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YukBook
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München

Bewertungen

Insgesamt 273 Bewertungen
Bewertung vom 04.10.2023
Das Geheimnis der Sprakkar
Reid, Eliza

Das Geheimnis der Sprakkar


ausgezeichnet

Es gehört viel Mut dazu, als 27-Jährige von Kanada nach Island zu ziehen. Eliza Reid wagte diesen Schritt der Liebe wegen und ist seit 2016 First Lady von Island. In ihrem Buch hat man nicht den Eindruck, dass sie diesen Schritt je bereut hätte. Im Gegenteil: Für sie ist ihre Wahlheimat einer der beste Orte der Welt für Frauen.

Dies begründet sie anhand ihrer persönlichen Erfahrungen als freie Autorin, Journalistin und Mutter von vier Kindern und Beispielen von Frauen aus verschiedensten Altersgruppen, Schichten und Regionen, die sie für dieses Buch interviewt hat. So konnte ich dieses mir noch fremde Land mal mit den Augen einer Unternehmerin, mal einer Landwirtin, Kapitänin oder Bürgermeisterin näher kennenlernen. Die Autorin stellt Bereiche vor, in denen durch Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit bereits viel erreicht wurde wie großzügige Elternzeitprogramme oder die Literaturszene und wo noch viel Luft nach oben ist wie bei der finanziellen Förderung von Unternehmensgründerinnen.

Manche Themen wie die Geschlechterdiversität haben mich weniger interessiert. Spannend fand ich dagegen, wie Eliza Reid die Medienberichterstattung kritisch analysiert und ihre Rolle als First Lady auf ihre ganz eigene Art und Weise nutzt, um die Gleichstellung von Frauen und Männern weiter voranzutreiben. Im Ganzen fand ich das Gesellschaftsporträt Islands durchmischt mit vielen persönlichen Einblicken sehr informativ und inspirierend.

Bewertung vom 22.09.2023
Worte der Wahrheit / Die Repoterin Bd.2
Simon, Teresa

Worte der Wahrheit / Die Repoterin Bd.2


ausgezeichnet

Im ersten Teil der Dilogie hatte sich die Protagonistin Malou ihre Stelle als Gesellschaftskolumnistin bei einer Münchner Zeitung hart erkämpft. In dieser Fortsetzung steht ihr Privatleben etwas stärker im Fokus.

Als Malou die Wahrheit über ihren Vater erfährt und obendrein eine Tochter zur Welt bringt, zieht das eine Menge praktischer und emotionaler Komplikationen mit sich. Aber auch als berufstätige Mutter, die ihr „Frauennetzwerk“ nutzt, um weiterhin schreiben zu können, bleibt die Figur für mich sehr authentisch. Besonders gern habe ich die Passagen gelesen, in denen sie Stars wie die Rolling Stones, Roy Black oder Zarah Leander interviewt und sie mit klugen Fragen und Geschick zum Reden bringt.

Doch man erfährt nicht nur Interessantes über die Promis, sondern auch über die kulturellen und politischen Entwicklungen und die Aufbruchsstimmung im München der 1960er Jahre. Die Autorin greift historische Ereignisse wie die Olympischen Sommerspiele 1972 oder die erste Mondlandung auf und rollt frisch und lebendig ein spannendes Stück Zeitgeschichte auf.

Bewertung vom 11.09.2023
Muna oder Die Hälfte des Lebens
Mora, Terézia

Muna oder Die Hälfte des Lebens


ausgezeichnet

Dieses Buch möchte man nach der Lektüre zuklappen und sich erleichtert sagen „Zum Glück ist alles nur erfunden.“ Doch ich fürchte, das, was der Ich-Erzählerin widerfährt, kommt in der Realität häufiger vor, als man wahrhaben will.

Muna wächst in einer ostdeutschen Kleinstadt auf und verliebt sich mit achtzehn in den deutlich älteren Lehrer und Fotografen Magnus. Fortan ist sie ihm mit Haut und Haaren verfallen. Muna studiert Literatur, wohnt in Berlin, London und Wien und sammelt berufliche Erfahrungen im geisteswissenschaftlichen Umfeld. Sinn macht das Leben für sie jedoch nur, wenn sie mit Magnus zusammen ist.

Es schmerzt, mitanzusehen, wie eine intelligente und gebildete Frau jegliche Selbstachtung verliert, wenn sie emotional abhängig wird und sich in einer toxischen Beziehung verfängt. Eine Amour fou zwischen einer impulsiven, sinnlichen Frau und einem sich geheimnisvoll gebenden, arroganten Intellektuellen mag eine klischeehafte Konstellation sein, doch was Terézia Mora daraus macht, ist weit davon entfernt. Sie arbeitet mit Stilmitteln, die die Beklemmung nur noch steigern. Abrupte Perspektivwechsel und durchgestrichene Wörter und Sätze wie in einem Tagebuch lassen tief in das Innenleben der Protagonistin blicken. Ähnlich wie die Erzählungen der Autorin „Die Liebe unter Aliens“ wird auch dieser Roman bei mir noch lange nachhallen.

Bewertung vom 23.08.2023
Der Schwimmer
Norton, Graham

Der Schwimmer


ausgezeichnet

Dass Graham Norton ein feines Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen hat, bewies er schon in seinem Roman „Heimweh“. Diesmal geht es um die pensionierte Lehrerin Helen, die in einem kleinen Haus an der irischen Küste lebt. Ihrer fiesen Schwester Margaret, die sich zu ihrem Leidwesen bei ihr eingenistet hat, geht sie am liebsten aus dem Weg und genießt den Meerblick auf ihrer Terrasse.

Eines Tages beobachtet sie, wie ein rothaariger Mann ins Meer hinausschwimmt und nicht mehr wiederkehrt. Das mysteriöse Verschwinden bildet die Rahmenhandlung und den Spannungsbogen der Geschichte. Mit viel Charme erzählt der Autor, wie Helen auf eigene Faust der Sache nachgeht und verschiedene Spuren verfolgt. Es ist ein wahres Kunststück, wie er auf nur 100 Seiten Helens Wesen charakterisiert – zum Beispiel durch ihre Haltung zu ihrer Schwester, ihre Zuneigung zu einem jungen Barkeeper oder ihr Verhalten gegenüber der Polizei. Es ist eine kleine, feine Perle inmitten der weiten Krimilandschaft.

Bewertung vom 01.08.2023
Di Bernardo
Korsakova, Natasha

Di Bernardo


ausgezeichnet

Endlich wartet eine neue Aufgabe auf den Commissario Di Bernardo, den ich schon bei seinen ersten zwei Fällen in die Musikszene begleiten durfte. Diesmal wird er gleich mit zwei Morden neben der Basilica San Giovanni in Laterano konfrontiert, die er nur schwer miteinander in Verbindung bringen kann.

Sofort fühlte ich mich in vertrauter Gesellschaft: Der Commissario, der schnell die Geduld verliert, wenn er in eine Sackgasse gerät und sich darüber ärgert, etwas Wichtiges zu übersehen; sein Partner Del Pino, der immer nach etwas Essbarem Ausschau hält, aber auch fachlich einen guten Riecher beweist, wenn es darauf ankommt.

Natasha Korsakova würzt die flotten Dialoge mit italienischen Ausdrücken und lässt uns während der Ermittlungen die Plätze und Straßen Roms wie bei einer Kamerafahrt erleben. Es war ein großes Vergnügen, bei dem komplizierten Fall mitzutüfteln, nebenbei Interessantes über die Kunst des Bogenbaus zu erfahren und den von ihr gespielten Musikstücken zu lauschen, die man per QR-Code abrufen kann. Manchmal fragte ich mich, von welchen realen Personen und persönlichen Erlebnissen sich die Violinistin wohl inspirieren ließ. Fest steht, dass sie als engagierte Umweltschützerin ihren persönlichen Bezug zum brasilianischen Regenwald raffiniert verarbeitet hat.

Bewertung vom 18.07.2023
So weit der Fluss uns trägt
Read, Shelley

So weit der Fluss uns trägt


ausgezeichnet

Der Roman beginnt mit einer zarten Liebesgeschichte zwischen der Ich-Erzählerin Victoria Nash und Wilson Moon. Seit dem Tod ihrer Mutter wächst Victoria in einem Männerhaushalt auf, der ihr viel abverlangt. Dass Menschen sich auch um ihr Wohl sorgen und liebevoll sein können wie Wilson, ist für die 17-Jährige neu. Doch seine indianische Herkunft wird ihrer Beziehung zum Verhängnis.

Ich habe die Heldin auf ihrem Weg von einem ängstlichen, abhängigen Mädchen zu einer auf sich selbst gestellten, widerstandsfähigen Frau, die auch vor schweren Entscheidungen nicht zurückschreckt, mal empathisch, mal fassungslos begleitet. Ihre enge Verbundenheit zur Natur, aus der sie Kraft schöpft, und den Kreislauf von Geben und Nehmen beschreibt die Autorin in stimmungsvollen Bildern und erweckt die Pfirsichplantagen und Berge Colorados entlang dem Gunnison River zum Leben. Die unterschiedlichen Frauenfiguren, die Victoria zur Seite stehen, fand ich allesamt interessant, während mir die Männer etwas stereotyp vorkamen, besonders die Figur des bösen Bruders, die sich wiederholt.

Ich bin froh, dass ich mich für das Hörbuch entschieden habe. Die Sprecherin Melika Foroutan liest sanft, unaufdringlich und kitschfrei in einem langsamen Tempo, das mir genügend Raum gab, um die Dramatik und Tragik einzelner Ereignisse auf mich wirken zu lassen.

Bewertung vom 13.07.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


ausgezeichnet

Am Anfang des Romans wähnte ich mich in einer Gesellschaftssatire über zwei wohlsituierte Familien aus Wien, die in der Toskana gemeinsam Urlaub machen. Ich amüsierte mich über die herrlich pointierten Dialoge, die die markanten Figuren bestens charakterisieren. Doch dann geschieht ein Unglück, das die Geschichte in eine völlig andere Richtung lenkt als erwartet.

Neben der Haupthandlung rund um die Folgen des Unglücks geht es um Ehekonflikte, Erziehungsfragen und Teenagersorgen, um Vorurteile, Egoismus und moralisches Handeln. Anhand von eingestreuten Pressemeldungen und Postings in Internetforen führt uns der Autor mit viel Ironie und Sprachwitz vor Augen, wie eine Tragödie medial ausgeschlachtet und im Netz breitgetreten wird – noch dazu wenn eine Politikerin im Spiel ist – und jeder meint, seinen Senf dazugeben zu müssen.

Ich finde es großartig, wie er das Sittenbild einer privilegierten Gesellschaft mit einem tragischen Flüchtlingsschicksal verknüpft hat. Die einen kämpfen um die Rettung ihres Rufs und ihrer Karriere, die anderen ums nackte Überleben. Auf mich trifft der Romantitel nicht zu, denn die Geschichte ging mir unter die Haut!

Bewertung vom 28.06.2023
Wie wir brennen
Hall, Sarah

Wie wir brennen


gut

Dieser Roman weckt schmerzhafte Erinnerungen an den Corona-Lockdown. Bei der Ich-Erzählerin Edith ist es ein gefährliches Norovirus, das sie und ihren Geliebten Halit in die Isolation zwingt, doch die verheerenden Folgen für den Alltag und das gesellschaftliche Leben sind vergleichbar.

Edith beschreibt sehr intensiv, was sie durchmacht, als die Krankheit bei Halit immer weiter fortschreitet. Die beiden versuchen, der Hilflosigkeit mit ihrer Liebe füreinander zu trotzen. Sätze wie „Wir hatten nur die Liebe; als Währung war sie nutzlos, aber beim Verdrängen eine Macht“ prägen sich ein. Rückblicke auf ihre Laufbahn als Bildhauerin, an ein Austauschprogramm in Japan, wo sie die Technik der Holzverbrennung erlernte, ihr toxisches Verhältnis zu ihrem früheren Freund Alit und ihrer schwerbehinderten Mutter Naomi wechseln sich ab mit philosophischen Gedanken über Menschlichkeit und emotionale Grausamkeit.

Die Metapher des Brennens, die sich durch den gesamten Roman zieht, und die ausdrucksstarke lyrische Sprache gefielen mir gut. Vieles jedoch hätte für meinen Geschmack etwas weniger extrem und drastisch erzählt werden können. Für die eigene Vorstellungskraft bleibt da nur wenig Spielraum. So musste ich mich durch einige anstrengende Passagen durchkämpfen.

Bewertung vom 24.06.2023
Die Modemacherin von Paris - Mit ihren Kleidern verzauberte Elsa Schiaparelli die Menschen. Für ihr Glück und ihr Kind musste sie kämpfen. ¿
König, Mina

Die Modemacherin von Paris - Mit ihren Kleidern verzauberte Elsa Schiaparelli die Menschen. Für ihr Glück und ihr Kind musste sie kämpfen. ¿


ausgezeichnet

In einem Fernsehbericht hatte ich das erste Mal von der italienischen Modeschöpferin Elsa Schiaparelli gehört und war beeindruckt von ihrem ausgefallenen Stil. Daher war ich sehr neugierig, in diesem Roman mehr über sie zu erfahren. In der Modebranche Fuß zu fassen, ist schwer genug. Elsa Schiaparelli jedoch hatte, als sie 1922 von New York nach Paris zog, darüber hinaus für ein krankes Kind zu sorgen. Die Autorin dringt tief in die Gefühle, Wünsche und Zweifel der Protagonistin ein. Der Zwiespalt zwischen Elsas beruflichem und künstlerischem Ehrgeiz einerseits und der Sorge um die Tochter, die dringend eine Therapie benötigt, um besser gehen zu können, ging mir sehr nahe.

Ich erinnere mich jetzt noch an viele Szenen, in denen Elsa mit ihrem Temperament, ihrer rebellischen Art und Schlagfertigkeit die konservative Gesellschaft aufmischte. Das Entsetzen über Elsas gewagte Kreationen konnte ich mir bildlich vorstellen. Mit ihren originellen Ideen, ihrem Tatendrang und Selbstbewusstsein ist sie mir immer mehr ans Herz gewachsen.

Mina König bereichert die Geschichte über Elsas hürdenreichen Weg von ihrer Anstellung im Kaufhaus Galeries Lafayette bis zu ihrem großen Durchbruch durch reale Zeitgenossen wie Francis Picabia, Man Ray und ihre Gegenspielerin Coco Chanel und versetzt uns in die damalige Kunst- und Modeszene, in der die Avantgardisten und die Verfechter des klassischen Stils aufeinanderprallten. Nach "Miss Hollywood" und "Mademoiselle Oppenheim" ist dies die dritte spannende Romanbiografie von ihr, die ich innerhalb weniger Tage verschlungen habe.

Bewertung vom 20.06.2023
Sehnsucht Skandinavien

Sehnsucht Skandinavien


ausgezeichnet

Bücher von Astrid Lindgren, ABBA-Songs, dänische TV-Serien und Städtetrips nach Kopenhagen und Stockholm haben mein Faible für die skandinavischen Länder stetig verstärkt. Von dem Titel dieses Hörbuchs fühlte ich mich daher sofort angesprochen und hoffte, meine Wissenslücken besonders in Richtung Norwegen, Finnland und Island ein wenig zu schließen.

Die akustische Reise beginnt auf zwei Rädern in Dänemark auf Fünen, wo wir erfahren, wie weit die Bedeutung des schon oft gehörten Ausdrucks „Hygge“ reicht. Hellhörig wurde ich bei dem Namen Arne Jacobsen, der unter anderem den berühmten Egg Chair und das Kopenhagener Hotel Royal entworfen hat. Mir gefiel, dass in vielen Beiträgen nicht nur die Orte vorgestellt, sondern auch die Menschen mit einbezogen werden und zu Wort kommen – wie zum Beispiel die Hotelmitarbeiter, die sich mit dem Gebäude und dem Design von Jacobsen emotional verbunden fühlen.

Vom Museum of Failure in Helsingör oder dem größten Supermarkt der Welt in Ullared hörte ich zum ersten Mal. Das Ambiente wird so authentisch vermittelt, dass ich das Gefühl hatte, selbst durch die Regalreihen zu schlendern. Ein Kapitel widmet sich ausführlich der finnischen Saunakultur, die in einem viel größeren Maß zelebriert wird als ich dachte. Ich habe auf dieser sehr abwechslungsreichen Reise viele Kunst-, Architektur- und Naturhighlights kennengelernt, die ich unbedingt live erleben möchte, und konnte dabei in das typisch skandinavische Lebensgefühl eintauchen.