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meggie3

Bewertungen

Insgesamt 118 Bewertungen
Bewertung vom 15.04.2023
Männer sterben bei uns nicht
Reich, Annika

Männer sterben bei uns nicht


gut

Hat mich leider enttäuscht

Ich wollte “Männer sterben bei uns nicht“ unbedingt lesen. Mich hat der Klappentext und auch das Cover interessiert.

Aus Sicht der Protagonistin Luise wird auf verschiedenen Zeitebenen erzählt, wie Luise und ihre weiblichen Verwandten miteinander zurechtkommen. Auf der einen Zeitebene wird die Beerdigung der Großmutter beschrieben, zu einem Zeitpunkt als Luise erwachsen und vom Familienanwesen weggezogen ist und nun das große Erbe antreten soll. In anderen Kapiteln wird ihr Aufwachsen in einer emotionsarmen, männerfreien Umgebung geschildert. Das Anwesen der Familie scheint eher abgeschieden zu sein und Männer kommen eigentlich nicht vor.

Ich konnte mit Luise als Protagonistin nur zum Teil etwas anfangen. Aus ihrer kindlichen Sicht konnte ich viel nachvollziehen und habe ihr Handeln und Fühlen besser verstehen können. In den Kapiteln der erwachsenen Luise ist sie mir aber eher fremd geblieben. Nur selten habe ich verstehen können, wieso sie, aber auch ihre Verwandten, denken und handeln wie sie es in dem Roman tun.

Mir hat der Sprachstil gut gefallen, der Autorin gelingt es mit schöner Sprache ausdrucksstark zu fesseln. Ich bin der Geschichte gerne gefolgt und doch bleiben bei mir in erster Linie Fragezeichen. Mir ist absolut nicht klar, was die Autorin aussagen möchte. Ich gehe davon aus, dass viele andere Leser*innen mehr mit dem Roman anfangen können als ich. Bei mir hat es leider nicht „Klick“ gemacht und ich blicke etwas ratlos auf die ca. 200 Seiten zurück. Einiges wurde nicht weiter ausgeführt, dass für mich unbedingt hätte geklärt werden müssen.

Vielleicht bin ich auch mit zu hohen Erwartungen in die Lektüre gegangen. Mich hat „Männer sterben bei uns nicht“ leider enttäuscht. Schreiben kann Annika Reich aber auf jeden Fall, vielleicht war der Roman auch einfach zum aktuellen Zeitpunkt nichts für mich.

Bewertung vom 11.04.2023
22 Bahnen
Wahl, Caroline

22 Bahnen


sehr gut

Große Geschwisterliebe

Tilda ist ein Mathegenie, steht kurz vor ihrer Masterarbeit im Bereich Wahrscheinlichkeiten, liebt das Schwimmen und ist vor allem die große Schwester von Ida. Ida ist ungefähr 9 – 10 Jahre alt, künstlerisch begabt und sehr schüchtern. Und dann ist da noch die Mutter der Beiden, die ihrer Mutterrolle aufgrund einer Alkoholkrankheit nicht gerecht wird. Tilda ist für Ida Mutterersatz und Ernährerin der kleinen Familie. Sie selbst bleibt aber etwas auf der Strecke ob der großen Verantwortung. In dem Roman geht es um die Entwicklung der beiden Schwestern, die mit der Situation umgehen und sie verändern müssen, damit beide nicht zu kurz kommen.

Mir hat die erste Hälfte des Romans ungemein gut gefallen, ich habe sie regelrecht verschlungen. Die Art und Weise zu schreiben, passt gut zum Inhalt und der jungen Protagonistin. Auffällig sind die nicht ausgeschriebenen Zahlen, die für mich aber wie ein passendes Stilmittel wirken und Tildas Liebe zu Zahlen und Mathematik widerspiegeln. Fast drehbuchartig begleitet man als Leser*in Tilda und Ida. Beide Schwestern sind mir sehr sympathisch und ich habe mit ihnen mitgefiebert. Der Roman hat mich fast wie ein spannender Krimi gefesselt.
Die große Verbundenheit der beiden Schwestern wird sehr deutlich und ist schön als Leser*in mitzuerleben. Dagegen ist die Hilflosigkeit der Beiden in Bezug auf ihre Mutter schwer auszuhalten. Bewundernswert ist jedoch, wie die beiden ihren Alltag meistern.

Im Vergleich zur ersten Hälfe des Romans ist die zweite meiner Meinung nach etwas abgefallen. Sie konnte mich nicht mehr so stark in den Bann ziehen wie die ersten 120 Seiten. Vielleicht hätte sich die Autorin ein paar mehr Seiten für das Ende des Romans gönnen können.

Insgesamt ist „22 Bahnen“ für mich ein schöner, berührender Roman über die Verbundenheit zweier Schwestern, die dem Leben und der Ungerechtigkeit trotzen.

Bewertung vom 26.03.2023
Leonard und Paul
Hession, Rónán

Leonard und Paul


ausgezeichnet

Echte Zuneigung und was wirklich wichtig ist

Leonard und Paul – der Titel hält, was er verspricht. In dem Roman von Rónán Hession geht es um die beiden Protagonisten Leonard und Paul, die einfach und unaufgeregt ihr Leben leben. Leonard ist Ghostwriter für Kinderlexika, schreibt also die Texte, ohne dass sein Name auf dem Buchcover auftaucht. Bis zum Tod seiner Mutter hat er mit ihr zusammengewohnt und lebt nun in dem Haus allein. Sein Freund Paul ist Aushilfsbriefträger und lebt bei seinen Eltern, während seine ältere Schwester mitten in ihren stressigen Hochzeitsvorbereitungen steckt.

In dem Roman geht es ums Kindbleiben und gleichzeitig Erwachsenwerden, bei auf dem Papier bereits längst erwachsenen Personen. Aber auch um die vielleicht falsch verstandene Verantwortung von Erwachsenen, die sich Erwachsene meinen, aufbürden zu müssen. Der Roman ist philosophisch und regt zum Nachdenken an. Etwa über die Frage, was erwachsen ist und wie erwachsen ein Erwachsener sein MUSS.

Rónán Hession schreibt ruhig und sehr berührend. Er nimmt seine Charaktere ernst und gibt ihnen Raum, sodass es in dem Roman einfach nur um einzigartige Menschen geht, die in ihrem auf den ersten Blick gewöhnlichen Leben kleine Heldentaten vollbringen und anderen Menschen zum Glück verhelfen. Die beiden Protagonisten zeigen im Laufe des Romans, was wahre Zuneigung und Liebe wirklich sein kann und dass es dafür nicht die steile Karriere und stereotype Lebensentwürfe braucht.

Mir hat es Spaß gebracht, mich in Paul und Leonards Welt einzudenken und ihren Gedanken und Ideen zu folgen. Ihre Unsicherheit, aber auch ihre Überzeugung, das Richtige zu tun, haben mich sehr berührt. Ich mochte die beiden Protagonisten sehr gerne und konnte mich an vielen Stellen gut in sie hineinversetzen. Auch andere Charaktere wie Pauls Schwester und Eltern sind wunderbar gezeichnet.

Ein toller erster Roman von Rónán Hession und des Verlags Woywod & Meurer.

Bewertung vom 31.10.2022
SCHNEE
Sigurdardóttir, Yrsa

SCHNEE


ausgezeichnet

Unheimlich

Ich bin ein großer Fan von Yrsa Sigurðardóttir und konnte mir deswegen auch auf keinen Fall „Schnee“ entgehen lassen.

Der Thriller besteht aus drei sich abwechselnden Perspektiven, die mit der Zeit ein Gesamtbild ergeben. Es geht um eine Gruppe Wandernde, die sich trotz der Jahreszeit und des Wetters in die isländische Hochebene begeben. Vier der fünf Wandernden tun dies ohne Erfahrung und aus purer Abenteuerlust. Wie fast schon zu erwarten, geht etwas schief und die Personen werden vermisst. Die zweite Erzählperspektive ist die eines Paares, das mit der Suche nach den Vermissten betraut ist. Er arbeitet als Polizist und sie als Helferin bei der Suche. Die dritte Perspektive ist die des Mitarbeiters der Radarstation. Er erfährt durch Zufall von einem Familiengeheimnis…

Zunächst wirken die Stränge zum Teil noch relativ wenig zusammenhängend. Die Protagonist*innen werden so beschrieben, dass ich mir die Personen sehr gut vorstellen konnte. Die Spannung ist von Beginn an gegeben und ich habe gerne weitergelesen. Auch weil es der Autorin gelingt, die Düsternis und raue Landschaft als Kulisse ihres Thrillers lebendig werden zu lassen. „Schnee“ ist zum Teil sehr spooky und geheimnisvoll. Die Auflösung hat mich dann am Schluss doch noch überrascht und mich über die Handlung erneut nachdenken lassen.

Mir persönlich gefällt die Reihe um Hulda und Freyja noch ein bisschen besser als „Schnee“, trotzdem würde ich „Schnee“ weiterempfehlen.

Bewertung vom 30.10.2022
Die Vergessene
Slaughter, Karin

Die Vergessene


ausgezeichnet

Sympathische Protagonistin

Andrea ist frischgebackener Marshal und bekommt direkt den Auftrag, eine Richterin und deren Familie zu schützen, nachdem diese ernst zu nehmende Drohungen erhalten hat. Doch es gibt einen zweiten Grund für Andreas Anwesenheit in Longbill Beach. Vor vierzig Jahren wurde dort die schwangere Tochter der Richterin ermordet. Ein möglicher Verdächtiger damals wie heute ist Andreas Vater…

„Die Vergessene“ ist der zweite Band um Andrea Oliver und knüpft an „Ein Teil von ihr“ an. Mir hat der erste Band ganz gut gefallen, der zweite Teil hat mir aber deutlich mehr zugesagt. Ich fand den Thriller von Beginn an spannend, sowohl die Kapitel, die vor vierzig Jahren spielen, als auch die aktuellen Kapitel aus der Sicht von Andrea. Für mich war Andrea zwar persönlich betroffen, aber nicht zu sehr involviert, als dass es unrealistisch gewirkt hätte.

Die Figuren, in erster Linie Andrea Oliver, entwickeln sich im Laufe des Buches realistisch weiter. Die Auflösung hat mich dann zum Schluss tatsächlich nochmal überrascht, ein großer Pluspunkt eines Thrillers.

Ich würde empfehlen, zuerst „Ein Teil von ihr“ zu lesen, bevor „Die Vergessene“ begonnen wird. Es ist sicherlich auch möglich die beiden Thriller unabhängig von einander zu lesen, ich glaube aber, dass der Einstieg in „Die Vergessene“ deutlich leichter fällt, wenn der Vorgängerband zuvor gelesen wurde. „Die Vergessene“ ist ein solider Thriller mit einer sympathischen Protagonistin und einem gelungenen Spannungsaufbau.

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Bewertung vom 02.09.2022
Die Wunder
Medel, Elena

Die Wunder


gut

Anspruchsvoller Roman, der mich leider nicht überzeugen konnte

Mich hat der Roman “Die Wunder“ leider etwas enttäuscht. Ich bin allerdings auch mit relativ hohen Erwartungen in das Buch gegangen.

Die Kapitel mit Maria und Alicia als Protagonistinnen wechseln sich ab, genauso wie die Zeitschienen. Maria wächst in einem kleinen Ort in Spanien in den Sechzigerjahren auf und muss nach einer frühen unbeabsichtigten Schwangerschaft nach Madrid, um Geld zu verdienen. Maria arbeitet in verschiedenen Berufen, während ihre Tochter in ihrem Heimatort bei Marias Mutter und ihren Geschwistern aufwächst. Maria bekommt wenig von ihrer Tochter mit und fühlt bei Besuchen keine besondere Bindung zu ihrer Tochter. Durch ihren Freund kommt sie in Madrid mit einer Bürgerinitiative in ihrem Viertel in Berührung und beginnt sich mit unterschiedlichen lokalen, philosophischen und feministischen Themen auseinanderzusetzen.

Die andere Protagonistin ist Alicia, die ebenfalls in Madrid lebt. Das tut sie mit ihrem Ehemann, ohne Kinder und als Verkäuferin in einem Bahnhofskiosk. Sie beobachtet gerne, interessiert sich aber insgesamt eher wenig für Hobbies und ist eine Einzelgängerin. In dem Roman wird ihr Leben beschrieben und wie und weshalb sie dort ist, wo sie jetzt ist.

Ich habe mich vor allem mit den Kapiteln zu Marias Geschichte schwergetan, die mich selten richtig gefesselt haben. Die Kapitel mit Alicia, vor allem die zu ihrer Kindheit, habe ich dagegen deutlich lieber gelesen. Insgesamt hatte ich mir aber mehr erhofft, fand es oft etwas zäh und schwierig, den Faden nicht zu verlieren. Die Sprache hat mir gut gefallen, trotzdem hat mich die Story nicht ganz überzeugt, vor allem vom Finale hatte ich mehr erwartet. Wobei es im Nachhinein wahrscheinlich sogar gut zu den leisen Tönen des Romans passt.

Ich würde den Roman bedingt empfehlen, da ich mir auch vorstellen kann, dass der Roman einfach für mich aktuell nicht ganz passend war. Wer sich aber auf leise Töne einstellt, dem kann „Die Wunder“ sicherlich gefallen.

Bewertung vom 23.08.2022
Das Haus der stummen Toten
Sten, Camilla

Das Haus der stummen Toten


sehr gut

Nicht überragend, aber durchaus lesenswert

Eleanor findet ihre Großmutter, bei der sie aufgewachsen ist, sterbend in ihrer Wohnung vor. Die Person, die den Mord begangen hat, trifft sie vor der Tür. Eleanor kann den Täter jedoch nicht beschreiben. Sie leidet unter Gesichtsblindheit, kann die Person also weder beschreiben noch wiedererkennen. Nach dem Tod ihrer Oma erfährt sie von dem Anwesen „Solhöga“, das ihrer Großmutter gehörte. Mit einem Notar, ihrer Tante und ihrem Freund fährt Eleanor nach Solhöga, um den Nachlass zu sichten. Doch schon bald stellen sie fest, dass etwas Komisches vor sich geht…

Ich habe zugegebenermaßen eine ganze Weile gebraucht, um in den Thriller richtig „reinzukommen“. Zu Beginn hat sich für mich wenig Spannung entwickelt, zu wenig für einen Thriller. Ab ca. der Hälfte hat sich die Spannung dann merklich erhöht und der Thriller hat mehr Fahrt aufgenommen. Auch für die handelnden Personen habe ich mit der Zeit ein besseres Verständnis entwickelt, zum Beispiel für Eleanors ambivalente Gefühle gegenüber ihrer Oma. Das Ende des Thrillers war für mich nicht unbedingt vorauszusehen, aber es hat mich auch nicht umgehauen. Ich hatte ehrlich gesagt etwas mehr erwartet.

Insgesamt lässt sich der Thriller gut lesen und hat bei mir nach anfänglichen Schwierigkeiten Spannung und Sog entwickelt. Trotzdem habe ich schon Thriller gelesen, die mich deutlich mehr gefesselt und inhaltlich beschäftigt haben. Deswegen würde ich vier Sterne vergeben und das Buch als Thriller für zwischendurch empfehlen.

Bewertung vom 23.08.2022
Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2
Abel, Susanne

Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2


ausgezeichnet

Meine hohen Erwartungen wurden erfüllt

Tom Monderath erholt sich nach einem Schwächeanfall vor laufender Kamera einige Monate. Privat ist er endlich glücklich, mit seiner Freundin Jenny und dem Baby Karl. Durch einen Zufall erfährt Tom, dass er einen niederländischen Halbbruder namens Henk hat, der es gar nicht erwarten kann, ihn kennenzulernen. Sie verstehen sich auf Anhieb gut. Als sie dann jedoch feststellen, dass sie anscheinend noch mehr Halbgeschwister haben, ist Henk begeistert, während Tom die Situation überfordert und davon am liebsten nichts mehr wissen will…

Während im ersten Roman um Tom Monderath vor allem die Geschichte seiner Mutter Greta im Mittelpunkt stand, geht es im zweiten Teil hauptsächlich um Toms Vater Konrad. Schön fand ich, als Toms Eltern aufeinandergetroffen sind und entsprechend mit dem ersten Roman ein Gesamtbild entstanden ist, das aus zwei Perspektiven erzählt wurde. Mir hat der zweite Roman um Tom Monderath und seine an Demenz erkrankte Mutter Greta sehr gut gefallen. Mich hatte schon der erste Roman überzeugt, dementsprechend waren meine Erwartungen hoch. Sie wurden aber nicht enttäuscht. Der Roman lässt sich wieder toll lesen, der Schreibstil ist flüssig und der Geschichte angemessen. Die Story kommt ohne Kitsch aus und ist nebenbei lehrreich. Die Spannung war für mich ab der ersten Seite vorhanden und hat nicht nachgelassen. Die Protagonist*innen sind gut ausgearbeitet, Personen wie Tom, Jenny, Greta und Helga wurden weiterentwickelt, während Henk als neuer Protagonist aufgetaucht ist und super zu den anderen Charakteren passt.

Ich würde den Roman weiterempfehlen, jedoch raten, zuerst den ersten Roman zu lesen. Dann fügt sich das Gesamtbild vielleicht etwas besser zusammen.

Ich hoffe, dass es eine erneute Fortsetzung der Romane gibt, auch wenn nicht direkt auf der Hand liegt, wie diese aussehen und wie sie anknüpfen könnte. Mir haben beide Teile aber so gut gefallen, dass ich gerne noch mehr über Toms Familiengeschichte erfahren möchte.

Bewertung vom 03.07.2022
Das Leben eines Anderen
Hirano, Keiichir_

Das Leben eines Anderen


ausgezeichnet

Interessantes Thema gut in Romanform umgesetzt

Akiro Kida ist Anwalt und wird von einer ehemaligen Klientin kontaktiert, deren Ehemann gestorben ist. Es stellt sich jedoch heraus, dass ihr Ehemann Daisuke gar nicht wirklich Daisuke heißt, sondern Name, Familienregister und Geschichte des als Daisuke geborenen Daisuke übernommen hat. Auf der einen Seite wird deutlich, wie verunsichernd die Situation für die Ehefrau ist, die um ihren Mann trauert und sich gleichzeitig fragt, wer ihr Ehemann überhaupt war und wieso er sich für einen Anderen ausgegeben hat. Akiro auf der anderen Seite beginnt mit der Recherche und versucht herauszufinden, was hinter der falschen Identität steckt und wo der „echte“ Daisuke ist bzw. ob dieser noch lebt. Während der Recherche kommt Akiro nicht darum herum, auch sich selbst und sein Leben zu hinterfragen.

Der Roman ist an vielen Stellen sehr philosophisch und beschäftigt sich mit der Frage, weshalb Menschen nicht mehr länger unter ihrer eigenen Identität leben möchten. Was sie dazu bringt, die eigene Geschichte, Familie, Heimat und ihren Namen zu tauschen. Es geht auch darum, wie ein solcher Identitätstausch möglich ist. Gekoppelt sind diese Fragen auch an die persönliche Entwicklung des Protagonisten Akiro, der sich und sein Leben selbst häufig hinterfragt.

Ich habe den Roman sehr gerne gelesen, auch der Schreibstil lässt sich gut und leicht lesen. Die Thematik habe ich als sehr interessant und in dem Roman als gut umgesetzt empfunden. Den Roman würde ich allen empfehlen, die sich gerne auch mit etwas philosophischeren und gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen mögen. Mich hat „Das Leben eines Anderen“ begeistert.

Bewertung vom 03.07.2022
Amelia
Burns, Anna

Amelia


gut

Kein Gute-Laune-Roman

Der Roman beginnt Ende der 1960er als die Unruhen in Belfast wieder beginnen. Amelia ist zu Beginn des Buches noch ein kleines Mädchen und wächst inmitten der sehr harten und beängstigenden Zeiten auf. Als Leser*in begleitet man Amelia beim Aufwachsen und Erwachsenwerden, erlebt ihre (wenigen) Höhen und (vielen) Tiefen mit.

Ein großer Teil des Romans ist aus Amelias Sicht geschrieben, es gibt aber auch immer wieder Kapitel, die aus der Sicht anderer im Roman vorkommender Figuren geschildert werden. Um ehrlich zu sein, habe ich nicht verstanden, weshalb in einigen Kapiteln Amelia überhaupt nicht vorkam, zumal ich nicht das Gefühl hatte, dass die Geschichten der Personen alle zum Schluss nachvollziehbar zusammengeführt wurden.

Der Schreibstil lässt sich gut lesen, mir fiel das Lesen des Romans den Schreibstil betreffend deutlich leichter als bei Anna Burns Debüt „Milchmann“. Dafür hat mich die Geschichte in „Milchmann“ überzeugt, während dies bei „Amelia“ leider nicht so der Fall war.

Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, die rohe Brutalität und sinnlose Gewalt hat die Autorin sehr überzeugend transportiert. Warum bestimmte Szenen so extrem brutal und ausführlich geschildert werden mussten, hat sich mir leider nicht erschlossen. Diese Buchstellen waren schwer auszuhalten, meiner Meinung aber auch nicht nötig. Auch mit der Protagonistin Amelia bin ich bis zum Buchende nicht wirklich warmgeworden.

Insgesamt gelingt es Anna Burns den Ton und rauen Umgang der Zeit in Belfast rüberzubringen, auf eine Weise, die Eindruck hinterlässt. Dennoch hat mir der Roman eigentlich nicht besonders gefallen, zu oft habe ich mich gefragt, was einige Stellen sollen und ob das so nötig ist… Die Sprache lässt sich gut lesen. Wer Lust hat, sich auf den Roman und etwas Verwirrung und heftigste Beschreibungen einzulassen, kann mit „Amelia“ vielleicht etwas anfangen und den Roman schätzen. Mein Fall ist der Roman leider nicht. Ich vergebe trotzdem 3 Sterne, weil „Amelia“ auch im Nachhinein noch sehr eindrücklich ist und bei mir Spuren hinterlassen hat.