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Wedma

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Insgesamt 549 Bewertungen
Bewertung vom 10.11.2017
Die Welt im Jahr 2035

Die Welt im Jahr 2035


weniger gut

Der Bericht ist gut strukturiert: zwei Teile, die in kürzere Kapitel, meist nur paar Seiten, aufgeteilt worden sind. Teil I widmet sich hpts. den globalen Trends, Teil II hat zwei Unterabteilungen „Die nächsten fünf Jahre nach Regionen“ und „Wichtige globale Trends“, s. auch Inhaltsverzeichnis. Einige Diagramme/Grafiken verdeutlichen das Geschriebene. Zeitungsmeldungen, wie sie in den nächsten Jahren in den Medien auftauchen könnten, sind vermutlich zur Auflockerung da, z.B. „Eine Zeitungsmeldung aus dem Jahr 2019… China kauft unbewohnte Fidschi-Insel, um Militärbasis zu bauen.“ S. 74. Aber insg. ist es eine ziemlich trockene Angelegenheit.
U.a. von den Auswirkungen des Klimawandels ist die Rede, von der wachsenden Bedrohung durch Terrorismus, von steigenden Spannungen weltweit, etc.
Wer aber kritisch diese offiziell genehmigten Interpretationen wahrnimmt, sich vorher anderweitig informiert und womöglich noch eigene Erfahrungen gesammelt hat, der wird aus den Zeilen des Berichts noch ganz andere Dinge herauslesen, die einem eher Unbehagen bescheren und Zukunftssorgen aufkommen lassen. Vor allem wird man die Scheinheiligkeit erkennen können, die hier an den Tag gelegt wurde, wenn es um die Beschreibung bestimmter Trends der Zukunft geht, z.B. die Entwicklung von Terrorismus. Hierzu gibt es ein Kapitel von ca. 20 Seiten.
Wer über die Entstehung des IS, z.B. „Schwarze Flaggen“ von Joby Warrick, „Wer den Wind sät“ von Michael Lüders oder „Nur wenn du allein kommst“ von Souad Mekhenet, oder auch „Wer beherrscht die Welt“ von Noam Chomsky, „Illegale Kriege“ von Daniel Ganser gelesen hat, der weiß, wie ich es meine. Im Report wurde der Sachverhalt so präsentiert, als ob alles, was an Gewalt und Terror passiert, aus freien Stücken geschieht, dass es keine handfesten Ursachen hierfür gäbe, keine Unmengen von US Steuergeldern in die Destabilisierung diverser Regionen geflossen wären, etc., und lediglich den bösen Kräften im Nahen Osten und Asien und einigen anderen Regionen zu verdanken ist. Ich musste an solchen Stellen an Volksverdummung denken, die Michael Lüders in „Die den Sturm ernten“, ein sehr lesenswertes Buch übrigens, so beschrieben hat: „Die Machtpolitik Moskaus, Teherans oder Pekings ist im Zweifel jedoch nicht mehr und nicht weniger skrupellos als die des Westens. Sie in den Kategorien von „gut“ und „böse“ zu verorten, wobei „wir“ natürlich zu den Guten rechnen, das grenzt an Volksverdummung.“ S. 167. Diese wird auch in diesem Werk aktiv betrieben, denn die Verfasser stellen sich ja als die Guten hin.
Sehr klar liest sich heraus, dass die Rolle der Weltpolizei und der Möchte-gerne-federführender-Weltmacht auch weiterhin von USA beansprucht wird. Wenn man weiß, wie die Politgeschichte bisher gelaufen ist, und wer für viel Leid, Armut und Tod in vielen Ecken der Welt gesorgt hat, näheres dazu in o.g. Quellen, dem wird bei dieser Ankündigung anders zumute. Im Grunde nichts Neues. Aber grausig genug.
Fazit: Für Liebhaber düsterer Dystopien ist es vllt eine interessante Lektüre, die zum Grübeln anregt, aber insg. kaum etwas Neues bietet. MMn stellt dieser Report v.a. die Imagepflege dar und Stipulation antizipierter Federführung auch auf diesem Gebiet. Da hat sich jmd Nutzen in der Verbreitung dieser Weltbilder erhofft.
Wer noch nicht genug anti-chinesischer und anti-russischer Propaganda wie Volksverdummung insg. abbekommen hat, hier ist die beste Adresse dafür. Wer diese identifizieren und außen vor lassen kann, was zugegebenermaßen viel Arbeit bedeutet, bekommt eine Version möglicher Entwicklungen in der Welt, die man sich größtenteils selbst vorstellen kann. Dabei muss man aber bedenken, dass diese Vision auf Annahmen über Annahmen aufgebaut worden ist. Und wenn eine oder zwei nicht zutreffen, oder gar etwas Unvorhergesehenes eintritt, bricht das Ganze wie ein Kartenhäuschen zusammen. Bis dahin sind es grausige Träume eines Möchte-gern-Welthegemons.
Gekürzt gem. Anforderung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.11.2017
Zerbricht der Westen?
Winkler, Heinrich August

Zerbricht der Westen?


weniger gut

So verlockend die Kapitelüberschriften und der Titel erscheinen, so fad und nichts Neues sagend präsentiert sich leider der Inhalt.
Der Anfang war so vielversprechend, aber nach und nach lösten sich die spannenden Ansätze im bloßen Nacherzählen der politischen Ereignisse der letzten 5-7 Jahre auf, die man als Tagesgeschehen zeitnah den Leitmedien entnehmen konnte.
Platituden und Allgemeinplätze, insb. in der zweiten Hälfte, statt spannender Analysen, Aufdeckung unterliegender Verhaltensmuster, die die Demokratie im Westen in schwere Krise gebracht haben und plausibler Vorschläge, wie man die Probleme lösen könnte, die ich hier eigentlich erwartet habe.
Selbst dort, wo es sein müsste, im Fazit, sucht man nach derartigen Inhalten vergeblich. Man bekommt lediglich die offizielle, für breite Massen vorbereitete Meinung, die man den größeren Zeitungen und ÖR-Sendern entnehmen konnte. Zudem wurde es so getan, als ob dort der Wahrheit letztes Wort stünde. Dass es dem nicht so ist, dass diese Art der Berichterstattung lediglich der fromme Wunsch ist, die breite Masse auf einen bestimmten Kurs zu bringen und bestimmte Ansichten in deren Köpfe zu pflanzen, weiß jeder kritisch denkender Leser. Konkrete Beispiele gibt es in Neuerscheinungen wie „Eiszeit“ von Gabriele Krone Schmalz, in „Ein Leben ist zu wenig“ von Gregor Gysi, etc.
Auch was die Beschreibung der Konflikte angeht, z.B. in Syrien, in der Ukraine, blieb der Autor bei offiziell genehmer Meinung, predigte gebetsmühlenartig von Krim-Annexion, dämonisierte Putins Russland, wie man es aus den Leitmedien gewohnt ist, verteufelte Trump &Co., von Erdogan und Assad ganz zu schweigen. Ganz sicher war ihm z.B., dass es Assad war, der Giftgasangriff auf eigene Bevölkerung „… in einem von Rebellen kontrollierten Gebiet“ (sehr „präzise“ Angabe, muss man sagen) in 2013 verübte, S. 235. Auf welche Quelle sich diese Behauptung stützt, ließ Winkler im Ungewissen. Ich kenne eine gute Quelle, die das Thema glaubwürdig darlegt, da steht es aber anders, s. „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders.
Auch an anderen Stellen fehlten die Quellenangaben, z.B. S. 175-176. Woher die Zahlen kommen, auf die der Autor seine Argumentation stützt? Oder geht es davon aus, dass man ihm aufs Wort glaubt?
Die Frage: Warum lese ich das eigentlich? Tauchte schon recht oft auf. Es ist Schnee von gestern, trocken und ohne wahrnehmbaren Mehrwert dargelegt noch dazu. Aber ich konnte/wollte nicht glauben, dass es tatsächlich schon alles sein wird. Da müsste doch noch das Eigentliche kommen, die Substanz, so meine Hoffnung. Leider war es nicht der Fall.
Winkler beschreibt die Ereignisse größtenteils neutral, mit paar Ausnahmen, s.o. Mir fehlte aber auf der gesamten Strecke das Denken in Zusammenhängen, die Hintergründe, die Frage, warum das eine oder andere geschehen ist und mögliche Interpretationen hierzu samt Vorschlägen, wie man die Situation entschärfen könnte. z.B.: Warum sah sich Putin gezwungen, in der Ukraine so vorzugehen? Vllt weil die Politik des Westens der letzten fünfzehn Jahre ihn dazu gebracht hat? Vllt wurden da die geopolitischen Interessen Russlands missachtet? Mehr dazu z.B. in „Eiszeit“ von Gabriele Krone Schmalz. Und was ist mit Syrien und angrenzenden sowie arabischen Ländern? Vllt war da einiges schiefgelaufen, da die Aggression vom Westen her ausging und man nun die Früchte dieser Politik präsentiert bekommt? Mehr dazu in „Schwarze Flaggen“ von Joby Warrick, „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders, „Nur wenn du allein kommst“ von Souad Mekhenet, ferner „Illegale Kriege“ von Daniel Ganser, uvm.
Aber nein, nichts dergleichen war den Ausführungen hier zu entnehmen.
Fazit: Wer es geschafft hat, dem polit. Geschehen, v.a. deren Interpretation der Leitmedien zu entkommen, die durch alle großen überregionale Zeitungen und Fernsehen gegeistert hat, der könnte evtl. Nutzen aus diesem Buch ziehen. Sonst kann man die kostbare Lesezeit viel spannderen Werken widmen, s.o.
Gekürzt.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.11.2017
Im Leiden beginnt mein Sterben - Das kurze Leben der Großherzogin Caroline von Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinzessin zu Reuß, ä. L., 1884-1905
Ellenbeck, Silke

Im Leiden beginnt mein Sterben - Das kurze Leben der Großherzogin Caroline von Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinzessin zu Reuß, ä. L., 1884-1905


sehr gut

Die historische Romanbiographie der Großherzogin Caroline von Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinzessin zu Reuß, ältere Linie, 1884-1905, aus der Feder von Silke Ellenbeck ist ein sehr gutes, bemerkenswertes Werk, das Einsichten in nahezu alle Aspekte des Lebens der jungen Frau am Weimarer Hof gewährt und sichtlich mit viel Herzblut und schriftstellerischem Können geschrieben wurde. Caroline, wie auch die anderen Figuren, werden auf den Seiten des Romans wieder lebendig: ihre Freuden, Hoffnungen, Ängste und Sorgen. Die damalige Zeit, das Leben am Hof mit all den Feinheiten der Etikette, den freundlichen und missgünstigen Hofdamen, den Gerüchten und Intrigen, die sich um Caroline rankten, uvm sind so zum Greifen nah, dass man sich dorthin versetzt fühlt und alles mit eigenen Augen zu sehen und mit eigenen Ohren zu hören glaubt.
Die Romanbiographie ist im Wesentlichen in Form von Carolines Tagebucheinträgen verfasst worden. Man lernt eine sensible, romantische, aber auch starke junge Frau kennen, die ihren Pflichten am Hof und im Privaten nachgehen musste, sich gern stark sozial engagierte und dafür ausgezeichnet wurde, sich aber auch die Freiheiten herausnahm, die man nach heutigen Maßstäben als harmlos bezeichnen würde. Caroline hat ihre Familie, ihre Schwestern und den Bruder sehr geliebt, früh haben sie ihre Eltern verloren, und war über jede Minute froh, die sie mit ihnen verbringen konnte. Caroline spielte auch sehr gut Klavier, ritt wie eine Rittmeisterin, was ihr viel Respekt ihres Gatten einbrachte. Dieser war ein Preuße durch und durch, mit unglücklicher Kindheit und der obligatorischen Militärausbildung im Hintergrund, was das Zusammenleben, besonders in den ersten Wochen und Monaten, sehr schwer machte: sie waren Feuer und Stein, was für hitzige Diskussionen und Streit sorgte. Sie haben sich aber auch bemüht, eine Familie zu werden, denn ein männlicher Nachfolger musste her. Dieses Aufeinandergehen, das langsame Vorantasten, was Interessen und Wünsche des jeweils anderen angeht, ist bildhaft, anhand von Szenen, und Carolines Gedanken geschildert worden, sodass man immer quasi live dabei war. Hier kommen Themen wie Rolle und Rechte der Frauen gut zur Geltung.
Man trifft auch andere Adelige der damaligen Zeit, denn Caroline hat einen hohen Stand und verkehrt in höchsten Kreisen. Auf der Karte der Bundesfürstinnen von 13 Damen insg. ist sie rechts von der Kaiserin abgebildet. Man bekommt auch interessante Einblicke ins damalige gesellschaftliche Leben.
Es gibt aber auch einiges aus dem Bereich Politik und ähnl. „In unserer Kolonie in Deutsch-Südwest Afrika gärt es.“ Die Kommentare werden dann schon mal ironisch, was Carolines klaren Verstand und gut gebildetes Urteilsvermögen vor Augen führt. Aber auch die Armut, v.a. Armut der Kinder, keine Aussichten auf ein besseres Leben in Carolines Reich wurden thematisiert, deshalb engagierte sie sich, da sie dem etwas entgegen setzen wollte.
Man merkt dem Werk an, dass es nicht nur penibel recherchiert wurde, man sieht, dass es ein besonderes Anliegen der Autorin war, Carolines Wesen und ihr leider zu kurzes Leben den Lesern nahezubringen. Und das ist zweifelsohne sehr gut gelungen.
Es gibt viele Fotos, passend zum Text im Buch geordnet, die sowohl Caroline, ihre Familie als auch andere Personen dem Leser vor Augen führen. Zum Schluss erfährt man, wie es ihren Schwestern und ihrem Gatten nach ihrem Tod ergangen war. Es gibt viele Kinderbilder a. d. Zeit. Total süß.

Fazit: Eine sehr lesenswerte Romanbiographie, die sowohl Caroline als auch die damalige Zeit und ihre Sitten und Gepflogenheiten aufleben lässt. Wer gerne historische Romane oder Frauenromane mit historischem Hintergrund liest, kann hier gut zugreifen, man wird einige erfülle Lesestunden verleben. Besonders hell leuchtende vier Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.11.2017
Ein Leben ist zu wenig
Gysi, Gregor

Ein Leben ist zu wenig


ausgezeichnet

Die Autobiographie von Gregor Gysi (GG) habe ich sehr gern gelesen. Sie hat mir seltene wie bereichernde Sichtweisen geöffnet, die man woanders kaum finden kann.
Ich habe mich auf gutem Niveau und in vielerlei Hinsicht prima unterhalten gefühlt. GG erwies sich als ein vorzüglicher Erzähler, ein starker wie wohl geübter Entertainer.
Mal saß ich bis ein Uhr morgens lachend, als es um die Schuljahre und Berufsausbildung ging. GG hat einen tollen Humor, kluger, elaborierter Natur, und gute Prise Selbstironie, die bis zum Schluss erhalten bleiben und einen hier und da zum Schmunzeln und Auflachen verleiten. Die spannenden Ausführungen zu seinen Ahnen ganz zu Anfang stimmten mich nachdenklich, wie die später geschilderten Geschehnisse im Bundestag der 90-ger Jahre, oder auch manche Sätze wie: „Denkpause. Ist es eine Pause zum oder vom Denken?“ Es gibt noch mehr davon, gleichmäßig im Buch verteilt, die jedes Zitatenheft zieren können.
Die Kapitelübergänge sind prima: man kann nicht anders, als doch noch nächstes Kapitel anzufangen und noch paar Seiten dranghängen usw. Selbst wenn eine Pause mal zustande kam, war ich bald wieder gedanklich beim Buch: Und wie geht es da weiter?
In dieser Autobio wurde ein Stück deutscher Geschichte erzählt: das Ende der DDR, deren Übernahme vom Westen, v.a. die Art, wie das getan wurde, GG benennt konkrete Fehlerbeispiele, die anschließenden Diskussionen um die Auflösung der Partei, das Verhalten Mitglieder anderer Parteien im Bundestag, die Arroganz des Westens, und als Kontrastprogramm, wie GG und seine Parteifreunde im Ausland, in Israel, aufgenommen wurden: „Neu und fremd war für mich, dass vor dem Hotel unseretwegen eine bundesdeutsche Flagge gehisst wurde. In Deutschland selbst wurden wie unter der Flagge, die über dem Bundestag wehte, wie Leute behandelt, die nicht dazugehörten.“ Auch weitere, krassere Beispiele, wie mit Gerhard Riege, gibt es hier. Da ist sehr klar, wie nicht einfach es für ihn war, seine polit. Arbeit fortzuführen. Ein dickes Fell und viel Durchhaltevermögen gehören dazu.
GG geht auch ausführlich auf die Unterstellungen der westlichen Medien ein, die ihm vorgeworfen haben, er hätte im Auftrag der StaSi gehandelt, und klärt alles lückenlos auf.
Seine Kommentare bestimmter politischer Ereignisse, seine Sicht, wie es das eine oder andere erlebt hat, die Schlussfolgerungen sind spannend und auf jeden Fall wert, sie kennenzulernen: Ein ganz anderer Blickwinkel, interessante Argumentation, alles wirkt sehr erfrischend im Vergleich zu dem, was man in Massenmedien tagein tagaus serviert bekommt.
Von seinen Weggefährten und Parteifreunden hört man einiges Interessantes, nur Gutes.
Auch von der privaten Seite erzählt er, gerade so viel, wie man wissen mag.
Der Schwerpunkt liegt aber deutlich auf seinem Beruf. GG ist der Mann der Politik, daher ist es logisch, dass es in seiner Bio um die polit. Ereignisse geht.
Auch über Jugoslawienkrieg findet GG klare Worte und erklärt, warum dieser Krieg direkten Einfluss auf die Ukraine-Krise von 2014 hat. Manches wirkt als düstere Prophezeiung, die heute eingetroffen ist, s. Kap. 39. Bildhaft schildert er auch, was für Sachen SPD/Grüne-Regierung beschlossen hat, uvm.
Fazit: Diese Bio ist wie ein gutes, reichhaltiges Gespräch aufgebaut und ich war sehr gern dabei. Sie ist schon deshalb lesenswert, weil sie GGs Meinung zu vielen Ereignissen darstellt, die so erfrischend und bereichernd ist, dass man definitiv vieles verpasst, wenn man sie nicht kennt.
Gleichzeitig konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier nur ein Teil der Geschichte erzählt wurde, vermutlich nur das, was dem antizipierten Leser ohne Weiteres zugemutet werden konnte. Aber auch dieser Teil ist sehr interessant: Tolle Sprüche, Gedankengänge, Schlussfolgerungen, insb. Kap. 48-50, Fragen, Interpretationen, insg. die Sicht der Dinge. Sehr lesenswert.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.11.2017
Makrobiotik
Guemoes, Madhavi

Makrobiotik


sehr gut

Das Buch ist recht überschaubar mit 240 Seiten der TB-Ausgabe. Es gibt einen „theoretischen Teil“ und den „Praktischen“ mit vielen Rezepten vom Frühstück über Mittag/Abendessen bis zu selbst gemachten Pralinen, Snacks, Immun-Kicks, etc.
Im theoretischen Teil erklärt Madhavi Guemoes kurz, wie sie mit Makrobiotik angefangen hat, was sie im Laufe der Jahre dazu gelernt hat, in dem Buch soll die Essenz daraus sein, und was Makrobiotik nach ihren Begriffen sein soll. Diese Ausführungen ließen mich an TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) denken und damit verbundene Empfehlungen bezüglich des gesunden Essens. Die Autorin teilt Lebensmittel nach Yin und Yan, darunter extrem Yin wie Zucker, Honig, Käse, Quark, Joghurt; ausgewogen Yin wie Reismalz, Amazake, Nüsse; extrem Yan wie Fleisch, Eier, Salz und die Produkte, die in der Mitte anzusiedeln sind wie Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte, Algen, Samen, etc. Danach wird ein Teller zusammengestellt, das aus 50-60% aus gek. Vollkorngetreide bestehen soll, 25-30% Gemüse, 3-5% Algen und ca. 10% Eiweiß, damit ist eher etwas Veganes wie Tofu gemeint. Es wurde aber auch gesagt, dass manche Makrobiotiker auch mal Fisch essen.
Interessant fand ich das Kapitel über die Lebensmittel, die man meiden sollte. Zwiebel und Knoblauch, Nachtschattengewächse wegen Solonin, Milchprodukte, scharfe Gewürze, Zucker, alle Fertigprodukte, uvm.
Die im zweiten Teil vorgestellten Rezepte sind ganz gut beschrieben, alles, was man an Begriffen der asiatischen Küche als „normalessender“ Mensch nicht kennt, wird erklärt und wo man dies auch bekommt. Ein gut sortierter Asia-Laden in Bioqualität in der Nähe wäre da sehr hilfreich. Zu jedem Rezept gibt es ein hübsches Foto des fertigen Gerichts.
Mikrobiotisches Essen wäre schon eine große Umstellung für einen „normal“- Essenden, deshalb rät die Autorin auch, nach und nach die Produkte zu ersetzen, z.B. die Milch durch Pflanzenmilch usw. Die Rezepte sind im Grunde einfach nachzukochen, aber man muss erstmal gut im Bio-Asia-Laden eingekauft haben und ob es einem schmecken wird, da man so etwas nicht gewohnt ist? Eine Art Brei zum Frühstück zu kochen, da gehört schon eine Portion Motivation zu.
Der Erzählton ist locker, wie unter guten Freundinnen. Die Sprache hat mich allerdings etwas irritiert: Sie ist mehr als mir lieb war von Anglizismen und anderen Fremdwörtern durchwirkt.
Fazit: Wer sich für alternative Nahrungsart interessiert/ mal was anderes ausprobieren möchte oder gar muss, kann hier gut zugreifen. Man bekommt Rezepte, die relativ einfach sind und, wie die Autorin sagt, gut schmecken. Etwas von der „Theorie“ ist auch dabei, wobei mir hier einfach gute Begründungen fehlten: Warum soll es so sein? Dadurch wirkt das Ganze eher dogmatisch, wobei es gerade das ist, was die Autorin unbedingt meiden wollte. Wer mit dem Korngetreide so seine Probleme hat, der muss dann schon variieren und diese in den Rezepten durch etwas Glutenfreies ersetzen. Aber insg. als Anfang einer gesünderen Ernährung finde ich das Buch ganz gut.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.10.2017
Meine Hochsensibilität positiv gelebt
Strauch, Silvia Christine

Meine Hochsensibilität positiv gelebt


ausgezeichnet

„Meine Hochsensibilität positiv gelebt. Persönliche Einsichten aus einem langen, bewegten Leben“ von Silvia Christine Strauch ist ein nett geschriebener Erfahrungsbericht einer Frau, die sich als Hochsensible versteht. Sie gibt Hilfestellungen, wie man Hochsensibilität erkennt und damit umgeht.
Das Buch hat drei Kapitel: „Persönliche Lebenserfahrungen“, „Die Eigene Entwicklung voranbringen“, „Im Alltag Ruhe finden“, die in mehrere Unterkapitel unterteilt sind, plus Vorwort und Schlusswort auf rund 177 Seiten.
Vor jedem Unterkapitel gibt es 4-6 Fragen, die vermutlich helfen sollen zu verstehen, ob man hochsensibel ist, z.B. „Halten Sie sich ungern unter vielen Menschen auf? Fühlen Sie sich in einer Gruppe schnell überfordert?“ Oder: „Können Sie Gefühle anderer leicht nachempfinden? Fällt es Ihnen schwer, Grenzen zu ziehen?“ Oder: „Brauchen Sie lange, um intensive Erlebnisse zu verarbeiten? Bevorzugen Sie eine ruhige, wenig chaotische Umgebung?“, usw. Nach den Ausführungen, die auf den Lebenserfahrungen der Autorin basieren, in eher kurzen Kapiteln, gibt es Resümee mit Ratschlägen, wie man sich als hochsensible Person in verschiedenen Situationen verhalten, seine Zeit besser organisieren, das Leben insg. meistern kann.

Das Buch kann man in einem Rutsch durchlesen, es liest sich sehr leicht. Man kann aber auch an jedem Kapitel verweilen und nachdenken, ganz wie es einem passt. Man fühlt sich durchwegs wohl: Man hört gern von einer Frau, die ihr Leben gut zu organisieren wusste, wie sie ihre Hochsensibilität gemeistert hat. Ihre Ratschläge mögen sich vllt manchmal nicht so spektakulär anhören, man hat so etwas ggf. in anderen Ratgebern zu ganz anderen Themen gelesen, aber es schadet gewiss nicht, dies sich vor Augen nochmals zu führen, insb. wenn man Optimierungspotential im eigenen Leben sieht oder sich gerade als hochsensible Person identifiziert hat. Vllt kann man das eine oder andere übernehmen und es kann sich durchaus als hilfreich erweisen.

Fazit: Für die erste Auseinandersetzung mit dem Thema „Hochsensibilität“ ist das Buch eine gute Adresse, denn die Fragen helfen einem zu verstehen, ob man zu Hochsensiblen zählt. Man bekommt auch die Ratschläge, wie man damit umgehen kann. Natürlich sind die Fragen und die Ausführungen nicht ausschöpfend und passen nicht auf alle Hochsensible, denn von einer Person kann man nicht auf alle schließen, aber eine gute Richtung kann man mit Hilfe dieses Buches doch schon einschlagen. Man bräuchte aber dann weiterführende Literatur und der Verlag dielus edition bietet einige Titel auf diesem Gebiet auch an.

Bewertung vom 30.10.2017
Beobachtungen aus der letzten Reihe (eBook, ePUB)
Gaiman, Neil

Beobachtungen aus der letzten Reihe (eBook, ePUB)


sehr gut

Beobachtungen aus der letzten Reihe von Neil Gaiman ist ein größeres Werk: 576 Seiten der gebundenen Ausgabe auf zehn Kapitel mit etlichen Unterkapiteln verteilt.
Der Autor stellt sich vor, spricht über seine Ansichten zu diversen Bereichen des kulturellen Lebens wie Kino, Filme, Comics, Fantasy, SciFi und natürlich über die Bücher insg. und ihre Rolle. Insb. im ersten Kapitel erzählt Gaiman, wie wichtig die Bücher für ihn als Kind waren, wie und wie sehr sie ihn geprägt haben, und warum es notwendig ist, dass es auch heute Büchereien und Bibliotheken gibt, wo die Kinder unmittelbare Begegnungen mit Büchern machen könnten.
Mal sind es seine Reden, in denen er sich als ein geschickter Redner präsentiert, der sein Publikum zu unterhalten und zu fesseln weiß und der die Spannung bis zum letzten Satz gekonnt aufrechterhält. Mal sind es Essays oder Erinnerungen, z.B. an Treffen mit Freunden beim Filmfestival 2010 oder an eine Buchtournee mit seinem alten Freund Terry Pratchett zum Buch, das sie zusammen geschrieben haben. Mal spricht er über die Werke anderer Autoren und die Autoren selbst, so charmant, dass man sie auch gern kennenlernen möchte.
Drei Kapitel: 1, 8 und 9 werden mir länger in Erinnerung bleiben. Im ersten Kapitel liest man hpts. seine Reden, manches wiederholt sich, aber unter einem anderen Aspekt, insg. sind es so tolle Texte, die ich nicht mehr missen möchte, insb. Credo ganz am Anfang. Aber auch weitere Beiträge wie „Warum unsere Zukunft von Büchereien, Lesen und Tagträumen abhängt“ hat mir viel Freude bereitet: „Wir müssen unseren Kindern auf die Leseleiter helfen: Alles, was ihnen Spaß macht, führt sie Sprosse für Sprosse hinauf zu Bildung.“ Oder: „Empathie ist ein Werkzeug, um aus Menschen Gruppen zu formen. Empathie erlaubt uns, mehr zu sein als ichbesessene Einzelgänger.“ Oder: Büchereien stehen für Freiheit: für die Freiheit zu lesen, die Freiheit der Ideen und die Freiheit der Kommunikation.“ Oder auch: „Bücher sind echte Orte. Vergessen Sie das nicht.“
Im achten Kapitel erzählt er über sein Märchen Sternwanderer, das später verfilmt wurde. Sehr interessant, was er über die Märchen insg. und über sein Märchen und warum er es geschrieben hat sagt!
Das neunte Kapitel besteht aus nur einer Rede, aber einer ganz großartigen, mit dem Titel „Macht gute Kunst“ an der Uni of Arts in Philadelphia 2012. Wie auch in anderen Reden erzählt Gaiman über seinen Werdegang als Schriftsteller, über die Schwierigkeiten, die er hatte. Er macht auch viel Mut und gibt den angehenden Künstlern Rat, wie auch sie die Hürden ihres Berufes meistern könnten. Sagt aber auch ganz einfache Dinge: „Macht nur das, was ihr am besten könnt. Macht gute Kunst. Auch an guten Tagen.“ Oder auch das hier: „Der Moment, in dem ihr – vielleicht – das Gefühl habt, nackt die Straße entlangzugehen, zu viel von eurem herzen preiszugeben, von euren Gedanken und eurem Innenleben, das Gefühl, zu viel von euch zu offenbaren, das ist der Moment, in dem ihr vermutlich auf dem richtigen Weg angekommen seid.“
Da sind noch einige tolle Gedanken und Sätze, mit denen man die Zitatenhefte füllen und einfach Spaß am Lesen haben kann.

Fazit: Manche Themen sprechen einen mehr, manche weniger an, aber insg. ist es ein lesenswertes, aufschlussreiches Werk voller toller Zitate über das Lesen, Bücher, Literatur uvm. geworden, recht locker erzählt, leicht humorig, mal selbstironisch. Oft hat man den Eindruck, als unterhalte man sich mit Gaiman, in einem gemütlichen Sessel sitzend vor einem Kamin bei einem guten Getränk. Ziemlich viel Selbstdarstellung und Selbstbeweihräucherung haben zum einen Stern Abzug geführt, aber sonst ist es ein ganz gutes, lesenswertes Buch geworden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.10.2017
QualityLand Bd.1 (MP3-Download)
Kling, Marc-Uwe

QualityLand Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Eine Zukunftssatire par Excellence, voller Witz, Ironie, Gesellschaftskritik und tollen Gedanken, nach allen Regeln der Kunst, so authentisch und in sich stimmig!
Die gefährlichen Tendenzen des heutigen Lebens, insb. was Aktivitäten im Netz angeht, wurden hier weitergesponnen und dem Leser vor Augen geführt, wie sie sich auf das Arbeitsleben, Beziehungen, Familie, Kinderkriegen, usw. in paar Jahrzehnten ausgewirkt haben werden. Ein Bild der zukünftigen Gesellschaft wurde geschaffen, die sich im Wesentlichen nicht so sehr von der heutigen auch unterscheidet, in der nicht der Mensch mit seinen Ecken und Kanten, seinen Widersprüchen und Eigenheiten von Belang ist, das interessiert niemanden, den finanziell nicht verwertbar. Sein digitales Profil, das im Netz vorhandenes Image mit all den Präferenzen ist das, was das System interessiert, denn das ist ein Teil des Systems und damit wird Geld z.B. durch personifizierte Werbung, durch personifizierte Nachrichten, usw. verdient. Wenn das Profil aber falsch ist, hat man wirklich ein Problem. Peter versucht es zu lösen, das gestaltet sich aber schwierig.
„Sie nehmen mir die Möglichkeit, mich zu verändern, weil meine Vergangenheit festschreibt, was in Zukunft zur Verfügung steht.“, sagt er im Kap.38. Das lässt an mittelalterliche Verhältnisse denken, die nun wieder das Leben der Menschen bestimmen: Der Sohn eines Bauern wurde i.d.R. Bauer, der des Müllers ein Müller usw. Sie hatten kaum Chancen auf eine Veränderung im Sinne vom gesellschaftlichen Aufstieg, denn die Zukunft wurde durch die Herkunft vorgeschrieben, und so ist es auch im Qualityland, dort sorgt das System für solche Verhältnisse. Und den Teufelskreis zu durchbrechen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Das gesamte Kap. 38 ist voll von richtig guten Gedanken, die man sich, wie den Roman insg., nicht entgehen lassen sollte.
Gierige Machtstreber, Politik, Lobbyismus insg. sind in dieser Geschichte ebenso gut präsent wie die Wirtschaft oder das, was man in der Zukunft davon erwarten darf, mit direkten Auswirkungen auf die Gesellschaft und ihre ethischen Werte. Alles sehr gekonnt, hochprofessionell und unterhaltsam präsentiert.
„‘Folgende Frage solltest du dir stellen‘, sagt der Alte. ‚Leben wir in einer Diktatur, deren Methoden so sublim sind, dass keiner merkt, dass wir in einer Diktatur leben? Und gleich daran anschließend musst du dir die nächste Frage stellen: Ist es überhaupt eine Diktatur, wenn keiner merkt, dass es eine Diktatur ist? Wenn sich keiner seiner Freiheit beraubt fühlt, und Freiheit ist ja keinesfalls verboten im Qualityland, sie ist höchstens zurzeit nicht lieferbar... Weiß du eigentlich, warum man es das Netz nennt?‘ ‘Weil wir darin gefangen sind‘, sagt Peter.“ Kap. 26. DA kann man schauen, wie viel Diktatur und wie viel Freiheit im heutigen Leben vorhanden sind.
Marc-Uwe Kling trägt sein Werk hervorragend vor. Bestimmt wäre ich nicht so begeistert gewesen, wenn ich es selbst gelesen hätte, denn seine Art vorzulesen macht das Buch zu einem Hörvergnügen: Situationskomik, Gedankentiefe uvm. kommen so besser zur Geltung. Da es die Aufnahme einer Live Lesung ist, hört man auch das Lachen im Saal, was dem Ganzen auch eine schöne Note verleiht.
Ich habe mich für die dunkle Version entschieden und bin sehr zufrieden. Schwarzer Humor kann gut sein und hier ist er schon richtig gut, immer schön auf den Punkt, von toller Qualität, auf hohem Unterhaltungsniveau, so wie ich ihn mir wünsche. Gleich zu Anfang, bei den leckeren Fisazus, bestehend aus Salz, Zucker und Fett in allen beliebten Geschmacksrichtungen, musste ich auflachen und hörte im weiteren Verlauf schmunzelnd zu, v.a. mochte ich gar nicht aufhören, selbst eine Pause zu machen war schon eine Überwindung. Es war so gut! Im gesamten Verlauf nur beste Laune.
Fazit: Ein tolles Hörbuch, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Wenn es möglich wäre, hätte ich zehn Sterne vergeben. So gibt es 5 wohl verdiente Sterne und eine klare HÖRempfehlung!