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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 04.12.2019
Unter uns Pastorentöchtern
Hagge, Claudia

Unter uns Pastorentöchtern


sehr gut

Claudia Hagge wuchs in einem Pastorenhaushalt auf. Ein spezielles Umfeld um die Welt zu entdecken, denn in einem Pfarrhaus war man niemals allein, niemals privat. Dies ist die erste Erfahrung, die Claudia macht. Das wird sich durch die ganze Kindheit und Jugend ziehen. Schon bald wird Claudia klar, Pfarrers Töchter müssen immer ein Vorbild sein. Was andere Kinder dürfen, gilt noch lange nicht für sie und sie merkt, dass sie immer unter der Beobachtung des ganzen Dorfes steht.

Aber das sind nur die Erinnerungen der kleinen Claudia, später erkennt sie, was ihr das Elternhaus mitgegeben hat. Eine liebevolle Zuwendung, einen empathischen Blick auf die Welt – der ihr manchmal zu viel wird – denn öfters wünschte sie, dass das Verständnis ihrer Eltern für jeden erwünschten oder unerwünschten Besucher, auch für sie gälte.

Das Buch beginnt in den 50iger Jahren, als die jung verheirateten Eltern die erste Pfarrstelle im hohen Norden bezogen. Die Zeiten waren hart, das Haus dringend renovierungsbedürftig und es fehlte an Vielem. Aber voller Elan und gutem Glauben meisterten sie die Herausforderungen. Es war selbstverständlich, dass die junge Ehefrau einen unbezahlten Vollzeitjob als Kirchensekretärin, Frauen- Kinder- und Bibelkreise leitete und nebenbei natürlich noch ihre Kinder groß zog. Dieser Part wird aus Erinnerungen und Briefen der Eltern rekonstruiert. Dann setzen ihre eigenen Erinnerungen an, zuerst noch auf dem Land, später im Pfarramt in Kiel.

Der im besten Sinne konservative, aber nie reaktionäre Vater und ihre freigeistige Mutter gaben ihr ein Rüstzeug für das Leben mit, sie blickt oft kritisch, aber immer liebevoll auf ihr Elternhaus zurück.

Claudia Hagge erzählt das sehr persönlich und nahe und lässt die Leser an ihrer Jugend teilnehmen. Vieles war mir ganz vertraut, bin ich doch in der gleichen Zeit groß geworden. Mich hat ihre Sprache überzeugt und ich bin ganz in die Welt eines evangelischen Pfarrhauses eingetaucht.

Was mich allerdings immer wieder mal verwirrte, waren die Zeitsprünge. Mal ist Claudia kurz vor ihrer Konfirmation, mal Schülerin in den Anfangsklassen, dann auf der nächsten Seite wieder die 17jährige Abiturientin.

Bewertung vom 02.12.2019
Ein reines Wesen
Archan, Isabella

Ein reines Wesen


ausgezeichnet

Willa Stark, die österreichische Polizeiinspektorin, die schon lange in Köln arbeitet, ist endlich aus dem Koma erwacht. Zur physischen und psychischen Rehabilitation schlägt ihr Kollege und Freund Harro eine renommierte und exklusive Privatklinik im Saarland vor. Schon beim Erstgespräch trifft Willa auf eine Grundschulfreundin aus Graz, die ihr ganz aufgeregt von einem ungeklärten Todesfall in der Klinik erzählt. Einen Todesengel vermutet Nikki unter dem Personal. Obwohl Willa die Schilderungen etwas krude vorkommen, schlägt ihr Bauchgefühl an und sie beginnt zu ermitteln.

Die Klinik wird von Dr. Schmitz und Dr. Stolz geleitet. Die wesentlich ältere Ehefrau von Stolz hat als reiche Erbin das Haus finanziert und ist die unangefochtene Chefin des Hauses. Alles wirkt sehr gediegen und seriös, doch je länger sich Willa umsieht, umso stärker wird ihr Unbehagen.

Willa Stark ist eine außergewöhnliche Frau, sie hat meist den richtigen Riecher, auch wenn sie in ihren Ermittlungen mitunter unkonventionell und spontan vorgeht. Das macht aber auch den Reiz und die Spannung um diese Krimis aus. Es ist bereits der vierte Band dieser Reihe aus dem Conte Verlag, aber auch ein Leser ohne Vorkenntnis kommt sehr gut in diese Geschichte.

Der Ermittlungsort Krankenhaus bietet jede Menge guten Stoff für einen straffen Spannungsbogen und als sich Harro entschließt, Willa zu unterstützen kommt noch eine weitere Komponente ins Spiel. Harro ist schon seit langem sehr in Willa verliebt. Sie allerdings sieht in ihm nur einen guten Freund – eine komplizierte Beziehung zwischen Privatleben und Beruf.

Das ganze Umfeld der Klinik ist gut getroffen, man spürt die Atmosphäre in einem Medizinbetrieb, inklusive der Eifersüchteleien von Schwestern und Pfleger. Als sich dann noch Verbindungen zu einem ungelösten Mordfall in einer Kölner Klinik ergeben, wird die Situation für Willa fast unüberschaubar und nicht ungefährlich.

Die Figuren in Willas Umfeld sind allesamt sehr ausdrucksstark beschrieben. Besonders mit Schwester Nikki ist Isabella Archan eine vielschichtige Charakterisierung gelungen, ich schwankte zwischen Mitleid und Abneigung und teilte damit auch Willas Einschätzung.

Ein rundum gelungener Krimi, der mit viel Einfühlungsvermögen erzählt ist und mich bestens unterhalten und gefesselt hat.

Bewertung vom 29.11.2019
Die Bildermacherin und der böse Wolf / Die Bildermacherin Bd.2
Omasreiter, Christiane;Scheck, Kathrin

Die Bildermacherin und der böse Wolf / Die Bildermacherin Bd.2


ausgezeichnet

Endlich hat Amalia auch noch den allerletzten Fotoauftrag in Berlin abgewickelt und kann ihren Umzug nach Südtirol in Angriff nehmen. Sie hat von ihrer verstorbenen Großmutter ein Haus geerbt und bei ihrem letzten Aufenthalt funkte es zwischen ihr und ihrem alten Kindheitsfreund Felix gewaltig und sie wurden ein Paar. Ungeduldig wartete er auf ihren Umzug und bei jeder neuen Verzögerung wurde er ärgerlicher. Nun hat er sich schon seit Wochen nicht gemeldet und Amalia ahnt, dass sie einiges in Ordnung bringen muss.

Aber sie scheint zu spät zu kommen, denn Felix hat eine neue Liebe. Dr. Beate Sommer ist die neue Frau an seiner Seite, was Amalia erst mal einen Schock versetzt. Die Sommer ist zusammen mit einer weiteren Biologin, Celina Uhlig im Pustertal. Sie sollen dort die Ansiedlung von Wölfen wissenschaftlich begleiten. Ein heikles Thema in der Bevölkerung, die Bauern und Almhirten fürchten um ihr Wild und die Jäger um ihre Reviere. Die charmante und attraktive Celina kümmert sich allerdings nicht nur um die Wölfe. Auch den meisten männlichen Bewohnern des Ortes hat sie den Kopf verdreht und in einigen Ehen hängt der Haussegen gewaltig schief.

Doch dann ist es ausgerechnet Amalia die bei einer Skitour die übel zugerichtete Leiche von Celina Uhlig findet. Ganz offensichtlich wurde sie von Wölfen angegriffen. Amalia beweist ein weiteres Mal, dass sie über detektivischen Spürsinn verfügt und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei lernt sie auch den ausgesprochen charmanten neuen Polizeikommandanten Maresciallo Marchetti kennen.

Ein interessantes Thema bildet den Hintergrund für den neuen Kriminalroman um Amalia Engl. Die Ansiedlung von Wölfen ist in jedem Land sehr umstritten, so sehr die Umweltschützer und Naturfreunde die Rückkehr begrüßen, so sehr stellen sich Bauern und Viehhirten quer. Die Diskussion darüber fand auch Eingang in diese Geschichte und das gefiel mir sehr gut. Auch was ein fremder und frischer Wind in einer eingeschworenen Gemeinde anrichten kann, kommt sehr gut rüber.

Amalia ist eine taffe Frau, erfolgreich als Modefotografin will sie nun wieder in ihrer alten Heimat ansässig werden und merkt aber auch, dass sie schon ein wenig fremd geworden ist. Diesen Kontrast finde ich ebenfalls sehr reizvoll. Dann sorgen die Liebeswirren auch noch für ein turbulentes Durcheinander, was mein Lesevergnügen erhöhte. Die beiden Autorinnen, Christiane Omasreiter und Kathrin Scheck, erzählen farbig und lebendig. Die schöne, winterliche Landschaft des Pustertals bietet einen weiteren Höhepunkt. Man möchte am liebsten in den tiefverschneiten Wäldern – Wölfe hin oder her – Tourengehen und die Gegend erkunden.

Eine gelungene Auflösung, an die ich lange nicht auf dem Schirm hatte, rundet den Krimi ab. Und es gibt Grund sich auf den nächsten Band zu freuen, denn es ist noch nicht klar, wie sich Amalia entscheidet.

Bewertung vom 27.11.2019
Sehnsucht nach St. Kilda / Hebriden Roman Bd.3
Morland, Isabel

Sehnsucht nach St. Kilda / Hebriden Roman Bd.3


sehr gut

Die junge Witwe Rachel kämpft in London mit den Widrigkeiten des Alltags. Als alleinerziehende Mutter hangelt sie sich von einem Job zum anderen. Als Sam erkrankt bleibt ihr nur noch die Hilfe ihrer Großmutter Annie anzunehmen und zu ihr auf die Hebrideninsel Harris zu ziehen. Dort gibt es auch gleich einen kurzfristigen Job. Sie soll für 4 Wochen die Teilnehmer eines Workshops bekochen, der auf der unbewohnten Insel St. Kilda stattfindet.

Zu St. Kilda hat Großmutter Annie eine ganz besondere Beziehung. Sie gehörte als Kind zu den letzten Bewohnern der Insel, aber die Lebensumstände wurden immer härter und so wurden die letzten Siedler von der Regierung auf’s Festland umgesiedelt. Für Annie auch im hohen Alter immer noch ein Sehnsuchtsort, eine magische Erinnerung an ihren Jugendfreund Finlay.

Rachel spürt sehr schnell den besonderen Zauber dieser Insel und möchte ihrer Großmutter einen Wunsch erfüllen. Ein kleines Schatzkästlein mit einer geschnitzten Figur von ihrem Freund Finlay, das auf der Insel zurückgeblieben ist, möchte sie noch einmal in Händen halten. Auch Ailic, ein bekannter Fotograf ist auf die Insel gekommen, um wieder ein Gespür für die Welt zu bekommen.

Wieder hat Isabel Morland einen hinreißenden Schottland Roman geschrieben. Im zweiten Handlungsstrang kann der Leser in die Geschichte dieser abgelegenen Insel eintauchen und ihre Bewohner in den letzten Monaten in ihrer Heimat kennenlernen. Ein hartes und beschwerliches Dasein mit einem täglichen Kampf ums Überleben. Der Boden ist karg, die See rau und oft reichen die Vorräte kaum über den Winter. Aber die Gemeinschaft ist intakt, man hält zusammen, hilft sich und auch die Witwen oder die Alten werden mit versorgt. Es gibt Not, aber auch eine unglaubliche Freiheit und eine tiefe Verwurzelung mit der Scholle.

Diese Geschichte hat mich sehr tief berührt, sie beruht auf wahren Begebenheiten und hat mich in eine untergegangene Welt mitgenommen. Ich konnte nicht aufhören zu lesen und mich auf St. Kilda zu träumen.

In der Gegenwart findet Rachel immer mehr zu sich selbst und kann nach Jahren der Trauer um ihren früh verstorbenen Mann auch wieder neue Gefühle zulassen. Damit bekommt der Roman auch eine romantische Seite, die mir allerdings im Gegensatz zum historischen Teil, ein wenig glatt daher kam.

Aber mit dem Ende des Romans hat die Autorin noch einmal einen wunderschönen und warmherzigen Höhepunkt für ihr Buch gefunden und ich konnte es wirklich nur mit einem Seufzer zur Seite legen.

Wunderschöne Landschaftsbeschreibungen fangen die Atmosphäre von St. Kilda und Harris ein, es entstanden Bilder beim Lesen, die die Sehnsucht weckten. Darin wird die Geschichte von Annie und Rachel eingebettet und das ist wirklich gelungen.

Bewertung vom 26.11.2019
Unter Wölfen / Isaak Rubinstein Bd.1
Beer, Alex

Unter Wölfen / Isaak Rubinstein Bd.1


sehr gut

„Wenn die Guten nicht kämpfen, siegen die Schlechten“ Isaak Rubinstein lässt sich von seiner früheren Freundin Clara, die im Nürnberger Widerstand aktiv ist, überreden in die Rolle des Sonderermittlers und Sturmbannführers Adolf Weissmann zu schlüpfen. Die äußerliche Ähnlichkeit ist da und der Weissmann bereits unschädlich gemacht. Dafür will Clara Isaaks Familie vor der nahenden Deportation retten und verstecken.

Weissmann sollte als Sonderermittler den rätselhaften Mord an der Schauspielerin Lanner aufklären, die in der Wohnung von Obersturmbannführer Nosske zu Tode kam. Und so sieht sich der jüdische Antiquar Isaak plötzlich in der Höhle des Löwen einer schier unlösbaren Aufgabe gegenüber. Er muss einen Mord aufklären und gleichzeitig alle mit seiner Rolle überzeugen. Aber was er nicht ahnt, Weissmann hat den Anschlag überlebt…

Vorweg – der Krimi ist unglaublich spannend geschrieben, man fiebert mit Isaak, dem buchstäblich in jedem Augenblick die Enttarnung droht. Da gibt es Begegnungen mit Leuten, die Weissmann kannten, er muss Insiderwissen vortäuschen und soll außerdem noch an Informationen für die Widerstandsgruppe „Fränkische Freiheit“ sammeln. Mehr als einmal hilft ihm der blanke Zufall aus brenzligen Situationen.

Der Krimi hat als historischen Hintergrund das Jahr 1942 gewählt, die Nazi müssen Misserfolge an der Ostfront vertuschen und gleichzeitig soll die „Umsiedlung“ der jüdischen Bevölkerung in den Osten erfolgen. Man ahnt, was das heißt und die Stimmung auf den Straßen ist sehr gut eingefangen. In den Wohnungen, in denen die verbliebene jüdische Bevölkerung gepfercht wird, wechseln sich Hoffnungslosigkeit und Selbsttäuschung ab. Vielleicht wird es nicht so schlimm, hoffen vor allem die älteren Menschen der jüdischen Gemeinde.

Allerdings bleibt dieser historische Kontext wirklich nur eine Tapete. Zwar sind die Daten und Ereignisse aus dem Nürnberg dieser Zeit korrekt, aber sie dienen wirklich nur als farbiger Hintergrund. Im Mittelpunkt steht das Katz und Maus Spiel von Isaak Rubinstein gegen seine Gegner. Da muss, wie bereits erwähnt, viel zu oft der Zufall eingesetzt werden. Aber so bleibt der Spannungsbogen bis zum Schluss sehr hoch. Das liegt auch an dem engen Zeitrahmen, den die Geschichte hat, denn es bleiben nur wenige Tage, den Plan durchzuführen. Ich finde, die Autorin kann mitreißend schreiben und packt die Leser von der ersten Seite an. Da kann ich auch akzeptieren, dass mich das Zeitbild nicht ganz überzeugt hat.

Mit Isaak hat die Autorin auch eine sympathische Figur erschaffen, die in Notsituationen über sich selbst hinauswachsen muss und dessen Wandlung vom zurückhaltenden jüdischen Antiquar zum durchsetzungsstarken Ermittler in wenigen Stunden gelingt.

Am Ende scheint es, dass Isaak seine Bestimmung gefunden hat und das lässt auf Folgebände schließen, auf die ich schon sehr gespannt bin.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.11.2019
Tod im Mondschein / Mydworth Bd.2 (eBook, ePUB)
Costello, Matthew; Richards, Neil

Tod im Mondschein / Mydworth Bd.2 (eBook, ePUB)


gut

Die Zwanziger Jahre haben im englischen Krimi eine Hochkonjunktur. So legte das Erfolgsduo Matthew Costello und Neil Richards nach der Cherringham Serie ein neues Projekt vor. Mit „Mydworth – Tod im Mondschein“ erscheint schon die dritte Folge eines richtigen Cosy Crime.

Lord und Lady Mortimer sind nach dem Krieg auf’s Land zurückgekehrt. Sir Harry war dekorierter Pilot und danach als Agent im Auftrag der Krone unterwegs. Sein amerikanische Frau Kat stammt aus ärmlichen Verhältnissen in der Bronx und war im Krieg Krankenschwester. Die Beiden mussten sich erst an das geruhsame Landleben gewöhnen und Kat sich an ihre Rolle als Lady. Doch auch in Mydworth gibt es Rätsel und Verbrechen, die gelöst werden müssen.

So wird im Wald des Emporkömmlings Shreeve die Leiche eines jungen Wilderers gefunden. Offensichtlich ist er gestolpert und dabei hat sich ein tödlicher Schuss gelöst. Aber so einfach wollen es nur der örtliche Constable und der Gutsbesitzer haben. Harry und Kat fallen sofort einige Ungereimtheiten auf.

Das E-Book ist schnell gelesen, dafür sorgen die leichte, unterhaltsame Sprache und die kleinen Begebenheit am Rand der Geschichte, die sich sehr witzig lesen. Wenn zum Beispiel Kat dem altgedienten Hausmädchen die Vorzüge eines Kühlschranks mit Eisfach oder eines Staubsaugers nahebringen will und auf Ablehnung stößt, weil dieses elektrische Teufelszeug nicht zur Ehre eines englischen Hausmädchens passt. Auch dass sich Kat gern auf ein Motorrad schwingt und die Umgebung erkundet, ruft in Mydworth Erstaunen hervor.

Sympathische Hauptfiguren und eine überschaubare Anzahl von Protagonisten werden nett in Szene gesetzt. Natürlich bleiben die Personen ziemlich flach, das ist auch schon dem geringen Umfang geschuldet. Eine unterhaltsame Geschichte, der man den Reihencharakter ein wenig anmerkt und genau das Richtige für Entspannung zwischendurch.

Bewertung vom 24.11.2019
Bülent Rambichler und der störrische Karpfen / Bülent Rambichler Bd.2
Bogner, Anja

Bülent Rambichler und der störrische Karpfen / Bülent Rambichler Bd.2


weniger gut

Bülent Rambichler, ein Hauptkommissar hat sich geschworen, nicht mehr freiwillig in seinen fränkischen Heimatort zu kommen. „Heimweh ist’s, wenn’s daheim weh tut“ so definiert er das für sich. Aber als in Strunzheim der allerseits beliebte zweite Bürgermeister kopfüber im Karpfenteich gefunden wird und auf dem Allerwertesten eingeritzt auch noch eine bezeichnende Botschaft prangt, bleibt ihm gar nichts anderes übrig. Zu allem Übel wird ausgerechnet sein Vater verdächtigt. Da verlangt es schon die Familienehre, dass er ermittelt.

Aber was heißt schon ermitteln in diesem Krimi, der alles an schenkelklopfendem Humor mitnimmt. Das wäre auch gar nicht so schlimm, wenn die Autorin nicht öfters mal die Grenze zur Vulgarität und zur Fäkalsprache nach unten schiebt. Weil die Ehefrau des Verstorbenen aus Oberbayern stammt, darf neben dem fränkischen auch gleich der bayrische Dialekt benützt werden.

Die Figuren sind ulkig bis zur Karikatur gezeichnet, ein greises, aber fideles Zwillingspaar, ein tiefenentspannter Schulfreund von Rambichler (so viele Synonyme für die Selbstgedrehte aus heimisch angebautem Kraut habe ich selten gelesen) und nicht zuletzt Bülents Vater, Erkan Rambichler.

Die Handlung nimmt dann auch ihren gemächlichen Verlauf, Bülents Erkenntnisse kommen eher per Zufall zu ihm, wenn er sich aus den diversen Fettnäpfchen befreit hat. Das ist auch immer wieder lustig, wenn man derben Humor mag.

Für mich war an diesem Buch von allem zu viel und deshalb hielt sich auch mein Lesevergnügen in Grenzen.

Bewertung vom 20.11.2019
Die Zeit des Lichts
Scharer, Whitney

Die Zeit des Lichts


sehr gut

Die junge Amerikanerin Lee Miller kommt Ende der Zwanziger nach Paris, dem Zentrum der Kunst, Literatur und ein Hotspot für Amerikaner, die in das Lebensgefühl dieser Jahre eintauchen wollen.

Lee hat ein gewisses Ansehen als Model erworben, aber sie möchte nicht länger vor der Kamera posieren, sie möchte selbst fotografieren und gestalten. Als sie dem schon arrivierten Man Ray begegnet und er sie nach einiger Zeit als Assistentin engagiert, scheint sie ihrem Ziel schon sehr nahe. Die Zusammenarbeit beginnt sie zu inspirieren, sie wagt immer häufiger fotografische Experimente und bald wird sie die Geliebte und Muse Man Rays.

Doch je sicherer sie sich ihrer Kunst und ihrer Persönlichkeit wird, umso mehr fühlt sie sich von ihm eingeengt und vereinnahmt. Sie fühlt, dass er sie nie als gleichberechtigte Künstlerin anerkennen wird.

Dieser Roman fängt sehr farbig das Lebensgefühl jener Zeit ein. Die Autorin hat sich für ihr Debüt eine interessante Frauenfigur als Protagonistin gewählt, deren Lebensweg sehr abenteuerlich und von vielen Brüchen durchzogen ist. Allerdings beschränkt sie sich nur auf einen kurzen Zeitraum. Von Lee Miller, der Kriegsberichterstatterin erfährt der Leser nur in kurzen eingeschobenen „Vorblicken“.Anfangs hatte ich mehr einen biografischen Roman erwartet und war deshalb fast enttäuscht, dass so vieles vom Leben dieser Frau im Dunkeln blieb, allerdings nahm mich der Schreibstil der Autorin bald richtig gefangen. Whitney Scharer kann hinreißend erzählen und lässt die Pariser Jahre richtig lebendig werden. Sie lässt die Leser eintauchen in die Welt der Boheme, Cocteau, Picasso, Kiki, die Dadaisten und Surrealisten, sie alle tauchen in Man Rays und Lee Millers Umfeld auf.

Ganz besonders gelungen fand ich den Prolog des Buches, er zeigt eine alternde, alkoholkranke Lee, die auf einer Farm in England lebt und die die Erinnerungen und Arbeiten aus ihrer Pariser Zeit im hintersten Winkel ihres Gedächtnisse und auf dem Dachboden verborgen hat. Doch dann wird sie durch einen Auftrag für einen Artikel wieder daran erinnert….

Ein schöner Roman, der Lust macht mehr über die faszinierende Lee Miller zu erfahren.

Bewertung vom 19.11.2019
Lauerholz / Kommissar Birger Andresen Bd.12
Schlennstedt, Jobst

Lauerholz / Kommissar Birger Andresen Bd.12


gut

Auf einer Wiese an der Lübecker Wakenitz werden zwei Teenager gefunden, in enger Umarmung sind sie offensichtlich gemeinsam in den Tod gegangen. Was kann passiert sein, dass die Jugendlichen keinen anderen Ausweg mehr wissen? Am Tatort überfällt Kommissar Birger Andresen ein seltsames Gefühl, das auch der junge Kollege Morten teilt. Ist der Fall wirklich zu eindeutig wie es scheint?

Kann es etwas mit dem Prolog zu tun haben. Dort wird im düsteren Wäldchen Lauerholz,der Junge, Leif offensichtlich von Freunden verfolgt und gehetzt, er rennt zu den Bahngleise und ein Güterzug nähert sich.

Die Benachrichtigung der Eltern ist in so einem Fall nie einfach, aber was Andresen im Zimmer des jungen Mädchens findet, erstaunt ihn sehr. Aber die Mutter blockt ab, ähnlich ergeht es ihm im Elternhaus des Jungen.

Der Krimi hat für seinen Plot ein schwieriges Thema gewählt, Suizid von Jugendlichen und was dazu führt, ist sicher nicht leicht umzusetzen. Das ist dem Autor hier gelungen. Feinfühlig werden die Hintergründe beleuchtet, Charakterbilder gezeichnet und mit spannender Polizeiarbeit abgerundet. Zusätzlich wird Spannung durch einen Nebenstrang der Handlung erzeugt. Der Kommissar begleitet einen Privatdetektiv, der nach 30 Jahren endlich erfahren will, warum seine Eltern ermordet wurden.

Da komme ich nun zu einem Knackpunkt für mich. Ich bin mit diesem Fall in die Serie um Birger Andresen eingestiegen und was mir selten passiert, ist hier eingetreten. Ich hatte das Gefühl, dass mir Vorwissen aus den früheren Bänden fehlt. So konnte ich diverse Beziehungen nicht nachvollziehen und auch die Nebenhandlung erschien mir dadurch nebulös. Deshalb blieben mir Birger Andresen und seine Kollegen, samt ihren Interaktionen fremd. Da sind Kenner der Reihe mit Sicherheit im Vorteil.

Mir gefiel die Handlung mit ihrer Ausgangsidee und die schlüssige Auflösung. Ebenso gefiel mir die einfühlsame Zeichnung der Jugendlichen mit ihren Ängsten und Nöten.

Insgesamt bin ich aber mit Birger Andresen nicht recht warm geworden und das hat mein Lesevergnügen ein wenig geschmälert.

Bewertung vom 18.11.2019
Bei Einbruch der Nacht
Vargas, Fred

Bei Einbruch der Nacht


ausgezeichnet

Im Nationalpark Mercantour wurden einige Wölfe aus den Abruzzen ausgewildert. Nicht zur Freude der heimischen Schäfer. Begleitet wird das Experiment von dem kanadischen Experten, der sich bei der Erforschung der Grizzleys einen Namen macht. Das er immer noch in Frankreich ist, liegt vielleicht auch an der schönen Camille. Sie hat nach der wiederholten Trennung von Kommissar Adamsberg Paris verlassen ist nun mit Lawrence zusammen.

Als sich immer mehr gerissene Schafe finden und die Bisswunden viel größer als von einem normalen Wolf scheinen, macht sich in der ländlichen Gegend die Furcht vor einem Werwolf breit, dann geschieht das Gefürchtete: die Bäuerin Suzanne wird tot aufgefunden, auch an ihren die Bisse des riesigen Wolfs.
Camille macht sich nun zusammen mit Soliman, Suzannes Adoptivsohn und ihrem alten Schäfer, der nur der Wächter genannt wird auf die Jagd nach dem Wolf.
Doch immer wieder kommen sie zu spät, egal wo sie suchen, der Wolf war schon vor ihnen da. Schweren Herzens entschließt sich Camille, Adamsberg einzuschalten. Doch der hat schon längst Witterung aufgenommen, seit er Camille in einer Nachrichtensendung sah.

Fred Vargas Kriminalromane sind immer etwas Besonderes. Ihr Ermittler Adamsberg passt in kein bekanntes Schema. Er ist ein Frauenheld, fast Widerwillen, denn er liebt nur Camille, kann aber nicht mit ihr und auch nicht ohne sie leben. Seine Intuition ist legendär und für ihn sind Schwingungen genauso aussagekräftig wie handfeste Spuren. Alle ihre Figuren sind in gewissem Maße Sonderlinge, Eigenbrötler und Einzelgänger, aber sie werden von ihr so hinreißend beschrieben, dass man sich auch im realen Leben mehr von ihnen wünscht. Der Plot ist ganz handfest, obwohl man beinahe versucht ist, auch an ein übernatürliches Phänomen zu glauben. Aber es stimmt auch hier, „der Mensch ist des Menschen Wolf“.

Die Reise der Wolfsjäger auf einem umgebauten Lieferwagen ist nicht nur spannend, sie ist stellenweise richtig komisch. Dazu tragen vor allem die Dialoge zwischen ihnen bei. Sehnsüchte, Lebensweisheiten und Plänkeleien machen Spaß und bieten immer wieder Atempausen bei der Jagd nach dem geheimnisvollen, gefährlichen Wesen.

Ich glaube an Fred Vargas scheiden sich die Geister. Entweder man liebt ihre Krimis oder man kann gar nichts mit ihnen anfangen.