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Benutzername: 
carowbr
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 149 Bewertungen
Bewertung vom 16.04.2023
Das Ende der Ehe
Roig, Emilia

Das Ende der Ehe


ausgezeichnet

Die Autorin untersucht in ihrem Werk die gesellschaftliche Bedeutung der Ehe, verdeutlicht die Machtstrukturen und die Ungleichheit, welche durch die Bevorzugung von heterosexuellen Ehepaaren in unserer Gesellschaft entstehen und zeigt auf, wie dieses Konstrukt Frauen unterdrückt und ein Hindernis für echte Gleichberechtigung darstellt.

Wissenschaftlich untermauert und dennoch in leicht zugänglicher Sprache geschrieben, führt die Autorin durch dieses Buch, welches augenöffnend und manchmal schmerzhaft ist. Dabei geht sie sowohl auf den historischen Kontext, die Auswirkungen unserer patriarchalen Gesellschaft als auch auf die individuellen Paarbeziehungen ein. Besonders erkenntnisreich fand ich das Kapitel „Wie wir lernen, uns nach der Ehe zu sehnen“, in welchem dargestellt wird, wie wir politisch, medial und gesellschaftlich einen Lebensweg vorgegeben bekommen, der für jeden Menschen die ultimative Erfüllung darstellen soll. Die weiteren Kapitel beleuchten immer andere Aspekte von Paarbeziehungen, wie emotionale Rollenverteilung, Care-Arbeit, Geld und Karriere, auch die binäre Geschlechterteilung und deren Sinnhaftigkeit wird hinterfragt. Manche Ansichten sind radikal, andere bereits im gängigen feministischen Diskurs angekommen. Wer sich auf neue Sichtweisen und Gedankenanstöße einlassen kann, dem wird dieses Buch einiges bieten können, da man viel für sich selbst und für Diskussionen mit Anderen mitnehmen kann. Mich hat das Buch wirklich beeindruckt und ich kann es uneingeschränkt weiterempfehlen.

Bewertung vom 29.03.2023
Girlcrush
Given, Florence

Girlcrush


gut

Als Eartha ihren Freund verlässt, ist dies für sie wie ein Erwachen aus dem Tiefschlaf und ihr Leben scheint nur aufregende Dinge für sie bereitzuhalten: sie kann endlich Frauen daten und wird über Nacht auf Social Media bekannt. Doch ihre Onlinepräsenz hat auch Schattenseiten, die bald ihr ganzes Leben beeinflussen werden..

Der Klappentext ist etwas irreführend, denn das Buch handelt zwar auch von sexueller Selbstentdeckung, Queerness, Feminismus und Gender Roles aber hauptsächlich geht es um die zerstörerische Macht von Social Media. Intensiv beschreibt die Autorin die wechselnde Gefühlswelt der naiven Protagonistin, die oft verloren und unentschlossen wirkt. Auch die anderen Charaktere sind schlüssig dargestellt und geben der Story etwas zum mitfiebern. Daher fand ich es schade, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen mit fortlaufender Seitenzahl der Social-Media-Kritik zum Opfer gefallen sind und man keine Weiterentwicklung gesehen hat.
Die Autorin stellt einer fast schon dystopisch angehauchten Welt, in dem das Leben der Menschen nur online stattfindet, eine Realität gegenüber, die zum einen ein Ideal von Akzeptanz und Inklusivität lebt, aber gleichzeitig ambivalent und extrem auf Menschen und Handlungen reagiert, die nicht in Schubladen passen. Das findet seine Parallelen natürlich bereits in der heutigen Zeit. Der Stil ist so mitreißend, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann und die Autorin schafft es, richtig Spannung zu erzeugen.

Ich hatte mir im Vorhinein eher ein feministisches Lesewerk erhofft, was sich nicht bestätigt hat. Die tatsächliche Thematik ist dennoch so aktuell wie erschreckend und regt zum nachdenken an. Dennoch würde ich das Buch nicht uneingeschränkt empfehlen, da mir einige Sachen (inhaltlich) unschlüssig waren oder gefehlt haben.

Bewertung vom 25.03.2023
Wasserzeiten
Bilkau, Kristine

Wasserzeiten


sehr gut

Eine Sammlung von Gefühlen, Momenten, Sehnsuchtsorten, Notizen und allerlei Wissen rund ums Schwimmen und die Zeit im Wasser.
Es liest sich manchmal fast wie ein Tagebuch, bei dem man der Autorin durch den Ausdruck ihrer Gefühle ganz nahe kommt. Sie schreibt über das Körpergefühl im Wasser, Schwimmbäder und Seen, Erinnerungen an das Schwimmen-lernen oder Erlebnisse während des Schwimmens. Eingestreut werden Fakten zum Eisbaden oder der kulturhistorischen Bedeutung des Schwimmens, dem Privileg, sich die Zeit nehmen oder es bezahlen zu können. Denn Schwimmen hat auch eine politische Komponente, sei es das Schwimmbadsterben aufgrund fehlender Finanzierung oder auch die drängende Wasserknappheit. Als für mich eher uninteressant empfand ich den Exkurs in weitere Literatur, die das Thema des Schwimmens beinhaltet.
Insgesamt würde ich das Buch eher Leser*innen empfehlen, die eine bereits Affinität für‘s Wasser und das Schwimmen haben, denn man findet sich oft wieder in den Erlebnissen und Gedankengängen der Autorin.

Bewertung vom 23.02.2023
Das glückliche Geheimnis
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


sehr gut

Arno Geiger erzählt in diesem Buch von seinem Leben als Schriftsteller, seinen Anfängen und seinem Durchbruch und vor allem von seinen jahrelangen Streifzügen durch die Straßen und den Papiermüll anderer Leute, der sein Leben und sein schriftstellerisches Werk maßgeblich beeinflusst hat.
Zuallererst muss ich anmerken, dass ich aufgrund des Klappentextes ein anderes Buch erwartet hatte, da der Begriff des ‚Doppellebens‘ in eine andere Richtung wies. Im Grunde genommen ist jedoch der rote Faden des Buches das ‚Geheimnis‘ des Autors, dass er im Altpapier der Menschen nach Büchern, Briefen und sonstigen Schriftstücken Ausschau hält, die ihm zur Inspiration dienen und seine Sichtweise auf die Welt und die Menschen prägt. Das Buch ist keine chronologische Aufarbeitung seines Lebens, eher ein Einblick in seine Gedankenwelt, persönlichen Lebensumstände und seinen Entwicklungsprozess als Mensch und Schriftsteller. Die Beschreibungen sind präzise und eigenwillig, er stellt philosophische Überlegungen an und untersucht das alltägliche Leben. Besonders spannend empfand ich den Einblick in sein Leben und seine Gedanken als Schriftsteller, die Zeit vor seinem Durchbruch, den Medienrummel und die damit verbundene Aufwertung seines ‚Geheimnisses‘.
Insgesamt fällt es mir schwer, ein Bewertung abzugeben, da ich einerseits immer wieder Gedankengänge treffend beschrieben und als literarisch exquisit empfand und dann wieder Passagen nichtssagend und unsympathisch rüberkamen. Ich kann mir vorstellen, dass mir seine Romane entweder sehr gut oder gar nicht gefallen könnten. Ich würde das Buch daher besonders an diejenigen empfehlen, die das Werk des Autors bereits kennenden schätzen, da man noch einiges an Hintergrundwissen erhält.

Bewertung vom 15.02.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


sehr gut

Jakob macht sich auf den Weg in die Heimat, als er von der Krankheit seines Vaters erfährt. Dort taucht er ein in die Geschichte seiner Familie, deren Aufstieg und Fall in Zeiten des Wirtschaftswunders und muss sich gleichzeitig mit seinen eigenen Lebensentscheidungen auseinandersetzen.

Die Geschichte teilt sich auf in die Gegenwartserzählung, die hauptsächlich Jakobs Leben zum Mittelpunkt hat und die Aufarbeitung der Familiengeschichte seiner Eltern- und Großelterngeneration. Trotz der zwei Erzählstränge liegt der Fokus auf der Gegenwart, bis sich diese im Laufe des Buches mit den Einflüssen der Vergangenheit vermischt. Dabei stehen vor allem die Familienverhältnisse im Vordergrund, die geprägt sind durch emotionale Kälte und das Totschweigen wichtiger Themen, was zu Distanz und Sprachlosigkeit untereinander führt. Der Einstieg fällt durch den flüssigen und nahbaren Schreibstil leicht und man ist schnell in der Geschichte gefangen. Die Sätze sind kurz und auf den Punkt gebracht, ohne dass die Emotionalität verloren geht. Dadurch habe ich das Buch recht schnell lesen können.

Insgesamt hat es mir gut gefallen, mich jedoch nicht länger gefesselt. Die Thematik war spannend, gerade vor dem persönlichen Hintergrund des Autors, welcher laut Nachwort die Inspiration aus der eigenen Familiengeschichte nahm. Die Verknüpfung nach Rio war mir dann etwas zu ‚weit weg‘, geographisch und inhaltlich gesehen, wenn es auch die Geschichte letztendlich rund gemacht hat. Auch das Privatleben des Protagonisten war mir zu unrealistisch, es ähnelte dem eines Teenagers, der weder finanzielle Grenzen noch berufliche Verpflichtungen kennt. Dennoch war die Geschichte im Großen und Ganzen stimmig und spannend erzählt, sodass ich mir vorstellen kann, dass es vielen gefallen wird, die mal wieder einen schönen Roman lesen möchten.

Bewertung vom 30.01.2023
Die Perfektionen
Latronico, Vincenzo

Die Perfektionen


sehr gut

Die Protagonisten Anna und Tom sind nach Berlin gezogen und führen dort ein Leben, welches sich als lebensechtes Pinterest-Board eines jeden Millennials beschreiben lässt. Zwischen Frühstücksbowls und Galerieeröffnungen stellt sich ihnen irgendwann die Frage, ob das jetzt alles gewesen ist.

Durch den beschreibenden Erzählstil lässt der Autor vor dem inneren Auge sofort eine Welt entstehen, in die man detailgetreu eintauchen kann. Er entwickelt eine realistische Momentaufnahme des Lebens in Berlin, wodurch das Buch nicht so sehr von Anna und Tom im speziellen handelt, sondern eher den Lifestyle einer Generation im Gesamten portraitiert. Besonders viel erfährt man nicht über die beiden, eher sind sie Stellvertreter einer Kultur des sich-treiben-lassen, alles ausprobieren wollen, etwas links und grün sein, jedoch die Annehmlichkeiten des schönen Lebens nicht missen möchten, individuell sein, aber dennoch mit dem Trend gehen. Wenn auch die Protagonisten auf der Suche nach dem tieferen Sinn sind, ist der Stil nicht rastlos, er beschreibt eine Lebensweise auf das genaueste, ja seziert sie fast in ihren kleinsten Bestandteilen. Dies macht das Buch aus und man findet sich in einer Welt wieder, die man als regelmäßige:r Social Media Nutzer:in bereits zu kennen scheint, aber nie auf diese Weise analysiert und hinterfragt hat. Dabei ist die Erzählung weder wertend noch lebensverändernd, aber eröffnet doch neue Perspektiven. Zusätzlich ist es eine Ode an das Stadtleben mit seinen unbegrenzten Möglichkeiten, offenen Galerien, Cafés, lockeren Bekanntschaften und spontanen Einfällen, wie man sie nur in jungen, ungezwungenen Jahren erleben kann.
Trotz des kurzen Lesevergnügens (125 Seiten) eine abwechslungsreiche, tiefgründige Erzählung, für Menschen in ihren 20ern und 30ern geeignet und für jene, die ganz in das Lebensgefühl einer anderen Generation eintauchen möchten.

Bewertung vom 11.01.2023
Kuckuckskinder / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.11
Läckberg, Camilla

Kuckuckskinder / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.11


ausgezeichnet

Während Patrick Hedström in mehreren Mordfällen ermitteln muss, recherchiert Erica Falck für ihr neues Buch im Stockholm der 80er Jahre. Nach und nach stellt sich heraus, dass die Geschehnisse miteinander in Verbindung stehen..

Auch der 11. Fall des Ehepaars läuft nach dem üblichen Schema, bei dem jeder in seinem Metier ermittelt und sich für die Leser:innen nach und nach ein Gesamtbild ergibt. Ich habe bereits einige Bücher der Reihe gelesen und habe mich daher auf diesen Band gefreut.
Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Die Story ist spanned bis zu den letzten Seiten, immer wieder gibt es unerwartete Wendungen oder Erkenntnisse. Ermittelt wird dieses Mal in der Literatur- und Kunstszene, in Familien der Oberschicht, die ihre Geheimnisse gerne verschwinden lassen würden. Zusätzlich erfährt man in Rückblenden immer mehr über Lola's Leben in den 80er Jahren und kann so fleißig miträtseln. Die Personen werden realistisch beschrieben und man taucht durch die nahhbare Schreibweise direkt in die Geschichte ein. Erica und Patrick als Sympathieträger stehen mit ihrer Familie im Vordergrund der Erzählung, aber auch über die anderen Ermittler:innen erfährt man immer wieder Privates. So hat man neben den Grausamkeiten der Mordfälle immer auch schöne Momente, die einen beim lesen zum schmunzeln bringen, mitfühlen lassen oder das Herz erwärmen. Für mich bringen die Bücher genau das mit, was ich mir von einem Krimi erwarte: spannende Mordfälle und Verwicklungen, beschauliches Dorfleben, hinter dem die Abgründe lauern und sympathische Ermittler:innen - ich freue mich schon auf den nächsten Teil.

Bewertung vom 10.01.2023
Mensch ohne Hund
Nesser, Håkan

Mensch ohne Hund


sehr gut

Wie immer bei Håkan Nesser zieht sich die Geschichte etwas in die Länge und die Auflösung des Falles kommt nur langsam voran, dafür sind die menschlichen Abgründe dieses Mal umso tiefer.
Teilweise fast philosophisch entspannt sich die Erzählung über eine Familie, die zwar nach außen normal scheint, deren Beziehungen jedoch zerklüftet sind.
Barbarotti beweist wie immer seinen guten Spürsinn und Håkan Nesser sein Schreibtalent.

Bewertung vom 10.01.2023
Nacht ohne Schatten / Kommissarin Judith Krieger Bd.3
Klönne, Gisa

Nacht ohne Schatten / Kommissarin Judith Krieger Bd.3


gut

Die Suche nach dem Mörder entwickelt sich in viele Richtungen und wurde mir irgendwann zu unübersichtlich. Es passiert viel, es wird an allen Ecken und Enden ermittelt und zusätzlich verfolgt man mehrere handelnde Personen, die alle ihre eigene Agenda haben.
Gestört hat mich auch dieses Bild der kaputten Ermittlerin, die ihr Privatleben und ihre Emotionen nicht hinten anstellen kann, was man in 80% der Krimis hat.
Spannend war die realistische Darstellung unseres gesellschaftlichen Frauenbildes und die Thematik der Gewalt gegen Frauen, was die Kommissarin und die Leser hilflos zurücklässt.

Bewertung vom 10.01.2023
Projekt Lightspeed
Miller, Joe;Sahin, Ugur;Türeci, Özlem

Projekt Lightspeed


sehr gut

Eine chronologische Aufarbeitung der Entwicklung des ersten COVID-19-Impfstoffes, welche vor allem die beiden Wissenschaftler von Biontech, Özlem Türeci und Ugur Sahin, in den Mittelpunkt rückt. Spannende Einblicke in die Entwicklung, politische Hürden, private Momente und Erinnerungen, und natürlich der wissenschaftliche Hintergrund - all das wird in diesem Buch dargestellt.
Für den Laien war es mir zwischenzeitlich zu wissenschaftlich, hier habe ich dann nur überflogen.