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schreibtrieb

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Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 12.01.2017
Geheimzutat Liebe / Taste of Love Bd.1
Anderson, Poppy J.

Geheimzutat Liebe / Taste of Love Bd.1


sehr gut

Andrew ist Starkoch und hat gerade sein eigenes Restaurant in Boston eröffnet. Die Leute rennen ihm die Türe ein und es könnte nicht besser laufen. Doch Andrew fühlt sich ausgebrannt, der Druck belastet ihn, die Ideen gehen ihm aus. Er läuft davon und trifft auf Brooke, die eine kleine Pension in Maine führt. Schnell funkt es zwischen den Beiden, besonders, wenn Andrew beschließt, Brooke mit ihrem verfallenen Restaurant zu helfen. Der Haken: Brooke weiß nicht, dass Andrew Koch ist und dann kommen da noch ihre Gefühle ins Spiel.
Das Buch ist der erste Band einer neuen Liebesromanreihe (Taste of love) der bekannten Autorin. Und ich muss gestehen, dass ich schnell gemerkt habe, dass Poppy J Anderson nicht umsonst so oft gekauft wird. Ihre Charaktere sind rund, die Geschichte keinesfalls oberflächlich und es wird auch keine Haudrauf-Methode verwendet. Die Figuren entwickeln sich gemächlich und einfach stimmig. Auch ihre Gefühle sind nicht von einem Moment auf den anderen da, sondern entwickeln sich. Und das finde ich wirklich sehr gut!
Der Stil ist darum auch nicht kitschig, sondern schafft viel Atmosphäre und zeigt das große Ganze. Für Drew und Brooke sind ihre Gefühle nicht alles, es geht um mehr. Um Familie und Vertrauen, um Träume und auch um das Geschäft. Diese Vielschichtigkeit mochte ich beim Lesen sehr. Flüssig und fesselnd ist der Text, macht Spaß und belästigt nicht mit verromantisierten Klischees.
Und mein Wunsch nach Kulinaristik wurde erhört. Es gibt wirklich wunderbare Gerichte im Buch, die richtig Hunger machen. Kleine Tipps, die zwischen den Beiden Köchen hin und her geworfen werden und im Alltag anwendbar sind. Und eine Erotik des Genusses, denn sehr viel passiert hier über das Essen. Lebensfreude, aber auch Erregung. Das hat mir gut gefallen und ich hätte am liebsten alles nachgekocht!
Ausgerechnet der Ausgang des Buches hat mir dann etwas auf den Magen geschlagen. Und hier wird es nicht leicht, zu erklären warum, ohne viel zu verraten. Gerade im entscheidenden Moment wird es dann doch Klischeehaft und die Frische geht verloren. Aus meiner Sicht fallen zum Schluss die Figuren auch irgendwie aus dem Rahmen. Kurzzeitig, aber doch so, dass es mich gestört hat. Der sehr gute Stil und die Tiefe des Buches machen viel davon wett, aber leider nicht alles.

Bewertung vom 20.12.2016
Die störrische Braut
Tyler, Anne;Tyler, Anne

Die störrische Braut


ausgezeichnet

Die störrische Braut von Anne Tyler ist die Adaption der Widerspenstigen Zähmung von Shakespeare aus dem Hogarth Projekt, das im Deutschen Knaus veröffentlicht. Übersetzt hat das Buch Sabine Schwenk. Veröffentlicht wurde es mit 224 Seiten im Oktober 2016. Danke an den Verlag und das Bloggerportal für mein Exemplar.
Kate Battista hasst Kinder und arbeitet in einem Kindergarten. Sie isst am liebsten Trockenfleisch und liebt ihren Garten, muss sich aber um ihren Vater und die kleine Schwester kümmern, die die nervige Angewohnheit hat am Ende der Sätze die Stimme zu heben. So was findet Kate einfach dumm. Sie ist gefangen in ihrem Trott und hat sich damit abgefunden. Da möchte ihr Vater plötzlich, dass sie seinen Assistenten heiratet, damit der nicht nach Russland abgeschoben ist. Kate ist entsetzt. Ein Auge hat sie eher auf den netten Typ von der Arbeit geworfen, als auf den direkten Russen.
Anne Tyler hat die turbulente Vorlage kräftig gekürzt, um einem zentralen Thema Platz zu schaffen. Statt einer doppelten Liebesgeschichte, tritt die kleine Schwester in den Hintergrund und Kate bekommt endlich den Raum, den sie schon immer gebraucht hat. Plötzlich ist sie nicht nur die Widerspenstige, sondern ein ausgeklügeltes Psychogramm entfaltet sich. Darin ist Kate Lastesel, Zurückgewiesene, Haushaltshilfe, mutterlos und weit von allem entfernt, was sie selbst ausmacht. Absolut fremdgesteuert geht sie durchs Leben.
Das dieser Fremdsteuerung der Vater mit seinem absurden Wunsch die Krone aufsetzt, weckt Kate geradezu auf. Sie ist nicht bereit, sich in ihrem Leben noch eine Bürde aufzuladen. Doch dann beginnt sie zu denken und entdeckt Lücken. Lücken für sich. Sie beginnt, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen. Vom Alltagstrott wird Kate zur Selbstreflexion weggelotst und erfährt dabei noch einiges über ihre eigene Vergangenheit. Die Auseinandersetzung mit dem Gewesenen lassen auch die Zukunft für Kate in einem anderen Licht erstrahlen.
Sehr spannend fand ich beim Lesen, wie die im Grunde aufgeklärte und bodenständige Kate ihre Sicht auf Männer verändert. Dass der Roman gerade die Rechte und Aufgaben der Männer in ein neues Licht stellt, ist doch bemerkenswert. Gleichzeitig tut er das aber auch mit einem wesentlich verkitschterem Thema: Der Liebe. Kate heiratet nicht aus Liebe, sondern aus Vernunft. Doch durch diese Vernunft kann sie ihren Mann mit anderen Augen sehen und Seiten entdecken, die ihre romantisierte Schwester nicht erkennt. Sie erkennt die Sehnsucht nach einem Selbst, die auch Pjotr antreibt, den alle außer Kate „Pjoder“ nennen. Und sie erkennt sich selbst darin wieder. Ein grundlegendes Verstehen also, das die Basis bildet für alles, was zwischen dem letzten Kapitel und dem Epilog noch gekommen sein mag.
Der Widerspenstigen Zähmung mag ich sehr. Ich gestehe auch ohne Scham, dass die Adaption 10 Dinge, die ich an dir hasse zu meinen Lieblingsfilmen zählt. Auch Anne Tyler greift viele Merkmale auf, die geradezu klassisch für eine Adaption der Komödie sind. Der Vater ist Mediziner (hier aber verkopfter Wissenschaftler) und die kleine Schwester gar nicht so dumm, wie sie tut, sondern vor allem eine gute Schauspielerin. Doch sowohl Kates Widerspenstigkeit, als auch ihre Zähmung erscheinen hier in einem völlig neuen Licht, das mich immer noch beschäftigt. Ein unglaublich tiefgehender Roman, der Liebe entmythologisiert und Kate zu einer vollen Persönlichkeit macht. Großartig.

Bewertung vom 15.12.2016
Professor Astrokatz
Walliman, Dominic

Professor Astrokatz


sehr gut

Professor Astrokatz erklärt die Welt der Physik. Nach dem Universum ohne Grenzen ist das das zweite Abenteuer von Professor Astrokatz. Diesmal erklärt der Kater, wie die Welt funktioniert. Warum der Himmel blau ist und was sind eigentlich Naturgesetzte. Auch ein Periodensystem ist abgedruckt, in dem Ordnungszahl, etc. erklärt werden. Das ist auch für Große nicht immer gleich zu verstehen.
Mein Mann schaute das Buch an und meinte, es wäre viel zu kompliziert für Kinder. Unser Achtjähriger dagegen fand es "echt interessant". Gut, manche Erklärungen und physikalischen Begebenheiten sind ziemlich fachlich. Da springe auch ich in die Rolle der Schülerin und lerne noch etwas dazu. Aber das finde ich gar nicht verehrt. Ist es schlimm, wenn mein Kind mehr weiß, als ich? Und solange ich mir das Buch ausleihen kann, macht mir das absolut nichts aus. Ein Kinderbuch darf auch fachlich sein, wenn es dem Kind trotzdem Spaß macht. Dass wir mit "lernen" immer alles andere als "Spaß" in Verbindung bringen, ist doch eigentlich schade. Hier aber macht lernen Spaß!
Mit lustigen Dialogen und einfachen Fragen geht Professor Astrokatz samt Konsorten die Physik an. Schritt für Schritt, Thema für Thema arbeitet er sich voran. Die Zeichnungen dazu sind wirklich genial, weil sie immer wieder verdeutlichen und zusätzlich erklären. Dabei werden sie mitunter beispielhaft, zeigen aber durchaus auch schematische Zeichnungen. Diese Mischung finde ich ganz gut, weil sie durchaus ein bisschen fordernd ist und Anspruch erzeugt, aber nicht zu hochtrabend wirkt.

Bewertung vom 15.12.2016
Schneewittchen strickt ein Monster
Haeringen, Annemarie van

Schneewittchen strickt ein Monster


ausgezeichnet

Die Ziege Schneewittchen strickt sich Ziegenkinder. Als Frau Schaf sie ablenkt, wird aus dem achten Ziegenkind ein hungriger Wolf. Schneewittchen strickt und strickt, immer größer wird das Ergebnis. Wie kann sie die Gefahr nur aufhalten?
Schneewittchen mit den sieben Geißlein und noch so ein paar Elementen zu vermischen, finde ich wirklich toll. Auch meine Kinder kennen die grimmschen Märchen und verstehen diese Belege. Gleichzeitig zeigt die Geschichte von der Ziege Schneewittchen so viele ganz neue Elemente, dass sie keinesfalls eine Nacherzählung oder Adaption ist, sondern eher ein Spiel mit Neu und Alt. Es gibt eine böse Hexe und auch der Wolf hat wenig mit dem bösen Märchenwolf gemein.
Dafür taucht mit Frau Schaf eine Figur auf, die Chaos hineinbringt. Sie lenkt die Ziege ab, indem sie sie beleidigt. Doch auch Schneewittchen ist keinesfalls über alle Zweifel erhaben, sie lässt sich ablenken und wird unkonzentriert. Sowohl Ziege als auch Schaf lernen aus ihren Fehlern. Das finde ich sehr sympathisch. Statt nur weiß und schwarz gewinnt diese Geschichte Tiefe und Farbe hinzu - trotz einer Ziege, die weiß ist wie Schnee.
Meine Kinder lieben die immer größer werdenden Figuren, die Schneewittchen strickt. Der Text ist crescendohaft aufgebaut, gleiche Wortfolgen, wenn die Ziege strickt und jede Menge Spannung für so ein schmales Kinderbuch. Und da der Knopf alles mit Monstern liebt, wird es momentan oft vorgelesen. Ich mag die klare Sprache ohne Verniedlichungen und die detaillierten Zeichnungen, auf denen es jede Menge zu entdecken gibt. Für alle großen und kleinen Märchenfreunde ein großer Lesespaß!

Bewertung vom 02.12.2016
Ich liebe meinen Job! Dachte ich jedenfalls ...
Götze, Alexandra

Ich liebe meinen Job! Dachte ich jedenfalls ...


sehr gut

Bea geht morgens schon mit einem miesen Gefühl aus dem Haus. Sie meckert nur noch über ihren Job und sitzt die Stunden mehr ab, als dass sie dort wirklich etwas findet, das ihr Spaß macht. Damit soll nun Schluss sein. Bea beschließt, einen Tag lang ein Jobtagebuch zu führen. Vom nervigen Telefonat mit dem Vorgesetzten, der sie auffordert, um zu parken, über Besprechungen, den Kantinenklatsch und das Achtsamkeitstraining, erlebt Bea mehr, als ein Mensch an einem Tag verarbeiten kann und notiert alles artig in ihrem Tagebuch.
Wann Bea die Zeit zum Schreiben finden, weiß sie selbst wahrscheinlich nicht. Vor allem dann, wenn die Punkte im Minutentakt fallen, was die Dynamik der Handlung unterstützt, aber einfach nicht mehr glaubhaft ist. Legen wir also die Annahme, das Tagebuch könnte so tatsächlich geschrieben werden, beiseite. Tatsächlich meckert Bea den ganzen Tag und zeigt doch im Aufschreiben bereits reflexive Seiten. Diese auszuführen fehlt ihr die Zeit – wie könnte es auch anders sein. Trotzdem lernt sie bereits ein paar Kleinigkeiten, die sie in gelben Notizzetteln festhält. Zum Ende hin mehren sich da die Wortspielereien, was ich etwas nervig fand. Zum Merken ist so ein Satz wie „Nach wessen Ermessen lasse ich mich stressen?“ aber natürlich genial.
Auch der Leser kommt vor lauter Handlung selten zum Überlegen. Das ist aber ganz gut so. Denn Beas Gemeckere wirkt sonst schnell infantil und nervt. Das merkt sie selbst auch, als sie am nächsten Tag von zu Hause aus arbeitet und dabei das Tagebuch mehrmals durchliest. Sie erkennt: Sie ist so nicht glücklich in ihrem Beruf, aber auch, dass sie ihn nicht aufgeben will. Das zeigt sich bereits am Tag zuvor bei Kleinigkeiten. So gibt es zwar viele Kollegen, mit denen Bea nicht so gut kann, aber auch einige, die sie wirklich mag. Und sie gibt die Stellung „Ich habe recht und alle anderen nicht“ relativ schnell auf, bleibt offen für konstruktive Kritik.
Dabei zeigt sich, dass nicht nur Bea hadert. Probleme mit Vorgesetzten oder den Anschluss an die Untergebenen verlieren, mit sich selbst unzufrieden sein und das Angebot der Firma überdenken. Bea lernt bereits ehe sie ihr Tagebuch nimmt, dass sie nur teilhaben kann, wenn sie sich einbringt und nicht nur zuschaut und dass nicht alles so ist, wie es scheint. Trotzdem braucht sie die schriftliche Fixierung, da der Arbeitstag so rasant und sprunghaft ist, dass sie diese Punkte sonst nicht verinnerlichen könnte.
Nun bleibt die Frage zu klären, wie diese Geschichte von Bea als Sachbuch daher kommen kann. Sie ist schlicht als Beispiel zu verstehen, das die Anleitung für ein eigenes Jobtagebuch ist. Ein einziger Tag, so die Aussage des Buches, kann reichen, um sich selbst in einem neuen Licht zu sehen und für eine Veränderung – in die oder die Richtung – bereit zu sein. Dass die Handlung auch noch Unterhaltsam und sehr realitätsnah ist, hat mir gut gefallen. Kein klassisches: Sie müssen das so machen, sondern eher ein : schau mal, wie es hier geklappt hat.

Bewertung vom 02.12.2016
Nur die Liebe fehlt
Wiegers, Petra

Nur die Liebe fehlt


ausgezeichnet

Die Autorin erklärt gleich zu Beginn, dass es ihre Beispiele so gar nicht gab, sondern sie die Geschichten mehrerer Frauen zusammengetragen, zusammengelegt und angepasst hat. Das ist wichtig, um zu verstehen, dass keine realen Frauen hinter den Namen im Buch stehen, sondern stattdessen ganze Gruppen von Menschen. Die Depression einer frisch gebackenen Mutter ist kein Einzelfall, sondern lediglich ein Tabuthema.
Wiegers vier Fälle unterscheiden sich dann auch elementar. Da ist die Mutter, die bereits zwei Kinder hat und nun beim dritten depressiv wird. Sie verliert die Kontrolle. Erst über ihr geregeltes Leben und den Alltag, dann über sich selbst. Ganz anders und doch ähnlich ist es im zweiten Fall, bei dem eine junge, erfolgreiche Frau nach der Geburt des Wunschkindes keine Bindung aufbauen kann. Sie fühlt sich in der Mutterrolle total fehl am Platz und traut sich nicht, sich jemandem anzuvertrauen. Die Erfahrung der Mutterschaft ist für sie etwas völlig Neues und sie kann sich in dieser Rolle schlicht nicht zurecht finden. Die dritte Frau, die die Autorin vorstellt, fällt auch anders etwas aus dem Rahmen. Der Mann ist wesentlich älter, schnell wird klar, dass die Beziehung keinesfalls einen festen Stand hat. Für die junge Frau ist es die Aufgabe der Freiheit, die Verantwortung für ein anderes Wesen, das sie belastet. Sie glaubt, das nicht leisten zu können und versucht, dem endgültig zu entgehen. Die letzte Frau, die Wiegers vorstellt, erzählt eine ganz andere Geschichte. Nach einer künstlichen Befruchtung wird sie zum zweiten Mal schwanger – ein Wunschkind also. Als sie aber erfährt, dass sie diesmal gleich zwei Kinder bekommt, wächst ihr alles über den Kopf. Zwillinge will sie nicht. Die Lage eskaliert aber erst Monate nach der Geburt. Die Frau bekommt Panikattacken, zweifelt daran, drei Kinder großziehen zu können. Aber sie ist auch Ärztin, kennt die Symptome, sucht sich Hilfe.
Hilfe erfahren alle vier Frauen auf unterschiedliche Weise. Mutter-Kind-Einrichtungen etwa ermöglichen es der Frau, die beim dritten Kind depressiv wird, zu lernen, mit dem Kind umzugehen und mit ihm zusammen zu sein. Auch die vierte Frau wählt diese Variante. Ohne Kind geht die junge Mutter, die im dritten Beispiel gezeigt wird, mehrmals in die Klinik. Ihre große Rettung ist schließlich eine Haushaltshilfe. Sehr gut fand ich hier die Szene, in der es zur „Versöhnung“ zwischen Mutter und Kind kommt, weil ein Raum geschaffen wird, in dem die Mutter ohne Angst zu haben, ihrem Kind nicht gerecht zu werden, mit ihm zusammen sein kann.
Besonders gut gemacht ist auch, die Auswirkungen auf die restlichen Familienmitglieder zu zeigen. Natürlich geht eine Depression der Mutter einher mit einer Belastung des Vaters, der anderen Kinder, etc. Auch die Stigmatisierung, die nicht nur die Frau, sondern auch ihre Familie erfährt, ist hier sehr gut gezeigt. Die Entfremdung, die die Frau spürt ist dabei nur insofern etwas Besonders, als wir sie gesellschaftlich nicht anerkennen. Väter erleben diese halbseitige Beziehung zu den eigenen Kindern leider immer noch oft. Der Ansatz wird im Buch aber nicht angesprochen. Aber manche Väter, Verwandte oder Mitmenschen machen den Frauen auch Vorwürfe – es wäre immerhin ihre Aufgabe, eine gute Mutter zu sein.
Ich persönlich fand das Buch sehr lesenswert. Empfehlen kann ich das Buch eigentlich durchweg, um die Augen zu öffnen, dass eine „Mutter“ zu sein eben gar nicht so selbstverständlich ist. Dadurch, dass das Buch eher Geschichten erzählt, als psychologische Ausführungen zu liefern, ist es durchweg verständlich.

Bewertung vom 24.11.2016
Entfachte Glut / Der Fluch der Unsterblichen Bd.1 (eBook, ePUB)
White, Raywen

Entfachte Glut / Der Fluch der Unsterblichen Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Kane, dem Ziehsohn eines Dämonenfürsten, wird das Neugeborene einer Elfe praktisch vor der Nase entführt. Zur Strafe muss er schwören, das Kind zu finden. Ruhelos irrt er darum seit mehr als zwanzig Jahren durch die Welten als er auf Tanja trifft. Zum ersten Mal seit langem denkt er an etwas anderes, als das Kind, nämlich daran, sie so schnell wie möglich in sein Bett zu bekommen. Schnell stellt sich heraus, dass Tanja das Kind der Elfe ist, ein Mischling und damit dem Tode geweiht. Kane entführt sie, um sie seinem Vater auszuliefern. Doch eine innere Stimme sagt ihm, das Tanja nur zu ihm gehört. Aber Kane hat Angst, Angst vor seinem wahren Ich, während Tanja nicht mehr weiß, ob sie ihren Gefühlen noch trauen kann.
Spannung und psychologische Verstrickungen haben mich zu dem Buch gelockt. Das bekam ich auch. Sowohl Tanja als auch Kane haben ihre Vorgeschichte und sind dementsprechend vielschichtig aufgebaut, auch wenn sie sich in der Handlung permanent im Kreis drehen. Die Nebenfiguren sind dafür nur grob gezeichnet und wirken schnell flach. Das mag daran liegen, dass folgende Bände andere Charaktere aufgreifen sollen, lässt hier aber die Nebenhandlungen platt erscheinen.
Tatsächlich kristallisiert sich schnell heraus, dass Kanes Schwur zwar die Reise und seine Zerrissenheit begründet, die eigentliche Handlung sich aber auf erotischer Ebene zwischen Kane und Tanja abspielt. Im Grunde nichts anderes als 75% Vorspiel und 25% Akt(e). Dass dabei alle Klischees des erotischen Kitschs abgearbeitet werden, strapaziert meine Lesegeduld stark. Erotik in Liebegeschichten gehört für mich dazu, aber hier besteht die „Liebe“ allein in sexueller Anziehung, in schweren Hoden, harten Penissen und feuchten Vaginen. Grenzen bis zur Vergewaltigung werden ausgetestet, was aber nur verwirrt und die Handlung nur peripher vorantreibt.
Dass die Autorin dabei tatsächlich schreiben kann zeigt sich in den Stellen dazwischen, wenn es psychologisch, gefährlich, spannend und mitreißend wird. Trotz ihrer langanhaltenden Lernresistenz entwickeln sich die Protagonisten und wachsen über sich hinaus. Kleine Details beweisen sich als wichtige Hinweise und fast jeder Schritt ist durchdacht. Ein gelungener Aufbau, der so viel Kitsch gar nicht nötig gehabt hätte.
Entfachte Glut hat mich zwar sehr neugierig auf Vergessene Leidenschaft gemacht, war aber selbst ein Griff ins Klo des erotischen Kitschs. Ich kann kaum sagen, ob ich es wirklich als fantastische Liebesgeschichte bezeichnen würde, weil Liebe auf den über 600 Seiten kaum Raum erfährt. Der Stil aber und das, was von der Handlung tatsächlich übrigbleibt, wenn ich den Sex abziehe, hat mir gut gefallen und ich bin gespannt, ob der zweite Band hier ansetzen kann.

Bewertung vom 23.11.2016
Seelenlos, Fluch der Rauhnächte
Wilk, Janine

Seelenlos, Fluch der Rauhnächte


gut

Lucy ist auf einem Friedhof aufgewachsen. Als wäre das nicht schon Grund genug, etwas seltsam zu sein, sieht Lucy die Verstorbenen Seelen. Eine sitzt jede Nacht an ihrem Bett. Lucy ist sich sicher, dass ihre Mutter diesen Geist darum gebeten hat, auf sie Acht zu geben, denn Lucys Mutter ist eines Tages spurlos verschwunden. Als merkwürdige Vorfälle die Aufmerksamkeit auf den Friedhof ziehen und ein böser Geist hinter Lucy her ist, muss sie sich ihrer Gabe stellen. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin gilt es, die Welt zu retten.
Das Umfeld ist mit Friedhof und allerlei gruseligen Begebenheiten auf jeden Fall gut gewählt. Dass der Roman ausgerechnet damit beginnt, das Lucy statt Touristen zu erschrecken, eine gespielte Geistertour humoristisch ausklingen lässt, verrät dann schon viel über ihren Charakter. Das ganze Gruselzeug nervt sie ziemlich. Trotzdem steht sie felsenfest zu ihrem Vater, dem Friedhofswärter und ihrer besten Freundin, die vom Übernatürlichen nicht genug bekommt. Sie ist treu und einfach gestrickt. Leider fehlt ihr dadurch – wie dem ganzen Buch – der hauch Tiefe, den ich gerne gehabt hätte. Und wo die Protagonistin schon flach gehalten wird, können auch die Nebenfiguren nicht glänzen.
Seelenlos ist anders als andere fantastische Geschichten keine Adoleszenzgeschichte. Lucy wird nicht etwa erwachsen, vielmehr geht es um das Akzeptieren ihrer Gabe. Lucy hat bisher immer nur weggeschaut, die Geister zwar gesehen, aber keine Interaktion versucht. Nun aber wird sie zum Bindeglied, was auf mehreren Ebenen gut funktioniert. Dabei handelt sie intuitiv, aber stet richtig. Die Handlung gewinnt dadurch eine gewisse Geradlinigkeit, die gerade jüngere Leser erfreuen dürfte. Mir ging es etwas zu „einfach“.
Gestolpert bin ich dagegen über kleinere Ungereimtheiten. An einer Stelle meint Luc als Erzählerin beispielsweise, ihre Mutter hätte ihr von ihrer Gabe erzählt, an anderer aber steht, dass dafür nie Zeit war. Ein leicht paradoxes Gefüge, das die Ablehnung Lucys gegenüber ihrer Gabe verstärkt, mich aber gestört hat. Die Geschichte wird als eine Art Aufzeichnung von Lucy dargestellt, was eine einseitige Sicht ermöglicht, die von Zwischenkommentaren der besten Freundin durchbrochen wird. Eine interessante Art, verschiedene Erzähler einzuführen (Lucy bleibt aber Haupterzählerin und Protagonistin).
Die Handlung selbst entwickelt sich geradezu klassisch in Richtung Jugend-Horror. Spannung bringt vor allem ein Anfangskommentar Lucys und die Frage, wer dem bösen Geist tatsächlich hilft. Der Zielgruppe mag geschuldet sein, dass das Ende überzeichnet ist und überraschende Hilfe hereilt, die eine Illusion von Ankommen ermöglichen. Etwas viel Eierkuchenfreude aus meiner Perspektive.
Für junge Leser, ab 12, kann Seelenlos ein wunder geeignetes Buch sein, um sich mit Spaß zu gruseln, ohne dass es zu viel Horror gibt. Ich hätte mir tiefer Charaktere und eine weniger geradlinige Handlung gewünscht, um länger bei Laune gehalten zu werden.