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vielleser18
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Hessen
Über mich: 
Ich lese querbeet, am liebsten aus den Bereichen Historisch, Krimi/Thriller, Frauen und Fantasy

Bewertungen

Insgesamt 831 Bewertungen
Bewertung vom 30.06.2018
Der Gutshof im Alten Land
Jary, Micaela

Der Gutshof im Alten Land


ausgezeichnet

Das ist ganz neu für mich:
Im Augsut 2018 erscheint der neue historische Roman von Micaela Jary : "Der Gutshof im Alten Land". Dazu gibt es nun bereits eine E-Book Vorgeschichte (im Reader angezeigt 99 Seiten), die die Personen spannend einführt.

Es gibt hier zwei Erzählstränge: 1914 lernen sich Jenny, die Küchenhilfe im Schützenhaus, und der jüngste Sprößling und Gutshoferbe Lennart von Voss kennen. Schnell wird klar, Lennart ist ein Hallodri, ein Schürzenjäger, der nichts wirklich ernst nimmt. Sein älterer Bruder Gerrit hingegen, der ernsthaftere Sohn, muss sich entscheiden, welchen Weg er zukünftig einschlagen will.
Im zweiten Erzählstrang erleben wir als Leser mit, wie im Kriegsjahr 1918 Lennart von Voss einen Kameraden kennenlernt, der im veblüffend ähnlich sieht.

Die Seiten flogen beim Lesen nur so dahin und haben mich damit sehr neugierig auf den Roman gemacht. Die Autorin Micaela Jary hat mich gefesselt mit ihrem abwechslungsreichen Erzählstil, mit Spannungselementen, aber auch mit ihren Figuren, mit denen man mitfühlen kann. Die Vorgeschichte hat bewirkt, dass ich den Roman unbedingt lesen muss, denn sie ist mehr als nur ein Einstieg, sie ist ein Beginn, bei dem ich das Ende unbedingt erfahren möchte.

Bewertung vom 29.06.2018
Die Annäherung
Mitgutsch, Anna

Die Annäherung


ausgezeichnet

Theo ist 96, seine Tochter Frieda über 60. Schon seit dem Tod der ersten Frau, Friedas Mutter, und spätestens seit der Beziehung zu
seiner zweiten Frau, gab es Risse, Spannungen, Sprachlosikgkeit, Unverständnis und Ablehnung zwischen Vater und Tochter. Berta, Theos zweite Frau spielte dabei auch eine große Rolle.


Nach langen Jahren der Entfremdung bekommt Frieda einen Anruf, Theo liegt nach einem Schlaganfall im Krankenhaus. Der erste Schritt einer Annäherung - ein Grund sich wieder anzunähern, denn Frieda hat im tiefsten Inneren die Hoffnung nie aufgegeben den Vater verstehen zu lernen, das Wieso und Warum zu hinterfragen und auch seine Rolle, die er als Wehrmachtssoldat im zweiten Weltkrieg gespielt hat zu durchleuchten.

Anna Migutsch erzählt kapitelweise aus wechselnden Sichtweisen. Da ist einmal Theo, der weiß, dass er auf der letzten Wegstrecke ist, seine Gedanken kreisen um das, was nun kommen wird, aber auch er fängt an, immer wieder in die Vergangenheit zurück zu blicken, sein Leben zu bewerten.
Frieda hat es nie geschafft offen mit ihrem Vater zu sprechen. Wird es ihr nun, da sie selbst schon im Rentenalter ist, gelingen ? Ihr Leben war nie leicht, auch über sie erfahren wir im Laufe der Geschichte immer mehr, angefangen über ihre Kindheit und Jugend, über ihre gescheiterte Ehe und ihre zwei Kinder.


Was mich an dem Buch fasziniert und gefesselt hat, ist, dass es die Autorin geschafft hat, diese zwei Persönlichkeiten und auch die anderen Randfiguren zu erschaffen, diese unterschiedlichen Charaktere, diese ja - traurigen und auch tragischen - Gestalten, die sich durchs Leben gehangelt haben, die sich auf den letzten gemeinsamen Metern versuchen anzunähern, die über ihre Schatten aber nicht springen können. Und trotz allem ist der Roman nicht etwas trostlos oder nur tieftraurig. Die Figuren wirken so lebendig, so real, man kann sich in sie hinein versetzen, mit ihnen leiden, aber auch hoffen, man kann sie in ihrer Art verstehen, auch wenn man selbst vielleicht ganz anders gehandelt hätte. Vor allem Theos Sichtweise auf sein Alter und seinen letzten Weg bewegen. Ergänzt werden die Hauptprotagonisten durch die Randfiguren, die ebenfalls dazu beitragen, dass diese Geschichte rund wird : Berta, die Ehefrau, Ludmilla, die ukrainische Pflegekraft, Edgar, Friedas Freund.


Anna Migutsch hat einen ruhigen Sprachmodus, es geht hier nicht um Spannung oder Höhepunkte, es geht um Gefühle und eine verkorkste Vater-Tochter-Beziehung, über Vergangenheitsbewältigung, aber auch um das Leben ansich, was es ausmacht, über verpasste Gelegenheiten, über Wege, die man in seinem Leben falsch eingeschlagen hat.
Trotz der über 400 Seiten gibt es kaum Langeweile beim Lesen, es gibt Veränderungen, es gibt Hoffnungsschimmer, es gibt aber auch Verständnis, da nach und nach immer mehr aus der Vergangenheit der beiden bekannt wird. Manchmal möchte man die Protagonisten wachrütteln, sie aus ihrer Lethargie reißen, dennoch wirken die Figuren gerade durch ihr Versagen so menschlich - so normal fehlerbehaftet.

Es geht um das Leben, Beziehungen, über das Versagen, die Einsamkeit und auch um die Trauer zweier Menschen, um ihre Entzweiung, ihre Annäherung und um den Abschied - eine berührende, tiefgehende und nachdenklich machende Geschichte, sehr realistisch erzählt und die mehr Facetten zeigt als man anfangs meint. Große Leseempfehlung von mir!!!

Bewertung vom 27.06.2018
Die Inselgärtnerin
Lott, Sylvia

Die Inselgärtnerin


sehr gut

Sonjas Mann hat eine Neue, die Gärtnerei, in der sie schon Jahrzehnte gearbeitet hat, wird verkauft und ihr gekündigt. Was nun? Zeit für einen Neuanfang. Da Sonja in Florida ein Haus geerbt hat, dass sie eigentlich ungesehen verkaufen wollte, stimmen sie die drastischen Veränderung um. Sie fliegt in die Staaten um eine Auszeit zu nehmen und sich persönlich um den Verkauf zu kümmern. Doch dann kommt alles anders als geplant. Nette Nachbarn, eine Landschaft zum Verlieben, der Abstand zum (noch) Ehemann, bewegen Sonja erst einmal zu bleiben. Neue Aufgaben und ein attraktiver Auftraggeber tragen auch dazu bei. Doch so einfach wie es sich Sonja gedacht hat, wird es auch auf Dolphin Island nicht.

Sylvia Lott konnte mich mit den Landschaftsbeschreibungen bezaubern, es ist eine richtige Sommerlektüre, die mich mit nach Florida, auf diese fiktive Insel Dolphin Island genommen hat, das Meer, der Strand, die Dünen, das sommerliche Leben.....man kann es sich beim Lesen gut vorstellen.

Durch alte Briefe und Filme, die Sonja entdeckt, wird auch nach und nach das Leben der Tante aufgerollt, ihr Leben, ihre verpasste Liebe, die Tragik, die dahinter steckt. Sonja, die sich in Florida zu Sunny verändert, macht selbst eine Entwicklung durch. Sie muss sich finden, sich ihre eigenen Wünsche klar machen, dabei bekommt sie Unterstützung von neuen Freunden, aber da ist auch jemand, der ihr Steine in den Weg legt und ihren Neuanfang verhindern will.
Die Geschichte ist eine sonniger Frauenroman, bei dem die Figuren sich entwickeln, auf Landschaftsbeschreibungen großen Wert gelegt wird und bei dem es auch um Naturschutz geht , insbesondere Delphine spielen hier im Roman eine große Rolle.

Sonjas fast zu leichter Wechsel von Deutschalnd, der Sprachwechsel, der so unkompliziert zu klappen scheint, und manchmal leichte Längen im Buch, bei dem mir der Spannungsbogen etwas abgeflacht ist, sind die einzigen Kritikpunkte.

Eine federleichte Sommerlektüre, die einen mitnimmt an einen fernen Ort, in ein anderes Leben, mit all seinen sonnigen und schattigen Seiten.

Bewertung vom 16.06.2018
Agenten hinter Schloss und Riegel / Ben & Lasse Bd.4
Voß, Harry

Agenten hinter Schloss und Riegel / Ben & Lasse Bd.4


ausgezeichnet

Den Autor Harry Voß kennen mein 10jähriger Sohn und ich schon von den Schlunz-Geschichten. "Ben und Lasse" kannten wir bisher gar nicht. "Agentern hinter Schloss und Riegel" ist bereits der vierte Band um die beiden taffen Geschwister. Dennoch braucht man die keine Vorkenntnisse um diese Geschichte zu verstehen, die Bände sind in sich abgeschlossen.

Ben und Lasse reisen mit dem Zug zur Oma. Sie sind alleine unterwegs, der 6. Klässler Ben passt dabei auf den 1.Klässler Lasse auf. Anfangs läuft auch alles ohne Probleme, sie haben ja reservierte Plätze, genügend Proviant und müssen nur einmal umsteigen. Doch dann gerät alles aus dem Ruder. Erst sitzen sie im falschen Wagon, dann verpassen sie durch das Spielen am Handy den rechtzeitigen Ausstieg und dann wird ihnen auch noch Portemonnaie, Handy und ein wertvoller Ring gestohlen. Aber der Dieb hat nicht mit der Hartnäckigkeit der beiden Brüder gerechnet. die ihm dicht auf den Fersen sind und dadurch von einem Abenteuer ins nächste stürzen.

Harry Voß kann spannend erzählen. Ich habe das Buch zusammen mit meinem 10jährigen Sohn gelesen, der leider ein kleiner Lesemuffel ist. Der einige Kritikpunkt ist, dass das Buch eine relativ kleine Schriftart hat und es daher für nicht so begeisterte Leser sehr anspruchsvoll erscheint. Da sich mein Sohn aber noch gerne vorlesen lässt, haben wir es zusammen gelesen. Auch ich empfand die Geschichte als spannend, aber auch als lehrreich, weil hier viele Themen thematisiert werden, die wichtig für Kinder sind. Zum Beispiel nicht Fremden zu vertrauen, nur weil sie vertrauensvoll aussehen oder nicht jeder ist ehrlich, nur weil er ein öffentliches Amt inne hat. Aber auch christliche Themen spielen in dem Buch eine Rolle und Werte und der Glauben werden hier gut mit hinein gearbeitet.

Uns hat das Buch so gut gefallen, dass wir nun promt den ersten Band bestellt haben und ich denke, auch die beiden anderen werden bald bei uns einziehen.

Vollste Leseempfehlung von uns !

Bewertung vom 05.06.2018
Before you go - Jeder letzte Tag mit dir
Swatman, Clare

Before you go - Jeder letzte Tag mit dir


sehr gut

Before you go ist keine Liebesgeschichte im klassischen Sinne. Es ist eine Umkehrung, denn eigentlich beginnt sie mit dem Ende einer Liebe, einer Liebe, die von den Alltagssorgen, von den Problemen aufgefressen worden ist. Am Ende standen Zoe und Ed sich meist sprachlos gegenüber, wütend, verletzend. Was war nach all den Jahren von ihrer Liebe noch übrig? Und dann geht Ed aus dem Haus und kehrt nie mehr zurück. Ein Unfall. Er stirbt. Zoe ist todtraurig, warum hat sie ihn ohne Abschiedsworte gehen lassen ? Warum ist ihre Liebe ins Wanken geraten ? Als sie ein paar Wochen nach Eds Tod ausrutscht und mit dem Kopf aufschlägt, erwacht sie in ihrem früheren ich und erlebt die Tage erneut, die so wichtig waren in ihrer Beziehung mit Ed. Ihr erstes Kennenlernen, der erste Kuss....dabei ist sie kein Zuschauer, sondern ist mit dem Wissen um die Zukunft in ihren alten Körper gerutscht. Kann Zoe die Zukunft verändern, wenn sie irgendwann die Weichen anders stellt, anders reagiert oder agiert?

Man muss mit den Erwartungen an dieses Buch gehen, dass es anders ist. Es spielt mit dem Thema, was wäre, wenn ich damals anders gehandelt hätte, wo hätte ich anders reagieren müssen, hätte ich es verhindern können? Fragen, die man sich, wenn es zu spät ist, oft stellt. Hier nimmt es die Autorin als Plot. Sie zeigt aber auch auf, dass es Themen gibt, die auch eine große Liebe ins Wanken bringen können. Bei Zoe und Ed ist es der unerfüllte Kinderwunsch, die vielen vielen Versuche ihn zu erfüllen, die aber die Liebe zermürben. Das Thema ist sehr interessant und den Plot hat die Autorin meines Erachtens sehr gut umgesetzt, auch der überraschende Schluß hat mir gefallen, auch wenn er - ich will nicht zuviel verraten - erst mal bei mir sacken musste.

Es ist vor allem eine fantasievolle Geschichte, eine, die auch zum Nachdenken anregt über das was einem wichtig ist und einen veranlasst auch mal einen Blick zurück zu werfen.
Der Schreibstil ist entspannt locker, manchmal etwas langatmig, ausschweifend, so dass ich im Mittelteil einen kleinen Durchhänger beim Lesen hatte, vielleicht auch deshalb, weil Zoe sich im Laufe der Geschichte nur langsam änderte, meines Erachtens zu wenig. Aber vielleicht auch realistisch? Auch wenn es immer wichtige Tage, entscheidende Tage, oder Tage mit "Langzeitwirkung" waren, da Grundsatzentscheidungen zwischen Zoe und Ed gefallen waren, die Zoe erneut erleben durfte, waren es auch viele sich ähnelnde Tage oder Tagesabläufe. So fehlte der Spannungsbogen. Doch im letzten Drittel hat Clare Swatman mich wieder erneut fesseln können.

Fazit:
etwas mystisch, aber faszinierend, keine Liebesgeschichte im klassischen Sinn. Ein interessanter Plot zum Nachdenken.
Von mir 3,5 Sterne, die ich auf 4 aufrunde.

Bewertung vom 29.05.2018
Wie man die Zeit anhält
Haig, Matt

Wie man die Zeit anhält


sehr gut

Ewig leben ? Ein Wunschtraum oder ein Alptraum? Tom Hazard lebt schon seit über 400 Jahren. Immer wieder musste er seine Identität und seinen Wohnort wechseln, damit niemand merkt, dass er viel viel weniger altert als normale Menschen. Gerade erst wieder hat er so einen Wechsel vollzogen, er ist nun Lehrer für Geschichte in London. Seine Kollegin Camille fasziniert ihn von Anfang an - aber er darf für seine Mitmenschen keine großen Gefühle entwickeln - zu groß ist die Gefahr für sein Leben, aber auch für seine Gefühlswelt.

Matt Haig erzählt aus Sicht von Tom von seinen Gefühlen, seinen Sorgen, er sind depresse Stimmungen, die immer wieder unterbrochen werden von einem goßen Wunsch, den er noch hat, ein Wunsch, eine Hoffnung, die ihn am Leben hält.
Immer wieder gibt es Rückblenden auf sein Leben, nicht chronologisch, sondern wie seine Gedanken - springen sie mal da und dort hin. So erfährt der Leser erst nach und nach von seiner Jugend, in der ihm und anderen zum ersten Mal aufgefallen ist, dass er scheinbar nicht altert, aber auch von seiner großen Liebe Rose. Eine Liebe, die nichts sein durfte. Aber auch wie er zur Albatros-Gesellschaft kam, der er verpflichtet ist. Und immer wieder die Wechsel zur aktuellen Zeit, in der wir seine Einsamkeit und seine Sehnsüchte miterleben.

Der Roman ist kein Spannungsroman, nur selten sind es dramatische Ereignisse, es ist ein ruhiger Erzählfluss, bei der mir etwas Dynamik fehlte, besonders in der zweiten Hälfte. Dafür punktet der Roman mit interessanten Gedankenspielen, manchmal packt er einen emotional (Mittelalter), anderseits gab es auch immer wieder Abschnitte, die mir zu oberflächlich oder lapidar wirkten.
Der Roman kommt einerseits an viele anderen Romane, denen ich auch 4 Sterne gegeben habe, nicht heran. Aber er ist wiederum auch nicht so schlecht, dass ich nur 3 oder 3,5 Sterne vergebe könnte. Diesmal fiel mir die Bewertung wirklich schwer, was vor allem daran liegt, dass das erste Drittel hervorragend war, der mittlere Teil schwächer und das Ende für mich nicht ganz rund war. So richtig schlecht aber auch nicht. Daher habe ich mich für die 4 Sterne entschieden, die unter dem Strich gesehen, wenn man alles mit einbezieht, Schreibfluss, Lebendigkeit der Protas, Grundidee und Umsetzung, gerechtfertigt sind.

Neben vielen berühmten Figuren der Vergangenheit, die in diesem Roman als Randfiguren auftreten (Cook, Shakespeare, Charlie Chaplin u.a.), sind es einige Sätze, die den Leser zum Nachdenken bringen und dem Roman auch etwas Tiefe geben.
Ein Zitat von Seite 78 hat mir besonders gefallen:
"Das Einzige, was man mit der Vergangenheit tun kann, ist , sie mit sich herumzuschleppen, ihr wachsendes Gewicht zu tragen und zu beten, dass es einen nie erdrückt.".
Das beschreibt auch Tom und seine Gefühlslage sehr gut.
Der Roman gibt Stoff zum Nachdenken über die Zeit und das Leben, über das Wichtigste im Leben und relativiert so manchen Wunschtraum von einem ewig währenden Leben.

Bewertung vom 27.05.2018
36 Fragen an dich
Grant, Vicki

36 Fragen an dich


sehr gut

Hildy gerät eher aus Neugier an ein Studienprojekt, Paul braucht die 40 $, die es dafür gibt. Eigentlich sollte es nur ein paar Stunden dauern - schwierig klingt es auch nicht. Beide kennen sich vorher nicht, treffen in einem neutralen Raum aufeinander und müssen sich gegenseitig 36 Fragen beantworten. Kann doch eigentlich nicht so schwer sein. Doch die Fragen sollen ehrlich beantwortet werden und so kommen immer mehr Gefühle, Gedanken, unterdrückte Probleme, Abwehrhaltungen, aber auch Anziehung aufeinander. Mitten drin reißt der Geduldsfaden von Hildy....doch kaum hat sie wutentbrannt den Raum verlassen, tut es ihr auch schon wieder leid.

Dies war wirklich ein Buch, bei dem ich anfangs dachte, ich leg es wieder zur Seite. Doch je mehr ich mich darauf eingelassen habe, desto mehr haben mich die Figuren fasziniert, hat mir auch der Schreibstil der Autorin zugesagt. Vor allem bewundere ich, wie sie bei diesem Buch mit den verschiedenen Stilmitteln gearbeitet hat.
Immer zwischen den Erzählungen setzt sie diese Mittel ein. Anfangs den Dialog, dann den Chat, aber auch SMS und zum Schluß noch einen langen Brief. Auch die künstlerische Ader von Paul wird hier gezeigt, denn einige seiner Zeichnungen werden auch im Brief mit abgedruckt.
Im Vordergrund stehen diese 36 Fragen, die die beiden Jugendlichen dazu bringen, sich dem anderen -und damit auch dem Leser - zu öffnen. Wir erfahren so immer mehr, was sie denken und fühlen, was ihnen nahe geht. Anfangs sind beide ziemlich spröde, oberflächlich, aber sie beginnen sich zu verändern. sie öffen sich, lassen Gefühle zu, zeigen das, was wirklich mit ihnen los ist.
Doch alles geschieht nach und nach, es gibt einige Stolpersteine und HIndernisse, die es zu überwinden gilt.

Drum herum bekommt man aus der Sicht von Hildy, aus deren Perspektive alles erzählt wird, auch immer mehr mit, was sie wirklich bedrückt, was in ihrer Familie vorgefallen ist und wie sie immer mehr hinter die Fassade von Paul schaut und auch schließlich erfährt was ihn bedrückt.
Interessant fand ich auch im Nachgang die Randnotiz der Autorin, dass diese 36 Fragen Teil einer echten Studie aus 1997 sind.

Eine Liebesromanze der anderen Art, auf die man sich einlassen sollte - dann wird man am Ende auch belohnt mit einer tollen Geschichte. Eine Geschichte, die abwechslungsreich erzählt wird. Ein Roman über Jugendliche, erzählt mit den Stilmitteln der Jugend - für Jugendliche.

Bewertung vom 25.05.2018
Wenn's einfach wär, würd's jeder machen / Hamburg-Reihe Bd.5
Hülsmann, Petra

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen / Hamburg-Reihe Bd.5


ausgezeichnet

Sie schafft es jedes Mal: Petra Hülsmann kann mich mit ihren Büchern begeistern und fesseln, sie bringt mich zum Lachen, aber dennoch sind da auch die ernsten Themen, die mich mitfühlen und mitleiden lassen. Die Protagonisten sind so lebendig, sind so menschlich, mit ihren liebenswerten Eigenheiten, aber auch ihren Fehlern.

Annika ist Musiklehrerin. Eigentlich war das nur Plan B, denn eigentlich wollte sie Pianistin werden. Doch das Leben meinte es nicht immer gut mit ihr. Aber nun hat sich ja alles geändert. Sie unterrichtet am renommierten Werther-Gymnasium, sie lebt mit einer Freundin in einer WG und hat mit Kai und Sebastian zwei tolle Nachbarn. Doch dann kommt der Schock: Annika wird versetzt. Ausgerechnet an eine Brennpunktschule. Sie trauert ihrer alten Schule hinterher und dann kommt ihr eine glorreiche Idee. Sie muss nur Erfolg haben an der neuen Schule, dann ist eine Rückversetzung bestimmt nach einem Schuljahr kein Problem. Also gründet sie eine Musical-AG und holt sich mit Tristan professionelle Hilfe. Tristan war ihr Mädchen-Schwarm, bei ihm hat sie sich damals eine bittere Abfuhr geholt, aber vergessen konnte sie ihn nie. Vielleicht....eventuell...Annika hofft und produziert damit ziemlich viel Chaos.

Petra Hülsmann hat mit Annika wieder eine tolle Hauptfigur geschaffen. Doch Annika ist kein Supergirl, sie ist eine, die sich selbst finden muss, über ihre Schatten springen muss, die sich entwickeln muss und ihre Wünsche und Ziele sortieren lernen muss. Genauso wichtig ist, dass sie mit ihrer Vergangenheit ins Reine kommen muss.

Ein wichtiges Thema dieses Romans ist Mobbing, aber auch Ziele zu haben, auch wenn einem - wie hier durch ein schlechtes soziales Umfeld - viele Steine in den Weg gelegt werden. Es geht um Zusammenhalt, um das Miteinander.

Die Autorin hat es geschafft diese Themen unterhaltsam, sehr humorvoll, aber dennoch auch mit der nötigen Emphatie zu erzählen. Die Figuren durchleben ihre Hochs und Tiefs, sie reifen, verändern sich.
Vor allem der abwechslungsreiche und sehr lebende Erzählstil haben mich rasend schnell durch die immerhin 570 Seiten geführt.
Und natürlich kommt auch das Thema Liebe in diesem Roman - wie bei allen anderen Büchern von Petra Hülsmann - nicht zu kurz. Genauso wie auch der origenelle Taxifahrer Knut wieder seinen Auftritt hat.

Fazit:
amüsant, fesselnd, einfach zum Verlieben, aber auch ernste Themen - wie Mobbing und sozialer Brennpunkt -kommen nicht zu kurz. Klare Leseempfehlung - die perfekte Unterhaltungsliteratur!