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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 989 Bewertungen
Bewertung vom 18.05.2019
Mein Rom
Englisch, Andreas

Mein Rom


ausgezeichnet

»Also«, sagte Leo derweil ungeduldig und zeigte auf die Fassade des Petersdoms. »Leg los! – was fällt dir als Erstes zum Petersdom ein?«
Ich überließ mich einen Augenblick der Faszination, die dieses gewaltige Bauwerk auch nach so vielen Jahren auf mich ausübt.

Ich mag Rom und habe schon wie unzählige andere Menschen staunend und bewundernd vor den vielen, vielen Zeugnissen der alten Kultur und vor großartigen Kunstwerken gestanden. Wenn ich an Rom denke, fehlen mir regelmäßig die angemessenen Worte, um meine Faszination zu beschreiben, dieses unglaubliche Gefühl, das mir einflüstert, gerade mitten durch die Geschichte zu laufen.

Andreas Englisch gelingt es, diese angemessenen Worte zu finden. Und so löste auch dieses Buch bei mir große Begeisterung aus.
Seit über 30 Jahren lebt er in Rom und liebt die Stadt mit all ihren Facetten. Der Titel des Buchs ist sehr passend gewählt, denn Englisch vermittelt nicht nur viele hochinteressante Infos, sondern bringt immer auch eine persönliche Note mit hinein. So erfährt man, was ihn besonders begeistert, welche persönlichen Erlebnisse er mit der Stadt und einzelnen Bauwerken verbindet.
Sein Fachwissen scheint enorm, ich erfuhr so einiges, was ich noch in keinem Reiseführer gelesen hatte. Und alles wird auf solch leichte und unterhaltsame Art beschrieben, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen mochte.

Besonders reizvoll wird die Lektüre noch durch die Rahmenhandlung. Englisch ist nämlich dieses Mal nicht allein in Rom unterwegs, sondern gemeinsam mit seinem Sohn Leonardo. Dieser benötigt ein wenig Nachhilfe vor der Aufnahmeprüfung für den Fremdenführerlehrgang. Zwischen dem Schon-Experten und dem künftigen Experten entstehen zahlreiche Diskussionen, die teilweise ganz normale Vater-Sohn-Probleme spiegeln, gleichzeitig aber auch hochinteressant zu verfolgen sind. Leonardo scheint mir ein sehr intelligenter junger Mann zu sein, neugierig, durchsetzungsstark und aufgeschlossen. Aber er ist auch kritisch, er hinterfragt viel und zeigt sich durchaus streitlustig. Damit strapaziert er zwischenzeitlich die Nerven seines Vaters, bringt diesem aber auch wichtige Gedankenanstöße. Ich merkte an so manchen Stellen, dass Leonardo aussprach, was mir bei Beschreibungen, zum Beispiel im Vatikan, so durch den Kopf geht.

Der Vatikan bildet auch den Schwerpunkt der Tour des Vater-Sohn-Gespanns, weiter geht es dann noch zum Kolosseum und zu einigen weiteren Kirchen/Sehenswürdigkeiten. Zahlreiche tolle Fotos ergänzen die Beschreibungen. Viel zu schnell sind die beiden am Ende, ich hätte gerne noch weitergelesen. Für den Fall, dass das Buch gut ankommt, stellt Englisch einen Folgeband in Aussicht. Daher hier noch einmal ganz deutlich von mir: Bitte macht weiter!

Fazit: So eine Führung will ich auch! Hochinteressante Infos, unterhaltsam geschrieben. Hoffentlich gibt es einen Folgeband!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.05.2019
Über allem der Berg
Schimke, Helma

Über allem der Berg


sehr gut

»Für uns Frauen ist nicht der Berg selbst das Schwierige, sondern was sich um ihn herum baut und sich gegen uns stellt. Niemand kann uns helfen, diese Widerstände zu überwinden. Im letzten sind wir immer allein … Wichtig ist ja nur das eine: Das zu leben, was man ist…«

Ich gestehe, dass ich Helma Schimke erst mit diesem Buch kennenlernte. Ich las über eine faszinierende Frau, die als Architektin arbeitete und in den 1950er und 1960er Jahren zu den weltweit besten Bergsteigerinnen zählte. Schon früh hatte sie mit gesellschaftlichen Akzeptanzproblemen zu kämpfen, wollte sie doch gegen den Zeitgeist in einem „Männerberuf“ arbeiten und sich nicht mit einer Rolle als Hausfrau und Mutter begnügen.
Dazu kamen ihre Leidenschaft und ihre große Begabung für das Bergsteigen. Ohne es gezielt darauf angelegt zu haben, wurde sie zu einer Pionierin des Frauenalpinismus – einfach, weil sie das tat, was sie wollte und für sich als das Beste ansah.

1961 kam ihr Mann, ebenfalls ein passionierter Bergsteiger, bei einem Lawinenunglück in der Watzmann-Ostwand ums Leben. Für die Mutter von drei kleinen Kindern ein Schicksalsschlag, eine wahre Tragödie. In diesem Buch schildert sie in großer Offenheit, wie sie die dramatischen Tage rund um das Unglück erlebte, wie sie anschließend weiterlebte, was ihr Mut machte und was das Leben erschwerte.

Das jetzt als Neuauflage herausgekommene Buch erschien erstmals 1964 und ist geprägt von dem Gefühlschaos, das durch den Tod des geliebten Mannes und die folgenden Widrigkeiten hervorgerufen wurde. Der erste Teil befasst sich sehr detailliert mit dem Unglück und der – leider erfolglosen – Rettungsaktion. Das ist Dramatik pur, man kann beim Lesen gar nicht anders, als mitzuleiden und ich für mein Teil konnte das Buch nicht aus der Hand legen.

Im weiteren Teil geht es um die Zeit „danach“. Nachdem sie offenbar eine Zeitlang damit ausgesetzt hatte, beginnt sie wieder mit dem Bergsteigen. Und sie stellt fest, wie sehr es ihr hilft, das Geschehene zu verarbeiten, wie sehr sie in ihren geliebten Bergen zur Ruhe kommt, dort ganz zu sich findet und alles hinter sich lassen kann. Und das Abschalten wird ihr nicht leicht gemacht, denn aus der Gesellschaft heraus werden ihr Vorwürfe gemacht, wird sie verantwortungslos genannt, weil sie als Mutter kleiner Kinder auf Berge steigt.

Dieser, ich nenne ihn mal „Aufarbeitungsteil“ des Buchs, wird von Berichten über Bergtouren dominiert. Schimke schildert eigene Erlebnisse und die von befreundeten Bergsteigern. Im Zentrum all dieser Berichte steht der Berg und das Leben für die Berge. Es sind Berichte voller Strapazen und Gefahren und zugleich voller Faszination und atemberaubender Schönheit. Wer, wie ich, zu viel Respekt vor Bergen hat, um sie anders als nur wandernd zu erkunden, liest dies mit einem Gefühl, das zwischen Staunen, Bewunderung und Befremden schwankt. Für den Nichtbergsteiger kann es zwischendurch zu Verständnisproblemen kommen, weil regelmäßig Fachausdrücke verwendet werden. Das Buch ist nicht so konzipiert, interessierten Lesern etwas über das Bergsteigen zu erklären, sondern es ist eine sehr persönliche Schilderung, die noch dazu in wörtlichen Zitaten viel Dialekt bringt. Da es keine Übersetzungshilfen im Buch gibt, bleibt dem hochdeutsch sprechenden Leser da nur ein Mix aus raten und googeln. Während mich der erste, dramatische, Teil ans Buch fesselte, gelang das im zweiten Teil nicht immer. Abschnitte, in denen immer wieder ausführlich die persönliche Beziehung zu den Bergen behandelt wurde, kamen bei den Betroffenen sicher aus vollem Herzen, mir gerieten sie aber manchmal zu theoretisch.

Im Mittelteil finden sich einige tolle, teils sehr persönliche Fotos. Ich habe immer wieder während des Lesens dorthin geblättert. In der Summe habe ich mit diesem Buch eine beeindruckende und starke Frau kennengelernt, der die Liebe zu den Bergen eine beneidenswert optimistische Lebenseinstellung gab.

Bewertung vom 01.05.2019
Vom Himmel hoch
Nygaard, Hannes

Vom Himmel hoch


sehr gut

»Das ist eine harte Nuss. Wie soll jemand hier, mitten auf dem Platz, aus dieser Höhe abstürzen? Der muss wirklich vom Himmel gefallen sein.«

Ein kleines Städtchen in Nordfriesland, mitten auf dem Marktplatz liegt ein Toter. Die Todesursache ist schnell klar: Ein Sturz aus einer Höhe, wie sie ungefähr der 4. Etage eines Wohnhauses entspricht. Nur, dass es weit und breit kein höheres Gebäude gibt. Und bewegt wurde die Leiche auch nicht. Wirklich eine harte Nuss. Das Team der Kripo Husum nimmt sich des Rätsels an – obwohl es mal wieder eigentlich gar nicht zuständig ist…

Diesen Küstenkrimi fand ich sehr unterhaltsam. Die Ausgangslage ist herrlich knifflig, denn hier eine logische Erklärung zu finden, ist nicht leicht. Was mir besonders gefiel, waren die umfangreichen Ermittlungsarbeiten und Verhöre, die gut beschrieben werden. Nachdem das Ermittlerteam das persönliche Umfeld des Opfers ins Auge gefasst hatte, wurde schnell klar, dass auf dessen Arbeitsstelle nichts so läuft, wie es nach außen dargestellt wird. Eine ganze Reihe Verdächtiger kommen zusammen, viele Motive, Alibis und Verstrickungen. Und dann geschieht auch noch ein zweiter Mord im gleichen Umfeld, da liegt natürlich ein Zusammenhang nah.

Was dem Autor sehr gut gelungen ist, ist der Blick hinter die Kulissen einer offenbar sauberen Gesellschaft. Da wird so einiges aufgedeckt, was krampfhaft verborgen bleiben sollte und da wird so manchem der Spiegel vorgehalten.
Auch bei seinem Ermittlerteam lohnt ein Blick hinter die Fassade, die Charaktere erscheinen mir deutlich vielschichtiger, als es zunächst aussieht.
Die regionalen Besonderheiten kommen ebenfalls sehr schön rüber, häufig werden Landschaft und Wetter beschrieben, auf die charakterlichen Eigenarten der „Ureinwohner“ eingegangen und Sätze und Ausdrücke der dortigen Mundart eingestreut. Das alles sorgt für eine stimmige Atmosphäre, die Freunden der norddeutschen Küstenregionen gefallen sollte.

Was man bei diesem Krimi nicht erwarten darf, sind große Spannungsmomente. Alles ist recht ruhig, die Fälle werden nicht durch Verfolgungsjagden oder Schießereien gelöst, sondern durch Befragungen und Recherche. Das wirkt so im Grunde recht realistisch. Allerdings ist es mit dem Realismus wieder vorbei, wenn man bedenkt, dass die Beamten in Husum eigentlich gar nicht für Mordermittlungen zuständig sind, auch ständig aufgefordert werden, sich nicht einzumischen. Trotzdem agieren sie munter, machen Verhöre und sogar Dienstreisen. Parallel dazu scheinen die eigentlichen Ermittler der Mordkommission in Flensburg außer meckern nichts zu tun, bei parallelen Tätigkeiten müsste man sich doch normalerweise ständig über den Weg laufen. Außerdem ist es, bei aller Anerkennung für die Leistungen der Husumer, völlig unlogisch, dass die Flensburger nicht zu den gleichen Ergebnissen kommen würden.

Fazit: Ruhiger Krimi mit interessanten psychologischen Einblicken, guten Charakteren und toller Atmosphäre. Ein wenig mehr Realismus fehlt mir noch zum völligen Krimiglück.

Bewertung vom 28.04.2019
Stadtnomaden
Horsten, Christina;Zeltner, Felix

Stadtnomaden


sehr gut

Christina und Felix sind schockiert. Gerade eben sind die beiden in New York lebenden und arbeitenden Journalisten mit ihrer neugeborenen Tochter nach Hause gekommen, da finden sie die Kündigung eben dieser Wohnung im Briefkasten vor. Ein bezahlbares Zuhause ist in dieser Stadt nicht leicht zu finden, doch die beiden lassen sich nicht unterkriegen und nutzen die eigentlich traurige Situation, um einen lang gehegten Plan aus der Schublade zu holen und umzusetzen. Im folgenden Jahr wollen sie in jedem Monat in eine neue Wohnung umziehen, dabei die unterschiedlichsten Ecken der Stadt und sämtliche Bezirke kennenlernen. Mutig stürzt sich die kleine Familie in das Abenteuer…

Ich gestehe: Für mich klingt dieser Plan mehr als abenteuerlich. Und die Umsetzung, die der Leser verfolgen kann, gestaltet sich auch wirklich nicht leicht. Jeden Monat die Suche nach einer neuen Bleibe, die sich manchmal erst im letzten Moment findet, die ganze Umzugslogistik und dazu der normale Alltag, der schließlich weiterlaufen muss. Wahnsinn! Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist das Entrümpeln, die Beschränkung auf das absolut Notwendigste. Schließlich muss man am Monatsende sein Hab und Gut einfach in ein paar Ikea-Taschen verstauen können, um sie am nächsten Ziel wieder auszupacken. Ich habe mich ständig gefragt, wieso man sich so etwas antut, aber die beiden waren meist sehr zufrieden.

Es gibt ja auch viele positive Aspekte dieser ganzen Aktion. Schon sich von völlig Unnötigem im Leben zu trennen, kann befreiend wirken. Und dann die vielen neuen Erfahrungen, die die beiden machen! Sie lernen Ecken der Stadt kennen, die sie sich auf Dauer nie leisten könnten, erleben in manchen Monaten Luxus pur. In anderen Monaten ziehen sie in Gegenden, die sie normalerweise nie als Wohnsitz in Betracht gezogen hätten und erleben dabei Erstaunliches. Da fängt man zwangsläufig an, darüber nachzudenken, welche Vorurteile sich im eigenen Kopf womöglich befinden.

Während ihrer jeweiligen Aufenthalte bemühen sich die beiden, jede neue Umgebung so gut wie möglich kennenzulernen. Sie besuchen Shops, Restaurants und Cafés, nutzen die örtlichen Sportangebote, treffen Nachbarn, geben Partys. Schnell fällt ihnen im Kontakt mit den Menschen vor Ort auf, dass diese in verschiedenen Vierteln ganz verschieden mit ihnen umgehen, dass sich reiche und arme Gegenden hier deutlich unterscheiden. Ein Punkt, der nachdenklich macht, schließlich sind die beiden doch immer dieselben Personen.

Ein ständiges Thema, egal in welcher Ecke der Stadt, ist das der Gentrifizierung. Höchst komplex, das wird schnell klar. Zwangsläufig macht man sich beim Lesen seine eigenen Gedanken dazu, genau wie die beiden Autoren. Diese schreiben übrigens meist abwechselnd und je Wohnung gibt es ein eigenes Kapitel.

Als Leser konnte ich einen ungewöhnlichen Blick auf New York werfen, ich erfuhr Dinge, die in Reiseführern meist nicht stehen. Und ich schnupperte an einer reichlich fremden Welt, in der es scheinbar normal ist, mehr für den Wohnraum auszugeben, als hierzulande in vielen Fällen zwei vollzeitarbeitende Personen zusammen verdienen. Auch der in Chinatown gelegene und als äußerst preisgünstig beschriebene Kindergarten verschlingt bereits ein hiesiges Monatsgehalt. Was müssen die verdienen? Und wie lebt man (zumal mit einem Kleinkind) ohne Waschmaschine? Gekocht wird auch nie, sämtliche Mahlzeiten auswärts gekauft oder eingenommen. Das alles wirkt geradezu exotisch.

Der Stil ist leicht und angenehm zu lesen, die Lektüre unterhaltsam, informativ und voller Stoff zum Nachdenken. Zu jedem Kapitel gehören Fotos und Übersichtskarten der Stadt zeigen an, wo genau sich die einzelnen Wohnungen befinden.

Fazit: Ein ungewöhnliches Projekt, das interessante Eindrücke liefert, die man als Tourist kaum erlangen kann.

Bewertung vom 28.04.2019
Das Geheimnis des Dr. Alzheimer
Precht, Jørn

Das Geheimnis des Dr. Alzheimer


gut

Frankfurt am Main, zur Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert. Der junge Karl Walz hatte keinen leichten Start. Immer wieder hatte ihn der alkoholabhängige Vater verprügelt und seine zuvor liebevolle Mutter verfiel nach dem Tod ihres Mannes auf sich allein gestellt dem Wahnsinn. Ihr trauriges Ende in der „Irrenanstalt“ machte Karl zum Waisen. Und als wäre das noch nicht genug, entwickelt seine Ziehmutter Auguste mit gerade 50 Jahren eine unheimliche Krankheit, die ihr Gedächtnis und ganzes Wesen mehr und mehr zerstört.
Karl, mittlerweile Krankenpfleger, erhält die Chance, als Assistent von Dr. Alois Alzheimer diese Krankheit zu erforschen. Ob Auguste noch geholfen werden kann?

Dieses Buch lässt mich mit einem leichten Gefühl der Enttäuschung zurück. Die Geschichte um die erste bekannte Alzheimer-Patientin reizte mich sehr, ohnehin finde ich die Entwicklung der Medizin enorm spannend. Aber speziell dieser Schritt, Menschen nicht mehr einfach als „irre“ zu bezeichnen und wegzusperren, war ein ganz großer und sicher in der Umsetzung alles andere als leicht. Schon allein die Ansichten der verschiedenen Mediziner waren höchst kontrovers, und die in der Bevölkerung natürlich erst recht.
Diese Grundstimmung wird gut vermittelt und ich freute mich über jeden Abschnitt, in dem es um Augustes Erkrankung und die Forschungsarbeiten von Dr. Alzheimer ging.

Es gab allerdings noch einen zweiten großen Handlungsstrang im Buch, der sich mit dem Schicksal des Karl Walz befasst. Da gab es genug Potential für reichlich Dramatik, die Umsetzung fand ich allerdings eher seicht und theatralisch. Sämtliche möglichen Klischees wurden bedient, dadurch wurde der Verlauf höchst vorhersehbar. Hier war für mein Empfinden gar nichts spannend, zudem ärgerten mich häufige Wortwiederholungen, den Schreibstil empfand ich als sehr einfach.

Auch das titelgebende Geheimnis des Dr. Alzheimer konnte mich nicht fesseln. Es wirkte auf mich, als ob man hier mit Gewalt einen Spannungsbogen errichten wollte, wo eigentlich keiner war. Was ich im Nachwort zudem vermisste, war eine Aufschlüsselung, welche der Charaktere und Ereignisse fiktiv sind und welche auf Tatsachen beruhen. Auguste war tatsächlich die erste Alzheimer-Patientin, ein Teil der Handlung ist also zumindest an die historischen Fakten angelehnt. Da hätte es mich sehr interessiert zu erfahren, was womöglich noch real war.

Ich vergebe 2,5 Sterne, die ich auf 3 aufrunde, weil zumindest der Handlungsstrang rund um die Arbeit Alzheimers gelungen war. Ich werde mir die Biographie zulegen, die der Autor im Nachwort empfiehlt.

Fazit: Der medizinische Teil war sehr interessant, darüber hinaus war dies leider nicht mein Buch.

Bewertung vom 21.04.2019
Flirten mit den Sternen
Gruber, Werner

Flirten mit den Sternen


gut

»Dieses Buch richtet sich nicht an die Profis und Hobbyastronomen mit Teleskop – ihr wisst mehr, als hier drinnen steht. Es richtet sich an all jene, die über unser Universum wenig wissen, vielleicht schon von diesem oder jenem gehört haben und auf alle Fälle mehr wissen wollen.«

Dieses Buch hat den Anspruch, interessierten Anfängern die Grundzüge der Astronomie zu vermitteln. Mit ein paar Einschränkungen gelingt das auch.
Der Inhalt wird übersichtlich und gut strukturiert dargestellt. Einem informativen Inhaltsverzeichnis und den einleitenden Worten folgt die Vermittlung einiger Grundinformationen. Was kann man alles am Himmel sehen? Sterne, Planeten, Kometen, Sternschnuppen und vieles mehr zur Orientierung am Nachthimmel werden beschrieben. Die Frage nach dem Sinn der Astronomie schließt sich an sowie ein sehr unterhaltsamer Teil zur Frage nach außerirdischem Leben.
Der Stil ist leicht verständlich, auf Formeln wird weitestgehend verzichtet und tatsächlich sollte man den Erklärungen ohne große Vorkenntnisse folgen können. Ein weiteres Plus ist der Unterhaltungswert der Beschreibungen, an einigen Stellen wird der Autor richtig witzig und die Schilderung einiger von ihm geführter Telefonate erschien mir wie pure Comedy. Ich habe jetzt auch zumindest eine grobe Ahnung, was ich tun kann, wenn Außerirdische mal in meinem Garten landen sollten ;-)

Leider fanden sich auch einige Punkte, die nicht so schön waren. Da finden sich inhaltliche Fehler, die möglicherweise durch Schreibfehler zustande gekommen sind, auch gleich ins Auge springen, einen interessierten Neuling im Thema aber verwirren können. Beispiel: »Sterne bestehen größtenteils aus Wasserstoff. Als das Universum geschaffen wurde, gab es sehr viel Wasserstoff (75 Prozent Helium, etwas Lithium und ganz wenig Beryllium).« Größtenteils und sehr viel Wasserstoff und dann 75 Prozent Helium? So etwas sollte im Lektorat auffallen. Genau so wie ein falsch eingefügter Absatz an anderer Stelle (S. 152)
Zudem hätten ein paar Bilder/Abbildungen mehr an einigen Stellen die Verständlichkeit noch mehr unterstützen können.

Fazit: Interessantes Thema, informativ und unterhaltsam dargebracht. Leider mit ein paar Schwächen im Lektorat.

Bewertung vom 19.04.2019
Illuminati / Robert Langdon Bd.1
Brown, Dan

Illuminati / Robert Langdon Bd.1


sehr gut

»Langdon riss sich zusammen. Er versuchte nachzudenken, doch die Situation war einfach zu bizarr und entzog sich jeder Logik. Zwölf Stunden zuvor hatte er noch in seinem Bett in Cambridge gelegen und tief und fest geschlafen. Jetzt war er in Europa und in eine surreale Schlacht antiker Titanen verwickelt, trug eine Halbautomatik im Jackett und hielt Händchen mit einer Frau, die er gerade erst kennengelernt hatte.«

Robert Langdon, Kunsthistoriker, Professor in Harvard und führender Experte für Symbologie, findet sich völlig überraschend in einem Alptraum wieder, den er sich zuvor auch mit größter Vorstellungskraft kaum hätte ausmalen können.
Der Alptraum beginnt im CERN-Forschungszentrum in der Schweiz. Ein Wissenschaftler wird ermordet aufgefunden, hinterlassene Zeichen an der Leiche weisen auf eine alte Geheimgesellschaft hin, die legendären Illuminati. Eine Gemeinschaft, die eigentlich schon seit sehr langer Zeit nicht mehr existiert. Und als wäre der Mord nicht schlimm genug, wurde aus dem Labor des Ermordeten das Ergebnis seiner Forschungen gestohlen: Antimaterie.

Robert, der aufgrund der Symbole zum Tatort gerufen wurde, erkennt die höchst gefährliche Situation, die sich anbahnt und folgt den Spuren des Täters nach Rom. Was nun folgt ist ein atemberaubender Wettlauf gegen die Zeit, bei dem kaum vorstellbar erscheint, wie er gewonnen werden könnte. An Roberts Seite steht Vittoria, die Tochter des Ermordeten und ebenfalls eine hochrangige Wissenschaftlerin, die mit ihrem Vater gemeinsam forschte und arbeitete.

Die Frage, die ihnen gleich zu Beginn Kopfzerbrechen bereitet, ist die nach den besagten Illuminati. Gibt es sie tatsächlich noch oder wieder? Vieles deutet darauf hin. Was der Täter vorhat, wird allerdings sehr schnell klar – und es ist von seinem Ausmaß her schlicht unvorstellbar. Rom steuert auf eine Katastrophe zu und der Weg dorthin ist mit grausam verübten Morden gepflastert. Robert muss all seine Fähigkeiten ausspielen, um geheimnisvolle Zeichen zu entschlüsseln und alte Rätsel zu knacken.

Nachdem ich Robert Langdon in „Sakrileg“ kennengelernt hatte, war ich neugierig auf die weiteren Bände der Reihe. „Illuminati“ hat mich nicht enttäuscht, ich fühlte mich durchgehend gut unterhalten. Ich mag Rätsel und Symbole und finde es höchst spannend, aus ihnen irgendwelche Lösungsansätze herauszulesen. Auch die wissenschaftlichen Anteile im Buch mochte ich sehr, der im CERN spielende Anfang ist recht umfangreich.
Ein großes Plus ist zudem das toll beschriebene Szenario. So viel Kunst, Gebäude, Kirchen… ich kannte viele der Schauplätze und sah die Szenen deutlich vor mir. Bei meinem nächsten Besuch in Rom werde ich mir ein paar der beschriebenen Dinge mit dem Buch im Hinterkopf noch mal ganz genau ansehen ;-)

Was mir nicht so zusagte, war die Anlage der Figur des Killers. Eine Erklärung dafür ist, ohne zu spoilern, schwer. Ich sag mal so: Die Darstellung des Killers in der Verfilmung weicht von der Buchvorlage ab, erscheint mir aber auch realistischer. Wobei das natürlich mein ganz subjektives Empfinden ist.

Fazit: Spannung, Rätsel, tolles Szenario – ich fühlte mich richtig gut unterhalten.

Bewertung vom 14.04.2019
Weil Bücher unsere Welt verändern
Klein, Christian;Arnauld, Andreas von

Weil Bücher unsere Welt verändern


sehr gut

»Will man also verstehen, wie eine Gesellschaft entstanden ist, wodurch sie geformt wurde und was sie ausmacht, kommt man an Büchern nicht vorbei.«

Als ich dieses Buch entdeckte, sprach mich der Titel sofort an. Als leidenschaftliche Leserin bin ich natürlich davon überzeugt, dass Bücher eine enorme Bedeutung haben und immer schon hatten. Und nach kurzem Nachdenken hatte ich gleich einige Werke parat, die ich als weltverändernd bezeichnen würde. Ich war sehr neugierig, welche Bücher mir hier begegnen würden!

Tatsächlich staunte ich schon bald über die enorme Vielfalt. Konkret werden 99 Bücher vorgestellt, chronologisch geordnet, sich über einen Zeitraum von fast 3.000 Jahren erstreckend. Die Texte kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, umfassen Literatur, viele wissenschaftliche Texte, Reden, Lexika, Gesetzestexte und anderes mehr.
Bei der Auswahl der Texte hatten die Autoren nach eigener Aussage darauf geachtet, dass die Werke eine Bedeutung für Deutschland haben mussten.
»Sie alle haben Einfluss auf gesellschaftliche Veränderungen und auf die Herausbildung zentraler Vorstellungen genommen oder den Zeitgeist in besonders wirkmächtiger Weise eingefangen.« Allerdings ist so eine Auswahl natürlich immer subjektiv, vermutlich wird die Menge der Bücher, bei der Einigkeit ob ihrer Bedeutung herrschen würde, begrenzt sein. Ich stieß auf so manches, mit dem ich gerechnet hatte, anderes war eine völlige Überraschung. Und während mir eine Reihe von Werken bekannt oder sogar gut bekannt waren, hörte ich von anderen zum ersten Mal. Umso interessanter, welche Bedeutung von ihnen ausging!

Den Beginn machte Homer’s „Ilias“, geschrieben um 700 v. Chr. und der letzte Eintrag gehört, recht aktuell, zu „Ich bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling. Jedes Werk wird detailliert vorgestellt, mit einer Inhaltsangabe und einer Einordnung in den zeitlichen Kontext. Dabei wird dann herausgearbeitet, worin die spezielle Bedeutung des Buchs lag und es wird eine Brücke zur Gegenwart geschlagen um zu überprüfen, ob diese auch heute noch so oder anders existiert. Da gab es dann einige sehr alte Bücher, die mich wirklich überraschten!
Aber ohnehin bin ich auf so einiges gestoßen, was mich überraschte. Dürer war für mich immer „nur“ ein Künstler. Dass er auch ein Lehrbuch der angewandten Geometrie geschrieben hat, wusste ich nicht. Ich staunte über den ersten „Atlas“ und über die Pioniertätigkeit von Maria Sibylla Merian. Ein paar Werke aus der damaligen DDR waren mir ebenfalls unbekannt und ich bin froh, diese Bildungslücke geschlossen zu haben.
Bei den vielen verschiedenen Themen gibt es natürlich Bereiche, die den einzelnen nicht so sehr interessieren. Bei mir waren das konkret die philosophischen Werke. Andere Themen waren dafür umso fesselnder.

Der Stil war durchgehend sehr sachlich und nüchtern, bei einem reinen Sachbuch ist das aber für mich ok, zumal ich alles als gut verständlich geschrieben empfand.
Im Anhang findet sich eine sehr hilfreiche Auflistung aller Werke mit fürs Nachlesen empfohlenen Ausgaben. Leider fehlt ein Inhaltsverzeichnis gleich zu Beginn, das wäre für die Übersichtlichkeit und ein leichteres Auffinden gut gewesen.

Fazit: Eine beeindruckende Vorstellung bedeutender Werke. Obwohl mich bei der großen Themenvielfalt nicht jedes fesseln konnte, war dieses Buch für mich sehr lesenswert.

»Dabei spielt die Literatur eine ganz herausragende Rolle, wenn es um Neuerungen im Denken, um kulturellen und gesellschaftlichen Wandel geht. Es waren eben häufig Bücher, die Veränderungen einleiteten oder ganz wesentlich verstärkten, indem sie revolutionäre Ideen und Gedanken propagierten, indem sie neue Weltsichten und Erkenntnisse verbreiteten, kulturelle Muster und Verhaltensregeln etablierten oder eine Stimmung, die in der Luft lag, so verdichteten, prägende Situationen und Zustände so pointiert auf den Punkt brachten, dass es die Leser ins Herz traf.«