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Bella von www.bellaswonderworld.de
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Karlsruhe
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Ich bin 31 Jahre alt und mein größtes Hobby ist das Lesen. Ich verschlinge alle möglichen Titel querbeet durch die verschiedensten Genres. Meine Leseleidenschaft teile ich mit anderen Lesebegeisterten auf meinem Blog www.bellaswonderworld.de

Bewertungen

Insgesamt 1143 Bewertungen
Bewertung vom 21.05.2019
Radius. Band 1
Gal, Katrin

Radius. Band 1


sehr gut

Meine Meinung

Die Künstlerin Katrin Gal hat die ersten zwei Bände ihrer SciFi-Comic-Reihe “Radius” bereits als Selfpublisherin heraus gebracht und für die Veröffentlichung im Splitter Verlag noch einmal komplett überarbeitet. Durch die Empfehlung des Verlages wurde ich neugierig und tatsächlich hat mich die Story, das absolut coole Setting und ihre eleganten Zeichnungen begeistern können.

“Radius – Rebellion” spielt auf einem Planeten der durch einen Energieausstoß gespalten wurde und alleine durch die Gravitation noch zusammengehalten wird. Diese Zerrissenheit spiegelt sich in der Gesellschaft und auf den beiden Planetenhälften Nova und Avon wieder. Während die Macht bei dem Adel und somit bei den primären Nachkommen der Planetenentdecker in Nova liegt und diese sich als Herrscherrasse ansehen, schuften die minderwertigen Menschen in der Arbeiterklasse auf Avon um sich ausbeuten zu lassen.

Das Szenario mit der Rassenlehre erinnert sogleich an vergangene Kriegszeiten, doch Katrin Gal hat interessante Wendungen eingebaut. Die Balance zwischen Adliger und minderwertiger Bevölkerung droht zu kippen und bei dem Versuch der Adligen durch einen Virus eine Selektion vorzunehmen verändert ein Laborunfall einfach alles. Die Menschen die nicht an dem Virus sterben veränderten sich genetisch so, dass sie sich mit synthetischen Bestandteilen verbinden können und sich als Cyborgs von einem kollektiven Willen besessen zu einer Rebellion formieren.

Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen bildet die Regierung von Nova die Eliteeinheit der »Hellhounds«. Das Alphateam unter der Leitung von Tom Ravens wurde ausgesandt um die Aufständischen unter Kontrolle zu halten und die Pläne der Rebellen zu vereiteln.

Obwohl das Grundgerüst dieser Cyberpunk Story nicht aus gänzlich neuen Bestandteilen zusammengefügt wurde hat mich der Plot dennoch angesprochen. Mir gefällt es sehr wie Katrin Gal ein Universum geschaffen hat in dem sie wichtige Themen wie Rassismus, Zwei-Klassen-Gesellschaft und die Macht der Wissenschaft bzw. des Wissens an sich einwebt. Die eindrucksvollen Kampfszenen erledigen den Rest und runden den Comic ab.

Die markanten Zeichnungen sind in einem kantigen und attraktiven Stil gehalten, welcher durch eine atmosphärische Farbgebung unterstrichen wird. Der größte Teil des Comics ist in galaktisch-militärischen Blautönen angelegt und in den Kampfszenen kann es schon mal zu hitzigen Rot- und Lilatönen übergehen. Am besten gefallen haben mir die Zeichnungen der Hellhounds Ravens, Tank, Surfer und Buster.

“Radius – Rebellion” ist ein Comic der vor allem die Herzen der SciFi- und Dystopie-Fans höher schlagen lässt. Ich bin definitiv angefixt und würde am liebsten gleich zum nächsten Band der Radius-Reihe greifen!

Fazit

Ein gelungenes Comicdebüt das für gut fundierte und actionreiche SciFi-Unterhaltung sorgt.

Bewertung vom 21.05.2019
Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.
Galland, Nicole;Stephenson, Neal

Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.


sehr gut

Ich gebe es zu, schon alleine das Cover dieses 860 Seiten starken Fantasy-Wälzers mit dem wohlklingenden Titel “Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.” hat mich für sich eingenommen. Neal Stephenson ist mir durch seine Science-Fiction Bücher, mit denen er zu den Hauptvertretern des Cyberpunk zählt, auf jeden Fall ein Begriff und dennoch habe ich es bisher nicht geschafft etwas aus seiner Feder zu lesen. Das musste natürlich schleunigst geändert werden und so kam es mir ganz gelegen, dass sein Gemeinschaftswerk mit Nicole Galland vom Goldmann Verlag Ende 2018 in der deutschen Übersetzung publiziert wurde.

Bereits der Aufbau des Romans verspricht ein ganz abgefahrenes besonderes Leseerlebnis. Ein großer Teil der Handlung wird aus der Perspektive der Linguistin Melisande Stokes erzählt und je weiter man in der Geschichte vorankommt desto mehr Ebenen werden hinzugefügt. So gibt es Tagebucheinträge von der Frau des Wissenschaftlers Rebecca East-Oda, Briefe der Hexe Gráinne aus dem 19. Jahrhundert, Einträge im Intranet des D.O.D.O. sowie Personalakten, Chatverläufe, Einsatzberichte und diverse Briefverkehre ebenso wie heroische Verse zu entdecken.

Besonders der humorvolle Zungenschlag von Melisande Stokes machte den Roman für mich zu einem unterhaltsamen Pageturner, den ich einfach nicht mehr aus der Hand legen wollte. Schmunzler und Lacher sind also garantiert und ein leichter Einstieg in die komplexe Materie des Romans ist dadurch auch noch gegeben. Gemeinsam mit Melisande lernen wir den Agenten Tristan Lyons kennen, der sich zu Beginn der Geschichte vor allem durch seine Geheimniskrämerei und dem Ausdruck »Verschlusssache« auszeichnet. Mit einer zunehmender Vertrauensbasis erhält Melisande jedoch nach und nach einen tieferen Einblick in die Mission von Tristan und schon bald befinden sich die beiden mitten in einem aufstrebenden Unternehmen, dem Department of Diachronik Operations (D.O.D.O.), das von der Regierung streng geheim gehalten wird und dessen Ziele die Wiedererweckung und nutzbringende Einsetzung von Magie sind.

Äußerst gut gefallen hat mir die Darstellung der Hexen in diesem Roman. Sie sind allesamt selbtsbewusste und taffe Frauen die soweit dies zu ihrer jeweiligen Lebenszeit möglich ist, ein selbstbestimmtes Leben führen. In der Gegenwart bekommen wir es vor allem mit der Hexe Erzebet zu tun, die ihr Leben kurz vor der Vernichtung der Magie durch einen Zauberspruch verlängerte um schließlich dabei zu helfen die Magie wieder zurück zu holen. Durch die jahrzehnte währende Wartezeit ist Erzebet zu einer recht miesepetrigen Frau herangereift die man durch ihre schrullige Art und Weise einfach nur lieb haben kann.

Jede Ecke und jeden Winkel der komplexen Geschichte von Neal Stephenson und Nicole Galland zu entdecken bereitete mir unglaublichen Spaß. Leider lässt sich für mich jedoch schwer feststellen welche Passagen von welchem Autor stammen. Aufgrund der Vita der beiden Schreiber kann man davon ausgehen, dass Neal Stephenson sich um den Science Fiction Part kümmerte und Nicole Galland für die historischen Hintergründe verantwortlich ist. Für mich machte der Erzählstil einen in sich stimmigen Eindruck der durch die verschiedenen Darstellungsweisen (Berichte, Chatprotokolle, Tagebucheinträge, Briefe) aufgewertet wurde.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass sich das Autorenduo zwischendurch zu ausschweifenden Erzählungen hinreisen ließ, die man bestimmt etwas knackiger einbringen hätte können um die dadurch entstandenen Längen zu vermeiden.

Fazit

Ein originelles Fantasy-Abenteuer das durch wissenschaftliche und historische Einflüsse polarisiert und mit einem heiteren Augenzwinkern daher kommt.

Bewertung vom 21.05.2019
Der Hüter
Jülicher, Jasmin

Der Hüter


sehr gut

Beschreibung
1888. Nach dem großen Krieg gibt es immer noch Leben, tief unter Wasser auf dem Meeresboden ist die Stadt Biota erbaut worden und bietet den Menschen einen Ort um friedvoll leben zu können. Die Erinnerung der Einwohner Biotas wurde zusammen mit jeglichen gewalttätigen Tendenzen aus ihren Köpfen gelöscht. Eines Tages passiert das unmögliche – eine Leiche taucht in Biota auf, die Alexander, den obersten Hüter der Stadt, vor zahlreiche Fragen stellt. Zusammen mit der Biologin Nic beginnt der Hüter Nachforschungen anzustellen und muss schon bald fest stellen, dass dies erst der Auftakt zu einer ganzen Reihe an Verbrechen darstellt.

Meine Meinung

“Der Hüter – Stadt der Tiefe” ist der Auftakt zu einer voraussichtlich aus vier Teilen bestehenden Reihe und zugleich das Debüt der jungen Autorin Jasmin Jülicher. Ihr Roman lässt sich schwerlich in eine Genre-Schublade stecken, denn in ihrer Geschichte werden sowohl Steampunk-Elemente als auch krimitypische Punkte abgedeckt und zusätzlich betritt der Leser dann auch noch dystopisches Terrain.

In einem einführenden Prolog skizziert die Autorin den großen Krieg mit seinen mechanischen Golems und wie schließlich der Bau Biotas beschlossen und umgesetzt wird. Hier kann man sich leicht von der nüchternen Erzählweise, die noch nicht ganz ausgereift wirkt und den vielen Zeitsprüngen abschrecken lassen – bitte lest hier einfach weiter oder überspringt den Prolog sogar und startet einfach mit dem ersten Kapitel, denn erst ab hier entfaltet sich langsam das wahre Schreibhandwerk von Jasmin Jülicher.

Der Aufbau der Unterwasserwelt Biotas hat mir ausgesprochen gut gefallen, ähnlich wie in anderen Dystopien gibt es auch hier ein besonderes Gesellschaftssystem das in verschiedene “Kasten” eingeteilt ist. Zu den “Oberen” zählen so zum Beispiel die für Biota überaus wichtigen Wissenschaftler, Biologen und Ärzte während die “Unteren” Lüftungsschächte warten, für die Sicherheit zuständig sind und für das leibliche Wohl der Bewohner sorgen. Das Setting konnte mich also schon auf ganzer Linie überzeugen während es mir über eine längere Zeit an Tiefe und Entwicklung im Hinblick auf die Protagonisten fehlte. Bis ungefähr zur Hälfte des Romans konnte ich mich weder mit Alex noch mit Nic identifizieren und auch ein emotionales Mitgefühl wollte sich noch nicht einstellen.

Glücklicherweise platze dann aber doch noch der Knoten und die Dynamik zwischen der Oberen Botania Nic und dem Unteren Hüter Alex entfaltete ihr Potential. Das angenehme Knistern zwischen den Protagonisten brachte zusätzlich zu den Morden noch etwas mehr Pepp und Spannung in die Storyline. Die Liebesgeschichte wird allerdings nicht zu überladen aufgezogen, was mir sehr gut gefallen hat. Auch die witzige Einflechtung historischer Persönlichkeiten wie Jack the Ripper, Nicola Tesla und Arthur Conan Doyle empfand ich als äußerst erfrischend.

Eine große Rolle spielt auch die Wissenschaft in Jasmin Jülichers Geschichte. So trägt jeder Bewohner den Leitsatz Biotas »Forschung, Vertrauen, Einigkeit« auf seinem Handgelenk. Zwischen den Zeilen kommt die Frage auf, wie weit die Wissenschaft wohl gehen darf und kann und welche Konsequenzen es mit sich bringt, wenn sich der Mensch mit seinem Fortschritt auf eine gottgleiche Ebene stellt.

Jasmin Jülicher hat mit “Der Hüter – Stadt der Tiefe” ein spannendes Debüt mit tollen Steampunk-Elementen geliefert, bei dem zwar noch nicht alles zu hundert Prozent stimmig ist, dem noch etwas Feinschliff fehlt, aber man konnte auf jeden Fall einen Blick auf ihr Schreibtalent und das Potential der Story erhaschen. Meine Neugierde wie sich die Protagonisten und die Umwelt in Band zwei der Reihe weiterentwickeln werden ist geweckt!

Fazit

Ein ansprechender Genremix aus Steampunk, Krimi und Dystopie – lest dieses Debüt!

Bewertung vom 11.04.2019
Feuer und Blut Bd.1
Martin, George R. R.

Feuer und Blut Bd.1


gut

Bereits Ende November 2018 erschien mit George R. R. Martins “Feuer und Blut” das erste Buch zu der Vorgeschichte des Hauses Targaryen und der Eroberung des Eisernen Thrones durch Aegon Targaryen. Die Fangemeinschaft der erfolgreichen “Game of Thrones” Reihe (dt. “Das Lied von Eis und Feuer”) erwartet sehnlichst die Fortsetzung des eigentlichen Epos und nun liefert der Autor eine fast 900 Seiten mächtige geschichtliche Abhandlung.

Mein Einstieg in die Welt von Westeros erfolgte vor dem heimischen Fernseher durch die erfolgreiche Serienadaption von HBO. Die zu Grunde liegenden Romane von George R. R. Martin dazu habe ich bisher nicht gelesen (möchte dies aber definitiv noch nachholen). Eigentlich dachte ich die Vorgeschichte über das Haus der Targaryen wäre für mich der perfekte Einstieg in die literarische Welt George R. R. Martins. Allerdings habe ich mich mit der Zeit etwas schwer mit diesem dicken Schinken getan und fühlte mich irgendwann schlichtweg erschlagen von zuviel Input.

Mir war von Anfang an bewusst, dass ich es bei “Feuer und Blut” nicht mit einem handelsüblichen Roman zu tun habe, sondern mit einer Chronik die mit der nüchternen Abhandlung der Ereignisse eher an ein Geschichtsbuch erinnert. Soweit so gut – immerhin bin ich ein großer Fan von J. R. R. Tolkien und mit vielen seiner Werke (so auch mit dem Silmarillion) bereits vertraut. Während mir der Einstieg in das Buch noch recht leicht fiel und ich vollkommen begeistert von Martins Aufbau der umfangreichen Familiendynastie war, umso schwerer wurde es für mich mit dem zunehmenden Voranschreiten in der Geschichte die unzähligen Namen (von denen zu meiner Verzweiflung einige auch gleich mehrfach vergeben wurden) nicht durcheinander zu bringen. Aus diesem Grund habe ich auch eine recht lange Zeit benötigt um mich durch diese Geschichte zu lesen, und dennoch habe ich das Gefühl nicht im Ansatz alle Zusammenhänge zu begreifen.

Die Eroberung des eisernen Throns durch Aegon war für mich tatsächlich sehr spannend und interessant, auch die ersten Nachfolger auf den Thron die sich alleine durch ihr Naturell sehr unterschieden, fesselten meine Aufmerksamkeit, jedoch spätestens beim Tanz der Drachen wurde es für mich als Einsteiger zu komplex. “Feuer und Blut” wird durch seine unglaublich hochwertige Aufmachung und den schönen schwarz-weiß Illustrationen von Doug Wheatley einen besonderen Platz in meinem Buchregal erhalten. Bestimmt werde ich das Buch in der Zukunft als Nachschlagewerk nutzen, denn diesen Sinn scheint es in meinen Augen eher zu entsprechen als dem eines Romans den man sich zum Zwecke der Unterhaltung widmet.

Fazit

Ein faszinierendes Werk, dass sich jedoch eher für die eingefleischte Game of Thrones Fan-Gemeinschaft eignet als für einen Einsteiger.

Bewertung vom 10.04.2019
Die Blütezeit der Miss Jean Brodie
Spark, Muriel

Die Blütezeit der Miss Jean Brodie


sehr gut

Beschreibung

Miss Jean Brodie ist eine charismatische und exzentrische Frau die sich in der Blütezeit ihrer Jahre befindet und mit ihren ungewöhnlichen Lehrmethoden junge Schülerinnen einer Mädchenschule eine ganz besondere (Schul)Bildung zukommen lässt. Mit ihrer Art und Weise eckt sie vor allen bei der Direktorin der Schule und ihren Kolleginnen an. Miss Brodie lässt sich davon jedoch nicht beeindrucken und verwendet ihre kostbare Blütezeit darauf sechs von ihr auserwählte Mädchen, die alle Teil der »Brodie-Clique« sind, zu formen. Eines dieser Mädchen wird Miss Brodie jedoch verraten.

Meine Meinung

Muriel Spark zählt zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Britanniens und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Im Diogenes Verlag wurde einer ihrer berühmtesten Romane, “Die Blütezeit der Miss Jean Brodie”, der bereits jetzt als Klassiker des 20. Jahrhunderts gilt, neu aufgelegt. Diese Gelegenheit habe ich zum Anlass genommen um mir selbst ein Bild von Muriel Sparks Literatur zu machen.

Die Geschichte über Miss Jean Brodie wurde 1962 veröffentlicht und handelt von einer Frau in der Blütezeit ihres Lebens, deren große Liebe im ersten Weltkrieg gefallen ist und die sich nun als Lehrerin an einer Mädchenschule der ganz besonderen Ausbildung ihrer Schützlinge widmet. In Miss Jean Brodies Unterrichtsstunden bekommen die Mädchen nicht etwa klassische Mathematik gelehrt, sondern vielmehr erzählt Miss Brodie von ihrem eigenen Leben und ihrer Vorliebe für französische Kunst und ihren Urlaubsreisen nach Italien bei denen sie Mussolinis Fascisti bewunderte. Ihr Ziel ist es die Mädchen nicht mit Wissen vollzustopfen, sondern die bereits vorhandenen Anlagen und Talente zum Vorschein zu bringen. Jean Brodie widmet ihre Blütezeit sechs Schülerinnen, die zur Brodie-Clique zusammen wachsen, und nach ihrer Vorstellung eines Tages zur Crème de la Crème gehören können.

Miss Brodie haftet durch ihr außergewöhnlich stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein ein besonderer Charme an, dem sich weder der Leser noch ihre Schülerinnen entziehen können. Doch ihre eigensinnige Lehrmethode stößt vor allem bei der Schuldirektorin auf Ablehnung, die nichts lieber täte als Miss Brodie zu entlassen.

Muriel Spark hat mit wenigen Pinselstrichen eine exzentrische Hauptprotagonistin erschaffen, die polarisiert und den Leser trotz ihrer Fehlerhaftigkeit geschickt um den kleinen Finger wickelt. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Geschichte sind die Mädchen aus der Brodie-Clique welche anhand einiger herausstechender Eigenschaften skizziert werden. Sandy ist weniger für ihre Schönheit als für ihre kleinen Augen berüchtigt, Rose sticht mir ihrem Sexappeal hervor, an Mary wird ständig herumgenörgelt, Jenny tut sich als Schauspielerin hervor, Monica ist in der Mathematik bewandert und Eunice ist die sportliche im Bunde.

Aufgrund der vielen Zeitsprünge erfährt der Leser recht früh, dass ein Mädchen der Brodie-Clique Miss Jean verrät. Welche Beweggründe das Mädchen zu diesem Entschluss bewogen haben wird allerdings erst im Verlauf der Geschichte deutlich. Besonders überrascht war ich, wie offenherzig Muriel Spark mit dem Sexualleben von Miss Brodie und ihrem manipulativen Einfluss auf ihre Schützlinge spielt. Hier habe ich mir immer wieder die Frage gestellt, welch skandalöse Auswirkungen das in den 60er Jahren gehabt haben muss?

1969 wurde die Geschichte mit Maggie Smith in der Hauptrolle unter dem Titel “Die besten Jahre der Miss Brodie” (engl. Originaltitel “The Prime of Miss Jean Brodie”) verfilmt.

Fazit

Ein Klassiker mit Ecken und Kanten.

Bewertung vom 04.04.2019
Niemalswelt
Pessl, Marisha

Niemalswelt


ausgezeichnet

Beschreibung

Seit dem Tod ihres Freundes Jim hat Bee den Kontakt zu ihrer Freundesclique abgebrochen. Als sie ein Jahr später wieder mit ihnen in Kontakt tritt um die ungeklärten Umstände von Jims Tod in Erfahrung zu bringen, entgehen die Freunde nur knapp einem Autounfall. Wenig später taucht ein Fremder auf und verkündet sie seien eigentlich alle tot, denn der Unfall ist tatsächlich geschehen und sie sind ab sofort in einer Zeitschleife gefangen die elf Stunden und zwanzig Minuten umfasst. Von nun an wiederholt sich immer wieder der gleiche Tag, bis sich die Freunde darauf geeinigt haben wer von ihnen überleben soll. Jims Tod wird zu einem entscheidenden Schlüsselpunkt, denn jeder der Freunde hat in dieser Hinsicht etwas zu verbergen.

Meine Meinung

Zu Marisha Pessl`s Jugendthriller “Niemalswelt” hatte sich der Carlsen Verlag etwas ganz besonders ausgedacht. Im Rahmen einer #Lesewache durfte ich am 17. März mit anderen Blogger-Kolleginnen und Blogger-Kollegen das Buch vorab lesen. Der ein oder andere von euch hat das vielleicht auf Twitter oder Instagram mitbekommen – Die Lesewache war, genau wie die Zeitschleife im Roman, auf elf Stunden und zwanzig Minuten angesetzt und der Wächter hat fleißig mitgetwittert. Den Roman in einem solchen Lesemarathon zu bewältigen war ein intensives und spannendes Erlebnis das mich vollkommen in der Buchwelt abtauchen ließ.

Der bildhafte, fast schon poetische Schreibstil von Marisha Pessl entwickelte nach einigen Seiten eine sogartige Wirkung auf mich und im Handumdrehen steckte ich mitten im Leben der Beatrice “Bee” Hartley, die in ihren jungen Jahren mit dem schmerzlichen Verlust ihrer ersten Liebe zu kämpfen hat. Nach einer längeren Isolationszeit trifft Bee wieder auf ihre Freundes-Clique und genau ab hier entwickelt sich ein unglaublich spannungsgeladener Jugendthriller mit einer dichten und düsteren Atmosphäre. Einfach spooky!

Bee und ihre Clique sind nach einem Autounfall in einer Zeitschleife gefangen, die sofort ein Und-täglich-grüßt-das-Murmeltier-Feeling aufkommen lässt. Die Zeitschleife kann nur durch eine Abstimmung beendet werden in der sich die Freunde auf einen Überlebenden einigen. Während ein paar Mitglieder der Clique die Vorteile der Zeitschleife zu ihrem Vergnügen nutzen lassen sich andere wiederum in einen Beobachter- und Lehrmodus fallen. Außerdem ist da noch der Wächter, der die Freunde über die Regelungen der Zeitschleife aufklärt und immer wieder am Rande des Geschehens auftaucht.

Die Präzens des Wächters ist durch den gesamten Roman spürbar, aber ich hatte einen größeren Anteil seiner Rolle im Gesamtkonzept erwartet. So bleibt er ein eher im Unterbewusstsein vorhandener Leiter und Teilnehmer in der Niemalswelt der sich ungefragt zum Tee einlädt. Die Konstruktion der Zeitschleife und die gelungene Einbettung eines Plottwist haben mich jedoch gleich wieder mit der Geschichte versöhnt. Die gut ausgearbeiteten Protagonisten mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten, die von einem leicht reizbarem Agro-Püppchen über eine introvertierte Leseratte, einem modebewussten Homosexuellen bis hin zum coolen Checker reichen ergaben zusammen einen bunten Mix. In dieser Kombination steckte jede Menge Explosionskraft, die die Autorin geschickt zu nutzen wusste und zudem für die ein oder andere Überraschung sorgte.

Marisha Pessl bietet mit “Niemalswelt” einen wirklich außergewöhnlichen Jugendroman der mich vor allem durch seine Psychothrill-Momente für sich gewinnen konnte.

Fazit

Dieser Jugendthriller sorgt für ein intensives Leseerlebnis mit Gänsehautmomenten.

Bewertung vom 04.04.2019
Meine Familie und andere Tiere
Durrell, Gerald

Meine Familie und andere Tiere


sehr gut

Der humorvolle autobiographische Roman “Meine Familie und andere Tiere” von Gerald Durrell ist mir durch die Verlagsvorschau von Piper ins Auge gesprungen. Der Klassiker wurde in einer Neuübersetzung von Andree Hesse herausgebracht und ist in ein hübsches blau-rotes Cover mit Tier- und Menschensilhouetten gekleidet.

Gerald Durrell berichtet in seinem Roman von seiner Kindheit, in der er mit seiner Familie dem regnerischen England entfloh und auf die sonnenverwöhnte Insel Korfu reiste um dort einige Zeit zu leben. In einer mitreißenden Ich-Perspektive erzählt nimmt Gerald Durrel seinen Leser mit zurück in seine Kindheit in den 30er Jahren und lässt die wunderbar unbeschwerte Zeit von damals aufleben. Seine Erzählung sprüht geradezu voller Lebensfreude und kindlichem Entdeckerdrang und ist vor allem durch die Fauna geprägt, die Durrell auf Korfu von Früh bis Spät erkundete.

Besonders gut gefallen hat mir die scharfe Beobachtungsgabe die sich hinter Durrells Figuren verbirgt. Seine gesamte Familie zeichnet er mit liebevollen Pinselstrichen, die mich durchaus an die scharfe Zunge Jane Austens erinnerte. Im Ganzen betrachtet dann zwar nicht ganz an die Klasse einer Austen heranreicht und dennoch zu bezaubern weiß. Vor allem die Zeichnung seiner Mutter hat mir einige Male ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Sie ist wunderbar schrullig und ihre unabsprechliche Liebenswürdigkeit strahlt wie ein Polarstern durch die Zeilen. Von seinen Geschwistern wird Gerald Durrell meist schräg beäugt, denn er ist der Sonderling der Familie, der komisches Tierzeug mit ins Haus schleppt und damit für jede Menge Unordnung und Unmut sorgt. Nur seine Mutter Louisa scheint die einzige Person in der Familie zu sein, die ihn in seinem Tatendrang ermutigt und niemals ein böses Wort darüber verliert.

“Meine Familie und andere Tiere” von Gerald Durell ist ein Wohlfühlbuch von der ersten bis zur letzten Seite und besticht zusätzlich mit seinem humorvollen Unterton. In die Kindheit des autodidaktischen Zoologen eintauchen zu können und die Welt mit seinen Augen zu betrachten hat mir unheimlich viel Freude bereitet. Wer hier allerdings einen Spannungsroman erwartet der sollte liebe der Finger von dem Buch lassen.

Fazit

Dieses Buch ruft das Gefühl des Kind sein und Entdeckens wach und verzaubert mit humorvoll porträtierten Persönlichkeiten.

Bewertung vom 04.04.2019
Anna
Ammaniti, Niccolò

Anna


sehr gut

Beschreibung

Auf Sizilien ist ein Virus ausgebrochen dem alle Erwachsenen zum Opfer fielen. Als Anna ihre Eltern verlor war sie gerade einmal dreizehn Jahre alt, ihr kleiner Bruder Astor war vier. Seither sind vier Jahre vergangen, Wasser und Lebensmittel werden langsam knapp und es gibt keine Elektrizität mehr. Größere Brände haben das blühende Land in eine ausgedörrte Landschaft verwandelt. Anna muss immer weitere Strecken auf sich nehmen um ihren Bruder und sich selbst versorgen zu können. Doch die Gewissheit, dass sie bald den Schutz ihres Häuschens mitten im Wald verlassen müssen drängt sich unwillkürlich in den Vordergrund.

Meine Meinung

Der dystopische Roman “Anna” ist mein erster Roman von Niccolò Ammaniti und seine Schreibkunst hat mich von der ersten Seite an begeistert. In einem nüchternen und minimalistischen Stil zeichnet der Autor ein Endzeitszenario ohne Erwachsene. In seiner Geschichte übergibt er das Schicksal Siziliens in die Hände der Kinder und in die Hände von Mutter Natur.

Ungeschönt, faszinierend und erschreckend zugleich schildert Ammaniti die Entwicklungen der jungen Kinder. Dieser Lesestoff ist absolut nichts für schwache Nerven. Sobald die Kinder erwachsen werden fallen auch diese dem Virus zum Opfer und sterben. Zurück bleiben nur die Allerjüngsten, die weder eine normale Welt kennen noch mit Vorbildern aufwachsen die ihre Moralvorstellungen prägen.

Durch das gekonnte Spiel mit Urängsten webt der Autor eine dichte Atmosphäre der ich mich nicht entziehen konnte. Der Alltag der Kinder besteht aus einem harten Überlebenskampf in einer Umwelt die auf das grundsätzliche zurückgeworfen wurde, was unvermeidlich die Frage aufdrängt: Woraus schöpfen die Kinder und Jugendlichen ihren (Über)Lebenswillen. Ammaniti liefert als Antwort darauf eine bunte Mischung aus Legenden und Mythen die ihren Ausgangspunkt in der Fantasie der jungen Menschen finden.

Einige der Kinder glauben so zum Beispiel an eine kleine Riesin die bereits am Virus Erkrankten retten kann, andere Kinder wiederum sind der festen Überzeugung das ein bestimmtes paar Markenturnschuhe den Weg aus dieser wahr gewordenen Hölle darstellen.

Der Geschichte wird aus der Perspektive der Titelheldin “Anna” erzählt, die nach dem Verlust ihrer Eltern für ihren kleinen Bruder Astor verantwortlich ist und durch die harten Lebensumstände sich zu einer Überlebenskünstlerin entwickelt die schonungslos über die Zustände und ihr Leben berichtet. Besonders gut hat mir die durchweg bedingungslose Liebe Annas zu ihrem Bruder gefallen und die Tatsache, dass sie Trotz der ausweglosen Situation und der verrohlichten Umgangsformen noch dazu fähig ist Freundschaftsbande zu knüpfen.

Sprachlich hat mir die Geschichte von Niccolò Ammaniti ausgezeichnet gut gefallen und ich hätte sicherlich noch ein paar hundert Seiten mehr von “Anna” vertragen. Das Ende ist offen gehalten und bietet Raum für die eigenen Gedanken – doch in diesem Fall hätte ich mir einen ausgereifteren Abschluss gewünscht.

Fazit

Eine Endzeitstory der anderen Art. Verstörend, berührend und absolut sprachgewaltig.

Bewertung vom 04.04.2019
Unter Verdacht / Die Schwestern von Mitford Manor Bd.1
Fellowes, Jessica

Unter Verdacht / Die Schwestern von Mitford Manor Bd.1


sehr gut

Ich finde es immer besonders spannend, wenn Schriftsteller sich von wahren Begebenheiten oder Persönlichkeiten zu einer Geschichte inspirieren lassen. Genau das ist bei dem vorliegenden Roman von Jessica Fellowes der Fall. Schon der Titel verrät, dass sich die Autorin mit der geschichtsträchtigen Familie Mitford, um genauer zu sein mit den Schwestern der Familie, befasst hat. Außerdem handelt es sich bei dem Mord an der Krankenschwester Florance Nightingale Shore um einen realen Fall. In der Realität konnte der Mordfall allerdings im Gegensatz zur fiktiven Geschichte von Jessica Fellowes nicht gelöst werden.

Die Titelauswahl “Die Schwestern von Mitford Manor” hat mich dazu verleitet, daran zu glauben dass diese Mädchen der Mitfords bzw. zumindest Nancy Mitford, die älteste der Schwestern, eine Hauptrolle in der Geschichte übernimmt. Doch in dieser Hinsicht hat sich der Roman in eine andere Richtung entwickelt. Das Kindermädchen Louisa bildet das perfekt passende Bindeglied zwischen den beiden Handlungssträngen Kriminalfall und Gesellschaftsroman. Zum einen lernen wir durch Louisas Rolle im Haushalt der Mitfords in Oxfordshire das Leben in einer gut betuchten Familie in den 1920er Jahren kennen, und zum anderen knüpft Louisa durch einen Zufall mit dem Bahnhofspolizist Guy einen Kontakt der eine größere Sichtweise auf den Mordfall an Florance Nightingale Shore eröffnet.

Durch diese Herangehensweise und die Erzählperspektive aus Louisas Blickwinkel wird natürlich die Rolle von Nancy Mitford als Hauptprotagonistin ausgestochen. Nancy fungiert in der Geschichte vor allem als Beispiel dafür, wie sehr sich eine junge Dame in ihrer gesellschaftlichen Stellung eine Freundin herbeisehnt. Mit ihren siebzehn Jahren ist Nancy noch nicht in die Gesellschaft eingeführt worden und sieht in ihrem neuen Kindermädchen, das gerade einmal zwei Jahre älter ist, die perfekte Freundin und Verbündete für ihre Geschichten und ihren Schabernack.

Louisa ist für mich die eigentliche Hauptprotagonistin der Geschichte und steht im erheblichen Kontrast zu Nancy Mitford. Als Tochter einer Wäscherin steht ihr ein mittelloses Leben in den schlechtesten Ecken Londons bevor. Ihr größter Traum geht mit ihrer Anstellung bei den Mitfords in Erfüllung. Dementsprechend ist Louisa darauf bedacht ihren Job nicht durch die Freundschaft zu Nancy Mitford leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

Jessica Fellowes hat ihre Figuren mit feinen Pinselstrichen gezeichnet und einen Hauch der Atmosphäre der 1920er Jahre zwischen den Buchseiten eingefangen. Wie zu Beginn bereits erwähnt, hat es mir sehr gefallen, dass sich die Autorin von realen Persönlichkeiten inspirieren lies und einige passende Charaktereigenschaften mit verarbeitet hat. Die Protagonistin Nancy im Buch hat ihre Freude an Geschichten und liebt es vor allem gruseliges nieder zu schreiben und ihren kleinen Geschwistern vorzulesen. Im realen Leben war Nancy Mitford tatsächlich Schriftstellerin. Außerdem hat es Jessica Fellowes tatsächlich geschafft etwas Downton Abbey Flair heraufzubeschwören. Die Geschichte eignet sich also perfekt für alle die sich noch die Wartezeit bis zum Kinofilm überbrücken möchten.

Die Spannung kommt ganz nach Agatha Christie Manier ins Spiel. Gleich zu Beginn der Geschichte ereignet sich der Mordfall und Jessica Fellowes lässt dem Leser einen gewissen Spielraum um gewisse Protagonisten näher unter die Lupe zu nehmen und mitzurätseln. An dieser Stelle möchte ich noch kurz erwähnen was für einen tollen Charakter Jessica Fellowes mit Guy Sullivan erschaffen hat. Der freundliche und hilfsbereite Bahnhofspolizist ist ein makelloses Beispiel für seinen Berufsstand und war mir mit seinem starken Gerechtigkeitsempfinden auf Anhieb sympathisch.

Der erste Teil aus der Reihe “Die Schwestern von Mitford Manor” hat mich gut unterhalten und durch den gekonnten Spannungsaufbau fiel es mir schwer das Buch aus der Hand zu legen. Neugierig bin ich nun vor allem auf die nächsten Bände.

Bewertung vom 04.04.2019
Das dunkle Land
Kostova, Elizabeth

Das dunkle Land


sehr gut

Beschreibung

Alexandra Boyd reist nach Bulgarien um dort Englisch zu unterrichten und erfüllt sich zudem mit der Reise einen Traum, den sie schon seit frühester Kindheit gemeinsam mit ihrem Bruder hegte. Durch Zufall gelangt Alexandra nach ihrer Ankunft in der Hauptstadt Sofia in den Besitz eines Holzkästchens. Darin befindet sich die Asche eines Verstorbenen, die sie schnellstmöglich wieder an die Familie übergeben möchte. Dabei freundet sie sich mit ihrem Taxifahrer Bobby an, der sich während des spannenden Roadtrips zu einem verlässlichen Begleiter entwickelt. Stück für Stück enthüllen die beiden die spannende Geschichte des Verstorbenen Musikers Stoyan Lazarov, dessen Schicksal von den Umständen der Politik des 20. Jahrhunderts geprägt wurde.

Meine Meinung

Elizabeth Kostavas Roman “Das dunkle Land” konnte mich schon alleine durch das wunderschöne Cover für sich einnehmen. Die Covergestaltung mit dem dunklen Hintergrund und den farbig-glänzend Pflanzenumrissen, die sich leicht vom Material abheben, sowie der pinkfarbene Leinenrücken harmonieren perfekt zusammen und stellen eine wahre Augenweide im Buchregal dar. Außerdem empfand ich das haptische Gefühl durch den Leinenrücken als sehr angenehm.

Zwischen den hübschen Buchdeckeln steckt eine Geschichte die Zeit braucht. Zeit in der sich die ganze Tiefe, eine Bandbreite an Emotionen und vor allem die Beschreibungen über das für mich fremde Land Bulgarien langsam entfalten können. Wenn man sich diese Zeit nimmt und sich der Geschichte öffnet, wird man mit einer berührenden Story belohnt, die auf den letzten Seiten noch mit einem nicht zu verachtenden Spannungsbogen überrascht.

Für mich waren es weniger die einzelnen Charaktere die dieser Geschichte Leben einhauchen, sondern eher das Zusammenspiel der unterschiedlichen Protagonisten die erst gemeinsam ein Bild über Land und Leute Bulgariens abgeben. Besonders fesselnd und berührend war für mich die dunkle Seite der kommunistischen Politik des zwanzigsten Jahrhunderts. Denn je mehr die Protagonistin Alexandra über den Verstorbenen Musiker Stoyan Lazarov in Erfahrung bringt, desto tiefer dringt sie in die Abgründe seiner Vergangenheit ein, deren Schatten sich bis in die Gegenwart erstrecken.

Die Autorin hat in ihrem Roman “Das dunkle Land” auf verschiedene Erzählperspektiven zurückgegriffen, so dass der Leser nicht nur in die Rolle der jungen Reisenden schlüpft, sondern auch die Lebensgeschichte von Stoyan Lazarov direkt erzählt bekommt. Durch diesen Kniff gehen einige Abschnitte des Romans noch tiefer unter die Haut.

Während Alexandra eine innige Freundschaft zu dem Taxifahrer Bobby knüpft, steht im direkten Kontrast dazu die Zeit von Stoyan Lazarov im Arbeitslager. Elizabeth Kostova legt bei ihrer fiktiven Geschichte über den Musiker das Hauptaugenmerk vor allem darauf, was einen Menschen unter solch erniedrigenden, hoffnungslosen und schlechten Bedingungen am Leben erhält ohne das die eigene Willenskraft dabei in tausend Stücke zerspringt. Die Antwort in diesem Roman ist eine wundervolle, ruhige und stetige Liebe. Die Liebesgeschichte zwischen Stoyan Lazarov und seiner Frau ist wie ein Fels in der Brandung und besteht durch gute wie durch schlechte Zeiten.

“Das dunkle Land” ist ein ruhiger Roman der sich über 700 Seiten erstreckt und gerade zu Beginn auch ein paar Längen aufweist. Trotzdem hat mir die fiktive Geschichte von Elizabeth Kostova richtig gut gefallen, gerade auch weil sie mir das bisher unbekannte Land Bulgarien näher gebracht hat.

Fazit

Ein berührender und abenteuerlicher Roman über Land und Leute Bulgariens und eine unerschütterliche Liebe.