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CM94
Wohnort: 
Bielefeld

Bewertungen

Insgesamt 884 Bewertungen
Bewertung vom 09.05.2023
Wie man einen Prinzen tötet
Kingfisher, T.

Wie man einen Prinzen tötet


ausgezeichnet

Diese Geschichte ist kein klassisches Märchen, in dem die schöne Prinzessin in Nöten von einem schneidigen Prinzen gerettet wird. Nein, diese Prinzessin ist fest entschlossen einen Prinzen zu töten. Ich muss sagen diese Art düsteres Märchen mit unabhängiger Frauenfigur hätte ich gerne schon in meiner Jugend gelesen. Gerne mehr davon.

Zum Inhalt: Marra ist die jüngste Prinzessin eines kleinen Königreichs. Damit das Reich nicht überfallen wird, heiratet ihre Schwester den Prinzen des angrenzenden Königreichs. Doch kurz nach der Heirat verstirbt sie auf tragische Weise. Um das Reich zu sichern, wird auch Marras andere Schwester mit dem Prinzen verheiratet und Marra selbst ins Kloster geschickt. Als Marra erkennt, dass der Prinz ihre Schwester misshandelt, fasst sie einen riskanten Plan: sie will den Prinzen töten.

Das Buch vereint die klassischen Märchenelemente: Zeit und Ort werden nicht genauer definiert, die Heldin der Geschichte muss sich magischen Aufgaben stellen und es kommen allerlei wundersame Weggefährten vor. Das Königreich und die Orte, an die sich Marra begibt, wirken eher düster und bedrohlich, sodass sich eine angespannte Atmosphäre aufbaut. Also keine Spur der verklärt-fröhlichen Märchenwelten, die Disney kreiert hat. Dieser Twist hat mir gut gefallen.

Was ich total gut fand, ist dass die Charaktere alle schon etwas älter und gefestigter sind, Marra also keine ganz so naive junge Prinzessin ist, auch wenn ihre Lebensumstände ihren Erfahrungsschatz massiv eingeschränkt haben. Umso mehr Lebenserfahrung bringen ihre Weggefährten mit, was in amüsante Unterhaltungen gipfelt. Man merkt richtig, dass die Figuren Ecken und Kanten haben, nicht einfach nur „gut“ sind und im Verlauf der Reise an sich selbst und der gemeinsamen Aufgabe wachsen. Es gibt realistische Momente des Zweifelns und der Angst vor dem Scheitern, was die Geschichte zu einem gelungenen Gesamtpaket macht.

Ich habe die Geschichte einfach genossen, auch wenn einige Sachverhalte, typisch für Märchen, nicht näher erläutert werden, sondern einfach als gesetzt gelten. Mir hat diese düstere Erzählung richtig gut gefallen und ich werde die Autorin definitiv im Auge behalten.

Bewertung vom 08.05.2023
Stealing Infinity / Gray Wolf Academy Bd.1
Noël, Alyson

Stealing Infinity / Gray Wolf Academy Bd.1


gut

„Stealing Infinity“ greift das Zeitreisekonzept neu auf und verpackt es in einen Dark Academy Mantel. Ich hatte beim Lesen ein bisschen das Gefühl an die Edelstein-Reihe von Kerstin gier erinnert zu werden. Und ich weiß irgendwie nicht, ob dieser Vergleich für „Stealing Infinity“ unbedingt schmeichelhaft ausfällt. Denn das Buch kommt einfach nicht so richtig in Fahrt. Als Auftaktband ok, aber muss noch deutlich mehr kommen.

Zum Inhalt: von ihrem Vater verlassen, rutscht die eigentlich beliebte und gute Schülerin Natascha Clark völlig ab und wird zur Außenseiterin. Als die coole, neue Schülerin ausgerecht mit ihr abhängen will, ist Natascha entsprechend geschmeichelt. Doch nach einer gemeinsamen Partynacht wird Natascha plötzlich des Diebstahls beschuldigt. Und ihre einzige Möglichkeit raus aus dem Schlamassel schein die Grey Wolf Academy zu sein- eine Schule für schwierige Schüler. Bis sie Elodie dort wiedertrifft- und sich alles ändert.

Vielleicht erstmal was mir richtig gut gefallen hat und der Geschichte einen interessanten Touch gegeben hat: Natascha sieht Dinge. Und damit meine ich, dass sie sehr lebhaft Erinnerungen abrufen kann, manchmal auch welche, die selbst nicht gemacht hat. Sie nennt das selbst „fragmentieren“, wenn sie das Gefühl hat aus der Zeit zu fallen. Später wird es damit beschrieben, dass sie durch die Zeit sehen kann. Die Momente in denen Nataschas Talent zum Vorscheinkommt, fand ich immer toll beschrieben und natürlich treiben sie die Handlung voran.

Diese kommt für meinen Geschmack eher schleppend voran. Ja, es ein Auftaktband und entsprechend muss der Leser erstmal in den groben Handlungsrahmen eingeführt werden. Aber ich hatte das Gefühl, dass man trotz allem sehr wenig verwertbare Informationen bekommt. Um viele Dinge wird ein großes Geheimnis gemacht, bevor sie letztendlich gar nicht so spektakulär sind. Natascha wird superschnell auf Missionen geschickt (anscheinend ist sie ein Supertalent), aber der Sinn dahinter und auch hinter den Dingen, die sie stehlen sollen, ist oft nicht so richtig klar.

Und dann gibt es natürlich die klassischen Rivalitäten um das allgemeine Love Interest- ein hübscher Typ, der bisher so viel Tiefgang wie eine Pfütze hat, und um den Platz als Klassenbeste und Sternchen am Zeitreisehimmel. Das wir mir persönlich ein bisschen zu viel Drama und Zickenkrieg und hat dem Ganzen ein bisschen die Spannung genommen.

Weiterlesen werde ich trotzdem, um herauszufinden, ob die reihe ihr Potential noch ausschöpfen wird, denn die Grundidee gefällt mir wirklich gut.

Bewertung vom 08.05.2023
Happy Place
Henry, Emily

Happy Place


sehr gut

Ich bin aktuell großer Fan dieser Comic-Cover und hatte direkt irgendwie Lust auf Urlaub, als ich das Buch gesehen habe. Ich mag die Bücher von Emily Henry weil sie so locker und lustig sind und ich einfach Spaß beim Lesen habe. So auch hier: hinter dem Buchrücken versteckt sich eine herrlich amüsante Geschichte um Liebe und Freundschaft, die an den richtigen Stellen ein Mindestmaß an Tiefgang beweist, um nicht nur oberflächliches Geplänkel zu sein.

Zum Inhalt: der jährliche Urlaub mit ihren Freunden in Maine zum Hummerfest ist seit der Collegezeit Harriets Happy Place. Doch dieses Jahr ist alles anders: das Haus soll verkauft werden und so wird es der letzte Urlaub dieser Art für die Freunde sein. Und schlimmer noch: Wyn ist auch da. Wyn, Harriets Ex-Verlobter, der Harriet verlassen hat und der eigentlich nicht kommen sollte. Wyn, der immer noch diese Anziehung auf Harriet ausübt. Wyn, der genau wie Harriet den Freunden verschwiegen hat, dass sie kein Paar mehr sind.

Die Geschichte wird aus Harriets Perspektive in zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt: In der Gegenwart der gemeinsame Urlaub am Happy Place und in Rückblenden die Geschichte der Beziehung zwischen Harriet und Wyn. Ich mag diese Art der Erzählweise sehr, da man gefühlt deutlich näher dran am Geschehen ist, als wenn die Figuren nur in Erinnerungen schwelgen.

Die Geschichte ist, wie von Emily Henry gewohnt, locker leicht geschrieben und lässt sich quasi in einem Rutsch weglesen. Bei ein paar Stellen musste ich wirklich herzlich lachen. Was mir sehr gefallen hat war in diesem Buch das Thema Freundschaft, der Zusammenhalt aber auch das Auseinanderleben. Einen Punkt Abzug gibt’s von mir dafür, dass ewig lange um den heißen Brei drumherum geredet wird, was zur Trennung von Wyn und Harriet geführt hat.

Ich bin eigentlich kein Fan von Second Chances Geschichten, aber die vorsichtigen Annäherungen zwischen Wyn und Harriet haben mir dann doch ganz gut gefallen. Ist natürlich sehr stereotypisch und vorhersehbar- eben klassisch Romcom. Bei Liebesromanen stört mich das eher weniger, denn eben diese Berechenbarkeit schafft dieses Wohlfühlbuch-Feeling bei mir.

Bewertung vom 03.05.2023
Wolfskinder
Buck, Vera

Wolfskinder


sehr gut

Eine abgeschottete Gemeinschaft in den Bergen, verschrobene Außenseiter und ein vermisstes Mädchen: dieses Buch bringt alles mit was es für einen atmosphärischen Krimi braucht. Eine gelungene Geschichte, die mich in die irre geführt hat.

Zum Inhalt: Zeitungsvolontärin Smilla ist sich sicher, dass sie einer Sache auf der Spur ist. Seit ihre beste Freundin vor zehn Jahren spurlos verschwand, verfolgt sie die Vermisstenfälle im näheren Umkreis. Als ihr ein verwahrlostes Mädchen vors Auto läuft, dass ihrer Freundin sehr ähnlich sieht, ist sie sicher auf der richtigen Spur zu sein.

Die Geschichte wird aus vier Perspektiven erzählt: der Journalistin Smilla, der verschwundenen Rebekka, der stummen Edith und ihres Freundes Jesse. Dadurch bekommt der Leser einen ziemlich guten Rundumblick auf die Geschehnisse und Handlungsorte. Die kleine, großteils autarke Gemeinschaft in der die drei Kinder großwerden ist sehr interessant beschrieben und erzeugt schnell ein Bild der Trost- und Hoffnungslosigkeit. Deshalb ist Rebekkas Drang nach Freiheit und Veränderung auch nicht verwunderlich.

Besonders Rebekkas Perspektive ist nach ihrem Verschwinden eindringlich beschrieben und gemeinsam mit Jesse habe ich um ihr Schicksal gebangt. Trotzdem erschien mir Smilla wie die Hauptprotagonistin der Geschichte, anfangs eher eine Randfigur arbeitet sie sich zur zivilen Heldin hoch.
Ich bin ganz ehrlich, ich hatte absolut keine Idee, wer der Täter sein könnte, vor allem nach den Enthüllungen über die Täufer Gemeinschaft. Das fand ich wirklich gut konstruiert, denn jeder wirkte plötzlich verdächtig und die Atmosphäre im Buch ist geschwängert von Misstrauen und Anschuldigungen.

Auch die Rahmenhandlung ist sehr stimmungsvoll und birgt viel Potential für Zwists und Streitereien. So wird das Spannungslevel konstant aufrecht erhalten und ich konnte als Leser nicht so recht einordnen, woher genau mein ungutes Gefühl beim Lesen kam. Kleines Manko für mich ist, dass die Grausamkeit, die hinter "dem Spiel" steckt, nicht so richtig greifbar war und erst zum Schluss erzählerisch aufgelöst wurde.

Ich fand die Geschichte toll erzählt und das Buch hat mir sehr gut gefallen.

Bewertung vom 03.05.2023
Wenn Worte töten / Hawthorne ermittelt Bd.3
Horowitz, Anthony

Wenn Worte töten / Hawthorne ermittelt Bd.3


gut

Ich habe schon andere Bücher von Anthony Horowutz gelesen, die mir gut gefallen haben, allerdings bisher keins aus der "Hawthorne ermittelt"-Reihe. Mir war auch gar nicht klar, dass es sich hier um den dritten Band der besagten Reihe handelt, sonst hätte ich vielleicht nicht zugegriffen. Der Fall ist in sich ist abgeschlossen, ich hatte also keine Schwieirgkeiten, in die Handlung reinzukommen. Aber mir hat das Gesamtkonzept nicht wirklich zugesagt.

Zum Inhalt: Privatdetektiv Hawthorne und Autor Horowitz reisen für ein Literaturfest auf die Insel Alderney um den neusten Band der Krimireihe um Hawthorne vorzustellen. Doch die beschauliche Insel wird zum Schauplatz nicht nur eines, sondern zweier Morde- Hawthrone ermittelt.

Mit Hawthorne bin ich nicht so richtig warm geworden. Er hat eine leicht schrullige Art und ist für meinen Geschmack schon zu sehr von sich überzeugt. Außerdem lässt er seinen Biograf und Handlanger Horowitz immer wieder auf unschöne Art auflaufen, was ich einen unangenehmen Charakterzug finde. Dass Horowitz sich selbst in die Geschichte einbaut, finde ich eine nette Idee, die Figur selbst ist als eher unsicherer Charakter angelegt, im Schatten von Hawthorne und diesem weit unterlegen. Irgendwie mochte ich das Ungleichgewicht dieser Beziehung nicht. Während Horowitz' Gedanken immer wieder um Hawthorne kreisen, tanze dieser dem Schriftsteller regelrecht auf der Nase herum.

Bis es tatsächlich zu einem Mordfall kommt vergeht gut ein Drittel des Buches, in dem der Leser gemächlich in die Handlung eingeführt wird, die viel irrelevantes Beiwerk enthält. Zwischendurch gibt es immer mal wieder Verdachtsmomente und merkwürdiges Verhalten vonseiten der Nebencharaktere, aber es bleibt lange unklar, ob es sich bei um Nebelkerzen handelt. Und auch der Fall selbst ist eher von der drögen Natur und etwas langatmig angelegt. Die Ermittlung lebt hauptsächlich davon, dass keine der vorgestellten Nebenfiguren ist, was zu sein vorgegeben hatte. Mir reichte das aber nicht um wirklich Spannung zu erzeugen.

Das Buch ist eher ein seichter Kriminalroman, dessen Auflösung zwar schlüssig konstruiert war. Das Buch war an sich nicht schlecht und ließ sich gut und flüssig lesen, hat mich aber einfach nicht mitgerissen. Und auch für das ungleiche Ermittler-Duo konnte ich mich nicht so recht erwärmen. Ob ich einen weiteren Fall lesen würde, weiß ich nicht.

Bewertung vom 03.05.2023
One of the Girls
Clarke, Lucy

One of the Girls


gut

Ich bin etwas irritiert, da ich aufgrund von Cover und Klappentext vermutete, dass es sich um einen Thriller oder zumindest um einen Spannungsroman handelt. Aber irgendwie passierte dann einfach nichts. Für mich ist das Buch eher eine Art Drama mit geringem Spannungslevel.

Zum Inhalt: ein Junggesellenabschied in Griechenland und sechs Frauen, die alle etwas zu verbergen haben. Was als spaßiges Wochenende gedacht war, eskaliert schnell, als in der Gruppe zunehmen Spannungen spürbar werden. Denn wie gut kennt man seine Freunde wirklich?

Ich finde bei diesem Buch den Klappentext sehr irreführend, denn der ließ mich vermuten, dass es sich um eine Art Thriller handelt. Entsprechend irritiert war ich, als die angeteaserte Leiche einfach nicht auftauchen wollte. In diesem Buch geht es vorrangig um die Gruppendynamik, die sich permanent wandelt und zunehmend aufgeladener wird.
Jede der Frauen hat eigene Geheimnisse, trotzdem bilden sich schnell gewisse „Allianzen“. Immer wieder gibt es Reibereien und unterschwellige Revierkämpfe. Wer auf Drama steht, kommt hier also voll auf seine Kosten.

Insgesamt fand ich das Spannungslevel ziemlich niedrig, erst am Ende gibt es ein paar größere Enthüllungen, von denen ich aber keine so richtig überraschend fand, da man sich viel aus den Andeutungen zusammenreimen kann. Die Frauengruppe bedient auch so ziemlich alle gängigen Klischees, was es schwer macht auch nur mit einer von ihnen mitzufühlen, und die Handlung plätscherte zwischenzeitlich ein bisschen vor sich hin. Trotzdem blieb die Geschichte irgendwie interessant, einfach weil sich die Beziehungen innerhalb der Gruppe stetig wandeln und immer neue Enthüllen gemacht werden und ich wollte schon wissen, wie die Geschichte ausgeht. Besonders die namenlose Erzählerin mit Insider-Perspektive hatte mich neugierig gemacht.

Letztendlich war das Buch einfach nicht was ich erwartet hatte, hat mich aber trotz der genannten Abstriche gut unterhalten.

Bewertung vom 27.04.2023
°C - Celsius
Elsberg, Marc

°C - Celsius


gut

Elsberg erschafft realistische Krisenszenarien, die schockieren und aufrütteln, wie kein anderer. Mit „Celsius“ widmet er sich dem Thema Klimawandel und Geoengineering und wirft die Frage auf, wie weit der Mensch eingreifen darf, und wer die Folgen tragen muss. Ein unfassbar interessantes Thema, leider war die stilistische Umsetzung diesmal eher nicht so meins.

Zum Inhalt: unbekannte Flugobjekte starten aus dem chinesischen Luftraum. Flugziel unbekannt. Was zuerst nach einem militärischen Schlag aussieht entpuppt sich als Klimainitiative. Aber will man China das Weltklima überlassen? Und welche Folgen hätte das?

Zuerst mal das Positive: das Thema ist wieder hochbrisant und unglaublich spannend. Geoengineering war mir bisher eher ein Randbegriff und ich fand die Denkansätze dazu im Buch wirklich interessant und schwankte immer wieder zwischen Faszination und Fassungslosigkeit.

Elsberg schreibt wieder in kurzen, knackigen Kapiteln, in schneller Abfolge wechseln Personen und Handlungsorte, was die Story sehr dynamisch und spannend macht. In typischer Elsberg-Manier ist lange nicht ersichtlich wer mit wem zusammenarbeitet und welche Ziele verfolgt.

Jetzt kommt mein großes Manko: das Stilmittel dessen Elsberg sich hier über weite Strecken bedient, hat mich einfach nicht abgeholt. Ich will nicht zu viel verraten aber über weite Stecken ist die Handlung sehr undurchsichtig bis fast schon unrealistisch. Immer wieder musste ich beim Lesen nochmal zurückblättern, weil ich dachte ich hätte etwas überlesen. Es fiel mir manchmal schwer Zusammenhänge herzustellen. Es gibt Seitenweise Erklärungen im Präsentations-Modus, was ein bisschen zulasten der Spannung geht.

In meinen Augen hat das Buch sein Potential ein bisschen verschenkt, obwohl zwischendurch mal echt coole Sequenzen und Kapitel vorhanden waren. Aber diesmal war es mir einfach zu viel Verwirrspiel, um das Buch wirklich genießen zu können.

Bewertung vom 27.04.2023
Es war einmal in Brooklyn
Atlas, Syd

Es war einmal in Brooklyn


sehr gut

„Es war einmal in Brooklyn“ von Sid Atlas ist eins die Bücher, die so viel mehr sind, als ihr Klappentext auch nur ansatzweise erfassen könnte. Es ist eine Geschichte über alles und nichts, über das Leben und Erwachsenwerden und darüber, wie hart die Realität sein kann. Und gleichzeitig ist es nur ein Auszug, ein Augenblick- und vielleicht wollte das Buch dafür einfach zu viel und wird dadurch nicht allen aufgeworfenen Themen gerecht.

Zum Inhalt: Juliette und David, beides Kinder aus Einwandererfamilien, wachsen Tür an Tür in Brooklyn auf. Und weil sie beide auf ihre ganz eigene Art Außenseiter sind, werden sie Freunde. Es ist der Sommer 1977 und danach soll sich alles ändern, Juliette will raus aus der Stadt, ans College, sich verlieben, ihre Unschuld verlieren. Und David- der will eigentlich nur Juliette, denn mehr darf er sich vom Leben nicht erhoffen. Und dann ändern ein paar Stunden, Tage und Wochen einfach alles.

Zuerst vielleicht mal: der Blackout auf den der Klappentext so anspielt, spielt im Buch eine eher untergeordnete Rolle. Generell werden im Buch viele Ereignisse des Sommers 1977 erwähnt, die nur am Rande die Handlung ausschmücken. So wird zum Beispiel auch immer wieder auf den „Son of Sam“ angespielt, sowie auf die erfolglose Saison der Yankees. All das erzeugt aber nur den Handlungsrahmen für den Mittelpunkt der Geschichte: zwei Kinder, die erwachsen werden und sich der harten Realität des Leben stellen müssen- jeder der beiden auf seine ganz eigene Art.

Es ist eine Geschichte über Freundschaft, auf das sich voneinander entfremden, über unterschiedliche Lebensentwürfe und über schlechte Entscheidungen. Es ist eine Geschichte über das sich verlieben, über Enttäuschung und Schmerz. Eine Geschichte über das weitermachen und vergeben. Einerseits ist die Geschichte an vielen Stellen auf fast schon unerträglich schmerzliche Weise poetisch, aber auf eine ungeschönte, gradlinige Art. Gleichzeitig hatte ich öfter mal das Gefühl, dass der Fokus verschwimmt und ich gar nicht hätte sagen können, worum es in diesem Buch eigentlich geht- Auf jeden Fall eine interessante Kombination, die aber vermutlich nicht jedermanns Fall ist.

Mir hat das Buch insgesamt wirklich gut gefallen, auch wenn es ganz anders war, als aufgrund des Klappentextes erwartet.

Bewertung vom 26.04.2023
Erinnere dich!
Reiter, Max

Erinnere dich!


gut

„Erinnere dich“ ist ein interessant konstruierter Thriller der mit der Zuverlässigkeit menschlicher Erinnerungen spielt. Thematisch total interessant, auch wenn der Start mir etwas zu behäbig und langatmig war. Aber als das Buch dann endlich in Fahrt kam war die Story durchaus perfide inszeniert.

Zum Inhalt: vor zwanzig Jahren ist Arno Jugendliebe Maja beim Wandern spurlos verschwunden. Der Fall wurde noch immer nicht aufgeklärt, als Arno plötzlich Nachrichten einer unbekannten Person bekommt, die ihn beschuldigt Maja ermordet zu haben. Und Arno kommen nicht nur Zweifel was seine Erinnerungen an die damalige Zeit betrifft, es kommen auch neue hinzu.

Vom Beginn der Geschichte an, bis sie endlich mal auf den Punkt dessen kommt, was im Fokus steht, vergeht leider ziemlich viel Zeit mit Geplänkel. Arnos Lebensumstände werden genauso beleuchtet, wie seine geschiedene Ehe, wobei sich der Leser schon fragen kann, wohin das führen soll. Tatsächlich fand ich dadurch das erste Drittel der Geschichte ziemlich zäh. Aber umso mehr ominöse Nachrichten Arno bekommt, umso spannender wird die Geschichte.

Verdrängte und manipulierte Erinnerungen spielen eine große Rolle in dieser Geschichte und so wie Arno beginnt an sich selbst und seinen Erinnerungen zu zweifeln, so kann sich auch der Leser nicht sicher sein, ob Arno als Erzähler glaubwürdig ist. Das hat für mich einen Großteil der Spannung ausgemacht, denn ungefähr bis zum letzten Drittel ist der Handlungsverlauf an sich relativ unspektakulär. Dann gibt es innerhalb der Geschichte nochmal einen interessanten Twist, der auch das Spannungslevel nochmal ein bisschen anhebt. Das Ende der Geschichte finde ich gut gelöst und schlüssig aufgeklärt.

Arno als Protagonist tat mir schon fast ein bisschen leid, wie er mit sich selbst und seinen Erinnerungen an die Vergangenheit hadert. Da diese aber offenbaren, dass Arno durchaus jähzornig war und Maja nicht immer gut behandelt hat, konnte und wollte ich mich trotzdem nicht so richtig auf seine Seite schlagen. Dieses zwiegespaltene Empfinden Arno gegenüber hat aber gleichzeitig dafür gesorgt, dass ich wissen wollte, was er getan hat und wohin ihn seine Erinnerungen noch führen werden. Ein sehr gelungener Kniff des Autors.

Für mich ein eher ruhiger Thriller, der einige Zeit braucht, um in Fahrt zu kommen und in dem aufgrund von Arnos zentraler Position alle anderen Charaktere ziemlich blass bleiben. Die Grundidee hat mir gut gefallen, hätte aber ein bisschen knackiger erzählt werden können.

Bewertung vom 26.04.2023
Diabolisch
Wagner, Jonas

Diabolisch


ausgezeichnet

„Diabolisch“ ist ein packender Thriller, der das schlechteste in den Menschen aufzeigt, die Dunkelheit aus ihrer Deckung holt und mit den Ängsten der Menschen spielt. Spannung von der ersten bis zur letzten Seite.

Zum Inhalt: 1995, nach dem Schulsport kommt Lotte ohne ihren kleinen Bruder Alex nach Hause. Der Vater hatte vergessen die Kinder abzuholen. Als endlich jemand nach Alex sucht, ist der Junge tot. 27 Jahre später kommt wieder ein Junge nicht nach Hause und eine Mordserie erschüttert das Dorf.

Die Geschichte teilt sich auf zwei Handlungsstränge auf, die abwechselnd 1995 und 2022 spielen. Besonders die Ereignisse der Vergangenheit sind erschütternd, denn so ruhig das Dorf von außen wirkt, umso düsterer sind seine Geheimnisse. Als eine grauenvolle Mordserie das Dorf erschüttert beginnt Kommissarin Larissa in der Vergangenheit zu wühlen und es kommen viele Geheimnisse an Licht, denn mehr als eine Person hat in der Nacht von Alex' Tod Schuld auf sich geladen.

Die Geschichte ist wahnsinnig packend erzählt und durch die vielen Verbrechen der Vergangenheit und Gegenwart entwickelt das Buch eine düstere und schockierende Sogwirkung. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, was in der Nacht als Alex starb wirklich passiert ist und wie die einzelnen Dorfbewohner da mit drinhängen. Das Szenario von Alex' Tod ist so banal und wäre so leicht zu verhindern gewesen, dass ich immer nur fassungslos den Kopf schütteln konnte, ob der Kurzsichtigkeit und Selbstsucht der Leute.

Die Auflösung fand ich tatsächlich relativ vorhersehbar, einfach weil es für die Motive des Täters nicht viele Optionen gab. Was der Spannung und dem rasanten Tempo aber keinen Abriss getan hat. Da die Verbrechen in der Gegenwart hinsichtlich Tathergang und Opferauswahl sehr vielfältig sind, bleibt es bis zum Schluss interessant.

Für mich ein sehr gelungener Thriller, der seinen Titel verdient.