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frau pelikan
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Rostock

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Insgesamt 49 Bewertungen
Bewertung vom 23.08.2022
Ein dunkler Ort / Felix Bruch Bd.1
Goldammer, Frank

Ein dunkler Ort / Felix Bruch Bd.1


sehr gut

Es nimmt die geneigte Leserschaft wirklich Wunder. Erst im Februar diesen Jahres legte Frank Goldammer seinen serientauglichen Roman „Im Schatten der Wende: Kriminaldauerdienst Ost-West“ vor. Kein halbes Jahr später erscheint in diesen Tagen „Bruch“ – ein Setting, dessen Fortsetzung schon angekündigt ist. Da glüht wohl die Feder im Hause Goldammer.
Kriminalhauptkommissar Felix Bruch ist zerbrochen, gebrochen, scheinbar (nicht?!?) zusammen gebrochen. Ein kranker Typ, sitzt stundenlang im Dunkeln, vor seiner Dienstwaffe, spricht selten, nimmt Pychopharmaka, kämpft gegen seine inneren Dämonen. Keine Manieren, keine Konventionen, jede Menge Ungereimtheiten. Sehr zum Leid seinen neuen Kollegin Nicole Schauer, frisch von Hamburg nach Dresden versetzt. Bruchs jahrelanger Partner und Freund Michael verbrannte bei einem Autounfall, Bruch selbst wurde aus dem Wagen geschleudert. Der Flur raunt: Hätte er helfen können? Hat er den Kollegen verbrennen lassen? Warum ist Bruch selbst nur mit ein paar Kratzern davon gekommen?
Auch Kollegin Schauer hat ihr Päckchen zu tragen, aber das interessiert Bruch den sprichwörtlichen „feuchten Keks“. Der erste Fall kommt auch sofort. Im Speckgürtel von Dresden ist ein 10jähriges Mädchen verschwunden. Schauer wundert sich. Warum die Mordkommission? Ihr Vorgesetzter bleibt schmallippig. Vor zwei Jahren verschwand in der Reihenhaussiedlung mit den uniformen Häusern und handtuchgroßen Grundstücken bereits schon einmal ein Mädchen; und siehe da, diese Linda ist heute die beste Freundin des aktuellen Opfers, Selina. Hundertschaften suchen, Drohnen fliegen, Taucher tauchen. In der Siedlung herrscht eine unbestimmbare Spannung. Beide Elternpaare haben etwas zu verbergen. Die Feindschaft zwischen den alt eingesessenen Dorfbewohnern und den Zugezogenen zieht unsichtbare Demarkationslinien durch die Bevölkerung.
Schauer ermittelt klassisch, Bruch folgt oft schwierig nachvollziehbaren Eingebungen. Die Informationen konzentrieren sich mehr und mehr auf einen verwahrlosten und halb zusammen gebrochenen Bauernhof am Rande des Dorfes.
An dieser Stelle ist Schluss mit Inhalt, sonst macht es den kommenden Lesern und Leserinnen keinen Spaß mehr. Zwei Kritikpunkte sind anzumerken. Wenn Goldammer sich in ein Setting verliebt, wird es manchmal ganz schön detailreich und lang(atmig). Diese Szenen gibt es hier vor allem auch am „dunklen Ort“. Außerdem habe ich spätestens nach der Hälfte des Textes eine „Cool“-Allergie entwickelt. WO war da der Lektor?
Das Ermittlerpaar wird die Geister spalten. Fakt ist, dass die Beiden mit ihren ausgeprägten Brüchen (sic!) und originellen Verhaltensweisen partiell sehr präsent sind, und es Phasen gibt, an denen der Leser und die Leserin in Zweifel kommen können. Was ist hier eigentlich der Hauptplot? Wo spielt die Musik?
Bleibt uns die Hoffnung, dass Frank Goldammer nicht in die beliebige Routineproduktion à la Donna Leon abrutscht. Es wäre schade um ihn!
Nachtrag: Durch einen Zufall erhielt ich parallel zum gedruckten Buch auch das Hörbuch. Was für ein Genuss, was für eine Gaudi! Der Sprecher Stefan Kanimski beherrscht ungezählte Lagen sächsischen Dialektes, gibt auch Bruch eine Stimme, die mehr sagt als das gesprochene Wort. Und oft sind Szenen so lebendig gestaltet, dass der Hörer sich in einem Hörspiel und nicht in einer Lesung wähnt. Absolute Top-Empfehlung!

Bewertung vom 15.08.2022
Die Cellistin / Gabriel Allon Bd.21
Silva, Daniel

Die Cellistin / Gabriel Allon Bd.21


gut

Der Verfasser selbst schreibt im Nachwort zu „Die Cellistin“: „Die Cellistin“ ist ein Unterhaltungsroman und sollte als solcher gelesen werden. Lieber Herr Silva, vielen Dank für den Hinweis. Wir wären allein nicht drauf gekommen. Never ever.

Der aktuelle Band der Gabriel-Allon-Reihe trägt die Nummer 21. Die englische Nummer 22 ist schon erschienen. Herr Silva produziert im zwei Jahres Turnus.

Im aktuellen Band führt der Autor uns die Welt der russischen Kleptokraten, der betrügerischen Hochfinanz, der gefährdeten US Demokratie und der klasischen Musik. Viktor Orlov, früher ein Oligarch wie er im Buche steht, hat sich vor einigen Jahren vorsichtshalber ins britische Exil gerettet. Anders als in Russland geht er davon aus, im heimeligen London, beschützt von Geld und Leibwachen, nicht ermordet zu werden. Ein fataler Irrtum. Nach dem Kurzbesuch einer ebenfalls exilierten russischen Journalistin stirbt er blitzesschnell mit Schaum vor dem Mund. Wenigstens kein langes Leiden durch Nowitschok.

Vor langer Zeit hat Viktor seinem Freund Gabriel Allon, Direktor des israelischen Geheimdienstes, das Leben gerettet. Und diese alte Schuld ruft nun den ehemaligen Agenten auf den Plan. Über den Kunsthandel als Einstiegsdroge landen wir schnell in der Schweiz, bei milliardenhoher Geldwäsche, die entsprechende Abteilung in der Bank wird originellerweise „Russischer Waschsalon“ genannt. Gabriel Allon breitet seine Szenerie vor, um dem Machthaber in Moskau, Mr. Big, gehörig eins auszuwischen. Dazu bedient er sich Isabel Brenners, einer ebenso hochbegabten Cellistin wie Analystin. Und schon überschlagen sich die Ereignisse und Erkenntnisse. Allon und seine Begleiter*innen entdecken einen quasi verdeckten russischen Nachrichtendienst, der aus dem Herzen der Schweizer Finanzmetropolen im Auftrag eines mächtigen Oligarchen mit Verbindungen zu Mr. Big, Menschen und Kurse manipuliert und auch ansonsten nicht zimperlich ist. Und so steuert das Ganze auf gut 400 Seiten unvermeidbar auf den Show Down in den Schweizer Alpen, der sich bemerkenswert schnell und geräuschlos erledigt, denn ….. es ist erst zu Ende, wenn es zu Ende ist, Baby!

Andere Leser*innen stellen die Frage nach Russophobie und Sexismus. Ja. Alle Russen in der Geschichte sind böse, nur die toten natürlich nicht. Alle Frauen sind enorm gut aussehend. Russische Frauen haben ihre eigene Klischéeschublade. Im Privatkino eines Oligarchen hängt das Werbeplakat zu „Liebesgrüße aus Moskau“. Natürlich gibt es immer mal Abstecher in die s/w-Steinzeit. Mir als Frau ist die Kraft zu schade, mich ernstlich damit zu befassen.

Zusammenfassend: Wer einen handwerklich gut gemachten Spionagethriller, der in der Gegenwart spielt, lesen möchte; wer das Allon-Universum schon kennt; wer sich von dramaturgischen Hopsern nicht abschrecken lässt und nix vom Faktencheck hält, der ist hier genau richtig. Denn, wie heißt es fast zum Schluss des Buches? „In solchen Zeiten, dachte er (Gabriel Allon, Anm. der A.), können alte Routinen tröstlich sein.“ Und Recht hat er.

Bewertung vom 10.08.2022
Isidor (eBook, ePUB)
Kupferberg, Shelly

Isidor (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Vor ein paar Tagen saß ich mit „Isidor“ auf dem Freisitz eines Cafés und wartete auf einen Bekannten. Der kam aus einer anderen Richtung, sah das Buchcover und bemerkte lapidar: „Das mit dem Nazi-Kram nimmt auch kein Ende, oder?“

Nein. Tut es nicht. Und das ist auch gut so. Das jetzt mal vorneweg, als zentrale Botschaft. Und aus welchen Gründen das alles kein Ende nehmen darf, zeigt am aller besten die Lektüre dieses „Krams“.

„Isidor“ ist ein biographischer Roman. Oder eine Biographie? Also: historisches Sachbuch oder „schöne Literatur“? Wie gut, dass wir das nicht entscheiden müssen. Die Autorin Shelley Kupferberg ist in Tel Aviv geboren und arbeitet in Berlin als freie Journalistin.

Am Ende der knapp 250 Seiten finden die Leser*innen einen Stammbaum der Familie Geller und ein Interview mit der Autorin. Der Stammbaum ist ausgesprochen hilfreich, in der Mitte des Textes, wenn die Familie wächst, und sich in verschiedene europäische und außereuropäische Metropolen verteilt, muss man sehr gut aufpassen, um den Überblick über Mütter, Väter, zweite Ehemänner, Todesfälle und Nichten zu behalten. Ob Ihr das Interview vor oder nach der Geschichte lest, bleibt Euch überlassen, aber diese Entscheidung ist wichtig. Ohne die Kenntnis der Aussagen von Shelly Kupferberg könnt Ihr Euch der Illusion hingeben, hier sei doch das eine oder andere der Phantasie der Autorin entsprungen; danach seid Ihr „klüger“.

Kupferberg erzählt von der Metaebene der (all)wissenden Autorin die Geschichte ihres Großonkels Kommerzialrat Dr. Isidor Geller. Eigentlich „Israel“. Aber mit so einem Vornamen kommt man als Judenbengel Ende des 19. Jahrhunderts im Leben nicht aus der galizischen Armut. Und das will Isidor schon ganz früh in seiner Kindheit. Seine Brüder David, Nathan und Rubin machten es ihm vor, sogar seine Schwester schafft es, sich durch Heirat und viel Geschick bis nach Wien durchzuschlagen. Und so bleibt der orthodoxe Vater Eisik allein im Schtetl zurück.

Für Isidor geht es über Lemberg nach Wien. Er studiert Jurisprudenz, auch wenn ihn eigentlich Literatur und schöne Künste in ihren Bann geschlagen haben. Er tritt in eine Lederwarenfirma ein, macht dort Karriere. Isidor muss im 1. Weltkrieg nicht an die Front wie zwei seiner Brüder, der Lederhandel ist kriegswichtig. Seine finanzielle Verhältnisse entwickeln sich formidabel. Er ist großzügig, hilft in der Not, schenkt gern. Er liebt die Frauen, weniger die Ehefrauen. Er ist ein „Gänger“, ein Lebemann. Auch, wenn die Ernennung vom Kommerzialrat erst im zweiten Anlauf gelingt, der Herr Doktor ist Bestandteil der Wiener Gesellschaft. Er schwärmt für die Oper, sammelt Erstausgaben und bildende Kunst, trägt Maßgeschneidertes, wird von Personal umsorgt. Ein Mitteleuropäer. Dem antisemitischen Treiben im benachbarten Deutschland misst er wenig Bedeutung zu, auch dem Anschluss Österreichs und die Mutation zur „Ostmark“. Um ihn herum fliehen Verwandte und Freunde; sein Lieblingsneffe Walter, Großvater der Autorin, schafft es auf den buchstäblich letzten Drücker nach Palästina. Es dauert nicht lange, bis die Nazis auch Isidor abholen und in Haft stecken. Ins Lager müssen sie ihn gar nicht mehr deportieren. Isidor stirbt an den Folgen der Haft 1938 mit 52 Jahren. Verraten haben ihn mit kühlem Plane und sorgfältiger Vorbereitung sein Fahrer und das Haushälterehepaar.

Kupferberg erzählt in sachlich-journalistischem Stil, wenig psychologisierend, nichts beschönigend. Die Wirkung entfaltet der Text durch die Geschichte, die er erzählt. Und woher der Wind weht, erfahren wir schon ganz früh. Als Neffe Walter Mitte der 50er Jahre von Tel Aviv nach Wien fährt, um nach Spuren der Familie zu suchen, findet er auf dem Klingelschild seines eigenen damaligen Wohnhauses den Namen der ehemaligen Hauswartsfamilie. Als er dort klingelt, ist der Kommentar von drinnen: „Der Jud‘ is wieda doa! … Sag koa Wort!“

Bewertung vom 22.07.2022
Samson und Nadjeschda
Kurkow, Andrej

Samson und Nadjeschda


sehr gut

Die Veröffentlichungen ukrainischer Autoren oder ukrainischer Texte ist in den vergangenen Monaten spürbar angestiegen. Offensichtlich ist nun der Punkt gekommen, wo die deutschen Verlage uns Leser*innen besser mit der ukrainischen Literatur vertraut machen wollen. Bei Diogenes erscheint in diesen Tagen der erste Band einer Krimiserie von Andrej Kurkow. Der Journalist und Autor ist allerdings kein Neuzugang auf den deutschen Leselisten. Zahlreiche Romane, darunter „Picknick auf dem Eis“ und „Graue Bienen“ sind bereits in deutscher Sprache erschienen.

In der Ukraine liegen von der Serie „Samson und Nadjeschda“ insgesamt bereits drei Bände vor; weitere sind zurzeit nicht in Planung, denn, wie Kurkow in verschiedenen aktuellen Interviews u.a. im Berliner Tagesspiegel sagt, arbeite er aufgrund der aktuellen Situation in der Ukraine ausschließlich journalistisch. Er ist mit seiner Familie in den Westen der Ukraine geflüchtet, und als politischer Mensch reist er nach wie vor viel durch Europa, um über den Krieg in seinem Heimatland zu berichten.

Andrej Kurkow wurde 1961 in St. Petersburg geboren, lebt aber seit frühester Kindheit in Kiew und machte dort 1983 am dortigen Staatlichen Pädagogischen Fremdspracheninstitut seinen Abschluss. Er arbeitete in unterschiedlichen originellen Berufen und ist seit 1988 Mitglied des Londoner PEN-Clubs, seit 1996 lebt er zeitweise in London.

Doch nun zum Buch: „Samson und Nadjeschda“. Die Handlung ist in Kiew, im Mai 1919, angesiedelt. Gleich auf den ersten beiden Seiten verliert unser Held Samson seinen Vater und sein rechtes Ohr. Der behandelnde Arzt, dessen Fachgebiet eigentlich die Augen sind, weiß nicht, ob man das gute Stück wieder annähen kann. Also packt Samson das Sinnesorgan in eine Dose und nimmt es mit nach Hause, um den Kopf einen großen, weißen Verband. Die Täter zu verfolgen macht keinen Sinn, in Kiew herrscht Bürgerkrieg und die Kosaken, die „rote Gesetzlosigkeit“, sind über alle Berge. Spätestens jetzt wissen wir zwei Dinge: Wir müssen unbedingt nachschlagen, wer da im Jahr 1919 gegen wen in der Stadt Bürgerkrieg führt, und es wird klar, dass wir in einem 1A Schelmenroman gelandet sind. Herrlich abseitiger Humor, skurrile Charaktere und natürlich gibt es auch etwas mit Liebe.

Zwischen 1918 und 1921 herrschte Bürgerkrieg, als die Bolschewiki versuchten, die Ukraine zu übernehmen, was ihnen erst im vierten Anlauf gelang. Mit dieser Zeitgeschichte ist die Handlung eng verwoben, weswegen es so wichtig ist zu wissen, wer Freund, wer Feind ist. Gefährlich ist es allemal, aber unser Held hat Glück, ob Requirierung, Einquartierung oder Mordanschlag, er kommt gut aus der Sache heraus – dank seines rechten Ohres, das zwar in der Schreibtischschublade seines Vaters liegt, mit dem er aber immer noch prächtig hören kann. Zum Beispiel, was die beiden, bei ihm einquartierten Rotarmisten, Anton und Fjodor, so alles planen.
Und als der Zufall und die Tatsache, dass er gut schreiben kann, ihn in die Miliz führen, nimmt er Ermittlungen auf, die bald nicht mehr jedem richtig gut gefallen.

Ich musste mich erst in die Sprache und auch in den geschichtlichen Hintergrund einarbeiten und mich auf das Erzähltempo einstellen. Dann war es aber ein großes, nachdenkliches Lesevergnügen, mit zwei weiteren unerwähnten Protagonisten: dem allgegenwärtigen Tee und der Kiewer Straßenbahn.

Bewertung vom 13.07.2022
Freizeit
Kaspari, Carla

Freizeit


schlecht

Zu Beginn des zweiten Teils von „Freizeit“ sagt die Lektorin zur Protagonistin des Buches, der jungen Autorin Franziska: „Die Charaktere wirken an der ein oder anderen Stelle noch etwas zu flach. Wie wäre es, wenn du die Anzahl der Figuren reduzierst?“ Und spätestens an dieser Stelle denkt sich das Publikum: Ja, ja, ja. Tu‘ das. Sofort.
Okay, vielleicht nicht jeder Leser oder jede Leserin. Mir ging es so. Vielleicht bin ich auch einfach zu alt für solche Geschichten, die in diesem sprachlichen Stil dargebracht werden, und auf für mich unerklärliche Art und Weise den Weg zwischen zwei Buchdeckel finden.

Das Setting ist schnell geschildert: Franziska hat Romanistik studiert. Die letzten zwei Jahre in Paris. Sie arbeitet relativ erfolgreich als Texterin, Werbung, Songtexte, Gebrauchsliteratur als Ghostwriterin. Nun arbeitet sie auch an ihrem ersten eigenen Buch. An diesem Roman im Roman lässt uns Carla Kaspari dann auch seitenweise teilhaben. Franzi ist gesund, sieht gut aus, ist gut vernetzt, privat und beruflich. Männer gibt es reichlich, mal für länger, mal ohne Telefonnummerntausch am anderen Morgen. Und natürlich ist jede Art von Technical Device stets präsent.

Als sie nach Deutschland zurückkehrt, nach einer mehr oder weniger ungerührt vollzogenen Trennung von ihrem Freund Cyril, versucht sie, an alte Gewohnheiten und Beziehungen anzuknüpfen, doch auch die Freund:innen von damals und sogar die eigene Familie haben sich verändert. Da könnte man nun sagen: Aha, eine zeitgemäße Form eines Coming-of-Age Themas. Der Klappentext kündigt an: ...“bis ein unabgeschlossenes Kapitel sie mit großer Wucht einholt.“ Was habe ich auf die Wucht gewartet. Wenn damit gemeint ist, dass die Protagonistin am Ende des Textes am Wasser steht und ein Schauerchen heult? Mir reicht das nicht.

Der ganze Text scheint ein unendlich unreflektierter Schreibdurchfall zu sein. Ein nicht enden wollender Schwall an Selbstreferenz und Weinerlichkeit. Nabelschau auf hip. Die literarischen Meister der Wiedergabe des scheinbar ungefilterten inneren Monologs kreiseln in ihren Gräbern. Und wieder ludert der Klappentext:„Franziska beobachtet die Ambivalenzen ihrer Gegenwart ungerührt und schreibt darüber aus sicherer Distanz in einem Romanmanuskript.“ Das ist NICHT „sichere Distanz“, das ist: Meine Figuren sind mir egal und ich habe gerade keinen anderen Stoff. Wenn es das nicht sein sollte – siehe erster Absatz.

Bewertung vom 21.06.2022
Die dunkle Leidenschaft
Haller, Reinhard

Die dunkle Leidenschaft


sehr gut

„Seit 2.000 Jahren lebt die Erde ohne Liebe.
Es regiert der Herr des Hasses.
Hässlich, ich bin so hässlich, so grässlich hässlich:
Ich bin der Hass!
Hassen, ganz hässlich hassen, ich kann's nicht lassen:
Ich bin der Hass!
Ätzend, ich bin so ätzend, alles zersetzend:
Ich bin der Hass.“

So tönte 1983 „Codo“ vom „Deutsch-Österreichisches Feingefühl“, kurz DÖF, aus unseren Radios.

Frisch erschienen ist dieser Tage „Die dunkle Leidenschaft - Wie Hass entsteht und was er mit uns macht“. Dieser Text eignet sich nicht zur Vertonung, es reimt sich einfach nicht. Autor ist der renommierte Psychiater, Psychotherapeut und Gutachter Reinhard Haller. Um ihn müssen wir uns angesichts der intensiven Befassung mit dem Hass keine Sorgen machen, sein letztes Buch befasste sich mit dem „Das Wunder der Wertschätzung“. Da hält sich das hoffentlich die Waage.

Wenn das alles auch so ein beschwertes Thema ist, macht der Autor es uns Lesern und Leserinnen zumindest formal einfach. Die Sprache ist in der Regel gut verständlich, das spart das Glossar, das einem solchen Titel doch angestanden hätte. Schade. Dazu ist die Struktur der Kapitel(chen) gut nachvollziehbar, so dass wir nicht von ganz vorn nach ganz hintern durchlesen müssen, sondern je nach Interessenslage springen können. Und wenn wir genug vom Hassen haben, auch Pause machen können.

Wie die wissenschaftliche Systematik es verlangt, beginnt der Autor mit der Geschichte des Hasses, gehen der Frage nach, ob der Hass denn wirklich eine Emotion sein bis hin zur Persönlichkeitspsychologie. Spätestens dann entrollt sich die karge Grundlage der Vernichtung:

Die Trias des Hasses:
Gier – Neid – Hass
Die Trias der Hassverbrechen:
Amok – Massaker - Terror

Haller illustriert seinen Text mit vielen Beispielen, über die er aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit in Hülle und Fülle verfügt. Ob das nun psychotherapeutische oder pathologische Szenerien sind, er schöpft aus dem Vollen. Und auch der Hass der Gegenwart u.a. Hate Speech, Hass in den Social Media, der Hass der unfreiwillig Zölibatären werden thematisiert. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und sehr, sehr alte Weis- und Wahrheiten ergänzen sich und öffnen uns neue Horizonte.

Schlechte Nachricht: Es gibt nicht wirklich eine „Hasspersönlichkeit“, obwohl die Menschen natürlich verschieden veranlagt sind. Wir alle können aber hassen.

Noch schlechtere Nachricht: 1983 kam Codo und brachte die Liebe mit. Und dann war alles gut. Haller zeigt uns zwar einige Wege aus dem Hass, aber allein die Liebe ist es nicht.

Bewertung vom 12.06.2022
Fischers Frau
Kalisa, Karin

Fischers Frau


sehr gut

Was soll man noch über ein Buch schreiben, das überall in der Kritik gelobt wird. Das der „NDR Titel des Monats Juni“ ist, und dessen Autorin für die ihre bereits erschienenen Titel „Sungs Laden“ und „Bergsalz“ viel Anerkennung geerntet hat. Was soll da schon schief gehen.

Trotzdem gebe ich jetzt auch noch meinen Senf dazu. Das Buch ist nämlich sozusagen ein „Heimspiel“, lebe ich doch seit mehr als 20 Jahren an der Ostseeküste, ganz nah am Orte des Geschehens. Für mich ist dieser Text also zumindest zu Beginn ein spannendes Stück Regionalgeschichte, die auch hier wenig bekannt ist.
Protagonistin ist Mia Sund. Eine Frau, die eine schwere Kindheit gehabt hat. Ganz untypisch ist sie aber nicht antisozial geworden sondern Faserarchäologin. Nun ja. Lange Jahre in ihrer Jugend lebt sie in einer Bauwagenkommune, in der zum Überleben die Grenze zwischen „echt und falsch“ oder eher „echt und gefälscht“ schon einmal kreativ interpretiert wird.

Dieses Thema zieht sich durch den kunstvoll verwobenen Plot, den Karin Kalisa vor uns ausbreitet wie einen der Teppiche, um die es hauptsächlich auf den ca. 250 Seiten geht. Raus aus der Kommune und rein in die Realität – da arbeitet Mia (Deren Namen übrigens auch nicht echt ist.) in einem Greifswalder Museum, wo sie als Kuratorin für alles Gewebte, Geknüpfte und anderweitig Textile zuständig ist. Drum herum lebt sie alles „mittel“, keine Abenteuer, keine Menschen, sogar die Wohnung ist möbliert angemietet und nahezu unverändert, „mittel“ eben.
Eines Tages legt ihr ein Kollege einen so genannten „Pommerschen Fischerteppich“ auf den Schreibtisch. Da die Provenienz des Stückes nicht geklärt ist, sagt er: „Nicht, dass der gefälscht ist.“ Fischerteppiche hängen etliche im Museum, entstanden Ende der Zwanziger Jahre an der Ostseeküste, als das Meer leer gefischt war, und die Fischer drei Jahre nicht rausfahren durften. Wovon leben? Womit die Zeit füllen? Ein österreichischer Meister des Teppichknüpfens, ein Tapisserist, bringt die rettende Idee. Die Teppiche, die in den Fischerhütten in dieser Zeit entstehen, zeigen das Leben an der See, meist in blau, braun und beige. Doch das neue Stück ist grün. Vermeintlich hundertfach grün.

Es beginnt eine Forschungsreise, die die schüchterne Mia durch halb Europa führt. Auf der Spur nach der Künstlerin, die ihren Namen in dem schillernden und vielschichtigen Kunstwerk hinterlassen. Aber – ist dieser Name denn der „echte“? Parallel zu Mias Forschungen erzählt uns Kalisa die Reisegeschichte der Knüpferin des Teppichs, die – vielleicht – Nina hieß. Und wie sagt man in der Geometrie: Parallelen treffen sich im Unendlichen.
Nicht so in diesem Buch. Im letzten Drittel nimmt sich die Autorin beherzt die beiden Erzählfäden und lässt zum Ende den einen aus dem anderen entstehen. Da zwischen all den Fäden natürlich auch das Netz der Liebe geknüpft wurde, nimmt dann zum Ende die romantische Wortgewalt etwas überhand und Mias Wandlung scheint ihr zeitweise etwas zu entgleiten. Aber für Formulierungen wie „Wenn es kein Echtes im Falschen gibt, …“ können wir das gut verknusen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.04.2022
Das Leben eines Anderen
Hirano, Keiichir_

Das Leben eines Anderen


gut

Aus einer fremden Welt

In der Kanzlei des Anwalts Akira Kido erscheint Rie und bittet ihn um Nachforschungen. Vor nicht allzu langer Zeit ist ihr zweiter Ehemann Daisuke bei einem Unfall verstorben. Im Rahmen der üblichen Formalitäten nach einem Todesfall hat sie festgestellt, dass es Daisuke nicht gibt, nicht gegeben hat. Alle Angaben, die sie über ihn finden kann, sind gefälscht. Kido übernimmt das Mandat und betätigt sich im Folgenden erst einmal als Detektiv. Er entdeckt ein offenbar nicht so unübliches Modell des Identitätstausches. Als europäische Leserin, die auch während der Lektüre Realitätschecks macht, habe ich eine Weile gebraucht um zu begreifen, dass es in Japan Familienregister und Melderegister und –bescheinungen unabhängig voneinander gibt.

Die Suche nach dem richtigen oder falschen Daisuke ist die Handlung, die sich an der Oberfläche des Buches durchzieht. Sie erscheint im Laufe der Geschichte aber mehr und mehr als eine Basis, die der Autor nutzt, um viele Variationen zum Thema „Identität“ durchzuführen, kunstvoll wie sich in der Musik Variationen ein Thema erst zum Sprechen und Leuchten bringen.

Wer sich in der japanischen Gesellschaft nicht auskennt, lernt in diesem Buch viel. Gesellschaftliche Zwänge sind ein großes Thema in der japanischen Gesellschaft und Literatur. Es gibt in Japan natürlich das Phänomen „Hikikomori“, bei dem junge Menschen sich in ihren Wohnungen einschließen. Auch prekäre Bedingungen am Arbeitsplatz werden viel thematisiert. Kido denkt zum Beispiel viel über seine Rolle als Ehemann und Vater, als Sohn und Schwiegersohn nach und kommt zu dem Schluss, dass seine Ehe eigentlich nur noch eine Fassade ist. Seine Ehefrau spricht nicht darüber, welcher Druck auf ihr lastet, weil sie heiraten und Kinder bekommen sollte, gleichzeitig aber arbeiten und gut funktionieren soll – das kennen wir in Deutschland nur zu gut.

Gleichzeitig experimentiert Kido selbst mit dem Identitätstausch. Er versucht, in die Gedankenwelt einer Person einzudringen, die in einer falschen Identität lebt und somit keine Familie, keine Geschichte, keine authentische Vergangenheit hat. Und macht auch einen kleinen Schritt in die Realität.

Das Buch verlangt viel vom Leser. Wie die Menschen in asiatischen Ländern sehr selten ihre echten Gefühle und Meinungen Fremden gegenüber äußern, liest sich der vorliegende Text größtenteils wie durch eine Membran, seltsam distanziert. Manchmal gleicht der Erzählstil einem Sachbericht, selten gibt es wörtliche Rede. Über lange Passagen verzichtet der Autor über Adjektive, die Gefühlslagen beschreiben. Stattdessen gibt es oft lange Erörterungen, zum Beispiel, wenn Kido mit seinem Kanzleikollegen seine eigene koreanische Herkunft oder die Rechtmäßigkeit der Todesstrafe erörtert. Da wird der Text dann manches Mal recht akademisch.

So wie die Suche nach Daisuke den roten Faden der Handlung bildet, so zieht sich eine schwer greifbare melancholische Atmosphäre auf der Gefühlsebene durch die Leben der handelnden Personen. Viele können aufgrund der strengen Konventionen oder materieller Umstände nicht das Leben leben, das sie sich wünschen. Doch trotz vieler schmerzhafter Erinnerungen versuchen sie auf verschiedenen Wegen, das Leben zu meistern.

P.S.: Ab ca. Seite 160 werden die Schlagzahl der japanischen Namen, die Nachvollziehbarkeit der Identitätstäusche und die Hinweise auf japanische Mystizismen sehr anstrengend für die deutsche Leserschaft.
P.P.S.: Und in diesem Zuge: Ein großes Kompliment an die Übersetzerin.

Bewertung vom 20.03.2022
Die Diplomatin
Fricke, Lucy

Die Diplomatin


weniger gut

Seit Tagen, gefühlt Wochen, schiebe ich es vor mir her, diesen Text zu schreiben. Es fühlt sich ein bisschen an wie Verrat, und ich habe überlegt, mich vor dem Urteil zu drücken und mich in die Beschreibung zu retten. Ach, …………….. nö.

Was hatte ich mich auf dieses neue Buch gefreut. Nach „Töchter“. Ein Knallerbuch. Zwei Protagonistinnen zum Verlieben, plastisch beschrieben, lebendig und menschlich. Dazu die dramaturgisch geniale Idee, dieses Road Movie in Bewegung zu setzen. Und nun das: künstliche Ödnis; ein Buch, durch das es sich blättert wie durch ein Panini-Klebe-Bildchen-Album. Der erste Teil des Textes spielt in Urguay, Südamerika, das war auch offensichtlich der Plan. Vom Schmutztitel erfahren wir, dass die Autorin eine „Unterstützung“, ein Stipendium einer türkischen Kulturstiftung erhalten hat. Also, break. Vorsatzblatt. Nix mehr „Haus in Montevideo“. Wir finden uns in Istanbul wieder. Und nun versucht Fricke mit Hilfe literarischen Schnellklebers, diese beiden Teile zusammenzuleimen. Bei den Danksagungen steht auch noch eine Adresse in Bamberg. Das ist den Lesern und Leserinnen glücklicherweise erspart geblieben.

Zum „Leimen“ kann Lucy Fricke glücklicherweise auf konstante Personnage zurück greifen. In der Hauptsache, Fred. Fred ist deutsche Diplomatin. Nachdem ihr in Uruguay der politische GAU passiert, wird sie, nach Strafaufenthalt in Deutschland, nach Istanbul versetzt. Es geht um Liebe, Zeit und Verrat. Um verschiedene Auffassungen von Demokratie und Freiheit. Das sind deutlich die stärksten Passagen des Textes. Und wieder bin ich im Zwist mit den Werbetexten. Selbst in diesen Phasen ist da wenig „fulminant“, manches ist komisch, manches bitter.

„Wir kannten keine Panik, wir waren Beamte. Die mit den freundlichen Lügen. Wir waren Menschen, die im strömenden Regen vor die Tür traten und davon schwärmten, wie gut das für die Landwirtschaft sei. Das Schöne war, dass wir darum wussten und meistens nur das glaubten, was wir nicht sagten.“ Ich hätte gern einen anderen Passus zitiert als die vielen Kritiken, ich finde nur keinen wirklich besseren.

Kleine Lichtblicke sind im Buch sind Freds Verhältnis zu ihrer Mutter im fernen Deutschland und ihre Gedanken, also Freds, genau darüber. Manche einsame Reflexionen der Konsulin über das Leben mit Fahrern, Gärtnern, Bediensteten. Und: An jedem kommenden 3. Oktober werde ich an dieses Buch und die alljährlich des Diplomatischen Corps denken, irgendwie auf der ganzen Welt, Menschen dazu zu bringen, unseren nationalen Feiertag mit uns zu begehen.

Trotzdem gebe ich nicht auf: Ich warte auf das nächste Buch von Lucy Fricke.

Bewertung vom 03.03.2022
Kaiserstuhl
Glaser, Brigitte

Kaiserstuhl


ausgezeichnet

Mit „Kaiserstuhl“ legt Brigitte Glaser nach „Bühlerhöhe“ 2017 und „Rheinblick“ 2019 einen dritten Band vor, in dem es um die Nachkriegszeit im Westen des Westens geht. „Kaiserstuhl“ spielt in den frühen 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts an der deutsch-französischen Grenze. Wieder ist eine starke Frau die Protagonistin des Romans. Henriette, Henny Köpfer betreibt in Freiburg im Breisgau recht erfolgreich eine Weinhandlung. Sie hat schwere Zeiten hinter sich. Im November 1944 flog die Royal Air Force unter dem Codenamen „Operation Tigerfish“ den mit Abstand schwersten Luftangriff auf die Stadt. 2800 Menschen starben, die Stadt wurde fast flächendeckend zerstört. In diesem Angriff verliert Henny nicht nur ihren Vater und die Weinhandlung, sie findet einem brennenden Baum einen dreijährigen Jungen und geht davon aus, dass seine Eltern umgekommen sind. Sie flieht vor dem Bombardement aus der Stadt zu ihrer Schwiegermutter aufs Land und nimmt den Kleinen mit.

Glaser arbeitet mit zwei Zeitschienen – das Ende des Zweiten Weltkriegs, auf dem Land bei der Bäuerin Kätter, die Hennys Schwiegermutter aus einer kurzen Ehe ist. Kätters Sohn Heiner ist im Krieg geblieben und hat Henny den Witwenstand beschert. Den nutzt Henny durch die Jahre wie ein Schutzschild gegen aufdringliche Herren, denen es nicht in den Kopf will, dass eine alleinstehende Frau erfolgreich ein Geschäft führt, in einem Jazz Club singt und sich in zwielichtigen Kneipen herumtreibt. Und doch drängelt sich die Liebe immer wieder in ihr Leben.

Die Autorin verknüpft nicht nur Zeitebenen sondern auch Themenfelder. Die Art und Weise, wie sie durch die Handlung den Suspense bis zum Höhepunkt schürt, verrät, dass sie auch als Krimischreiberin unterwegs ist.

Hennys ehemaliger Geliebter, Paul Duringer, ist im Auftrag des französischen Geheimdienstes auf der Suche nach einer Flasche Champagner des Jahrgangs 1937. Im Zivilleben arbeitet er gerade für das Institut Français und zeigt die Filme der Novelle Vague, der „Neuen Welle“ in der südwestdeutschen Provinz. Es entspinnt sich eine Actiongeschichte, in der die Flasche auftaucht und verschwindet, gestohlen und vertauscht wird. Ein munteres Spielchen sozusagen. Wäre diese Flasche (die übrigens während der ganzen Zeit unversehrt bleibt, das darf nur Literatur!) nicht Symbol der unglaublichen Entwicklung, die sich im Westdeutschland der zwei Jahrzehnte zwischen Kriegsende und 1960er abgespielt hat. Während auf der einen Seite noch dunkle Nazi-Seilschaften ihr Spiel treiben und klar wird, wie mörderisch deutsche Armee und GESTAPO ihre Spiele im Elsass gewütet haben, scheint am anderen Ende des Tunnels Licht. Präsident de Gaulle spricht in Ludwigsburg zur deutschen Jugend – und auch die Champagnerflasche hört zu?!? Aus ehemaligen Feinden sollen Freunde werden, keine Selbstverständlichkeit nur 18 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Im Hintergrund geht es um den Abschluss des „Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit“ – kurz Élysée-Vertrag, der dann 1963 abgeschlossen wurde.

Wie in den beiden Bänden zuvor entwickelt die Handlung einen unglaublichen Sog. Es ist mir schwer gefallen, das Buch nach den ersten 50 Seiten aus der Hand zu legen. Die Sprache ist pragmatisch und unverschnörkelt. Mit vielen Dialekten, die abgebildet werden, zeigen sich die vielen kulturellen Ausprägungen auf so kleiner Fläche. Und zum guten Schluss: Das Buch ist einfach spannend, und allen Anfangszweifeln zum Trotz, hält die Champagnerflasche als dramaturgische Klammer bis zum Schluss durch.