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Benutzername: 
dorli
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Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 883 Bewertungen
Bewertung vom 18.05.2017
Die zwei Leben der Florence Grace
Rees, Tracy

Die zwei Leben der Florence Grace


ausgezeichnet

Cornwall im 19. Jahrhundert. Die Waise Florence „Florrie“ Buckley ist in einem kleinen Weiler in den weiten Mooren Cornwalls aufgewachsen. Sie ist fünfzehn, als ihre im Sterben liegende Großmutter ihr das Geheimnis ihrer Herkunft offenbart: Florrie ist ein Spross der reichen Familie Grace! Als Florrie zudem erfährt, dass sie künftig bei den Graces im fernen London leben soll, ist sie alles andere als begeistert…

In ihrem Roman „Die zwei Leben der Florence Grace“ erzählt Tracy Rees die Geschichte einer jungen Frau, die plötzlich aus dem ihr bekannten Leben gerissen und in eine Welt katapultiert wird, die so ganz anders ist, als alles, was sie bisher gekannt hat.

Florrie wird mit den Anforderungen der besseren Gesellschaft konfrontiert. Die Sitten und Werte der Großstädter sind ganz neu für sie. Florrie muss die Regeln lernen, die Gepflogenheiten und die Etikette. Ständig wird sie von ihrer hochnäsigen Tante und deren Töchtern drangsaliert – auch wenn Florrie sich nicht alles gefallen lässt, muss sie sich dennoch dem Willen der Graces beugen. Halt erfährt sie vor allen Dingen durch ihre Cousins Sanderson und ganz besonders durch den charismatischen Turlington.
Obwohl es in London auch Dinge gibt, die Florrie faszinieren - besonders die Musik, die Poesie und die Kunst haben es ihr angetan - vermisst sie ihre Freiheit und das weite Land in Cornwall und möchte zurück in ihre Heimat, auch wenn das Leben dort schwer und von Armut geprägt ist.

Tracy Rees lässt Florrie die Geschichte sehr mitreißend erzählen. Besonders die Sprache, die die Autorin ihrer Protagonistin mit auf den Weg gegeben hat, hat mich durchweg begeistert. Florrie schildert ihre Erlebnisse frisch und munter und mit viel Witz in der Stimme, so dass man ihr mit Vergnügen zuhört und sie gern auf ihren Wegen begleitet.

„Die zwei Leben der Florence Grace“ ein ganz großartiger, fesselnder Roman voller mitreißender Emotionen. Ein tolles Leseerlebnis.

Bewertung vom 17.05.2017
Der Gärtner war's nicht! / Konny und Kriemhild Bd.1
Kruse, Tatjana

Der Gärtner war's nicht! / Konny und Kriemhild Bd.1


ausgezeichnet

Die 60plus-Zwillinge Konny und Kriemhild haben vor einem Jahr eine idyllisch im Grünen gelegene Villa geerbt und daraus ein Bed & Breakfast gemacht. Nach langer Durststrecke haben sich endlich Gäste angemeldet. Fünf junge Musiker und ein einzelner Herr. Volles Haus! Ein Grund zum Jubeln - bis ein brutaler Mord die Hochstimmung ins Wanken bringt. Doch Konny und Kriemhild lassen sich von dem Vorfall nicht unterkriegen und beginnen, auf eigene Faust zu ermitteln…

„Der Gärtner war’s nicht“ ist ein turbulenter, humorvoller Krimi, der von Tatjana Kruse mit viel Pep und Schwung erzählt wird. Den Leser erwarten neben chaotischen Mordermittlungen vor allen Dingen ganz viel Situationskomik und eine riesige Portion Wortwitz.

Auch in diesem Krimi zeigt Tatjana Kruse wieder, dass sie ein gutes Händchen für herrlich skurrile Figuren hat. Diesmal schickt sie zwei Schwestern ins Rennen, die unterschiedlich sind wie Tag und Nacht, sich aber im Alltag perfekt ergänzen.
Während die kleine, dralle, fröhliche Konny sich um die Reservierungen und die Gästebetreuung kümmert, übernimmt die knochige, kratzbürstige Kriemhild das Kochen, Putzen und Waschen.
Außerdem Teil des Haushalts sind der nach einem Schlaganfall sprachgestörte Herr Hirsch, der für die Gartenpflege und Reparaturen zuständig ist sowie der dicke, launische Sphinx-Kater Amenhotep, der sich als erstklassiger Mäusejäger erweist.
Auch alle weiteren, nach und nach in der kleinen Pension eintreffenden Akteure beleben mit ihren Eigenarten und Besonderheiten die Szenerie und tragen kräftig zur Unterhaltung bei.

Die Verknüpfung von Humor und Spannung ist Tatjana Kruse in „Der Gärtner war’s nicht“ hervorragend gelungen - frisch-fröhlich geschrieben bietet der Krimi nicht nur von der ersten bis zur letzten Seite kurzweiliges Lesevergnügen, sondern auch viel Platz zum Mitgrübeln und Miträtseln über Täter und Motiv.

Bewertung vom 16.05.2017
Friesenschwindel
Büttner, Olaf

Friesenschwindel


sehr gut

Wilhelmshaven. Der 42-jährige Reent Reents hat seinen Beamtenjob im Einwohnermeldeamt nach einem dicken Lottogewinn an den Nagel gehängt und sich nach dem erfolgreichen Abschluss zahlreicher Seminare als Privatdetektiv selbstständig gemacht. Außerdem hat er ein Auge auf seine polnische Nachbarin Marietta geworfen. Um mit Marietta anzubandeln, nimmt er es sogar auf sich, sich mit deren Jack Russel Terrier Ricky gut zu stellen - und das, obwohl Reent mit Hunden eigentlich gar nichts im Sinn hat. Natürlich erklärt Reent sich auch sofort bereit, Ricky zu hüten, als Marietta für ein paar Tage verreisen muss. Doch Marietta taucht nicht wieder auf und schwuppdiwupp steckt Reent mittendrin in seinem ersten großen Fall…

Olaf Büttner lässt Reent durchweg selbst von seinen Erlebnissen erzählen – eine Möglichkeit, die der Detektiv ausgiebig nutzt. Der Leser erlebt alles, was Reent durchmacht und bewegt, sehr ausführlich mit. Reent berichtet über sich selbst, von seinen Vorhaben und Aktivitäten, er schildert sein Umfeld und lässt den Leser an seinen Gedanken, Ideen und Überlegungen sowie seinen Beobachtungen und Erkenntnissen teilhaben. Das alles ist interessant und vor allen Dingen sehr unterhaltsam, gerät aber hier und da etwas zu umfangreich und nimmt dem Krimi dadurch etwas an Spannung.

Da Olaf Büttner seinen Hauprotagonisten sehr gut kennt und er wusste, dass der Ordnungs- und Sauberkeitsfanatiker mit Hang zum Anlegen von Listen sich bei seinem ersten Fall womöglich ein wenig schwer tun würde, hat er ihm neben Ricky eine weitere Hilfe zur Seite gestellt: eine mysteriöse innere Stimme begleitet den Detektiv auf all seinen Wegen und unterstützt ihn kräftig bei der Spurensuche (es kann aber auch sein, dass es der Hund ist, der manchmal etwas vorlaut und hin und wieder sogar provokant mit Reent spricht :-))

Der Krimi wird zum Ende hin immer spannender und wartet mit einem Schluss auf, mit dem ich so nicht gerechnet habe. Und Reent wahrscheinlich auch nicht.

Es hat Spaß gemacht, dieses ungewöhnliche Gespann - Reent, Ricky, Stimme - durch die Höhen und Tiefen der Ermittlungen zu begleiten. „Friesenschwindel“ ist ein Krimi, der nicht mit Höchstspannung daherkommt, dafür aber mit einem skurrilen, sehr sympathischen Privatdetektiv punkten kann.

Bewertung vom 15.05.2017
Esperanzas Weg
Axtell, Ruth

Esperanzas Weg


ausgezeichnet

Holliston/Maine, 1892. Esperanza „Espy“ Estrada lebt in einem ärmlichen Viertel von Holliston. Sie musste die Schule frühzeitig abbrechen und in der örtlichen Konservenfabrik arbeiten, um einen Beitrag zum Familienunterhalt zu leisten. Als Espy eine Stelle als Haushaltshilfe bei den wohlhabenden Stocktons ergattert, kann sie ihr Glück kaum fassen, denn Professor Stockton bietet ihr nicht nur die Nutzung seiner Bibliothek, sondern auch Privatunterricht an. Endlich könnte Espys Traum, mehr aus ihrem Leben zu machen, wahr werden. Doch dann rückt ein böses Gerücht diesen Traum in weite Ferne…

Im Gegensatz zu Espy ist Warren Brentwood in einer sehr vermögenden Familie aufgewachsen. Nach seinem College-Abschluss und einigen Auslandsreisen arbeitet er jetzt als Geschäftsführer im Sägewerk seines Vaters. Doch Warren fühlt sich nicht wohl, mit dem, was er macht…

Ruth Axtell stellt in „Esperanzas Weg“ die Suche zweier junger Menschen nach dem richtigen Platz im Leben in den Mittelpunkt. Die Autorin hat ihre Hauptprotagonisten dafür mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen ausgestattet:

Espy ist selbstsicher und verantwortungsbewusst. Sie weiß genau, was sie in ihrem Leben erreichen will, doch ihre gesellschaftliche Stellung macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie kann sich die Bildung, die sie sich wünscht und die sie zum Erreichen ihrer Ziele braucht, nicht leisten.
Warren sind aus finanzieller Sicht kaum Grenzen gesetzt, er weiß jedoch nicht, was er wirklich will. Warren hat sowohl mit den Erwartungen seiner Eltern wie auch mit den Widersprüchen in sich selbst zu kämpfen.
Espy und Warren haben aber auch etwas gemeinsam: sie beide haben einen festen Glauben und vertrauen darauf, dass Gott ihnen den richtigen Weg zeigt und sie bei allem, was sie anpacken, unterstützen wird.

Ruth Axtell spart nicht mit Gesellschaftskritik. Sie zeigt, wie schwer es für junge Menschen ist, sich selbst zu verwirklichen, wenn sie durch ihren sozialen Status in eine Ecke gedrängt werden und einen vorbestimmten Weg gehen müssen bzw. sollen.
Im Verlauf der Handlung macht die Autorin dann deutlich, dass letztendlich nicht der gesellschaftliche Stand, sondern Mut, ein fester Wille und auch das Vertrauen auf Gott für ein glückliches und selbstbestimmtes Leben ausschlaggebend sind.

„Esperanzas Weg“ hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte lässt sich angenehm zügig lesen und hat mich die Höhen und Tiefen, die Espy und Warren auf ihrem Weg zur Selbstfindung durchmachen müssen, intensiv miterleben lassen.

Bewertung vom 11.05.2017
Sauglück
Grager, Veronika A.

Sauglück


ausgezeichnet

Niederösterreich. Sandra Adametz ist zum Begräbnis ihrer Großmutter in ihr Heimatdorf zurückgekehrt. Als am Tag nach der Beerdigung plötzlich ihr Opa verschwunden ist, bittet Sandra Dorli und Lupo, den Vermissten zu suchen. Dieser ist ruckzuck gefunden, er schwimmt tot in der Güllegrube. Schnell steht fest, dass Siegfried Adametz ermordet wurde…

„Sauglück“ ist bereits der vierte Fall für Gemeindesekretärin Dorli Wiltzing und Privatdetektiv Lupo Schatz, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Veronika A. Grager versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zügig zu lesenden Schreibstil ausgezeichnet, den Leser in ihren Bann zu ziehen. Ich habe mich von der ersten Seite an in das Geschehen hineinkatapultiert gefühlt, wurde mitgerissen von einem Strudel aus gegenwärtigen und vergangenen Ereignissen, habe amüsiert das Miteinander und das Gegeneinander der Akteure verfolgt und konnte zudem prima über Hintergründe und Zusammenhänge mitgrübeln und miträtseln.

Die Autorin wartet in „Sauglück“ mit einem sehr aufwühlenden Thema auf. Es geht um die Fremdunterbringung von Kindern in der Nachkriegszeit; um Kriegswaisen und um Kinder, die ihren Familien bzw. ihren ledigen Müttern entrissen und in bäuerlichen Großfamilien untergebracht wurden, weil man aus behördlicher Sicht der Meinung war, den Kindern so ein besseres Leben zu ermöglichen. Wie falsch diese Annahme war, weiß man erst viele Jahre später. Die Kinder wurden als Arbeitskräfte ausgenutzt. Misshandlungen, Demütigungen und oftmals auch sexueller Missbrauch waren an der Tagesordnung.

Veronika A. Grager gelingt in diesem Krimi ein beeindruckender Spagat zwischen Sachlichkeit und Humor. Die Autorin schildert die Ereignisse in den 1950er Jahren sehr bewegend und behandelt das Thema mit dem erforderlichen Ernst. Die erlittenen Qualen und Entbehrungen, die bei den betroffenen Pflegekindern meist ein Leben lang nachwirken, werden genauso beleuchtet, wie die mangelnde Aufarbeitung ihrer traumatischen Erlebnisse und die fehlende Entschädigung.
Dennoch gibt es im Verlauf der Geschichte - wie man es in den Krimis mit Dorli und Lupo gewohnt ist - zahlreiche komische Passagen und witzige, in Mundart geschriebene Dialoge, die eine Menge Schwung in die Handlung bringen und für gute Unterhaltung sorgen.

„Sauglück“ hat mich durchweg begeistert. Ein fesselnder Krimi, der den Leser nicht nur an einer spannenden Spurensuche teilhaben lässt, sondern durch das betroffen machende Thema besonders mitzureißen weiß. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 09.05.2017
Seelenfeindin
Trinkaus, Sabine

Seelenfeindin


sehr gut

Die bekannte Talkshow-Moderatorin Konstanze Friedrichs fühlt sich von ihrem Ex-Lebensgefährten Klaus Wolfert verfolgt und bedroht. Nach einem verstörenden Erlebnis ist sie nervlich am Ende und begibt sich zur psychiatrischen Behandlung in die Elbmarsch-Klinik. Auf ausdrücklichen Wunsch der Patientin übernimmt Dr. Nadja Schönberg die Therapie. Nadja hat vor kurzem selbst eine schwere Krise durchlebt, fühlt sich aber mittlerweile wieder gesund und ist überzeugt, ihr Trauma verarbeitet zu haben…

In „Seelenfeindin“ wartet Sabine Trinkaus mit einem gut durchdachten Verwirrspiel auf. Schon nach wenigen Seiten hatte mich die Geschichte fest im Griff - man lernt zunächst Konstanze und Nadja kennen, erfährt von Konstanzes Ängsten, teilt Nadjas Gedanken und Erinnerungen.

Nach und nach lässt Sabine Trinkaus durchsickern, was Konstanze durchgemacht hat. Je mehr Nadja versucht, Licht in das Dunkel rund um Konstanzes Erlebnisse zu bringen, desto verworrener scheint alles zu werden, denn Klaus Wolfert stellt die Vorkommisse ganz anders dar, als Konstanze.
Im Verlauf der Handlung geht es dann nicht nur Konstanze immer schlechter, es zeigt sich auch, dass Nadja sich doch nicht so gut erholt hat, wie sie dachte. Es sind im Grunde genommen Kleinigkeiten, die ihr überwunden geglaubtes Trauma wieder erwachen lassen.

Die Akteure werden interessant und vielschichtig präsentiert, sie sind allesamt ausdrucksstark und wirken echt, wenn auch durchweg wenig sympathisch. Man kann sehr gut mit Ich-Erzählerin Nadja mitfühlen - es gelingt Sabine Trinkaus ganz hervorragend, dem Leser Nadjas Gedanken und besonders ihren Kampf mit sich selbst zu vermitteln.

Sabine Trinkaus lässt nicht nur ihre Figuren in einem Strudel aus Lügen, Wahrheiten und Halbwahrheiten, aus Wahn und grausamen Spiel versinken, auch als Leser wird man von dem undurchsichtigen Wirrwarr mitgerissen und fragt sich ständig, wer in dieser Geschichte eigentlich wen manipuliert und wem man hier wirklich glauben kann. Selbst Nebenfiguren, wie Nadjas netter Nachbar Dirk oder Konstanzes zurückhaltende Freundin Regine, wirken, als hätten sie etwas zu verbergen und würden Böses im Schilde führen.

Das Buch liest sich nicht immer einfach. Die Geschichte wird hauptsächlich aus Sicht von Nadja erzählt – dieser Part lässt sich recht flüssig lesen. Dann gibt es aber auch mehrere Passagen, in denen es um die früheren Erlebnisse von Konstanze und Klaus geht. Diese Einschübe werden so erzählt, als ob sie gerade passieren. Da diese plötzlichen Wechsel von Ort und Zeit im Text aber nicht besonders hervorgehoben werden, verwirren sie etwas und hemmen dadurch den Lesefluss. Zudem gibt es zwischendurch immer wieder Abschnitte, die zwar durch Kursivdruck kenntlich gemacht sind, in denen aber keine Namen genannt werden, so dass man nur spekulieren kann, um wen bzw. was es hier geht.

„Seelenfeindin“ hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Es hat Spaß gemacht, Nadja und Konstanze durch dieses Lügengespinst zu begleiten und über Motive, Verwicklungen und Hintergründe zu grübeln.

Bewertung vom 08.05.2017
Die Schlange von Hamburg
Ehlers, Jürgen

Die Schlange von Hamburg


ausgezeichnet

Hamburg. In der S-Bahn wird die Leiche eines Studenten gefunden. Der junge Mann wurde mit einem außergewöhnlichen Schlangenmesser getötet. Die Ermittlungen gehen schleppend voran, da es weder Zeugen gibt, noch ein Motiv für die Tat erkennbar ist.
Im Gegensatz zu seinen Kollegen ist Hauptkommissar Bernd Kastrup davon überzeugt, dass sie es hier mit einer ähnlichen Vorgehensweise zu tun haben, wie in dem Fall rund um die „Hyäne“. Er stochert in den alten Akten herum und hält selbst dann noch an seiner Theorie fest, als er von seinem Chef aufgefordert wird, den abgeschlossenen Fall ruhen zu lassen und sich ausschließlich um den aktuellen Fall zu kümmern. Als die Schlange ein weiteres Mal zuschlägt, zeigt sich jedoch, wie recht Kastrup hat…

„Die Schlange von Hamburg“ ist bereits der dritte Fall für Bernd Kastrup und sein Team – für mich war dieser Einsatz der zweite, bei dem ich den Hamburger Ermittlern über die Schulter schauen durfte. Ich war schnell mittendrin im Geschehen und hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl, wieder mit allen Figuren gut vertraut zu sein.

Der Kriminalfall ist diesmal äußerst knifflig - Kastrup hat keinen Zweifel, um wen es sich bei dem Täter handelt, dieser hat jedoch ein hieb- und stichfestes Alibi. Der Hauptkommissar lässt sich davon allerdings nicht beirren und sucht fieberhaft nach weiteren Spuren…

Die Figuren werden von Jürgen Ehlers allesamt sehr authentisch dargestellt, wirken echt und handeln durchweg glaubwürdig und nachvollziehbar. Der Autor erzählt die Geschichte nicht nur aus Sicht der Ermittler, sondern präsentiert das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven, so dass man einen guten Einblick in die Ansichten und Beweggründe aller Akteure bekommt.

Jürgen Ehlers hat nicht nur die privaten Angelegenheiten der Ermittler geschickt mit der Krimihandlung verwoben, er schlägt auch eine Brücke zu den Fällen aus den beiden vorherigen Bänden. Damit wird die gesamte Reihe zu einem großen Ganzen – obwohl alles zusammenhängt, ist dennoch jeder Fall für sich spannend und auch ohne Kenntnis der anderen Bücher bestens verständlich.

Ganz hervorragend gelungen sind dem Autor auch in diesem Band die Beschreibungen der Handlungsorte - ich konnte mir die Schauplätze in und um Hamburg sehr gut vorstellen.

„Die Schlange von Hamburg“ hat mich mit der spannenden, abwechslungsreichen Handlung nicht nur sehr gut unterhalten, sondern mir auch viel Platz zum Mitgrübeln und Miträtseln gegeben.

Bewertung vom 27.04.2017
Die Reformatorin von Köln
Lausen, Bettina

Die Reformatorin von Köln


sehr gut

In ihrem historischen Roman „Die Reformatorin von Köln“ entführt Bettina Lausen den Leser in das 16. Jahrhundert nach Köln. Die Autorin erzählt sehr anschaulich von den spannenden Erlebnissen der 17-jährigen Brauerstochter Jonata von Menden zu Beginn der Reformation und lässt diesen Roman damit zu einer interessanten, kurzweiligen Zeitreise werden.

Am Anfang des 16. Jahrhunderts war die Angst vor dem Fegefeuer sehr groß, der Ablasshandel blühte. In seinen 95 Thesen kritisierte Martin Luther u.a. den Verkauf von Ablassbriefen und spaltet damit die Bevölkerung.

Jonata hat einen Ablassbrief für ihren toten Bruder Lucas gekauft. Aber sie hat Zweifel, ob sie ihn damit vor dem Fegefeuer bewahren kann. Auf einer Geschäftsreise nach Sachsen lernt sie Luther und sein Gedankengut kennen und ist fest entschlossen, dessen Lehre - dass allein durch einen festen Glauben und rechte Buße Gott dem Menschen die Sünden erlassen werde - in Köln zu verbreiten…

Für den Drucker Simon von Werden bricht eine Welt zusammen – sein Vater ist gestorben und bei der Testamentseröffnung erfährt er, dass dieser gar nicht sein leiblicher Vater gewesen ist. Neben der Enttäuschung, sein Leben lang belogen worden zu sein, ist besonders die Angst, die Druckerei und damit seine Existenzgrundlage zu verlieren, sehr groß, denn sein jüngerer Bruder Nickell streckt seine Finger nach dem Erbe aus…

Jonatas Bruder Enderlin ist im Kloster aufgewachsen und neuerdings für die Inquisition tätig. Er hat den Auftrag, Druckereien und Märkte zu besuchen und die Verbreitung von Ketzerschriften zu stoppen. Eine Aufgabe, die Enderlin sehr ernst nimmt…

Der fesselnde Erzählstil von Bettina Lausen hat mich sofort in das Geschehen hineingezogen. Mit ihren detailreichen Beschreibungen und ausführlichen Schilderungen hat die Autorin ein interessantes Bild des damaligen Kölns geschaffen. Schnell war ich mittendrin in einer Welt aus Glaube, Aberglaube, Habgier und Missgunst und habe gespannt das Miteinander und Gegeneinander der Akteure verfolgt.

Bettina Lausen beschreibt alle Figuren durchweg bunt und facettenreich. Jeder Einzelne spielt die ihm zugedachte Rolle ausgezeichnet und selbst kleine Nebenfiguren wirken überzeugend. Es hat mir großen Spaß gemacht, die zahlreichen sehr unterschiedlichen Menschen kennenzulernen und sie durch diese für sie aufregende und manchmal auch sehr gefährliche Zeit zu begleiten.

„Die Reformatorin von Köln“ hat mir, einmal abgesehen von dem etwas überhasteten Schuss, sehr gut gefallen. Der Roman lässt sich angenehm flott lesen und hat mir nicht nur spannende, unterhaltsame Lesestunden beschert, sondern mir zudem interessante Einblicke in das Drucker- und Brauerhandwerk im 16. Jahrhundert ermöglicht.

Bewertung vom 24.04.2017
Tod à la Provence
Heineke, Andreas

Tod à la Provence


ausgezeichnet

Andreas Heineke beginnt seinen Kriminalroman „Tod à la Provence“ mit einem spannenden, sehr neugierig machenden Prolog: Ein Mann stirbt ohne ersichtlichen Grund auf seiner Motoryacht unweit des Hafens von Saint-Tropez.

Es folgt ein Zeitsprung von 30 Jahren - die Provence im Winter. Pascal Chevrier hat Paris den Rücken gekehrt, um künftig als Dorfgendarm von Lucasson seinen Dienst zu versehen. Anders als von Pascal erwartet, geht es hier aber ganz und gar nicht ruhig und beschaulich zu. Der geplante Bau eines Golfresorts erhitzt die Gemüter in dem kleinen Dorf inmitten des Luberon. Als dann auch noch der Immobilienmogul Jack Frenzen ermordet wird, hat Pascal plötzlich alle Hände voll zu tun, um Spuren und Hinweisen nachzugehen…

Andreas Heineke schickt einen sehr sympathischen Ermittler ins Rennen. Der Gourmet und leidenschaftliche Hobbykoch Pascal träumt davon, irgendwann ein eigenes kleines Restaurant zu eröffnen. Er ist hingerissen von der beeindruckenden Natur des Luberon, von den kulinarischen Besonderheiten der Region und auch von der schönen Elaine, die er am ersten Abend in seinem neuen Domizil kennenlernt. Pascal lässt sich auf eine Affäre mit Elaine ein - eine Liaison, die ihm bei seinen Ermittlungen ein wenig ins Trudeln bringt, da Elaine zu einer der Hauptverdächtigen in dem Mordfall wird.

Es ist Andreas Heineke hervorragend gelungen, Land und Leute darzustellen. Die Handlungsorte werden detailreich beschrieben und die Eigenart und Schönheit der Landschaft hervorgehoben - den ganzen Charme, den der Landstrich zu bieten hat, hat der Autor in seinen Krimi gepackt. Schauplätze, Akteure und Stimmung wirken sehr echt und natürlich. Man meint, beim Lesen den Duft von frischen Croissants, von Wein und Kräutern und vor allen Dingen den Duft der von allen heiß begehrten Trüffel einzuatmen.

„Tod à la Provence“ hat mir sehr gut gefallen. Der Krimi lässt sich angenehm flott lesen und hat mir nicht nur spannende, unterhaltsame Lesestunden beschert, sondern mir ganz nebenbei auch noch allerlei Wissenswertes über das „schwarze Gold der Provence“ nahegebracht.

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