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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Fredhel
Wohnort: 
Deutschland

Bewertungen

Insgesamt 1148 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2023
Die Drohung
Kara, Lesley

Die Drohung


sehr gut

"Irrsinnig spannend", so bezeichnet Lee Child diesen Thriller, aber ich kann dieses Urteil nicht teilen. Auf leisen heimtückischen Sohlen schleicht sich das Grauen in Astrids Leben, als wäre es nicht so schon schwer genug, vom Alkohol loszukommen. Ihre Vergangenheit ist sehr belastend. Anscheinend gibt es jemand in ihrem engsten Umfeld, der ihre Geheimnisse kennt. Nur so kann sich Astrid die verstörenden, anonymen Nachrichten erklären.
Die Autorin hat ein langsames Erzähltempo, das zudem durch Schilderungen von Astrids Verlangen nach Alkohol sehr bedrückend wirkt. Erst das Finale bringt Lebendigkeit und natürlich die Aufklärung. Mit der Bewertung tue ich mich etwas schwer, weil es mir ein Zuviel an Suchtbeschreibung gibt und mir Astrid über weite Strecken unsympathisch bleibt. Aber ich denke, dass viele Leser Gänsehaut bekommen können bei dem ganzen Psychoterror. 

Bewertung vom 27.03.2023
Toskanische Sünden / Commissario Luca Bd.2
Riva, Paolo

Toskanische Sünden / Commissario Luca Bd.2


sehr gut

Allein vom Cover mit dem typisch toskanischen Motiv her kann man erkennen, dass genau nach einem Jahr ein neuer Commissario Luca erschienen ist. Luca ist ein Sahneschnittchen von einem Mann. Er ist der einzige Polizist in dem malerischen Montegiardino. Eigentlich lebt er ein beschauliches Leben als alleinerziehender Vater einer reizenden Tochter auf einem kleinen Hof mit drei Eselchen, die jeweils einen sehr eigenwilligen Charakter haben. Mit der schönen Dottoressa bahnt sich eine Liebelei an, die eventuell durch die temperamentvolle Vice-Questora gestört wird. Diese tritt nämlich nach einem Mord und einem Mordversuch auf den Plan. Außerdem ist die ganze Dorfgemeinschaft außer Rand und Band, wie immer alle paar Jahre, wenn der Vollmond als Supermond über Montegiardino aufgeht.
Land und Leute werden toskanatypisch beschrieben, das südländische Flair verleitet den Leser zu Urlaubsträumereien. Ganz klar eignet sich dieser Krimi hervorragend als Sommer(-ferien)lektüre. Spannend ist er außerdem auch noch. Leider dauert es wieder 12 Monate zu Band 3.

Bewertung vom 27.03.2023
Lichte Tage
Winman, Sarah

Lichte Tage


sehr gut

Ein Cover, das perfekt zum Roman passt: Ein Ausschnitt von Van Goghs Sonnenblumen, einem Bild, das in dem Buch die unerfüllten Träume versinnbildlicht und die Protagonisten in die Provence reisen lässt.
Ellis und Michael kommen beide aus schwierigen Elternhäusern. Als sie einander kennenlernen, fühlen sie sich sofort zueinander hingezogen. Aus Freundschaft wird in der Pubertät eine zarte körperliche Liebe. Als Annie in Ellis Leben tritt, zieht sich Michael zurück und führt in der Ferne ein eigenes Leben mit wechselnden Männern. Auch hier gibt es große Gefühle, aber keine Beziehung reicht an die Liebe zu Ellis heran.
An Aids erkrankt kehrt Michael heim und sie verleben noch eine wunderbare Zeit zu dritt, bis Michael und Annie bei einem Unfall getötet werden. 
Die Erzählperspektiven wechseln zwischendurch. Leider fügt sich der Erzählstrang vom verwitweten, vereinsamten Ellis, der kurz vor der Rente steht, nur sperrig in das Gesamtbild ein. 
Dieses Buch ist eine Geschichte über zarte Gefühle. Gefühle, die körperlich werden, aber auch Gefühle, die über dem Körperlichen stehen. Die Geschichte ist berührend, über allem liegt ein Hauch Melancholie, ist aber nie wirklich traurig, denn was die Drei miteinander verbindet, das dürfen nur wenige Menschen erleben.
Mir ist die Erzählweise ein wenig zu sprunghaft, um in sich wirklich rund zu sein, dennoch ist es ein ruhiges Buch für schöne Lesestunden.

Bewertung vom 26.03.2023
Vinz Solo
Beck, Sebastian

Vinz Solo


ausgezeichnet

Dieser Roman handelt von Vinzenz Bachmaier, einem bayrischen Abiturienten aus der Provinz auf dem Sprung zum Mann. Alles in ihm lehnt sich gegen die bigotte Atmosphäre seines Elternhauses auf. Er fühlt sich erdrückt von Kirche und konservativer Politik. Als Leser begleitet man ihn auf seinen schwierigen Pfaden zum Erwachsenwerden, dazu gehören Rockmusik, Drogen und unerfüllte Liebe. Man versteht seine Beweggründe, aber generell ist er kein sympathischer Protagonist, sondern eher ein unbequemer, den man nicht in eine genormte Schublade stecken kann.
Inhaltlich ist der Roman gutes Mittelmaß, aber der Sprecher Michael A. Grimm macht das Hörbuch für mich zum absoluten Highlight: Stimme und Betonung sind mehr als perfekt. Man spürt, dass Grimm sich in seine Rolle richtig hineinversetzt hat.

Bewertung vom 24.03.2023
Böses Licht / Mordgruppe Bd.2
Poznanski, Ursula

Böses Licht / Mordgruppe Bd.2


sehr gut

Das Cover lehnt an den Vorgängerband "Stille blutet" an. Diesmal wird das Wiener Burgtheater gespiegelt, dem Ausgangspunkt des Geschehens. In der laufenden Vorstellung wird nämlich eine frische Leiche per Aufzug auf die Bühne gezogen, ein allseits beliebter Mitarbeiter ist gemeuchelt worden.
Fina Plank und ihr bewährtes Team haben allerhand zu tun, um in diesem Theaterkosmos der Selbstdarsteller und stalkenden Fans nach Spuren zu suchen.
Fina hat zudem ein privates Problem mit ihrer einnehmenden Schwester, die kurzerhand Finas Wohnung okkupiert, und der überhebliche Kollege Oliver steigert sich sogar noch mit seinen verletzenden Sprüchen.
Diesmal hat mir das Krimikonstrukt viel besser gefallen als beim ersten Fall. Ich konnte alles logisch nachvollziehen und halte den Plot für durchaus realistisch.
Die Personen sind wie Menschen aus Leib und Blut, und Finas Privatleben gibt der Handlung noch eine weitere spannende Seite. Allerdings verhindert auch der lebendige Schreibstil der Autorin das Aufkommen von Langeweile.
Mit dem mysteriösen Sprecher aus dem Off kann ich mich immer noch nicht recht anfreunden, dennoch finde ich, Ursula Poznanski konnte sich und Fina noch einmal übertreffen, was einen auf eine weitere Folge neugierig werden lässt.

Bewertung vom 15.03.2023
Macht
Furre, Heidi

Macht


gut

Hier geht es um Liv, die äußerlich sicher und zufrieden in Oslo mit Ehemann und zwei Kindern lebt. Was aber außer dem Leser und Livs bester Freundin Frances niemand weiß: Liv ist in ihrer Jugend vergewaltigt worden. Seitdem ist ihr Leben ein anderes geworden, alles ist von der Tat überschattet. Man erhält Einblick in eine Gedankenwelt, die alles mit dem Missbrauch verknüpft. Man lernt eine Frau kennen, die Situationen in gefährlich und ungefährlich unterteilt; die versucht, in Menschen Opfer oder Täter zu erkennen; die sich zwar vehement gegen die Opferrolle zur Wehr setzt, aber deren Gedanken doch viel zu oft um das Vergangene kreisen. Als Leser bleibt man leider immer sehr distanziert zur Hauptperson, weil diese selbst ihre Welt nur aus der Distanz betrachtet. Sie lebt nicht wirklich, sondern das Leben findet um sie herum statt.
Dieser Roman hilft, sich in die Gedankenwelt eines Opfers (denn Liv ist nun mal ein Opfer, auch wenn sie keins sein will) hineinzuversetzen. Wahrscheinlich ist es ein Kunstgriff der Autorin, die Tat nur vage anzudeuten, aber mir fehlt es an Fakten:
Liv ist angetrunken ohne Zwang dem Täter in die Wohnung gefolgt. Sie hat keine Erinnerung mehr daran, ob sie *NEIN* gesagt, oder nur gedacht hat.
Aber was geschah unmittelbar davor? Worüber haben sich die beiden unterhalten, war der Täter ebenfalls alkoholisiert, hat man sich geküsst? Wurde körperliche Gewalt angewendet?
Vor allem, wenn sie nicht hörbar *NEIN* gesagt hat, wie ist dann die Gesamtsituation zu bewerten?
Aufgrund dieser Fragen fällt es mir schwer, den detaillierten Gedankengängen adäquat zu folgen und ich kann das Buch auch nicht uneingeschränkt empfehlen.
Ich würde Liv wünschen, dass sie ihren Weg in die Freiheit findet, denn sie ist eine tolle, sympathische Frau, die es nicht verdient hat, wegen einer einzigen schrecklichen Stunde sich ihr Leben lang klein zu fühlen. 

Bewertung vom 13.03.2023
Der Morgen / Art Mayer-Serie Bd.1
Raabe, Marc

Der Morgen / Art Mayer-Serie Bd.1


ausgezeichnet

"Der Morgen" von Marc Raabe ist mit seinem leuchtenden Pink und dem pechschwarzen Buchschnitt schon rein äußerlich ein Eyecatcher.
Von der ersten Seite an wird der Leser in die Handlung eingesogen: An der Berliner Siegessäule wird eine Frauenleiche aufgefunden, auf der die Privatadresse des amtierenden Bundeskanzlers steht.
Dieser fordert für die Ermittlungen ausgerechnet Artur Mayer an. Mayer hat den Dienst quittiert und kann nur mit Mühe zur Mitarbeit bewogen werden. In Rückblenden wird offenbart, welche gemeinsamen Wurzeln Artur und der Kanzler haben; da sind noch einige Rechnungen offen.
Sehr geschickt verschleiert der Autor mögliche Tatmotive, denn nur häppchenweise wird klar, dass hinter den Kulissen ein ganz anderes Süppchen gekocht wird und nicht nur, weil an den spannendsten Stellen der Handlungsort gewechselt wird, bleibt das Spannungslevel auf gleichbleibend hohem Niveau.
Der Plot ist raffiniert und die Protagonisten sind sehr authentisch. Geschickt werden aktuellste Ereignisse mit eingeflochten, wobei mich am meisten beeindruckt hat, dass der "Roman-Kanzler" in den Nahen Osten geflogen ist, um einen guten Gasdeal auszuhandeln. Aktueller geht es wirklich nicht!
Artur und Nele wirken wie Menschen aus Fleisch und Blut; der eine ist gerade zum Diabetiker geworden, die andere hat gerade einen positiven Schwangerschaftstest gemacht. Beide ignorieren nicht nur stur ihre gesundheitliche Situation, sondern sind auch in jeder anderen Hinsicht gleich stur. Eigentlich müsste es dauernd zwischen ihnen Streit geben, aber irgendwie führen gegenseitiger Respekt und einfühlsame Rücksichtnahme zu einer sehr erfolgreichen Zusammenarbeit. Ein neues Dream-Team hat die Bühne betreten. Leider muss man jetzt noch ein Jahr warten, ehe man erfährt, wie es mit den beiden weitergeht.

Bewertung vom 11.03.2023
In tiefen Seen / Commissario Grauner Bd.8
Koppelstätter, Lenz

In tiefen Seen / Commissario Grauner Bd.8


ausgezeichnet

Der Mord, zu dem Kommissar Grauner in diesem achten Fall gerufen wird, ist wirklich aufsehenerregend. Der Tote wurde nicht nur blutig gequält, sondern auch publikumswirksam auf einer Wiese mit diversen Gegenständen drapiert.
Angeblich hat dieses abgelegene Dorf von dem ganzen Drama mal wieder nichts gesehen oder gehört. Alle stehen unter der Fuchtel von einem Geschwisterpaar, das verhindern will, dass Fremde hinter ihre einträglichen Geheimnisse kommen.
Wie immer kann man dem Plot sehr gut folgen, weil die Anzahl der Personen begrenzt ist und man vielleicht auch die meisten schon kennt, wenn man Koppelstätter-Fan ist. Diesmal wird in drei Richtungen ermittelt, das bedeutet, dass der Leser immer an den spannendsten Stellen an einen anderen Ort katapultiert wird. Einfach klasse. Insgesamt gefällt mir diese Folge viel besser als die Vorgänger, denn obwohl die Dorfgemeinschaft wieder eisern schweigt, fehlt diesmal das Düstere, das Mystische. Ja, es gibt auch wieder diesen typischen Koppelstätter Humor, den ich schon länger vermisst habe.
Jetzt bleibt mir nur zu hoffen, dass der nette Grauner sich nach den traumatischen Erlebnissen nicht wirklich mit seiner Alba zur Ruhe setzt, sondern doch noch mal einen neuen Mordfall in Angriff nimmt. Für den Jetzigen gibt es ganz klar volle Punktzahl von mir.

Bewertung vom 10.03.2023
Als Großmutter im Regen tanzte
Teige, Trude

Als Großmutter im Regen tanzte


sehr gut

Juni, schwanger, flieht vor ihrem brutalen Ehemann auf eine kleine norwegische Insel. Hier hat sie von ihrer Großmutter Tekla ein Häuschen geerbt. 
Tekla war eine bemerkenswerte Frau. Mit Inbrunst tanzte sie unter dem liebenden Blick ihres Ehemannes im Regen und malte mit Leidenschaft Bilder. Dabei hatte sie ein bewegtes Leben, das in Rückblenden erzählt wird. Nach Ende des 2. Weltkriegs folgte sie ihrem ersten Ehemann nach Deutschland, wo ihr Schlimmes widerfuhr und sie zur Witwe wurde. Nach einer entbehrungsreichen Zeit konnte sie mit ihrem zweiten Mann in ihre Heimat zurückkehren. 
Der zweite Erzählstrang befasst sich mit Juni, die Teklas Spuren in der Vergangenheit folgt und damit auch Erkenntnisse über ihr eigenes Leben und das ihrer Mutter gewinnen kann.
Das Buch liest sich trotz des schicksalsträchtigen Inhalts schnell. Vielleicht hat man auch schon zu viele Nachkriegsbücher konsumiert, und dieses sticht leider nicht aus der großen Masse heraus. Tekla und Juni sind zwar sympathische Frauen, aber sie schwinden schnell aus dem Gedächtnis, sobald man den Roman beendet hat.
Ich vergebe vier gut gemeinte Lesesterne, vor allem weil die Autorin so einen angenehmen Schreibstil hat, dabei hätte sie allerdings für meinen Geschmack etwas mehr Tiefe in die Handlung bringen können.
Yara Blümel ist eine sehr angenehme Sprecherin des Hörbuchs.

Bewertung vom 07.03.2023
Der letzte Tanz der Debütantin
Kelly, Julia

Der letzte Tanz der Debütantin


sehr gut

Es hat in England eine lange Tradition gegeben, dass junge Mädchen der Queen vorgestellt wurden und sich in der anschließenden Ballsaison einen passenden Ehemann angelten.
Gerüchteweise sollte der Debütantenball 1958 der Letzte werden.
Lilian Nichols wird von Mutter und Großmutter dazu gedrängt, die Träume von Schulabschluss und Universität an den Nagel zu hängen und sich als Debütantin einen Platz in der gehobenen Gesellschaft zu erkämpfen.
Ja, es ist ein Kampf, denn mehrmals in der Woche in wechselnder, kostspieliger Kleidung mit tadellosem Benehmen zu Teegesellschaften und Partys zu gehen, ist tatsächlich körperlich anstrengend.
In munterem Plauderton erzählt die Autorin von den Gepflogenheiten und den Intrigen, denen Lilian nun ausgesetzt ist. Man erlebt ein braves Mädchen, das durch die Umstände gezwungen ist, erwachsen zu werden und sein Schicksal selbst zu bestimmen. 
Dieser Roman hat mich unerwartet gut unterhalten. Die Handlung ist quicklebendig und vor allem die fiebrige Erwartungshaltung, die über allen Beteiligten liegt, lässt keine Langeweile aufkommen.