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Benutzername: 
Glüxklaus
Wohnort: 
Franken

Bewertungen

Insgesamt 612 Bewertungen
Bewertung vom 29.06.2021
Pension Herzschmerz
Below, Christin-Marie

Pension Herzschmerz


sehr gut

Von falschen Männern und richtigen Entscheidungen

„Was hat das Meer nur an sich, dass es einem sofort besser geht, sobald man es sieht?“

Anna findet heraus, dass ihr Freund sie mit seiner Arbeitskollegin betrügt. Als bei ihrer Freundin Louise unterschlüpft, ist deren Freund Nils überhaupt nicht begeistert. Glück im Unglück, dass sich Kim, Louises andere Freundin, den Fuß bricht und Louise um Hilfe bittet. Kim lebt auf der Insel Norderney und braucht nun einen Chauffeur, der sie zur Arbeit bringt. Kurzentschlossen fahren Anna und Louise auf die Insel, um Kim zu unterstützen. Bei einem gemeinsamen Abend kommt den Freundinnen die Idee, eine Pension für Gäste mit Liebeskummer zu eröffnen. Als die drei dann erfahren, dass Pensionswirtin Swantje tatsächlich bereit ist, ihre Pension zu verpachten, möchten sie ihren Plan von der „Pension Herzschmerz“ in die Tat umsetzen. Doch Swantje fordert von den Frauen „einheimische Fürsprecher“. Also setzen die drei Freundinnen alles daran, die Insulaner von ihrer innovativen Idee zu überzeugen. Gar nicht so einfach.

Autorin Christin Marie Below erzählt klar und gut verständlich in Ich-Form aus Louises Sicht. Ihr Schreibstil ist weniger elegant, als „bodenständig“, schlicht und flüssig. Christin Marie Below hat ihre Geschichte in fünf Abschnitte gegliedert und dieses jeweils mit den einzelnen Phasen von Liebeskummer betitelt: „Phase 1: Schock“, „Phase 2: Begreifen“, „ Phase 3: Wut“, „Phase 4: Trauer und Sehnsucht“ und „Phase 5: Heilung“. Diese originelle Aufteilung passt sehr gut zur Geschichte und ihrem stimmigen Aufbau.

Die drei Freundinnen Louise, Anna und Kim sind recht unterschiedliche Charaktere. Anna verhält sich eher impulsiv, ihr kann es durchaus schon mal passieren, dass sie ihren Freund aus Rache in ein kleines Badezimmer einsperrt. Louise ist wesentlich zurückhaltender und angepasster, sie zeigt sich verletzlich, zieht sich oft in ihr Schneckenhaus zurück. Anders Kim, die vor Energie und Lebenslust sprüht. Gerade wegen ihrer konträren Persönlichkeiten ergänzen sich die Freundinnen ziemlich perfekt.
Prima gefallen hat mir der Charakter Beeke. Beeke ist „Inselälteste“. Sie hat sehr viel Lebenserfahrung und bringt die Dinge weise und differenziert auf den Punkt: „Und wo wir schon mal beim Thema sind: Kein Mann ist einen gebrochenen Fuß wert!“ Aber: „Liebeskummer ist vergänglich, die Liebe hingegen unvergesslich.“ „Es kommt natürlich darauf an, an wen man sein Herz verliert. Es sollte schon der Richtige sein. Dann lohnt es sich, auch wenn es manchmal wehtut.“
Wie der Titel schon vermuten lässt, kommen nicht alle Herren der Schöpfung hier gut weg, manche aber schon.

„Pension Herzschmerz“ ist ein leichter Wohlfühl-Urlaubsroman wie ein romantischer Fernsehfilm, der einen für einen Abend den Alltag vergessen lässt und einfach nur angenehm unterhält. Kurzweilig, mit Momenten zum Lachen und Mitfiebern, stimmigem, wenn auch vorhersehbaren Verlauf und wunderbarem idyllischen Schauplatz. Das hier vorgestellte Norderney, wo die Uhren noch anders gehen, mit seinen landschaftlichen Schönheiten und ganz speziellen, aber liebenswerten Bewohnern macht Lust auf Meer. Und für alle, die das gute Gefühl, das die Geschichte vermittelt, noch intensivieren wollen, gibt es im Anhang ein Rezept für Erdnussbuttercookies, die die Hauptfiguren im Roman selbst in Hochstimmung versetzen.

Bewertung vom 28.06.2021
Die Roseninsel
Reitner, Anna

Die Roseninsel


sehr gut

Eine verwunschene Insel und eine spannende Reise in die Vergangenheit

„Das ist… wunderbar“, sagt sie. „Es ist doch eine merkwürdige Vorstellung - ein Mensch, der vor so langer Zeit das Muster einritzte und hier bin ich und sehe und fühle es genauso.“ Sie sah auf. „Das ist, als würde es uns verbinden.“

Liv Dahl arbeitet als Ärztin an der Berliner Charité. Die Arbeit ist anstrengend und psychisch belastend. Nach einem dramatischen Ereignis braucht Liv eine Pause und übernimmt vertretungsweise die Stelle als Verwalterin auf der Roseninsel im Starnberger See. Dort findet sie das Tagebuch der früheren Bewohnerin Magdalena, Tochter des einst als verrückt geltenden Bayrischen Königs Otto. Liv begibt sich auf Spurensuche und taucht in das Leben der geheimnisvollen Königstochter ein. Schmerzhaft muss sie feststellen, dass sie vor ihren eigenen Problemen allerdings nicht davonlaufen kann. Zum Glück gibt es Segellehrer Johannes, der Liv nicht nur mit Lebensmitteln versorgt, sondern sich auch für sie zu interessieren scheint.

Anna Reitners einfacher, flüssiger Sprachstil macht es ihren Lesern leicht, sich sofort in Livs Geschichte hineinzuversetzen. Auch die Passagen, die sich auf Magdalenas Leben beziehen, sind unkompliziert und gut verständlich formuliert.

Zwei Frauen. Zwei Hauptfiguren, die auf der Roseninsel zeitweise von der Außenwelt abgeschottet sind und mehr als genug Zeit haben, sich mit sich und ihren Gedanken zu beschäftigen. Für Liv ist der Aufenthalt auf der Roseninsel eine Flucht aus ihrem Alltag, doch eigentlich ist ihr eines sehr wohl bewusst: „Wem machte sie etwas vor? Man konnte nicht fliehen vor dem, was man war.“ Die sensible, verletzliche Frau kämpft mit Schuldgefühlen und glaubt, versagt zu haben und Glück nicht zu verdienen. Magdalenas Geschichte wird für sie zum Sog in die Vergangenheit : „Oh, oh Liv“ bemerkt sie „langsam lebst Du wirklich mehr in diesem alten Buch als in der Wirklichkeit.“
Magdalena wünscht sich hingegen nichts mehr als von der Insel, auf der sie von ihrer penetranten Aufpasserin Baronin von Zeiss streng überwacht wird und sich wie eine Gefangene fühlt, und aus ihrem eintönigen Leben fliehen zu können. Beide Frauen warten auf ihre „Erlösung“. Vielleicht in Gestalt des verständnisvollen „Richtigen“?

Eine sehr interessante und spannende Spurensuche erlebt Liv. Die Geschichte des real existierenden Königs Otto und seiner fiktiven Tochter Magdalena fesselt nicht nur Liv, sondern auch mich als Leserin. Magdalena selbst fühlt sich ebenso mit der Vergangenheit verbunden, liest archäologische Bücher, beschäftigt sich mit Heinrich Schliemann und möchte wissen, was in der Vergangenheit auf der Insel geschah.
Unbedingt wollte ich zudem erfahren, welches Trauma Liv selbst zu bewältigen hat. Die beiden Handlungsstränge - Gegenwart und Vergangenheit - sind geschickt miteinander verwoben, lesen sich fast wie von selbst und das Ende sorgt durchaus noch für Überraschungen, zumindest Magdalenas. Ein locker-leichter, kurzweiliger Roman über Neuanfänge und ganz besondere Verbindungen zur Vergangenheit, der Lust macht, die verwunschene „Roseninsel“ mit ihrer faszinierenden Geschichte selbst einmal zu besuchen. Ein Buch ideal für eine Auszeit mit unterhaltsamen Lesestunden zu Hause oder noch besser im Liegestuhl mit Blick auf den Starnberger See.

Bewertung vom 28.06.2021
Der Baum und der Vogel
Bickford-Smith, Coralie

Der Baum und der Vogel


sehr gut

Ein poetisches Buch zum Bestaunen und Nachdenken

Im Dschungel wächst ein hoher Baum. Während der Trockenzeit suchen viele Tiere darin Schutz, auch ein kleiner Vogel, für den der Baum Heimat ist. Als die Regenzeit kommt, verlassen die Tiere den Baum. Der Vogel aber macht sich Sorgen: Wer wird beim Baum bleiben? Er beobachtet, dass sich nachts ganz verschiedene Tiere wie Affen oder Schmetterlinge am Baum aufhalten, die viel von der Welt erzählen können. Allmählich begreift der Vogel, dass es auch für ihn Zeit wird, loszulassen.

Coralie Bickford-Smith schreibt sehr bildhaft, fast poetisch, manchmal klar und direkt, aber mitunter sind die Worte nur im übertragenen Sinne zu verstehen.
Wirklich besonders ist die Gestaltung des Buchs. Äußerlich recht unscheinbar, ein grün-blaues Cover in Leinen gebunden, aber was sich innen verbirgt, ist wirklich beeindruckend: Wunderschöne Bilder, die wie Drucke eines Linolschnitts wirken, auf wenig unterschiedliche Farben pro Seite beschränkt, aber gerade deshalb so intensiv und wirkungsvoll.
Die Geschichte ist auf Anhieb nicht ganz so einfach zu begreifen, selbst für Erwachsene nicht. Kleinere Kinder ab vier, fünf Jahren werden von der Gestaltung des Buchs fasziniert sein und mit Interesse den schön klingenden Sätzen lauschen. Um die Bedeutung des Textes zu erfassen, werden sie aber auf die Erklärung Erwachsener angewiesen sein. „Der Baum und der Vogel“ ist ein „Familienbuch“, die vom Verlag angegebene Altersempfehlung von 3 bis 99 Jahren hat daher durchaus seine Berechtigung.

Ein kleiner Vogel ist die Hauptfigur. Er wirkt wie ein Kind, das nicht viel von der Welt weiß und sich zu Hause geborgen fühlt. Mit dem Vogel können sich Kinder sicher identifizieren. Auch sie haben noch so viel zu lernen und zu entdecken.

„Der Baum und der Vogel“ ist ein poetisches, philosophisches Buch mit einer Botschaft, über die die Leser sicher nachdenken müssen. Der kleine ängstliche Vogel beobachtet genau und erkennt, dass es soviel gibt, das man auf den ersten Blick nicht sieht, wenn man „begrenzt“ und „ängstlich“ denkt. Der Baum ist immer voller Leben, was den Vogel dazu bringt, loszulassen. Es ist fundamental wichtig, Heimat und Wurzeln zu haben. Aber dennoch bietet das Leben soviel mehr. Jeder Leser mag sich seine eigene Botschaft aus der vermeintlich einfachen Geschichte herausziehen, jeder mag den Text ein wenig anders interpretieren. Zweifelsohne werden die besonderen Bilder aber alle Leser gleichermaßen ansprechen. Ein ungewöhnliches Buch zum gemeinsam Lesen, gemeinsam Deuten und Philosophieren und gemeinsam Genießen.

Bewertung vom 23.06.2021
Das Karlgeheimnis
Wilke, Jutta

Das Karlgeheimnis


ausgezeichnet

Familien-, Freundschaftsgeschichte und Krimi in einem - mitreißend und überraschend

Emil ist Krimi-Autor, zumindest schreibt er gerade an einem Krimi, der aber noch nicht so richtig weit fortgeschritten ist. Wie passend, dass er mit Finja eine echte Detektivin kennenlernt. Aber statt sich auf sein Buch zu konzentrieren, muss Emil Ordnung in sein wirkliches Leben bringen: Mama ist immer erschöpft und vermisst Papa, sie braucht dringend Geld für unbezahlte Rechnungen und jetzt möchte Emils Lehrerin, die fiese Bertram, auch noch 200 Euro für die Klassenfahrt einsammeln. Und nicht genug damit: Sie nimmt Emil sein wichtiges, unersetzliches Notizbuch weg. Zum Glück hat Emil in Kioskbesitzer Karl einen verständigen Freund. Doch eines Tages ist der plötzlich spurlos verschwunden. Allerhöchste Zeit für die Detektivin, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Autorin Jutta Wilke schreibt gut verständlich, klar und kindgemäß in Ich-Form aus Emils Sicht im Präsens. Fast jedem Kapitel ist der Steckbrief einer mitwirkenden Person vorangestellt. Diese witzigen Steckbriefe sorgen für Abwechslung und lockern auf.
Ulf Ks. Illustrationen habe etwas ganz Eigenes: schwarz-weiß und mit größeren gepunkteten Flächen, ein bisschen „retro“, recht simpel, kantig und großflächig, aber sehr interessant anzuschauen und beeindruckend ausdrucksstark. Sehr gelungen auch die allererste Doppelseite, in grau-weiß sind hier fast alle Mitwirkenden und der Kiosk zu sehen.
Die doch recht umfangreiche Geschichte eignet sich für geübte Leser ab neun Jahren, zum Vorlesen auch schon für jüngere Kinder ab sechs oder sieben Jahren.

Emil ist ein sympathischer, sensibler Junge. Er hat viel Phantasie und weiß ziemlich genau, was richtig und was falsch ist, auch wenn er es wie die meisten Menschen nicht immer schafft, seinen eigenen Grundsätzen treu zu bleiben. Emil ist sehr rücksichtsvoll anderen gegenüber, hilft der alten Frau Janssen beispielsweise mit ihren Einkäufen und sorgt sich immer darum, wie es anderen geht. Weil Emil so nett wirkt, so intensiv und einsichtig fühlt, leidet man als Leser sehr mit ihm und hofft, dass sich all seine Schwierigkeiten auflösen. Emil ist eine liebenswerte Hauptfigur zum Identifizieren und Mitfiebern.
Auch viele andere Charaktere muss man einfach mögen, die aufgeweckte, zupackende Finja, den netten Karl oder die Drei von der Müllabfuhr, die für Emil das Viertel, in dem er noch gar nicht lange wohnt, schon bald zur Heimat machen. Und mit der fiesen Bertram gibt es auch einen ausgewachsen Bösewicht. Jutta Wilkes Figuren sind gelungen, originell, gut gezeichnet und machen Spaß.

Wird Emil aus seiner persönliche Bredouille herausfinden und Mamas Geldproblem lösen? Wo steckt Karl? Und was wollen die mysteriösen Männer an Karls Büdchen?
„Das Karlgeheimnis“ ist eine Familiengeschichte, eine Geschichte über Freundschaft und ein Krimiabenteuer: mitreißend, turbulent, ganz schön spannend und mit einigen unvorhersehbaren Wendungen. Nebenbei wird Verständnis für verschiedene Lebens- und Familiensituationen aufgebaut, die Themen Demenz, Einsamkeit und Armut werden ebenso behandelt. Die Geschichte zeigt, wie schön Zusammenhalt unter Nachbar sein und was er alles bewirken kann.
All meine Mitleser im Alter von fünf bis neun Jahren waren von der unterhaltsamen Geschichte ziemlich gepackt. Für uns ein unerwartetes, absolut lesenswertes Kinderbuchhighlight, eine reichlich gefüllte Wundertütengeschichte für alle, die sich gerne überraschen lassen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.06.2021
Sternenwende / Gut Greifenau Bd.6
Caspian, Hanna

Sternenwende / Gut Greifenau Bd.6


ausgezeichnet

Würdiger und stimmiger Abschluss einer rundum gelungenen Familien-Historiensaga

1928 sind die politische Verhältnisse im Deutschen Reich extrem instabil. Die Nationalsozialisten gewinnen immer mehr Einfluss. Auch auf Gut Greifenau geht es alles andere als ruhig zu. Konstantin hofft auf Kredite aus der Osthilfe, denn finanziell steht das Gut nach wie vor nicht gut da. Um Greifenau zu retten, muss er als Gutsherr Entscheidungen treffen und Prioritäten setzen, die in seiner Familie umstritten sind. Konstantins Schwester Katharina hat ihre Ausbildung als Ärztin beendet und könnte sich nun eigentlich mehr auf ihren Beruf konzentrieren, doch dann stellt ein Ereignis ihr Leben komplett auf dem Kopf. Und Alexander versucht nach seinen schweren Verletzungen wieder auf die Füße zu kommen. Bei den Dienstboten reiht sich ebenfalls ein Ereignis ans nächste: Ein ehemaliger Angestellter kehrt nicht allein zurück und bringt Wiebkes Gefühlsleben gehörig durcheinander. Und Albert, der sich langsam von Idas Tod erholt hat, wird Opfer einer Verleumdung.

Autorin Hanna Caspian schreibt wie gewohnt klar, angenehm und sehr flüssig. Abwechselnd erzählt sie aus der Sicht verschiedener Protagonisten. Gutsverwalter Konstantin, seine Schwester Katharina oder sein Bruder der Monarchist Nikolaus bekommen genauso Raum wie die Angestellten der Verwalter Albert Sonntag, Dienstmädchen Wiebke oder Melker Gustav Minkwitz.

Die Stärke der Reihe „Gut Greifenau“ sind die Charaktere. Die sind so vielfältig, so unterschiedlich, stammen aus ganz verschiedenen Teilen der Gesellschaft und sind einem mittlerweile so sehr ans Herz gewachsen, dass es sich beim Lesen fast so anfühlt wie „nach Hause kommen“. Mit den Figuren, sei es der konservative Gutsbesitzer Konstantin, der alles tun würde, um sein Gut zusammenzuhalten, seine sozial engagierte und tatkräftige Frau Rebecca, Verwalter Albert Sonntag, der mit dem Gut mehr verbindet als die anderen Bewohner ahnen oder Dienstmädchen Wiebke, das zu stolz ist, um sein Glück selbst in die Hand zu nehmen, muss man einfach mitfiebern. Hier wird jede Leserin und jeder Leser sicherlich seine persönliche „Herzens-Figur“ finden, deren Schicksal besonders berührt und mit der man sich gut identifizieren kann. Dank der Nähe zu den vielen sympathischen und menschlichen Charakteren mit Ecken und Kanten entwickelte ich einen besonderen emotionalen Bezug zur Handlung. Der „dunkle“ Teil der Familie Auwitz-Aarhayn wie die rücksichtslose Feodora oder Sohn Nikolaus gestalten den Plot mit ihren Intrigen noch raffinierter.

Wenn Geschichte nicht nur aus sachlichen Daten und Fakten besteht, sondern begreiflich, ja „lebendig“ wird, dann ist ein historischer Roman für mich gelungen. „Gut Greifenau“ ist so eine Reihe, in der auch immer die Geschichte eine Hauptrolle einnimmt. Als Leser erfasst man anhand der Figuren, die die Geschichte erleben, was die historischen Entwicklungen eigentlich konkret für die Menschen wirklich bedeuten. Kuno, Sohn von Katharinas Unterstützer Dr. Malchow erklärt: „Ich bin zu arm, um mir eine Gesinnung leisten zu können. Man rennt halt denen hinterher, die einem Brot versprechen“. Mit diesem Satz wird beispielsweise sehr deutlich und einsichtig, wie es in den ärmeren Bevölkerungsschichten zum starken Zulauf der NSDAP kommen konnte.
Autorin Hanna Caspian kennt sich mit Geschichte gut aus, hat gründlich recherchiert, das beweist sie auch im Abschlussband „Sternenwende“. Immer wieder werden in Vergessenheit geratene Aspekte der deutschen Geschichte wie die „Osthilfe“ oder die Rolle des Adels bei Hitlers Machtergreifung thematisiert. Das macht die Reihe, die unbedingt chronologisch gelesen werden sollte, so interessant. „Sternenwende“ ist der würdige Abschluss einer sehr lesenswerten Familiensaga voller Emotionen mit wunderbaren Figuren vor faszinierender historischer Kulisse. Für mich perfekte Unterhaltung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.06.2021
Die streng geheime Tier-Quassel-Maschine / Emil Einstein Bd.1
Kolb, Suza

Die streng geheime Tier-Quassel-Maschine / Emil Einstein Bd.1


sehr gut

Ein geniale Erfindung, ein rätselhafter Detektivfall: bunte, originelle Geschichte mit netten Figuren

Emil Einstein macht seinem berühmten Nachnamen alle Ehre. Er ist ziemlich genial, wurde er doch schon mit fünf Jahren eingeschult. Sein Kopf sprudelt über voller toller Ideen für Erfindungen. Emils neuester Plan: er möchte eine Tier-Übersetzer-Maschine konstruieren. Denn zu gerne würde er wissen, was Maus Bertha, Kater Leonardo und der Waldkauzjunge Kauzi, den er im Wald gefunden hat, zu erzählen haben.

Autorin Suza Kolb schreibt lebendig, abwechslungsreich und kindgemäß. Die Geschichte wurde von Anja Grote wunderbar illustriert. Ihre farbenfrohen, teils ganze Seiten umfassenden Bilder machen einfach Spaß und motivieren. Es gibt auf ihnen sehr viele spannende Details zu entdecken.

Das Buch ist ein wenig höher und breiter als DIN A5, aber dennoch handlich. Ein bisschen größer als normal ist auch die Schrift, auch der Zeilenabstand ist leicht breiter als Standard. Geübte Leser ab sieben Jahren werden die Geschichte eigenständig erfassen können. Zum Vorlesen eignet es sich für Mädchen und Jungen ab fünf Jahren.

Emil ist ein überaus pfiffiges, schlaues und einfallsreiches Kerlchen. Er ist oft alleine, weil seine Eltern als Tierärzte viel arbeiten müssen. Mit anderen Kindern hat er wenig zu tun, dafür aber umso mehr mit verschiedenen Tieren. Emil stellt eine prima Identifikationsfigur für die Leser dar. Eine derart tolle Erfindung wie die Tier-Übersetzungs-Maschine (TÜM), mit der man Tiere verstehen kann, zu konstruieren, davon träumen sicherlich viele Kinder und so manche Erwachsene auch.
Mit Leonardo, Berta und Kauzi greifen sehr originelle und unterhaltsame tierische Charaktere ins Geschehen ein. Einen vegetarischen Kater wie Leonardo beispielsweise findet sich sonst eher selten.

Was haben die Tiere so erzählen? Warum ist Kauzi aus dem Nest gefallen? Was geht da im Wald vor?
Emils Abenteuer ist wirklich ziemlich aufregend, spannend und geheimnisvoll, schließlich darf kein Erwachsener von Emils Erfindung wissen.
Natürliche Feind- und Freundschaften in der Tierwelt werden hier kindgemäß thematisiert. Vielleicht würden ja manche Tiere wirklich ihre Essgewohnheiten ändern, wenn sie die Sprache und so die Bedürfnisse anderer Tierarten verstehen könnten? Die Tier-Quassel-Maschine bietet allerhand Potenzial für verschiedene Entwicklungen.
Meinen Kindern und mir hat die bunte, phantasievolle, mitreißende, ausgesprochen hübsch bebilderte Geschichte mit den netten Figuren und dem kleinen Bonus-Detektivfall jedenfalls gut gefallen. Wir würden uns über eine Fortsetzung freuen.

Bewertung vom 12.06.2021
Alles, was wir wissen und was nicht

Alles, was wir wissen und was nicht


sehr gut

Interessante, bunte und prall gefüllte Enzyklopädie für die ganze Familie

Die Welt ist voller Wunder. „Alles, was wir wissen und was nicht“ stellt einige davon vor und noch viel mehr. Das Buch ist eine umfangreiche Enzyklopädie der besonderen Art.
Im ersten Kapitel geht es um das „Universum“, seine Entstehung, Galaxien, Planeten, aber auch z.B. um Raumschiffe. Kapitel 2 widmet sich der „Erde“, ihr Inneres wird genauso thematisiert wie Berge, Gesteine, Wasser, Wetter oder Naturkatastrophen. Kapitel drei „Materie“ befasst sich mit Physik und Chemie: Atomen, Energien, der Schwerkraft oder einfachen Maschinen. Im Kapitel „Leben“ nimmt Biologie die Hauptrolle ein, es geht beispielsweise um Evolution, Pflanzen, Tiere oder den Regenwald. Die „Menschen“ stehen im Kapitel 5 im Fokus, ihr Körper, ihre Gefühle, ihr Glaube, Kunst, aber auch Geld, Arbeit oder Gesetze. Kapitel 6 nimmt die Leser mit auf eine Reise ins „Altertum und Mittelalter“: Mesopotamien, Stonehenge, die Alten Perser, Griechen oder Römer. Weiter geht es in Kapitel 7 mit „Modernen Zeiten“: Renaissance, Azteken, Meilensteine der Medizin oder die Weltkriege stellen hier u.a. die Themen dar. Den Abschluss bildet das achte Kapitel „Heute und Morgen“. Hier wird internationaler Handel genauso behandelt wie etwa Internet, Klimawandel, Energien oder die Zukunft.

Jede Doppelseite bezieht sich auf ein allgemeines Thema, das für Kinder ab ca. zehn Jahren relativ altersgemäß aufbereitet wurde. Auf den einzelnen Seiten sind kurze, recht gut verständlich formulierte Informationstexte abgedruckt. Einige Fremdwörter und Fachbegriffe werden Erwachsene jüngeren Lesern vermutlich genauer erklären müssen, aber die Abschnitte sind so interessant und vielfältig aufgemacht, bieten allerhand Bestaunenswertes, dass nicht jedes Wort exakt verstanden werden muss.
Zahlreiche Bilder und Grafiken gestalten die Seiten sehr abwechslungsreich und motivierend. Immer wieder werden bekannte Wissenschaftler vorgestellt, aktuelle Experten und Expertinnen kommen mit Kommentaren zu Wort.

Im Vorwort gesteht Herausgeber Christopher Lloyd ein „Morgenmensch“ zu sein. Er erzählt, dass er schon beim Aufstehen vor Neugier platzt. Und das ist wirklich gut nachzuvollziehen. Das Leben ist verrückt und aufregend, es gibt so viel zu erforschen und lernen. Das zeigt „Alles, was wir wissen und was nicht“ sehr eindrücklich.
Ein dickes Buch voller Wunder, zum Immer-wieder-Anschauen, Nachschlagen, Neueslernen und zum Einfach-nur-Schmökern. Verschiedene Disziplinen der Wissenschaft wie Physik, Biologie, Chemie, Geographie, Geschichte oder Wirtschaft werden in diesem bunt bebilderten Lexikon näher vorgestellt. Die unzähligen Fakten, Fotos, Rekorden machen Lust auf mehr Wissen und laden ein, Dingen auf den Grund zu gehen und Neues zu entdecken. Hier wird die Welt erklärt und dabei gleichzeitig begreiflich gemacht, dass es auch vieles Unerklärliche gibt und dass Wissen Grenzen hat. Ein absolut empfehlenswertes Buch für alle neugierigen Familien mit Forscher- und Wissensdrang.