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Island
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Nürnberg

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Insgesamt 541 Bewertungen
Bewertung vom 06.04.2022
Der Ruf einer neuen Zeit / Das Goldblütenhaus Bd.1
Groß, Gabriela

Der Ruf einer neuen Zeit / Das Goldblütenhaus Bd.1


ausgezeichnet

Das "Goldblütenhaus - Ruf einer neuen Zeit" macht mit seiner sommerlichen und zugleich edlen Covergestaltung gleich Lust auf's Lesen. Es handelt sich dabei um den ersten von drei Teilen, in dessen Mittelpunkt ein Familienunternehmen, die Firma Glanz, steht, dessen Gründer, der Großvater einer der Protagonistinnen nach dem Zweiten Weltkrieg mit der von ihm entwickelten Goldblütencreme erfolgreich wurde.

Mittlerweile führen seine Enkelinnen Leonie und Ella das Familienunternehmen, nachdem ihr Bruder Alex nach einem Sturz aus seinem Bürofenster ums Leben gekommen ist. Ihre Großmutter Hedi, die Witwe des einstigen Firmengründers lebt aber noch, genau wie ihre einzige Tochter, die Mutter der Zwillingsschwestern Leonie und Ella. Hedi scheint eine schwere Schuld auf sich geladen zu haben, man erfährt aber nur bruchstückhaft in Rückblenden mehr über ihre Vergangenheit, was die Spannung (auch auf den Folgeband) steigert. Aber auch die beiden Juniorchefinnen haben beruflich wie privat einige Themen, die dringend geklärt werden müssten.

Gabriela Gross schreibt sehr anschaulich und fesselnd darüber, was es bedeutet, eine Familie zu sein und einen Familienbetrieb zwischen Tradition und Moderne zu führen, was auch immer wieder gewisse Einschränkungen mit sich bringt und den Zusammenhalt aller erfordert. Man kann sich gut in die Beteiligten und ihr Leben hineinversetzen, auch wenn diese mir stellenweise doch etwas zu sehr in ihrer recht luxuriösen Welt leben, aber so ist das wohl oft, wenn man ein eigenes Unternehmen führt, und durch die Rückblicke in die Vergangenheit von Hedi und dadurch, dass nur portionsweise mehr über sie bekannt wird, wird viel Spannung erzeugt. Auch die Kosmetikentwicklung und die Vermarktung der Produkte werden thematisiert, hierzu hat die Autorin gründlich recherchiert. Der Schreibstil ist gut lesbar, sodass die Kapitel nur so verfliegen. Ich bin auf jeden Fall schon gespannt auf den zweiten Band.

Bewertung vom 06.04.2022
Für immer und noch ein bisschen länger
Leciejewski, Barbara

Für immer und noch ein bisschen länger


ausgezeichnet

Anna, Anfang 30, deren chinesische Mutter direkt nach ihrer Geburt gestorben ist, woraufhin sie bei ihren eher gefühlskalten deutschen Großeltern aufwuchs, musste vor sechs Jahren einen weiteren heftigen Verlust verkraften. Ihr Verlobter Jeremias starb bei einem Verkehrsunfall. Seitdem lebt sie total zurückgezogen in der ehemals gemeinsamen Wohnung, ihr einziger Kontakt zur Außenwelt findet durch ihre Arbeit als Pianistin und Gesangslehrerin statt. Doch dann erhält sie auch noch eine Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarf und findet im teuren München keine Alternative, sodass sie schließlich mehr oder weniger aus Verzweiflung bei der WG der über 80-jährigen, ehemaligen Opernsängerin Gunilla, ihrem autistischen Sohn Michel, der stillen älteren Dame Rose und KG, einem höflichen älteren Herren, der den WG-Haushalt schmeißt, landet. Auch sie haben alle ihr Päckchen zu tragen, doch Annas Einzug bringt etwas ins Rollen, sowohl bei Anna, als auch bei ihren älteren Mitbewohner:innen.

Barbara Leciejewski ist es auch mit ihrem neuesten Roman gelungen, eine sehr feinsinnige Geschichte mit etwas ungewöhnlichen Protagonist:innen und viel Tiefgang zu erzählen. Jede:r der Beteiligten hat mit Ereignissen aus der Vergangenheit nicht abschließen können und verbirgt etwas vor den anderen, anstatt offen darüber zu sprechen. Aber, beginnend mit Annas Einzug, ändert sich langsam etwas, alle werden offenener und achtsamer miteinander und helfen sich so gegenseitig ins Leben zurück, auch wenn es ein langer Prozess ist. Die Autorin hat durchweg überzeugend gestaltete und liebenswerte Charaktere erschaffen, die trotz mancher Macke nie ins Lächerliche abdriften. Der Schreibstil ist sehr gut und flüssig lesbar und der Roman fesselt, weil man nach und nach die Geschichte der verschiedenen Personen erfährt. Auch die Liebe spielt natürlich eine Rolle, aber auf eine angenehm unkitschige Art und Weise. Was mir ebenfalls gut gefallen hat, ist, dass im Gegensatz zu vielen anderen Romanen, die in letzter Zeit erschienen sind, auch Corona, in diesem Fall die Folgen des ersten Lockdowns vor allem für die Musikerin Anna, nicht komplett ausgeblendet wurde, da es zur aktuellen Zeit einfach dazu gehört und nicht bewusst ignoriert werden sollte, weil es sich um eine fiktive Geschichte handelt. Ich empfehle diesen Roman auf jeden Fall sehr gerne allen, die Gegenwartsromane mit etwas Tiefgang mögen.

Bewertung vom 06.04.2022
Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehn
Matthiessen, Susanne

Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehn


sehr gut

Die Journalistin Susanne Matthiessen ist gebürtige Sylterin und hat ihre Jugend auf der Insel verbracht, bis sie zum Studium wegging. Ihr neues Buch "Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen", einem Zitat aus dem Ärzte Klassiker Westerland beschäftigt sich nun, ausgehend von der durch die Lockdowns eingekehrte vorübergehende Ruhe, mit den Veränderungen ihrer Heimatinsel seit ihrer Jugend in den 80er Jahren.

Damals hatten die Immobilienpreise nicht annähernd die heutigen Dimensionen erreicht und es gab noch unbebaute Flächen. Eine Zeitlang war Westerland sogar Anziehungspunkt für viele Punks und die Ärzte gaben ein Konzert dort. Einheimische und wohlhabende Urlauber und Ferienhausbesitzer profitierten voneinander, man schätzte als Friese aber auch Understatement anstatt Geprotze.

Mittlerweile sind fast alle bebaubaren Flächen Apartmenthäusern zum Opfer gefallen, viele Einheimische haben die Insel endgültig verlassen und damit fehlt auch Infrastruktur, für Dauerbewohner der Insel. Immer weitere Bauprojekte sorgen für Konfliktpotential zwischen Investoren und Insulanern, immer häufigere Wintersturmfluten lassen erahnen, wie der Klimawandel Sylt immer mehr zusetzen wird. Nicht alle aus dem früheren Unfeld der Erzählerin sind in ihrem Leben glücklich geworden.

Susanne Matthiessen erzählt, mir teilweise etwas zu episodenhaft, vom Leben auf Sylt abseits des Tourismus. Sie tut das sehr authentisch, pragmatisch und klischeebefreit und es ist sehr interessant auf diese Art die wahrscheinlich berühmteste deutsche Insel mal von einer anderen Seite zu sehen und die Schattenseiten der immer noch weiter steigenden Bettenzahlen aus Sicht einer dort Geborenen zu erfahren. Von der Beschreibung her, hätte ich aber eigentlich noch etwas mehr dazu erwartet, welche Folgen die Lockdowns für die Menschen auf Sylt hatte. Die Jugendzeit der Autorin in den 80ern nimmt definitiv mehr Raum ein.

Die Journalistin Susanne Matthiessen ist gebürtige Sylterin und hat ihre Jugend auf der Insel verbracht, bis sie zum Studium wegging. Ihr neues Buch "Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen", einem Zitat aus dem Ärzte Klassiker Westerland beschäftigt sich nun, ausgehend von der durch die Lockdowns eingekehrte vorübergehende Ruhe, mit den Veränderungen ihrer Heimatinsel seit ihrer Jugend in den 80er Jahren.

Damals hatten die Immobilienpreise nicht annähernd die heutigen Dimensionen erreicht und es gab noch unbebaute Flächen. Eine Zeitlang war Westerland sogar Anziehungspunkt für viele Punks und die Ärzte gaben ein Konzert dort. Einheimische und wohlhabende Urlauber und Ferienhausbesitzer profitierten voneinander, man schätzte als Friese aber auch Understatement anstatt Geprotze.

Mittlerweile sind fast alle bebaubaren Flächen Apartmenthäusern zum Opfer gefallen, viele Einheimische haben die Insel endgültig verlassen und damit fehlt auch Infrastruktur, für Dauerbewohner der Insel. Immer weitere Bauprojekte sorgen für Konfliktpotential zwischen Investoren und Insulanern, immer häufigere Wintersturmfluten lassen erahnen, wie der Klimawandel Sylt immer mehr zusetzen wird. Nicht alle aus dem früheren Unfeld der Erzählerin sind in ihrem Leben glücklich geworden.

Susanne Matthiessen erzählt, mir teilweise etwas zu episodenhaft, vom Leben auf Sylt abseits des Tourismus. Sie tut das sehr authentisch, pragmatisch und klischeebefreit und es ist sehr interessant auf diese Art die wahrscheinlich berühmteste deutsche Insel mal von einer anderen Seite zu sehen und die Schattenseiten der immer noch weiter steigenden Bettenzahlen aus Sicht einer dort Geborenen zu erfahren. Von der Beschreibung her, hätte ich aber eigentlich noch etwas mehr dazu erwartet, welche Folgen die Lockdowns für die Menschen auf Sylt hatte. Die Jugendzeit der Autorin in den 80ern nimmt definitiv mehr Raum ein.

Bewertung vom 06.04.2022
Das verschlossene Zimmer
Givney, Rachel

Das verschlossene Zimmer


ausgezeichnet

Die 17-jährige Marie ist bei ihrem katholischen Vater Dominik, einem angesehenen Krakauer Arzt, recht behütet aufgewachsen, stellt sich aber mittlerweile immer öfter die Frage, wer ihre Mutter ist und was aus dieser geworden ist, warum sie verschwand, als Marie ein Kleinkind war. Ihr Vater gibt sich in dieser Hinsicht sehr verschlossen und so beginnt sie ihre Suche nach Spuren ihrer Mutter im stets verschlossenen Schlafzimmer ihres Vaters, wo sie aber auch auf keine heiße Spur stößt. Und auch, der Name des Märchens, das ihre Mutter ihr mehrmals erzählt hat, ihre einzige vage Erinnerung an sie, mag ihr nicht einfallen.

Zugleich wird die politische Lage im Frühjahr 1939 in Krakau immer angespannter, da ein Angriff Hitlers droht, und im Krankenhaus, an dem Dominik arbeitet, kommt von manchen Seiten Antisemitismus auf.

Der historische Roman spielt hauptsächlich im Krakau des Jahres 1939, wechselt aber auch manchmal in die Vergangenheit nach Lemberg, wenn es um die Geschichte von Maries Eltern geht.

Mich hat die Geschichte um Marie gefesselt, zumal der Roman bis zum Ende spannend bleibt und eine sehr überraschende Wendung bietet. Marie ist eine sehr sympathische Protagonistin, die sich nicht so leicht unterkriegen lässt, wenn ihr etwas wichtig ist. Auch ihre Eltern sind beeindruckende Persönlichkeiten, wie man sie 1939 und in den Rückblenden erlebt. Der Schreibstil der Autorin ist angenehm und gut lesbar.

Bewertung vom 06.04.2022
Das Land, von dem wir träumen / Die Südtirol Saga Bd.1
Thaler, Anna

Das Land, von dem wir träumen / Die Südtirol Saga Bd.1


ausgezeichnet

"Das Land, von dem wir träumten", ist der erste Teil einer Familiensaga, die im Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg spielt, als die italienische Regierung die südtiroler Bevölkerung zwingen wollte, ihre eigenen Traditionen über Bord zu werfen und nur noch Italienisch zu sprechen.

Zu dieser Zeit kommt Franziska Bruggmoser als frisch in Innsbruck ausgebildete Lehrerin, die der italienischen Sprache aber nicht mächtig ist, auf den Bauernhof ihrer Familie bei Meran zurück und erfährt kurz darauf, dass sie nur als Lehrerin arbeiten dürfe, wenn sie den kompletten Unterricht auf Italienisch hält. Das kommt für Sie nicht in Frage, weshalb sie eine so genannte Katakombenschule in der Nähe ihres Hofes gründet, um dort ohne das Wissen ihres Vaters, der keine Probleme mit den Italienern haben will, mehrere Kinder aus dem Ort, inklusive zwei kleinen Kriegswaisen, die auf ihrem Hof leben, auf Deutsch zu unterrichten. Währenddessen sind die zwei verbliebenen ihrer ursprünglich vier Brüder nicht mehr die Alten, seit sie aus dem Krieg zurückgekehrt sind, was das Hofleben belastet und den Hof in Gefahr bringt.

Der historische Roman spielt in einer tollen Umgebung mit hohen Bergen, der Etsch und der Apfelblüte im Frühling, wozu auch die schöne Covergestaltung gut passt. Diese Umgebung fängt die Autorin durch ihre anschauliche Schreibweise gut ein. Zugleich wird aber auch deutlich, wie angespannt die Lage in Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg war und welcher Gefahr sich engagierte Menschen wie Franziska aussetzten. Was sie beschreibt wirkt sehr gründlich recherchiert und ich hatte das Gefühl, viel Neues über diese Zeit erfahren zu haben. Im deutschen Geschichtsunterricht wird die Situation dort ja eher weniger thematisiert und ich finde es sehr interessant, mehr über diese Gegend, wo ich schon öfter im Urlaub war, zu erfahren. Zur besseren Orientierung hätte ich vielleicht noch eine Landkarte im Umschlag ganz hilfreich gefunden. Das Personenregister hilft anfangs auf jeden Fall den Überblick zu behalten.

Bewertung vom 29.03.2022
Das Leben, ein wilder Tanz / Die Polizeiärztin Bd.3
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein wilder Tanz / Die Polizeiärztin Bd.3


ausgezeichnet

"Das Leben, ein wilder Tanz" ist der dritte und letzte Teil einer Romanreihe um die Polizeiärztin Magda Fuchs, die nebenbei auch als Gynäkologin und Kinderärztin tätig ist. Zeit der Handlung ist das Jahr 1924, eine wilde Zeit in Berlin.

Magda und ihr Ehemann, der im Polizeidienst tätige Jurist Kuno haben es mit einem Mord an einer wohlhabenden jungen Frau zu tun, die in einem skurrilen Club ihren ausgefallenen Vorlieben nachgekommen sein soll. Bei den Ermittlungen kommen sie auch mächtigen Personen in die Quere. Zugleich haben sie die Suche nach Elkes Bruder Otto, der bei Magdas erstem Fall als Kleinkind nach dem Mord an seinen Eltern verschwunden war, weiter nicht aufgegeben.
Celia soll unterdessen, wenn es nach ihrem Mann Edgar und dessen Mutter geht, immer mehr auf ihre Rolle als Mutter und Ehefrau reduziert werden und ihre Pension und ihr Medizinstudium aufgeben.

Ich fand es wieder sehr interessant, mit Magda und den anderen Frauen, die alle in Zusammenhang mit Celias Pension Bleibtreu stehen, in die Vergangenheit zu reisen und Berlin aus deren Perspektive kennenzulernen. Das Autorenduos schreibt sehr anschaulich und fesselnd, sodass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Als kleinen Bonus gab es zudem noch ein Wiedersehen mit alten Bekannten aus einer vorangegangenen Reihe der Autor:innen. Nun finde ich es etwas schade, dass die Geschichte um Magda Fuchs und die anderen Frauen damit zu Ende ist, sie hat aber einen runden und würdigen Abschluss gefunden. Grundsätzlich würde ich empfehlen, zuerst die beiden vorangegangenen Bände zu lesen, weil man dann einfach über mehr Hintergrundinformationen verfügt und auch diese lesenswert sind.

Bewertung vom 29.03.2022
Nordwestnacht / Soko St. Peter-Ording Bd.3
Jensen, Svea

Nordwestnacht / Soko St. Peter-Ording Bd.3


ausgezeichnet

Im dritten Teil der in St. Peter Ording spielenden Krimireihe um die Kommissar:innen Hendrik Norberg und Anna Wagner steht der Dreh einer Krimiserie in dem Badeort unter keinem guten Stern. Zunächst wird ein Mitarbeiter des Filmteams tot an einen Pfahlbau gekettet aufgefunden und dann ist auch noch die neue Hauptdarstellerin verschwunden. Und auch privat läuft bei Hendrik und Anna nicht alles glatt.

Ich mag diese, recht neue Krimireihe sehr gern, weil mir die beiden Protagonist:innen sympathisch sind und auch ihr Privatleben nicht außen vor bleibt. Dafür ist auch dieser Fall wieder nicht zu gruselig oder blutig beschrieben, sondern die Ermittlungstaktik steht im Mittelpunkt und Spannung ist so trotzdem vorhanden. Auch den Schauplatz St. Peter Ording finde ich sehr interessant und es findet sich auch immer wieder eine Dosis Lokalkolorit. Der Cliffhanger am Ende dieses Teils lässt mich darauf hoffen, dass schon bald ein weiterer Fall für das Ermittlerteam folgen wird.

Bewertung vom 29.03.2022
Selbstversorgung
Diederich, Marie

Selbstversorgung


ausgezeichnet

Marie Diederich befasst sich schon länger in ihrem Blog und auf YouTube unter dem Namen "Wurzelwerk" mit Themen rund um den Garten. Dieses Buch liefert nun auf über 300 Seiten gebündelt diverse Tipps zum Gemüseanbau und zur Tierhaltung und auch einige Küchentipps. Die Aufmachung des Buches hat mir gleich sehr gut gefallen, das Titelbild vermittelt richtig die Freude an der Arbeit im Garten und der Einband ist stabil und wirkt durch die raue Haptik sehr hochwertig und gut zum Thema des Buches passend.

Das Buch vermittelt dann zunächst Grundlegendes, zum Beispiel auch, wie man ganz ohne eigenes Grundstück selbst Gemüse anbauen und sogar Tiere halten kann und einen Realitätscheck, inwieweit Selbstversorgung wirklich möglich ist. Dann gibt es grundsätzliche Anbau-Tipps, zum Beispiel, wie man Beete anlegt, worauf bei der Fruchtfolge zu achten ist, wie man seinen eigenen Kompost bekommt und wie man aus Samen Jungpflanzen heranzieht und am Ende bestenfalls auch wieder neuen Samen gewinnt.

Anschließend folgen auf jeweils etwa zwei bis vier Seiten Portraits von den wichtigsten Gemüsesorten, aber auch einigen Kräutern und Obststräuchern. Hier wird dann genauer auf den besten Zeitpunkt für die Aussaat oder das Auspflanzen im Freien eingegangen, auf gute und schlechte Beetnachbarn, Schädlingsbefall und wie man dem entgegen wirken kann, besonders geeignete Sorten und ihre Vorzüge und die Vermehrung der jeweiligen Pflanze eingegangen.

Es folgen noch einmal gesondert Tipps gegen Schnecken, Läuse und Co, bevor es dann um die Nutztierhaltung in Form von Hühnern, Ziegen und Schafen geht, was für mich persönlich dann doch eine Nummer zu groß ist. Daher stellt sich mir die Frage nach der Verwertung und Haltbarmachung der Tierprodukte auch nicht. Die Rezepte für den eigenen Sauerteig und fermentiertes Gemüse klingen dagegen auch für mich spannend.

Das Buch bietet auf jeden Fall sehr viel Inspiration und auch Tipps für den eigenen Garten. Es ist zudem gespickt mit ansprechenden Fotos und Anekdoten der Autorin.

Bewertung vom 20.03.2022
Der Blauwal
Tjernshaugen, Andreas

Der Blauwal


ausgezeichnet

Schon das Coverbild dieses Sachbuchs für Kinder ab acht Jahren ist gut gewählt, weil es verdeutlicht, wie groß diese beeindruckenden Tiere eigentlich sind. Die jungen Leser begeben sich im Verlauf der Lektüre gemeinsam mit einer Blauwalmutter und ihrem Nachwuchs auf eine Reise durch die Tiefen des Ozeans und erfahren so quasi nebenbei viel Wissenswertes über die Spezies Blauwal, aber auch andere Walarten und das alles so aufbereitet, dass es für die Altersgruppe gut nachvollziehbar ist. Auch die Gefährdung der Meeressäuger wird nicht außer Acht gelassen, um die Kinder dafür zu sensibilisieren.
Die Texte sind gut verständlich und für Kinder ansprechend geschrieben und die "Textportionen" sind auch nicht zu viel für die Altergruppe. Zusätzlich tragen wirklich schöne und gut ausgewählte Illustrationen zu mehr Anschaulichkeit bei, ohne, dass die Seiten überladen wirken. Somit eignet sich das Sachbuch sowohl zum Selbstlesen für schon etwas geübtere Leser, als auch zum gemeinsamen Anschauen und Vorlesen mit den Eltern. Dann vielleicht auch schon für etwas jüngere Kinder, die von den riesigen Meeressäugern ja oft auch schon fasziniert sind.

Bewertung vom 20.03.2022
Via Torino
Leuthner, Aja

Via Torino


ausgezeichnet

Die Handlung von Aja Leuthners Roman Via Torino spielt sich auf drei Zeitebenen in Deutschland (hauptsächlich in München) und in Italien ab. Im Mittelpunkt stehen drei Generationen einer deutsch-italienischen Familie.

Eleonara stammt aus einer sehr konservativen deutschen Familie und schließt sich, wohl auch etwas als Aufbegehren gegen ihren strengen Vater, zusammen mit einem deutsch-italienischen Studienfreund den Studenten- und Arbeiterstreiks um das Fiat-Werk in Turin im Jahr 1969 an. In Italien erlebt sie viel Ungerechtigkeit und Gewalt, lernt aber auch einen jungen Sizilianer kennen, mit dem sie ihre Tochte Rosalia bekommt und in München großzieht. Diese bekommt später ihre uneheliche Tochter Milena, vor der sie ein großes Geheimnis aus deren Vater macht, das Milena im Jugendalter dann aber zu lüften versucht.

Die drei Frauen sind starke Protagonistinnen, alle mit einem eigenen Kopf, der Autorin ist es gelungen, dass ich mir sie sehr gut vorstellen und mich in sie hineinversetzen konnte. Ich fand es auch sehr interessant, mehr über die Aufstände in Italien Ende der 60er Jahre und die schlechten Bedingungen, die damals in der Autoindustrie dort herrschten, zu erfahren, da ich damals noch nicht geboren war und ansonsten auch noch wenig davon mitbekommen habe. Aja Leuthner hat die aufgeheizte Stimmung sehr gut eingefangen. Anfangs habe ich mir mit der Vielzahl der Personen etwas schwer getan, die Orientierung zu behalten, aber das hat sich mit der Zeit gegeben und vor Zeitsprüngen wurde immer die jeweilige Jahreszahl angegeben. Auf jeden Fall handelt es sich bei dem Roman um eine spannende Mischung aus Familiengeschichte und italienischer Zeitgeschichte.