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Lilli33
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 499 Bewertungen
Bewertung vom 21.02.2017
Und jetzt lass uns tanzen
Lambert, Karine

Und jetzt lass uns tanzen


ausgezeichnet

Ein wunderbarer Roman über die Liebe im Alter

Inhalt:
Marguerite ist 78 Jahre alt, als ihr Mann Henri stirbt. Ihre Beziehung war höflich, aber kühl. Sie haben nie gestritten, aber auch keine Gefühle füreinander gezeigt. Für sie eine Qual, denn sie sehnt sich nach Liebe und Leidenschaft, nach Leichtigkeit. Fast könnte sich Marguerite wie von einer Last befreit fühlen, doch fehlt ihr auch der Halt, den Henri ihr gegeben hat.

Der 73-jährige Marcel war ein Leben lang glücklich mit seiner Kindheitsliebe Nora. Doch auch Nora ist nun tot und Marcel einsam. Bei einer Thermalkur in den Bergen lernen Marguerite und Marcel sich kennen und kommen sich schnell näher. Kann man sich in diesem Alter noch einmal verlieben, sich auf einen wildfremden Menschen einlassen und ganz von vorne beginnen?

Meine Meinung:
Karine Lambert konnte mich mit ihrem kleinen Roman sehr stark berühren. Auch wenn das Buch recht dünn ist, steckt so viel Inhalt darin. Die Geschichte von Marguerite und Marcel ist sehr tiefgründig und bringt einen unweigerlich zum Nachdenken über das eigene Leben und wie es im Alter wohl sein wird.

Im ersten Drittel lernen wir die beiden Protagonisten recht gut kennen. Lambert schreibt über ihre Vergangenheit, legt dar, wie sie zu dem wurden, was sie heute sind, zeigt ihre Träume und ihre Wünsche ans Leben auf. Beide sind einem auf Anhieb sehr sympathisch.

Dann lernen sie sich kennen und mögen. Und das ist ganz wunderbar beschrieben. Die anfängliche Unsicherheit, fast wie bei Teenagern. Die Probleme mit der Familie, die alles andere als begeistert ist. Die eigenen Zweifel, ob das denn gutgehen kann, man wird ja schließlich nicht jünger. Die Mutlosigkeit und dann doch wieder die Hoffnung. Karine Lambert erzählt dies alles mit einer Leichtigkeit, wie Marguerite sie sich immer gewünscht hat.

„Sie schert sich nicht mehr um Geschwätz und Konventionen, etwas anderes hat die Oberhand gewonnen. All die übermütigen Luftbläschen, die Henri jahrelang nicht an die Oberfläche kommen ließ, blubbern nun nach oben, in die Freiheit.“ (S. 136)

Fazit:
Eine wunderschöne, ganz und gar nicht kitschige Liebesgeschichte, die mich tief berührt hat.

Bewertung vom 17.02.2017
Die Krone der Sterne Bd.1
Meyer, Kai

Die Krone der Sterne Bd.1


sehr gut

Auftakt einer kurzweiligen Space-Fantasy-Reihe

Inhalt:
Als die junge Baroness Iniza vom Hexenorden als Braut der Gottkaiserin von Tiamande ausgewählt wird, hat sie nur ein Ziel: die Flucht. Dabei soll ihr Hauptmann Glanis, ihr heimlicher Geliebter, helfen. Doch funken schon bald der letzte Waffenmeister von Amun, Kranit, sowie die Alleshändlerin Shara, die zunächst eigene Ziele verfolgen, dazwischen. Und auch Inizas Onkel Fael und Hadrath sind hinter der jungen Frau her. So jagen sie miteinander und hintereinander her durch die Galaxien.

Meine Meinung:
Wer Kai Meyer kennt, weiß, dass den Leser in seinen Büchern eine fantasievolle Welt erwartet, so auch hier. Die Ideen des Autors, mit denen er diese Welt gestaltet, sind sehr vielfältig und aufregend. Meyer selbst bezeichnet seinen Roman als Space-Fantasy und nicht als Science-Fiction. Denn das „Science“ in Science-Fiction kommt nicht wirklich zum Vorschein. Dafür ist das Ganze zu fantastisch und überhaupt nicht wissenschaftlich fundiert.

Die Handlung empfand ich als ziemlich komplex. Man muss stellenweise sehr sorgfältig lesen, um die hintergründigen Zusammenhänge zu verstehen. Dafür fällt es umso leichter, sich die einzelnen Figuren oder die verschiedenen Raumschiffe vorzustellen. Sie erwachten in meinem Kopf regelrecht zum Leben. Mir gefiel es gut, dass die Handlung so actionreich ist, und die dargestellte Welt fand ich auch sehr spannend und interessant.

Von den Charakteren war ich fast durchweg begeistert. Besonders die Protagonisten haben es mir angetan. Iniza wirkt auf den ersten Blick so zart und hilflos, aber sie hat einiges auf dem Kasten, was man ihr gar nicht zutraut. Sie ist alles andere als eine verwöhnte Baroness. Sie ist intelligent und versucht sich durchzusetzen, weiß aber auch, wann sie nachgeben muss. Glanis ist der Gute im Bunde. Ihm geht es nur darum, Iniza zu beschützen, egal wie. Kranit grummelt zwar die ganze Zeit rum und markiert den harten Typen, aber im Innersten hat er wohl doch einen weichen Kern. Die Alleshändlerin Shara hat ebenso wie Kranit eine bewegte Vergangenheit und will ihre Begleiter am liebsten loswerden. Doch das ist im Weltall gar nicht so einfach, noch dazu, wenn man gejagt wird. Vorerst müssen sich die vier irgendwie miteinander arrangieren – sehr zur Unterhaltung der Leser, denn aus ihren kleinen Machtkämpfen ergeben sich herrliche Dialoge, die einen regelmäßig zum Schmunzeln bringen.

Kai Meyer hat es immer wieder geschafft, mich zu überraschen. Kaum etwas oder jemand ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Es kommen immer neue Details ans Tageslicht, wodurch alles wieder umgekrempelt wird. Von langweilig oder vorhersehbar kann daher keine Rede sein.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Geschichte in meinen Augen nicht annähernd abgeschlossen ist. Zwar sind unsere Helden am Ende an einem Ruhepunkt angekommen, aber die Probleme sind bei Weitem nicht gelöst. Als Einzelband könnte ich das so nicht hinnehmen. Mittlerweile steht aber fest, dass es noch mindestens zwei weitere Bände geben wird. Der nächste ist für Frühjahr 2018 geplant.

Bewertung vom 09.02.2017
Das geträumte Land
Mbue, Imbolo

Das geträumte Land


ausgezeichnet

Amerika - das Land der (un)begrenzten Möglichkeiten

Inhalt:
Jende Jonga ist aus Kamerun in die USA eingereist, um dort Asyl zu beantragen. Er wünscht sich für sich, seine Frau Neni und seinen Sohn Liomi ein besseres Leben, als er es in Kamerun je haben könnte. Als er eine Arbeit als Chauffeur des reichen Wall Street-Bankers Clark Edwards bekommt, ist er überglücklich. Auch Neni kann zeitweise für die Clarks arbeiten. So bekommen Jende und seine Frau einen Einblick in diese reiche Familie, erfahren mehr Details, als ihnen lieb ist, führen dabei aber ein zufriedenes Leben in New York, ihrer Traumstadt. Bis das Unglück über die beiden Familien, die Jongas und die Edwards’, in Form der Pleite der Lehman Brothers kommt. Die amerikanische Wirtschaft geht in die Knie, und aus Jendes Traum wird fast ein Albtraum …

Meine Meinung:
„Das geträumte Land“ ist der Debütroman der gebürtigen Kamerunerin Imbolo Mbue und trägt auch leicht autobiografische Züge. Nach einer Kindheit in ärmlichen Verhältnissen in Kamerun, kam sie zum Studieren in die USA, wo sie wie Jende von der Wirtschaftskrise betroffen war. So gelingt es ihr recht gut, sowohl das Leben der einfachen Bevölkerung in Kamerun als auch das der Einwanderer in den USA authentisch darzustellen. Die Wünsche und Sehnsüchte, aber auch die Probleme ihrer Protagonisten kann man dadurch gut nachvollziehen.

Jende war mir von Anfang an sehr sympathisch, ein junger Mann, dem die Familie über alles geht, der hart arbeitet, um Frau und Kind ein sicheres und angenehmes Leben zu bieten, der auch immer wieder Geld nach Hause zu seinen Verwandten schickt und der seinem Arbeitgeber loyal ergeben ist. Auch Clark Edwards ist recht sympathisch, zwar gestresst durch die Arbeit, doch größtenteils zu allen freundlich und gerecht. Auch er arbeitet hart für seine Familie. So gibt es einige Parallelen zwischen der kamerunischen Familie und der amerikanischen, aber doch auch viele Unterschiede, die im Lauf des Romans herausgearbeitet werden. Beide Männer müssen schließlich einsehen, dass Geld allein nicht glücklich macht.

Mir gefiel neben der Handlung an sich auch der Aufbau des Romans sehr gut. Durch Erzählungen und Erinnerungen erfährt man viel über das Leben in Kamerun. Im Haupthandlungsstrang wird das Leben von Jende und seiner Familie in der Gegenwart (2008 – 2009) beschrieben. So ist der Roman herrlich abwechslungsreich.

Den Sprachstil fand ich zuerst sehr passend. Vor allem die Dialoge bestehen aus mehr oder weniger einfachen Satzstrukturen mit einfachen Wörtern, wie man sie von einem Einwanderer, der die Sprache nicht so gut beherrscht, erwarten würde. Doch nach und nach ging mir das leider etwas auf den Keks, es wirkte auf mich dann doch etwas aufgesetzt und war mir insgesamt einfach zu viel. Im erzählenden Text versteckt Imbolo Mbue dagegen auch manch schönes Bild und poetische Ausdrücke.

Fazit:
„Das geträumte Land“ ist ein wirklich lesenswerter Roman, der einen zum Nachdenken bringen kann. Es geht um Familie, Reichtum, Ansehen und Träume sowie um den Umgang mit Fremden und Bedürftigen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.01.2017
Im Schatten das Licht
Moyes, Jojo

Im Schatten das Licht


ausgezeichnet

„Im Schatten das Licht“ ist im Original bereits 2010 erschienen. Schade, dass man in Deutschland so lange gewartet hat, um dieses Buch zu veröffentlichen. Denn nach dem Riesenerfolg von „Ein ganzes halbes Jahr“ haben es alle Bücher von Jojo Moyes etwas schwerer, Anerkennung zu finden, da sie immer einem Vergleich standhalten müssen. Doch mich konnte dieser Roman fast so sehr fesseln und berühren wie das halbe Jahr.

Das mag vielleicht ein wenig auch daran liegen, dass das Reiten und ein Pferd hier eine große Rolle spielen und ich mich sehr für Pferde begeistern kann und in meiner Jugend auch geritten bin. So kann ich mich sehr gut mit Sarah identifizieren. Aber auch Leser, denen dieses Hobby fremd ist, haben bestimmt kein Problem mit dieser Geschichte. Alles was man über das Thema wissen muss, wird hier sehr gut beschrieben.

Die drei Protagonisten Sarah, Natasha und Mac konnten mich sehr schnell für sich einnehmen. Aber auch einige der Nebencharaktere sind einfach toll, z.B. Cowboy John, Sarahs väterlicher Freund und Stallbesitzer. Jojo Moyes beweist viel Einfühlungsvermögen für ihre Figuren. Zwar handeln sie manchmal etwas unüberlegt oder einfach nur doof, aber man kann es immer verstehen, warum sie das tun. Es macht sie einfach menschlich. Keiner von ihnen ist perfekt. Und wie so oft könnten sie sich das Leben sehr erleichtern, wenn sie miteinander reden würden und ehrlich zueinander wären. Zuweilen verspürte ich den Drang, ihnen mal kräftig die Meinung zu geigen.

Mich hat die verzwickte Geschichte der vierzehnjährigen Sarah und der noch-nicht-Ex-Ehepartner Natasha und Mac schon nach wenigen Seiten unwiderruflich in ihren Bann gezogen. Das Schicksal dieser drei so unterschiedlichen Menschen hat mich interessiert und fasziniert. Die ganze Zeit habe ich auf ein Happy End hin gefiebert, immer gehofft, dass Natasha und Mac doch noch die Kurve kriegen und zusammenbleiben und dass Sarahs großer Traum in Erfüllung geht. Aber ich wusste natürlich auch, dass ich bei Jojo Moyes nicht unbedingt ein Happy End erwarten durfte. So habe ich den Roman mit viel Spannung gelesen und auf dem Weg zur letzten Seite auch die ein oder andere Träne aus dem Augenwinkel gewischt.

Fazit:
„Im Schatten das Licht“ ist ein berührender und fesselnder Roman über zwischenmenschliche Beziehungen, über die Bedeutung von Familie, über Vertrauen und Liebe. Starke Charaktere und ein einfühlsamer Schreibstil sorgen für ein gelungenes Lesevergnügen.

6 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.01.2017
Totenrausch / Totenfrau-Trilogie Bd.3
Aichner, Bernhard

Totenrausch / Totenfrau-Trilogie Bd.3


ausgezeichnet

Genialer Abschluss der Toten-Trilogie

Inhalt:
Blum ist mit ihren beiden Kindern auf der Flucht, Reza für sie im Gefängnis. In Hamburg scheint es nun einen Neuanfang für die kleine Familie zu geben. Der Kiezkönig hat einen Narren an Blum gefressen und ermöglicht ihr und ihren Kindern ein angenehmes Leben. Doch nichts im Leben ist umsonst und eines Tages bekommt Blum die Rechnung. Sie soll jemanden ermorden …

Meine Meinung:
Man kann „Totenrausch“ zwar auch ohne Vorkenntnisse lesen, wird so aber sicher nicht den vollen Genuss haben. Dazu fehlt dann einfach die Entwicklung von Blum, die doch viele ihrer unorthodoxen Handlungsweisen erklären kann. Insofern würde ich auf jeden Fall dazu raten, die Vorgängerbände auch zu lesen – es lohnt sich!

Den 1. Band dieser etwas schrägen Thriller-Trilogie fand ich einfach klasse, den 2. etwas schwächer. Der 3. Band schließt die Reihe nun genial ab. Wie gewohnt ist Aichners Schreibstil knapp und direkt. Dadurch entsteht ein hohes Tempo. Man hält sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf, sondern stürmt geradewegs durch die Handlung. Ich liebe das!

Blum hat sich mittlerweile seit dem Tod ihres Mannes und der Entdeckung ihrer Morde etwas gefasst. Ihr Wunsch ist es einfach, zusammen mit ihren zwei kleinen Mädchen in Sicherheit zu leben. Dafür würde sie alles tun. Alles? – Nun, das wird man sehen.

Mit dem Zuhälter Egon Schiele hat Bernhard Aichner einen ebenbürtigen Gegenspieler für Blum geschaffen. Die beiden spielen miteinander, und es ist bis zum Schluss unklar, wer gewinnen wird. Mal ist die eine einen Schritt voraus, mal der andere. Und beide gehen nicht gerade zimperlich miteinander um.

Aichner hat manche Überraschung auf Lager, sodass es nie langweilig wird und die Spannung nie abfällt. Ich habe mit Blum mit gefiebert, habe dieselbe Angst, denselben Hass und dieselbe Wut in mir gespürt wie sie und wollte, dass es für sie zu einem guten Ende kommt. So habe ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen und konnte es gar nicht aus der Hand legen. Wie schon bei den ersten beiden Bänden sind allerdings auch hier viele leere Seiten zwischen den einzelnen Kapiteln, insgesamt 156, auf denen gar nichts oder nur die Kapitelnummer steht. Das wirkt zwar irgendwie besonders, aber mir tut es leid um die armen Bäumen, die dafür sinnlos sterben mussten.

Fazit:
„Totenrausch“ ist der Abschlussband der Toten-Trilogie und von der ersten bis zur letzten Seite hochspannend. Bernhard Aichner punktet mit seinem prägnanten Schreibstil und außergewöhnlichen Charakteren, die im Zusammenspiel so richtig zur Geltung kommen.

Ich kann die gesamte Trilogie für alle Leser empfehlen, die gerne mal vom Mainstream abweichen und offen für das Besondere sind.

Die Trilogie:
1. Totenfrau
2. Totenhaus
3. Totenrausch

Bewertung vom 10.01.2017
Camp 21
Wekwerth, Rainer

Camp 21


sehr gut

Absolut fesselndes Jugendbuch – ein Pageturner

Inhalt:
Mike und sein Bruder Ricky werden bei einer Spritztour von der Polizei aufgegriffen. Die Situation eskaliert. Das Ende vom Lied: Die beiden Jungs müssen ins Erziehungslager. Für die ganz schweren Fälle gibt es das Camp 21 mit ganz besonderen Methoden. Durch Schmerzreize werden hier die Jugendlichen gefügig gemacht. Jeweils zwei Jugendliche sind durch ein elektronisches Armband verbunden, das aktiviert wird, sobald die zwei sich zu weit voneinander entfernen. Auch Kayla findet sich in Camp 21 wieder und wird per Armband ausgerechnet an Mike gebunden, den sie aus gutem Grund nicht mag. Schon bald wird klar, dass es in diesem Camp nicht mit rechten Dingen zugeht und die Jugendlichen in Lebensgefahr sind.

Meine Meinung:
„Camp 21 – Grenzenlos gefangen“ sorgt definitiv für ein paar super spannende Lesestunden. Ich habe das Buch an einem Tag verschlungen und konnte es praktisch nicht aus der Hand legen, weil ich unbedingt immer sofort erfahren musste, wie es mit den Protagonisten Mike und Kayla weitergeht. Was sie erleben, ist einfach so unglaublich.

Erzählt wird abwechselnd aus Mikes und Kaylas Perspektive in der 3. Person, sodass man diese beiden am besten kennenlernt. Ganz kurze Einschübe gibt es von einer weiteren Person, die zuerst nicht offenbart wird. Man kann sich aber denken, um wen es sich handelt. Man lernt Mike und Kayla zwar am besten kennen, trotzdem bleiben sie für meinen Geschmack noch etwas zu blass. Von ihrer Vorgeschichte und ihrem Charakter hätte ich gerne noch sehr viel mehr erfahren, um sie besser einschätzen zu können.

Rainer Wekwerth schafft mit oft kurzen, einfachen Sätzen ein hohes Erzähltempo. Die Struktur ist sehr klar und damit dem jugendlichen Publikum angemessen. Das Buch ist sehr locker zu lesen. Man fliegt geradezu durch die Seiten. Es gibt einige Szenen, wo einem der Atem stockt und man um die sympathischen Protagonisten bangen muss.

Was mir bei diesem tollen Buch allerdings noch gefehlt hat, waren mehr Hintergrundinformationen zu Camp 21. Man erfährt zwar schon, wer dahintersteckt und was der Zweck ist, aber dies wird nur sehr kurz angerissen. Auch ging mir die Liebesgeschichte viel zu schnell. Gerade noch hassen sich Mike und Kayla. Und im nächsten Moment sind sie fast übergangslos verliebt.

Nach einem dramatischen Show down kommt die Handlung schließlich zu einem befriedigenden Ende. Sie ist abgeschlossen und braucht keine Fortsetzung.

Kein wirklicher Kritikpunkt ist die Tatsache, dass die Handlung in den USA angesiedelt ist. Es erzeugt bei mir nur so ein diffuses Unwohlsein. Warum lässt ein deutscher Autor seine Geschichte nicht in Deutschland spielen? Jugendbücher aus Amerika gibt es doch sowieso zur Genüge.

Fazit:
Rainer Wekwerths neuestes Jugendbuch ist wahnsinnig spannend, aber auch relativ brutal. Aufgrund seiner Protagonisten ist es sowohl für Jungen als auch für Mädchen geeignet. Durch seine knackige Erzählweise ist es vielleicht sogar etwas für Lesemuffel.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.12.2016
Grenzlandtage
Michaelis, Antonia;Martin, Peer

Grenzlandtage


ausgezeichnet

Eine fesselnde und bewegende Geschichte vor aktuellem Hintergrund

Inhalt:
Auf einer winzigen griechischen Insel will die siebzehnjährige Jule sich aufs Abi vorbereiten und dabei ein bisschen entspannen. Aber es kommt ganz anders. Jule trifft auf den verletzten Asman, der sich illegal auf der Insel aufhält, ein Flüchtling, der nach Schweden weiter will. Anfangs ist Jule neugierig, will helfen, doch schon bald wird sie immer mehr in Asmans Leben hineingezogen, bis die beiden sich schließlich verlieben und alles immer komplizierter wird …

Meine Meinung:
Peer Martin konnte mich schon mit „Sommer unter schwarzen Flügeln“ und „Winter so weit“ von seinen Fähigkeiten überzeugen. Auch dort geht es um syrische Flüchtlinge, und es wird deutlich, dass Martin weiß, wovon er schreibt – alles ist gut recherchiert. Es steckt viel Herzblut in den Werken dieses Autors, was das Lesen zu einem besonders ergreifenden Ereignis macht.

Antonia Michaelis lese ich schon lange sehr gerne. Ich mag es, dass sie immer wieder unbequeme Themen aufgreift und über nicht alltägliche Menschen schreibt. Mit „Die Attentäter“ hat sie sich vor kurzem schon einmal mit dem Themenkomplex Flüchtlinge und Islamischer Staat beschäftigt.

Nun war ich sehr gespannt auf das gemeinsame Werk dieser zwei beeindruckenden Autoren, an das ich mit hohen Erwartungen heranging. Ich wurde nicht enttäuscht! Beide können mit einem wunderschönen Schreibstil punkten, und ihre Zusammenarbeit wirkt sehr harmonisch.

Sehr detaillierte Beschreibungen lassen einen gedanklich schnell mit Jule ans Mittelmeer reisen, das Meer spüren, die Kräuter riechen. Man hat diese malerische Kulisse vor dem inneren Auge und bekommt erst mal Fernweh. Doch genauso tief empfindet man später auch die anderen Szenen, die nicht ganz so friedlich sind, die schockieren. Die fesselnde Erzählweise und die zum Teil recht außergewöhnliche Sprache halten den Leser fest, ziehen ihn tief in die Geschichte hinein.

Der größte Teil der Geschichte ist aus Jules Sicht in der 3. Person geschrieben. Kürzere Abschnitte gibt es aber auch aus Asmans Perspektive, sodass man beiden Protagonisten sehr nahe kommt und in ihre Gedanken- und Gefühlswelt eintauchen kann. So entsteht ein umfassendes Bild des Geschehens und man kann die Handlungen der jeweiligen Personen sehr leicht nachvollziehen und verstehen.

Jules Entwicklung fand ich absolut plausibel und sehr gut dargestellt. Anfangs ist sie ein ganz normaler deutscher Teenager, vom Bürgerkrieg in Syrien hat sie wohl schon gehört, auch dass es viele Flüchtlinge gibt und viele davon auf der Flucht umkommen. Doch das ist alles weit weg von ihr und betrifft sie nicht wirklich. Bis sie auf dieser kleinen Mittelmeerinsel direkt damit konfrontiert wird. Jule hat das Herz am rechten Fleck und will helfen, fühlt sich dabei aber bisweilen auch recht hilflos, weiß nicht, was das Beste für die Flüchtlinge ist, weiß nicht, ob sie ihnen überhaupt vertrauen kann. Sie muss einige Entscheidungen treffen, die ihr nicht leichtfallen. Sie muss Verantwortung übernehmen und wächst dabei über sich selbst hinaus.

Fazit:
„Grenzlandtage“ ist ein sehr bewegender Jugendroman vor dem aktuellen Hintergrund der Flüchtlings“krise“. Er verschafft einen Blick auf die Menschen, die auf der Flucht sind, auf ihre jeweiligen Schicksale, aber auch auf die Menschen, die ihnen helfen wollen. Es ist ein nachhaltiges Buch, das zum Nachdenken anregt und dazu, sich zu informieren. Trotz aller Probleme ist es aber auch eine wunderschöne Liebesgeschichte :-)

Bewertung vom 18.12.2016
Geister
Hill, Nathan

Geister


sehr gut

Ein beachtenswerter Familien- und Gesellschaftsroman

Inhalt:
Samuel geht mehr schlecht als recht durchs Leben. Immer wieder trifft er Entscheidungen, die er später bereut. Als er für seine Mutter als Leumundszeuge einspringen soll, wird sein Leben auf den Kopf gestellt. Wie kann er Gutes über die Frau sagen, die ihn als Elfjährigen quasi über Nacht bei seinem Vater zurückgelassen hat und zu der er seit über zwanzig Jahren keinerlei Kontakt hatte?

Es bietet sich ihm hier die Chance, etwas über die Beweggründe seiner Mutter zu erfahren und mit ihr und auch mit sich selbst Frieden zu schließen. Je mehr er recherchiert, desto mehr Geheimnisse der Vergangenheit kommen ans Licht.

Meine Meinung:
„Geister“ ist der Debütroman des 38-jährigen US-Amerikaners Nathan Hill, der in St. Paul, Minnesota, an der University of St Thomas Englische Literatur unterrichtet. Er besticht durch eine gut verständliche, aber sehr schöne Sprache und einen ruhigen Erzählstil. Hill nimmt sich Zeit, um seine Charaktere aufzubauen, gibt allen den Raum, den sie brauchen, um zu einer plastischen, lebensechten Figur zu werden. Die Protagonisten treffen immer wieder schlechte Entscheidungen, doch der Autor schafft es, uns Lesern klarzumachen, wie es zu diesen falschen Entscheidungen kommt. Er zeichnet detaillierte Bilder dieser Personen und auch der amerikanischen Gesellschaft. Die Studentenbewegung von 1968, die Bestechlichkeit der Politiker, die Willkür der Polizei, aber auch norwegische Geistergeschichten sind seine Themen.

Der Roman ist in 10 Teile untergliedert, die 1968, 1988 oder 2011 spielen, aber nicht chronologisch angeordnet sind. So ergibt sich ganz allmählich durch die Ereignisse der Gegenwart und die Rückblicke in die Vergangenheit ein umfassendes Bild von Samuels Leben sowie das seiner Mutter und seines Großvaters. Nathan Hill beginnt viele Handlungsfäden, unterbricht sie wieder, führt sie später fort, führt sie zusammen und verknüpft sie schließlich zu einer großen Geschichte. Hierbei verlangt er dem Leser ein enormes Durchhaltevermögen und einen langen Atem ab. Diesen langen Atem hat er auch selbst bewiesen. Einige Szenen hätte ich mir weniger detailliert und langgezogen gewünscht. Doch auch wenn der Roman einige Längen aufweist, konnte er mich insgesamt wirklich fesseln. Ich habe durchweg alle Charaktere als interessant empfunden und wollte mehr über sie erfahren.

Der Schluss ist nicht unbedingt spektakulär, lässt mich aber doch sehr befriedigt zurück. Alle meine Fragen wurden beantwortet.

Fazit:
Ein lesenswerter Schmöker für Leser, die eine schöne Sprache zu schätzen wissen und das nötige Durchhaltevermögen mitbringen.

Bewertung vom 15.12.2016
Echo Boy
Haig, Matt

Echo Boy


sehr gut

Lesenswert!

Inhalt:
England im Jahr 2115. Echos sind künstliche menschenähnliche Wesen ohne eigenen Willen, dazu erschaffen, ihren Besitzern zu dienen. Da geschieht das Unmögliche: Die Echo Alissa ermordet ihre Besitzer. Nur die 15-jährige Tochter Audrey kann entkommen und schlüpft bei ihrem Onkel unter. Hier trifft sie auf Daniel, einen Echo, der etwas ganz Besonderes ist.

Meine Meinung:
Mich hat die Welt, die Matt Haig hier hundert Jahre in der Zukunft entworfen hat, ziemlich begeistert. Alles ist hoch technisiert, die Autos blitzschnell. Die niederen oder auch die nicht so niederen Arbeiten werden von Robotern und Echos verrichtet. Ein Szenario, von dem man sich gut vorstellen kann, dass es tatsächlich einmal eintreten könnte.

Ansonsten hat sich gegenüber unserer Zeit gar nicht so viel verändert. Die Menschen sind immer noch geld- und machtgierig, zerfressen von Neid und Hass. Natürlich nicht alle – nein, es gibt auch ein paar Gute, sonst wäre das ja auch langweilig.

In sogenannten „Gedankenbuch“-Einträgen lesen wir einmal die Sicht von Audrey, dann wieder die von Daniel, wobei Daniels Passagen im Vergleich zu Audreys sehr kurz sind. Der Schreibstil ist sehr eingängig, die Sätze relativ einfach und kurz. Dadurch ergibt sich automatisch ein höheres Erzähltempo, was ich ganz gut fand. Ab und zu werden ein paar philosophische Überlegungen eingestreut, die der Geschichte noch mehr Würze geben.

Man merkt aber schon, dass es sich bei diesem Buch um ein Jugendbuch handelt. Die Handlung ist relativ geradlinig und bietet – von den technischen Errungenschaften der zukünftigen Welt abgesehen – nicht viele Überraschungen. Als Leser kann man sich das meiste schon denken, bevor es dann tatsächlich eintritt.

Und dann ist da noch die Liebesgeschichte. Auf sie hätte ich sehr gerne verzichtet. Denn der Autor hat sich meiner Meinung nach zu wenig Zeit genommen, um diese Liebe zu entwickeln. Das ging mir einfach ein bisschen zu schnell und war für mich nicht wirklich nachzuvollziehen. Aber ich gehöre ja nicht mehr zur Zielgruppe und vielleicht mag die Jugend das etwas anders sehen.

Fazit:
Ein schönes Jugendbuch, das einige unterhaltsame Lesestunden verspricht, aber auch zu nachhaltigen Überlegungen anregt.

Bewertung vom 11.12.2016
Finding Cinderella
Hoover, Colleen

Finding Cinderella


ausgezeichnet

Wunderschön und nicht ganz so problembeladen, wie man es von Colleen Hoover kennt

Inhalt:
Durch Zufall treffen zwei junge Menschen in der Putzkammer ihrer Schule aufeinander. Es ist dunkel, sie kennen sich nicht, sie sehen sich nicht, sie hören, riechen und fühlen sich nur. Und doch spüren sie eine gewisse Verbindung. Als das Mädchen sich für immer verabschiedet, sucht Daniel nach ihr, seiner Cinderella.

Ein Jahr später trifft er bei seinen besten Freunden Holder und Sky auf Six, Skys Freundin, und verliebt sich Hals über Kopf. Und Six geht es nicht anders. Bis ein Geheimnis ans Tageslicht kommt …

Meine Meinung:
„Finding Cinderella“ ist ein Spin-off der Bände um Hope, die ich sehr gerne gelesen habe. Hier geht es vorrangig nicht um Sky und Holder, sondern um deren Freunde, Six und Daniel. Aber natürlich treffen wir hier auch wieder auf Sky und Holder und andere Bekannte. Ein bisschen ist es wie nach Hause zu kommen, wenn man die Geschichte von Sky und Holder kennt.

Nachdem dieser Kurzroman zuerst nur als E-Book erschienen ist, ist er nun endlich auch als Taschenbuch erhältlich, worüber ich mich sehr gefreut habe.

Colleen Hoover hat mal wieder eine ganz wunderbare Liebesgeschichte geschrieben, bei der man einfach nur zerschmelzen möchte. Natürlich ist sie ein wenig kitschig und wirkt zuweilen sehr amerikanisch, aber was macht das schon, wenn man dabei ein bisschen von der großen Liebe träumen kann?

Ich mochte die Protagonisten, das Mädchen Six, das nicht über seine Vergangenheit sprechen will, und den Ich-Erzähler Daniel, der seine Angebetete am liebsten auf Händen tragen und ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen möchte. So habe ich ihr Kennenlernen, die intensive Verbindung zwischen ihnen, ihre riesengroße Zuneigung und Freundschaft sehr genossen und mich schon gewundert, dass entgegen meiner Erfahrungen mit Colleen Hoovers Romanen hier alles doch sehr harmonisch und relativ problemlos abläuft. Kurz vor dem Ende ließ sie dann doch noch eine Bombe platzen, die für Six und Daniel eine Zerreißprobe bedeutet. Ob sie diese überstehen, müsst ihr schon selbst lesen. Viel Spaß dabei :-)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.