotzdem zum Nachdenken anregt

Bewertung vom 23.05.2023
Sieben Männer später
Vine, Lucy

Sieben Männer später


sehr gut

Dieses Buch ist die klassische Romcom in der eine Frau völlig aus dem Himmel auf die Idee kommt die Liebe in ihrer Vergangenheit zu suchen und am Ende feststellt, dass sie die ganze Zeit vor ihrer Nase war. Für mich ziemlich vorhersehbar, trotzdem aufgrund der Figuren sehr unterhaltsam.

Zum Inhalt: Esther näher sich mit großen Schritten der furchteinflößenden 30 an und immer größer wird in ihr der Wunsch nach einer festen Partnerschaft, aber mit ihren Dates will es einfach nicht klappen. Da stößt sie auf einen Zeitschriftenartikel, dass jede Frau sieben Arten von Beziehungen hat. Und Esther hatte sie bereits alle. Was wenn ihre große Liebe in ihrer Vergangenheit liegt?

Zuerst einmal: ich hab keine Ahnung, warum die WG-Toilette und alle Problematiken darum so viel Raum im Buch einnehmen, bin aber auch kein Fan von Klo-Witzen und check es deshalb vielleicht einfach nicht. Das hätte für meinen Geschmack echt komplett gestrichen werden können. Vllt soll es aber auch die Bodenständigkeit der Protagonisten zeigen- who knows.

Die Idee mit den sieben Ex-Beziehungen und dass Esther vergangene Lieben resümiert und damit abschließt fand ich eine schöne Idee. Etwas idealisiert ist natürlich, dass auch der jeweilige Gegenpart direkt bereit dazu ist, zumindest auf Esthers Anfrage zu antworten. Kein böses Blut, sondern nur Verständnis auf allen Seiten.

Generell ist Esthers Leben, abgesehen davon dass sie verzweifelt irgendeinen Mann sucht, ziemlich perfekt, was sie für mich irgendwie unnahbar gemacht hat. Sie hat tolle Freundinnen, die sie in ihren Flausen unterstützen, alle Männer scheinen einfach auf sie zu fliegen- auch Jahre später noch und im Job legt man ihre massiven Fehlzeiten sehr positiv zu ihren Gunsten aus. Is klar- Romcom eben. Trotzdem hat mich Esthers Art sich selbst zu torpedieren und ihr nahezu perfektes Leben Kleinzureden irgendwann ein bisschen genervt.

Für meinen Geschmack war die Story etwas zu sehr weichgezeichnet. Aber der vordergründige Sinn eines Liebesromans ist es zu unterhalten und das tut dieses Buch. Ich hab die Story gerne verfolgt, besonders auch die Rückblicke in die Vergangenheit und wollte schon wissen, bei wem Esther am Ende landet.

Wer locker leichte Unterhaltung sucht und nicht zu viel Tiefgang erwartet, der wird hier gut bedient.

Bewertung vom 17.05.2023
Noch wach?
Stuckrad-Barre, Benjamin von

Noch wach?


gut

„Me Too“ ist seit dem Aufschrei in Hollywood in aller Munde und hat es zu weltweiten Bewegung geschafft, die brandaktuell ist und trotzdem immer noch nicht genug Aufmerksamkeit erhält. Entsprechend neugierig war ich, was Stuckrad-Barre, als ehemaliger Drogensüchtiger, der viel Zeit in und um LA verbracht hat und aus der Medienlandschaft Deutschlands nicht wegzudenken ist, aus diesem Thema rausholt. Schwieriges Thema, schwieriges Buch. Anstrengend, funktioniert aber irgendwie.

Zum Inhalt: in Deutschlands Medien-Landschaft werden erste öffentliche Vorwürfe zum Thema sexuelle Belästigung gegen einen Chef-Redakteur des Springer-Verlags laut, gleichzeitig beginnt in Hollywood die Weinstein-Affäre- der Beginn von #MeToo. Mitten drin unser Autor, der nicht nur in seinem direkten Bekanntenkreis mit diesem Thema konfrontiert wird, sondern auch über die Medien.

Den Stil muss mal halt mögen, denn der ist ganz schön gewöhnungsbedürftig. Wer Stuckrad-Barre schonmal gelesen hat, weiß was ich meine. Orthografie, Textaufbau, Sprachtonus- alles wirkt stark nach einem „schneller, weiter, größer“. Ich mags, verstehe aber auch jeden, der damit nichts anfangen kann.

Ein bisschen schade ist in meinen Augen, dass bei diesem doch wichtigen Thema einfach Stuckrad-Barre selbst viel zu sehr im Fokus steht. Ich hätte mir mehr Fokus auf die Frauen und die realen und erdachten Szenarien gewünscht, die MeToo so groß gemacht haben. Für mich lebt die Story von diesem schmalen Grad zwischen Realität und Fiktion- was ist erdacht, was genau so passiert.

Zwischen Namedropping und vagen Andeutungen/Beschreibungen hat man als Leser natürlich eine Idee, um wen es da im Buch alles geht. In diesem Buch wird schön herausgestellt, was sich Medien eigentlich alles erlauben, wie Machtpositionen ausgenutzt werden und wie selten echte Konsequenzen gezogen werden.

Insgesamt ein wichtiges Thema, ein brisantes Werk, ein polarisierender Autor- funktioniert als Gesamtkonzept

Bewertung vom 10.05.2023
Die Insel der Unschuldigen
Kidd, Jess

Die Insel der Unschuldigen


sehr gut

Jess Kidd hat eine besondere Art Geschichten zu erzählen, die die Abgründe der Menschheit offenbaren und den Schmerz der Einsamkeit einfangen. So auch in diesem Buch- eine ungeschönte Geschichte über das wilde, unbändige Leben.

Zum Inhalt: 1628- nach dem Tod ihrer Mutter soll die neunjähige Mayken von Holland nach Java reisen, um dort mit einem Vater zu leben den sie nicht kennt. Doch das Schiff läuft ein Riff und der Kampf ums Überleben beginnt. 1989 lebt der neunjährige Gil bei seinem Großvater auf Beacon Island, wo vor der Küste ein Schiffswrack geborgen wurde. Und auch ihn ist das Leben alles andere als leicht.

Die Geschichte wird abwechselnd in den zwei Zeitsträngen erzählt und spiegelt die Geschichte zweier besonderer Kinder wieder, beide auf ihre eigene Art Außenseiter, früh vom Leben gezeichnet und auf sich allein gestellt. Den Erzählstrang rund um Mayken fand ich etwas spannender, besonders die Erzählungen über ihre Abenteuer an Bord des Schiffes Batavia, wo sich das Mädchen schnell einen gewissen Ruf macht und die Seeleute um den Finger wickelt. Es ist eine Geschichte von der Rauheit der See, umgehenden Ungeheuern und der Hoffnung auf ein neues Leben.

Gil dagegen lebt ein Leben in Trostlosigkeit, auch er hat einen gewissen Ruf, allerdings haftet dieser ihm negativ an, weshalb ihm auf der Insel eher abwehrend begegnet wird. Es ist eine Geschichte von Angst, Wut und Schmerz und der Hoffnungslosigkeit eines jungen Lebens. Die zwei Handlungsstränge scheinen ab und zu mystische Art verbunden, auch wenn ich mir dieses kurze Aufblitzen zwischen den zwei Handlungssträngen vielleicht intensiver vorgestellt hätte, denn so sind es einfach parallele Handlungsstränge, die einander nie erreichen.

Jess Kidd erzählt eindringlich und anschaulich und wieder wird die Geschichte begleitet von einem Hauch Übernatürlichkeit, den sich die Autorin für ihre Werke angeeignet hat. Gil lebt auf seiner Insel mit den Geistern der Vergangenheit, während Mayken einem bösen Wesen auf den Fährten ist.
Mir hat dieses Buch wieder sehr gut gefallen, das sich irgendwo zwischen Aberglaube, Abenteuer und Historienroman bewegt.

Bewertung vom 10.05.2023
Mutterliebe
Selvig, Kim

Mutterliebe


weniger gut

Ein tragischer Mordfall, scheinbar ohne Motiv. Was bringt eine Mutter dazu, die eigenen Kinder töten zu wollen?
Was nach einem psychologisch spannenden Fall, war aber in meinen Augen noch nicht ganz rund und über weitere Strecken eher die „Kiki Holland“-Show.

Zum Inhalt: eine Mutter fährt mit ihren Kindern in den Wad. Auf einer kleinen Lichtung verabreicht sie den beiden ein Beruhigungsmittel, bevor sie beginnt die Kinder zu erwürgen. Was treibt eine Mutter dazu, die eigenen Kinder zu ermorden? Gerichtsreporterin Kiki Holland geht der Sache auf die Spur.

Der Hauptplot befasst sich mit Journalistin Kiki, die eher zufällig und ungewollt den Auftrag erhält über den Kindsmord zu berichten. Dabei stellt sie fest, dass scheinbar niemand so richtig von der Schuld der Angeklagten überzeugt ist. Aber wieso eigentlich? Kiki verlässt sich hier intuitiv auf ihr Bauchgefühl und beginnt auf eigene Faust zu graben. Dabei finde ich, dass ihre Art auf Biegen und Brechen an neue Erkenntnisse zu kommen total übertrieben ist und sie mir dadurch unsympathisch war. Genau die Art von Journalistin, von der man nicht will, dass sie im eigenen Leben rumschnüffelt.

Der Fall selbst überschlägt sich recht schnell (ohne dass irgendwer anders als Kiki etwas davon merkt) und nimmt eine ganz neue Dimension an. Zusätzlich werden Nebencharaktere quasi als Ablenkung eingeführt, die überhaupt nichts mit dem Fortgang der Handlung zu tun haben. Zwischendurch habe ich mich immer wieder gefragt, worum es hier eigentlich geht und wer nun im eigentlichen Sinne schuldig ist, denn unschuldig scheint in dieser Geschichte niemand zu sein, es hat nur nicht direkt mit dem Fall zu tun, der eh total in den Hintergrund rutscht. So richtige Spannung ist dadurch bei mir leider nicht aufgekommen.

Das Stilelement der Rückblenden aus Sicht verschiedener Charaktere offenbart eigentlich auch nicht wirklich neue Erkenntnisse, insgesamt ist die Geschichte ab der Hälfte sehr vorhersehbar. Was mich gestört hat, ist neben Kikis rabiater Alleingang-Masche, wie unglaubwürdig manche Szenen erscheinen. Und am Ende gönnt sich das Buch noch einen richtig groben Logikfehler, wo in kurzen Sätzen hintereinander das Schicksal einer der Figuren völlig verschieden geschildert wird.

Insgesamt hat mich das Buch nicht überzeugt und wirkte einfach nicht so richtig rund. Spannungstechnisch ließ es leider auch zu wünschen übrig, sodass ich nur zwei Sterne vergeben kann.

Bewertung vom 10.05.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


gut

Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht , was genau ich mir von diesem Roman erhofft und erwartet hatte, aber nach Weglegen des Buches bin ich gar nicht so sicher, was ich da gelesen habe. Seethaler wird ja immer sehr hoch gelobt, für mich war es das erste Buch des Autors und ich bin damit nicht so recht warm geworden.

Zum Inhalt: Wien 1966. Robert verdingt sich als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt aber er will mehr vom Leben. Deshalb pachtet er ein Café, das eigentlich nicht viel mehr als eine Kneipe ist, die zusätzlich Kaffee und belegte Brote anbietet. So rar wie die gastronomische Auswahl, so bunt gefächert sind die Gäste, die ins Café strömen.

Der Inhalt wird sehr episodenhaft vermittelt, zwischen einzelnen Kapitel geht teilweise sehr viel Zeit ins Land, Jahreszeiten wechseln, Jahre gehn vorüber. Das lässt die vermittelten Eindrücke teils zusammenhangslos, teils willkürlich wirken. Was wiederum schon irgendwie passt, denn so ist das Leben. Trotzdem ist dadurch bei mir einfach der Funke zur Geschichte und den Figuren nicht übergesprungen. Robert ist zwar mit seinem Café Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, blieb aber trotzdem seltsam fern. Ich hatte irgendwie gedacht, dass der Leser mehr vom im Wandel begriffenen Wien sehen würde, dass der Wiederaufbau, der Aufschwung stärker nach außen hin spürbar wären. Aber die Stadt selbst und die Lebensumstände bleiben außerhalb des Cafés eher blass und sobald die Figuren die Türen des Cafés überschreiten, verschwinden auch sie im Nebel.

Was ich mochte war das einschlägige Klientel, das im Café verkehrte, die Begegnungen, die fast schon skurril anmaßen und Robert, der unerschütterlich weitermacht. In einem ruhigen Ton erzählt das Buch vom Leben, von den Menschen, die dem Krieg und dessen Nachwirkungen getrotzt haben und immer noch trotzen. Im Café kommen sie zusammen, teilen Geschichten, Erinnerungen und Hoffnungen.

Das Buch selbst war gut geschrieben, ich mochte die kleinen zufälligen Begegnungen, die Seethaler inszeniert hat und der Schreibstil hat dazu animiert, weiterzulesen. Ich weiß nicht so richtig was ich erwartet hatte, da ich bisher kein anderes der Bücher des Autoren gelesen habe, aber irgendwie fehlte mir was, damit das Buch mich abholt und mitnimmt.