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Sonnenwind
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Schwabenland

Bewertungen

Insgesamt 518 Bewertungen
Bewertung vom 08.02.2016
Luisas Töchter
Austin, Lynn

Luisas Töchter


ausgezeichnet

Ein Frauenroman mit viel Tiefe

Eigentlich bin ich nicht so der Typ für Frauenbücher. Sie sind mir leicht zu seicht oder in der neueren Strömung zu oberflächlich. Dieses Buch habe ich vor Weihnachten gewonnen und habe einfach damit einen Versuch gewagt, weil ich die Autorin noch gar nicht kannte. Zwar habe ich einige ihrer Bücher, weil sie mir empfohlen wurden, aber sie warten noch auf dem SuB.

Und ich bin ja so begeistert! “Luisas Töchter” beschreibt die Geschichte von vier Generationen von Frauen, mit ihren speziellen Sorgen und Problemen, und beschreibt nebenbei, wie jede Tochter mit den Entscheidungen ihrer Mutter leben muß. Und mit ihren eigenen und deren Folgen.

Am Ende verbindet die Autorin die verschiedenen Erzählstränge auf beispielhafte Weise und mit außerordentlicher inhaltlicher Tiefe. Die einzelnen Personen in ihrer jeweiligen Umgebung werden so lebendig, als wäre man sein Leben lang mit ihnen zusammengewesen. Die Vorstellung, sie seien nur Romanfiguren, ist fast undenkbar. Alle vier sind mir richtig ans Herz gewachsen, ihr Ergehen hat mich berührt und ich habe aufgrund dessen viel über mein eigenes Leben nachdenken müssen. Ein hervorragendes Buch, das ich am liebsten gleich nochmal lesen möchte, nachdem ich jetzt die Auflösung kenne (die nicht nur die Identität von Graces Vater bedeutet; so flach ist das Buch nicht).

Jedem zu empfehlen! Das wird nicht mein letztes Buch der Autorin bleiben.

Bewertung vom 02.02.2016
Ein guter Tag zum Leben
Genova, Lisa

Ein guter Tag zum Leben


ausgezeichnet

Vor einigen Jahren habe ich “Mein Leben ohne Gestern” (in der Neuauflage “Still Alice” wie das englische Original) von der Autorin gelesen, und es hat mich im Innersten berührt und seitdem nicht mehr losgelassen. Deshalb mußte ich dieses Buch unbedingt lesen – und es hat mich genauso berührt:

Joe O'Brien ist Polizist in Boston, hat seine Frau Rosie früh geheiratet, und jetzt mit Mitte 40 sind ihre vier Kinder erwachsen. Da bricht von heute auf morgen das Unheil über die Familie herein: Joe wird genpositiv für Chorea Huntington diagnostiziert, und erst mit der Zeit wird ihm klar, daß seine Mutter dieselbe Krankheit gehabt haben muß, aber weil alle sie für eine Trinkerin gehalten haben, hat sich nie jemand darum gekümmert. Anscheinend jedenfalls. Jetzt muß er sich mit seiner Krankheit auseinandersetzen, mit ihr leben – und am Ende auch mit ihr sterben.

Chorea Huntington ist eine unheilbare dominant-erbliche Erkrankung, eine Mutation auf dem kurzen Arm von Chromosom 4. Wikipedia kommentiert: “Chorea Huntington ist eine Trinukleotiderkrankung: In der repräsentativen Normalbevölkerung wiederholt sich das Basentriplett CAG circa 16- bis 20-mal, bei Kranken 36- bis zu 250-mal. Bei einer Wiederholung von 27-35 liegt eine Erhöhung vor, ohne dass sich die Krankheit entwickelt. Bei Menschen mit einer Anzahl von 36 bis 39 CAG-Wiederholungen gilt eine Ausnahme zur vollständigen Penetranz der Krankheit, das heißt, nicht alle Menschen dieses Genotyps entwickeln die Krankheit, und auch nach einem Gentest sind keine definitiven Vorhersagen möglich.”

Hier erzählt Lisa Genova die Geschichte der O'Briens – und man ist von Anfang an mitten im Geschehen. Weil Huntington dominant vererbt wird, wird jedes Kind, das das mutierte Gen geerbt hat, auch die Krankheit entwickeln. Joes Kinder wissen also schon früh, daß sie eine 50%ige Chance haben, so zu enden wie ihr Vater. Jeder geht damit anders um: Die einen wollen es sofort wissen, andere kämpfen darum, was sie tun sollen – und wieder andere wollen es nicht wissen. All diese Möglichkeiten werden im Buch thematisiert. Als Leser kann man gar nicht umhin, sich selbst zu fragen: Wie würde ich handeln? Das macht das Buch so persönlich. Dazu kommt noch, daß man die unterschiedlichen Figuren in ihrem Ergehen, Denken und Fühlen begleitet. Man kann aufgrund der Beschreibung der Charaktere ihr Handeln nachvollziehen, und die einzelnen Personen nehmen Form an und wachsen einem ans Herz.

Jedes der Kinder ist anders, hat einen anderen Lebensstil, einen anderen Beruf, andere Ansichten und handelt entsprechend anders. Die Familie wirkt real, überzeugend und echt. Und gerade das läßt einen als Leser so mitfühlen. Und dann beginnt Joes Leidensgeschichte. Anrührend erzählt verfolgt man die Entwicklung der Krankheit, die Reaktionen der Umwelt und seinen eigenen Kampf gegen die in ihm wütende Krankheit. Und nicht nur seinen Kampf, auch den seiner Kinder, die entscheiden müssen, ob sie sich auf die Krankheit testen lassen wollen oder nicht.

Dieses Buch ist wieder ein Meisterwerk von Lisa Genova. Wenn ich sagen würde, es hat mich gut unterhalten, trifft das den Punkt nicht richtig. Man ist nicht „unterhalten“, man zittert und bebt mit den Figuren und muß sich mit Gewalt vom Buch losreißen. Das Thema ist nicht einfach, aber es ist gut, wenn es zur Sprache kommt und öffentliche Aufmerksamkeit findet. Herz und Verstand sind gleichermaßen angesprochen. Ein Muß für jeden!

Bewertung vom 30.01.2016
Die stille Kammer
Blackhurst, Jenny

Die stille Kammer


sehr gut

Nichts ist, wie es scheint
Susan Webster war drei Jahre im Gefängnis, weil sie dafür verurteilt worden ist, ihren eigenen, drei Monate alten Sohn umgebracht zu haben. Jetzt wird sie entlassen und muß sich ein neues Leben aufbauen. Doch plötzlich tauchen Hinweise darauf auf, daß diese ganze Geschichte nicht stimmt. Falls die “Beweise” stimmen.

Susan macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Dabei findet sie ein Detail nach dem anderen heraus, aber immer wenn sie meint, die Hintergründe verstehen zu können, zerbröckelt eine der verschiedenen Identitäten, mit denen sie es zu tun hat. Nichts scheint so zu sein wie es scheint. Lebt ihr Sohn doch noch? Oder wird sie zum Narren gehalten?

Jenny Blackhurst legt einen spannenden Debut-Roman vor, bei dem die Gefühle Achterbahn fahren. Man weiß bis zum Schluß nicht, ob die Protagonistin psychisch krank ist oder ob ihr ganz übel mitgespielt wurde. Das ist recht reizvoll. Für volle fünf Sterne fehlt mir aber die Tiefe in der Handlung. Ein angenehm zu lesender Roman mit Psycho-Touch.

Bewertung vom 23.01.2016
Wir waren hier (eBook, ePUB)
Rademacher, Nana

Wir waren hier (eBook, ePUB)


sehr gut

Fortgeschriebene Geschichte, erschreckend realistisch
Gestern kam die Datei - und eigentlich wollte ich sie nur runterladen und kontrollieren, ob sie problemlos lesbar ist. Und dann habe ich angefangen zu lesen. Und konnte nicht mehr aufhören. Und plötzlich war das Buch zu Ende. Dabei kann ich eigentlich nicht mal sagen, was mich so unglaublich gefesselt hat. Der Stil ist der jugendlichen Protagonistin angepaßt, nicht zu hochgestochen, sehr persönlich. Was einen mitnimmt, sind die Umstände, die auch erst nach und nach deutlich werden.

Die Story spielt um die 25 Jahre in der Zukunft. Die Umweltzerstörung hat zugenommen, die sozialen Spannungen sind stärker geworden, ein Krieg hat stattgefunden. Alles sehr plausibel und problemlos vorstellbar - fortgeschriebene Geschichte. Das Ganze ist aus der Sicht eines Teenagers erzählt: Anna kennt eigentlich keine Welt ohne Krieg, ohne Hunger, ohne Gefahr. Wasser wird rationiert ausgegeben, Essen gibt es nie genug. Viele sind gestorben und sterben noch immer, alle leiden Not.

Eigentlich bin ich nicht so der Fan von Dystopien, aber manchmal nehmen einen solche Geschichten einfach gefangen und man kann nicht mehr ausweichen. So auch hier. Ich mußte Annas Ergehen einfach weiter verfolgen, mit ihr leiden, ihre kleinen Freuden mit ihr teilen. Ein sehr schönes Buch, das einem eine Zukunft bildhaft vor Augen stellt, die nicht nur realistisch, sondern beängstigend vorstellbar ist. Wir können dankbar sein für unsere Umstände! Zumindest das kann jeder aus diesem Buch mitnehmen.

Bewertung vom 18.01.2016
Wieso macht die Tomate dick?
Strunz, Ulrich

Wieso macht die Tomate dick?


sehr gut

Es geht nicht um Tomaten
Diabetes wird zur Volksseuche. Aber darum geht es in diesem Buch eher untergeordnet. Ulrich Strunz ist Internist und Gastroenterologe und läßt uns an seinem Fachwissen teilhaben: Wie schaffe ich es, aus dem Hamsterrad von DIät, Hunger, Freßattacken und Jojo-Effekt auszubrechen?

Im Prinzip geht es darum, den Blutzuckerspiegel möglichst konstant zu halten. Und das gelingt nur ohne Kohlenhydratspitzen. Verzicht auf alle Kohlenhydrate, also alles, was Zucker und Mehl in irgendeiner Form enthält, ist der Anfang. Wenn das erreicht ist, läßt der Heißhunger nach, man fühlt sich wohl - und das Körpergewicht sinkt ganz nebenbei. Und dieses Bewußtsein schafft mehr Glückshormone als jede Zuckerdröhnung. Und noch dazu gesund.

Endlich die Lösung für unser dringendstes Zivilisationsproblem. Genial! Jetzt muß nur die DGE noch die neuen Erkenntnisse in ihre Empfehlungen einbauen! Dann kann unser ständig dicker werdendes Volk wieder auf eine gesunde Basis kommen.

Sehr humorvoll und locker geschrieben und mit Genuß zu lesen!

Bewertung vom 16.01.2016
Ein Geschenk von Bob / Bob, der Streuner Bd.3
Bowen, James

Ein Geschenk von Bob / Bob, der Streuner Bd.3


sehr gut

Weihnachten mit Bob
Bob ist immer wieder schön. Man hat verfolgt, wie aus dem heimatlosen Kater und dem langsam seßhaft werdenden (Herrchen) Dosenöffner ein tolles Team wird, das dazu beiträgt, für viele Traurige Sonne in ihrem Leben zu schaffen.

Dieser dritte Band konzentriert sich auf Weihnachten: Das erste Weihnachten 2010, das Europa mit Schnee überschüttete, und dann der Vergleich mit der aktuellen Situation. Die Zuneigung ist ungebrochen.

Besonders angenehm finde ich die Haltung von James Bowen seinem Kater gegenüber. Er hat genau das, was ein Katzenliebhaber braucht: Eine klare Haltung und viel Liebe und Verständnis. Das belohnt ihm Bob mit unverbrüchlicher Anhänglichkeit. Darüber liest man immer wieder gern: Ein Stück Freude im Alltag.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.01.2016
Der Marsianer
Weir, Andy

Der Marsianer


ausgezeichnet

Endlich mal wieder richtige Science-Fiction!
In den letzten Jahrzehnten gab es in den Science-Fiction-Regalen nur Zauberbücher, und ich fürchte, die Jüngeren wissen gar nicht mehr, wie sich ein echter SF-Roman liest. Hier ist einer! Endlich mal wieder anspruchsvolle Kost für Fans des Weltraums.

Mark Watney ist Teil eines Forschungsteams auf dem Mars, das wenige Tage nach der Ankunft überstürzt zurückfliegen muß, weil ein Sandsturm das Landemodul zu zerstören droht. In dem Durcheinander wird sein Druckanzug von der Antenne durchbohrt, und er stürzt einen Abhang hinunter. Die Anzeigen in den Anzügen seiner Kameraden übermitteln das Erlöschen seiner Lebensfunktionen: Es bleibt ihnen keine Wahl, denn sie haben nicht die Zeit, das selbst zu überprüfen und müssen schnellstmöglich starten, sonst sind sie verloren.

Doch Mark Watney ist nicht tot. Kurz nach dem Start kommt er zu sich, kann den Raumanzug flicken und ist nun allein zurückgeblieben. Die Vorräte der anderen Teammitglieder warten in der unbeschädigten Wohnkuppel, die ihm für eine gewisse Zeit das Überleben sichert – aber bei weitem nicht lange genug, um auf eine Rettungsmission von der Erde zu warten.

Auf sehr unterhaltsame und informative Weise erklärt Andy Weir die Umstände auf dem Mars: Warum Mark überleben kann und warum er nur eine sehr begrenzte Zeit hat, ohne weitere Vorräte durchzuhalten. Mark bezeichnet sich selbst als “Reparaturtrupp, der gut Blumen gießen kann”, will sagen: Techniker und Botaniker, die idealen Voraussetzungen, um zu überleben. Überhaupt ist Mark ein außerordentlich humorvoller Typ – ohne diese Eigenschaft hätte er wohl keine Chance, allein und ohne Kontakt mit der Erde zu überleben. Diese Haltung macht außerdem das Lesen zum reinen Vergnügen.

Darauf aufbauend beschreibt der Autor ein nicht nur ausgereiftes, sondern höchst realistisches Szenario. Sprachlich und inhaltlich endlich mal wieder handfestes Lesefutter nach den vielen Jahren voller Zauberbücher, die noch immer die “SF und Fantasy”-Regale verstopfen. Die Spannung wird durchgängig gehalten und man leidet mit dem einsamen Astronauten bei seinem Kampf ums Überleben.

Ich habe jede einzelne Seite genossen und hoffe nun von ganzem Herzen, daß es der Startschuß für eine neue Ära der Science-Fiction darstellt. Ich bin die Ergüsse der letzten Jahre so leid, und die angenehme Abwechslung hat mir in der Seele gutgetan!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.12.2015
Von der Kunst, andere zu führen
Härry, Thomas

Von der Kunst, andere zu führen


ausgezeichnet

Verantwortlich leiten

Verantwortung übernehmen, andere leiten und ihnen Wegweisung geben - das ist einerseits das Allererfüllendste im täglichen Leben, andererseits fordert es uns ganz. Je größer der Bereich ist, für den wir zuständig sind, desto mehr werden wir gefordert. Wer eine Leitungsposition innehat oder eine solche Aufgabe auf sich zukommen sieht, tut gut daran, sich damit zu beschäftigen.

Thomas Härry weiß, wovon er spricht: Aus der Not heraus war er gezwungen, sich damit zu beschäftigen, Nachwuchskräfte zu fördern und auszubilden, die später Leitungsfunktionen übernehmen können. Schon Paulus hat darauf hingewiesen: 2Tim 2,2 "... und was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Menschen an, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren". So wächst nicht nur christliche Gemeinde, so wächst jeder Bereich. Wo Nachwuchsförderung nicht ernstgenommen wird, leidet das Werk.

Doch diese Aufgabe ist gar nicht so einfach. Die meisten arbeiten "nach ihrem Stil", nach mit der Zeit eingeschliffenen Arbeitsmethoden und Techniken. Aber sie haben oft nicht darüber nachgedacht, ob das der beste Weg ist oder sogar, ob das lehrbar ist. Und wer die nächste Generation aus den Augen verliert, könnte in wenigen Jahren miterleben, wie sein Lebenswerk Schiffbruch erleidet.

In diesem Buch gibt Thomas Härry sorgfältig durchdachte Anleitungen, in welchen Bereichen man wie und mit welchen Mitteln am besten seine erworbene Erfahrung weitergeben kann, wo die Klippen sind und wo die gebahnten Wege. Dieses Buch hat mir in vielen Punkten sehr weitergeholfen und ich lege es allen Betroffenen wärmstens ans Herz!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.