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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 532 Bewertungen
Bewertung vom 20.05.2024
Die Dämmerung / Art Mayer-Serie Bd.2
Raabe, Marc

Die Dämmerung / Art Mayer-Serie Bd.2


ausgezeichnet

Als eine Tote im Königswald gefunden wird, trauen die Polizisten ihren Augen kaum, denn die Frau wurde an den Baum gebunden und hat ein Hirschgeweih auf dem Kopf. Es handelt sich um Charlotte Tempel, die reiche Witwe eines Waffenhändlers und eine beliebte sowie spendable Wohltäterin. Leo Tempel, die einundzwanzigjährige Tochter der Toten, gerät schnell unter Verdacht, denn die rebellische und bereits polizeibekannte Frau hatte kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter. Art Mayer und Nele Tschaikowski ermitteln und insbesondere Art ist von der Schuld der jungen Klimaaktivistin nicht überzeugt. Nachdem eine weitere Tote ähnlich bizarr zur Schau gestellt wird, verdichten sich allerdings die Beweise, die auf Leo hindeuten.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Teil der Reihe mit Artur Mayer und seiner Kollegin Nele Tschaikowski. Den ersten Teil muss man nicht dringend gelesen haben, allerdings gibt es die ein oder andere Kleinigkeit im Privatleben beider Ermittler, die dann unklar sein könnte, was zusätzlich im Hinblick auf den aktuellen Fall gravierende Auswirkungen haben könnte. Ich fand den Reihenauftakt mehr als großartig und möchte die Reihe jedem empfehlen, der auf außergewöhnliche Charaktere und rasante Thriller steht. Besonders Art Mayer hat es mir angetan, denn unter seiner rauen Schale steckt oft ein weicher Kern, der ihn menschlich und sympathisch rüberkommen lässt.

Die bizarren Morde, die in den Fall verwickelten Personen sowie die geheimnisvollen Passagen, die zusätzlich eine weit zurückliegende Geschichte erzählen, die mich anfangs mehr verwirrt, als dass sie zur Lösung beitragen würde, machen den Thriller zu einem außergewöhnlichen Lesevergnügen, ich fliege förmlich durch die Seiten und bekomme nicht genug. Immer wieder gibt es einen kleinen Hinweis, der zur richtigen Spur führt, aber ich ahne nicht einmal, worauf es hinauslaufen könnte, denn natürlich gibt es falsche Fährten, die mich verwirren sollen, was, wie ich zugeben muss, auch funktioniert. Unausweichlich steuert das Geschehen auf eine Lösung zu, die Spannung steigt ins Unermessliche und ich platze fast vor Ungeduld, weil ich wissen will, wie es ausgeht. Was dann passiert, habe ich nicht erwartet, Marc Raabe lässt die Bombe platzen und ich fasse nicht, welche Richtung er dabei vorgibt. Kurz bin ich verwirrt, die Erklärung folgt und ich bin begeistert, wie raffiniert alles zusammenpasst. Das war Nervenkitzel vom feinsten und ich bin traurig, dass er vorüber ist. Ich wäre bereit für die Fortsetzung und kann es kaum erwarten, zu erfahren, wie es weitergeht.

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.05.2024
Die Verlierer
Hammesfahr, Petra

Die Verlierer


ausgezeichnet

Fred Keller erscheint Anfang Juli auf der Polizeiwache und meldet seine Frau als vermisst, nachdem sein Schwager ihm vorgeworfen hat, Kirsten getötet zu haben. Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass Kirsten bereits seit über einer Woche nicht mehr gesehen wurde, auch von dem dreizehnjährigen Stiefsohn von Keller fehlt jede Spur. Kriminalhauptkommissarin Rita Voss befürchtet ein Verbrechen, ihr neuer Chef beim KK11 indessen geht von einer Privatangelegenheit aus. Beide wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass zum Zeitpunkt des Verschwindens von Kirsten eine weitere Frau verschwunden ist.

Der Prolog ließ bereits nichts Gutes erkennen, allerdings war lange nicht klar, wie dieser mit der folgenden Geschichte zusammenhängt. Erst zum Ende hin kristallisierte sich heraus, wie dieses Ereignis ins Gesamtbild passt. Die laufenden Ermittlungen wurden durch Erzählungen einer unbekannten Person unterbrochen, deren Ausführungen zwar erschütternd und emotional waren, allerdings sah ich keinen Zusammenhang zu dem vorliegenden Fall, bis die einzelnen Erzählstränge irgendwann ineinander griffen und mich sprachlos gemacht haben, weil erst da für mich klar wurde, um was es eigentlich geht. Was für eine aufwühlende und spannende Story das war! Obwohl fast überwiegend unblutig, war mein Kopfkino unerbittlich und zeigte mir Szenen, die ungeheuerlich waren. Umso erstaunter war ich, als es zum Ende hin eine Enthüllung gab, die mich an meinem Geisteszustand zweifeln ließ. Wie perfide ich hinters Licht geführt wurde, das war schon ziemlich krass! Mein Verdacht hatte sich nicht bestätigt, dann gab es eine weitere Wendung und die Auflösung hat mich vollends überrascht, denn es war doch vieles anders als gedacht. Großartige Unterhaltung, so liebe ich das!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.05.2024
Ingenium
Trussoni, Danielle

Ingenium


ausgezeichnet

Seit er bei einem Footballspiel ein Schädelhirntrauma erlitten hat, ist für Mike Brink nichts mehr, wie es war. Die kompliziertesten und komplexesten Rätsel stellen für ihn kein Problem mehr dar, Sprachen lernt er spielend leicht, indem er Grammatikbücher liest, und sein Gedächtnis lässt ihn alles behalten, sogar Dinge, die unwichtig sind. Als die Gefängnispsychologin Dr. Thessaly Moses ihn um Hilfe bittet, ist Mike erst skeptisch, handelt es sich bei der Patientin, um die es geht, um die vor einigen Jahren wegen Mordes verurteilte Jess Price. Mit einer seltsamen Zeichnung, die die Insassin gezeichnet hat, ködert die Psychologin Mike, der keine Ahnung hat, worauf er sich da eingelassen hat, bis es zu spät ist.

„Ich habe gelitten, aber es ist das Leiden eines Mannes, der sich eine eigene Folterkammer erschaffen hat. Ich glaubte, ich könnte wissen, was nicht gewusst werden sollte. Ich wollte Dinge sehen, geheime Dinge, und so lüftete ich den Schleier zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen und blickte direkt in die Augen Gottes. Das ist das Wesen des Rätsels: abwechselnd Schmerz und Vergnügen zu bieten.“ (Seite 16)

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den ersten Teil einer Reihe mit Michael - Mike - Brink, der einzigartige Fähigkeiten besitzt. Bisher ist lediglich ein weiteres Buch angekündigt, das bei uns im September erscheint, aber bereits jetzt wollte ich wissen, ob es danach weitergeht, habe also die Autorin angeschrieben und nachgefragt. Die sympathische Danielle Trussoni hat mir freundlicherweise mitgeteilt, dass sie zwar plant, einen dritten Teil zu schreiben, aber noch nicht weiß, wann dieser veröffentlicht wird. Mir persönlich reicht die Information, dass es mit dem nächsten Band noch nicht zu Ende geht!

Ich bin nicht so gut ins Buch gestartet, wie ich es angesichts des Klappentextes erwartet hätte. Das erste Kapitel enthielt einen geheimnisvollen Brief, der abrupt endet, und danach ging es fast sofort mit der Geschichte los, aber trotzdem kam bei mir zuerst keine große Lust auf die folgenden Seiten auf. Ich befürchtete schon, dass ich mich durchquälen oder das Buch sogar abbrechen würde, als das Unglaubliche geschah und die Story mich förmlich gefangen nahm. Dies passierte fast unmerklich, in einer Sekunde war ich mässig begeistert, in der anderen gefesselt und kaum in der Lage, das Buch aus der Hand zu legen. Es schien, als ob eine geheimnisvolle Macht eingeschritten wäre, die mich verzaubert hat, was übrigens wunderbar zum Thema passt. Einmal eingetaucht, kam ich erst wieder zu mir, als das Ende kam, und konnte kaum glauben, was dazwischen alles geschah.

Dieses Buch besticht durch interessante Einblicke in die Welt der Rätsel, behandelt aber auch Themen wie Religion, göttliche und mystische Wesen, andere Dimensionen sowie unerklärliche Vorkommnisse in dieser und einer anderen Welt. Es ist eine phantastische Reise in jahrhundertalte Mysterien, unfassbar spannend, die mir großen Spaß bereitet hat, obwohl ich ein rationaler Mensch bin und für diese Dinge selten zu begeistern. Ich bin sehr froh, meine Wohlfühlzone verlassen zu haben und in diese Welt eingetaucht zu sein, denn dieses Leseerlebnis war wirklich beglückend! Zugeben muss ich, dass ich ein oder zweimal nicht hundertprozentig verstanden habe, um was es geht, allerdings ist das nicht schlimm, denn so komplex manche Erklärungen sind, die Auflösung macht es wieder wett. Nun freue ich mich auf ein Wiedersehen mit Mike, wenn der nächste Teil mit dem Titel „Invictum: Das zweite Rätsel“ im bevorstehenden Herbst erscheint.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.05.2024
Ein grundzufriedener Mann
Russo, Richard

Ein grundzufriedener Mann


ausgezeichnet

In der ruhigen Kleinstadt North Bath leben allerlei skurrile Personen, eine davon ist Donald Sullivan, von allen nur Sully genannt. Wenn er nicht gerade einer Gelegenheitsarbeit nachgeht, die im allgemeinen schwarz bezahlt wird, findet man ihn bei Hatties, während er seinen Kaffee trinkt, oder in der letzten Kneipe der Stadt an der Theke. Verantwortung ist ihm fremd, Glück ebenso und Pech sein zweiter Vorname. Als die Ehe seines Sohnes Peter zerbricht und dieser mit seinem Sohn Will bei Sullys Ex-Frau Vera Unterschlupf findet, nähern Vater und Sohn sich allmählich an.

Richard Russo hat mit dem vorliegenden Buch ein Bild von einem Amerika jenseits des Glamours gezeichnet. Eine heruntergekommene Kleinstadt, seit Jahrzehnten im Sterben begriffen, dazu ein Potpourri an Einwohnern jedes Alters und jeder Schicht, Freundschaften, Feindschaften und jede Menge spleeniger Charaktere ergeben mit der Suche nach dem großen Glück, dem manch einer der Bewohner nachjagt, eine Geschichte, die mich über 777 Seiten lang wunderbar unterhalten hat und doch kann ich nicht genug davon bekommen. Da ist Rub, der beste Freund von Sully und nicht die hellste Kerze auf der Torte, gelinde gesagt, der aber unermüdlich an dessen Seite steht und jede Arbeit verrichtet, die Sully besorgt, zufrieden damit, seinem Kumpel zu gefallen. Oder Carl, ein wohlhabender Bauunternehmer, der die miesesten Arbeiten an Sully delegiert, dessen Not er ausnutzt, der verheiratet ist mit der schönsten Frau der Stadt und trotzdem seinen Willi nicht im Hosenstall lassen kann. Der einbeinige Anwalt, starker Alkoholiker und kaum in der Lage, einen Rechtsstreit zu gewinnen, könnte das Bild abrunden, wenn es nicht noch viele andere Figuren gäbe, die ähnlich extravagant bis originell wären, allen voran Sully, der tragische Held. Sully hat viele gute Eigenschaften, aber zeigen kann er sie meistens nicht. Dennoch hat er, genauso wie die meisten Einwohner von North Bath, das Herz auf dem richtigen Fleck, denn wenn es darauf ankommt, kommt er zur Hilfe, allerdings nur, wenn er es vorher nicht vergisst.

Der großartige Schreibstil und das immense Talent von Richard Russo, der ein meisterhafter Geschichtenerzähler ist, machen das Buch zu einem Lesevergnügen der besonderen Art. Auf keiner einzigen Seite des Buches kam Langeweile auf, nie habe ich das Gefühl, eine Kürzung hätte der Story gutgetan. Im Gegenteil könnte ich weitere hundert Seiten lesen und bekäme trotzdem nicht genug. Mit einem feinen Humor und mit genügend Ironie gespickt, hält Russo der Gesellschaft einen Spiegel vor und lässt seine Figuren in Situationen schlittern, die alltäglich sind. Die Situationskomik lässt mich immer wieder auflachen, sogar wenn die Umstände eher tragisch, als lustig sind. Die Verzweiflung ist oft spürbar, wechselt sich ab mit Hoffnung und der Sehnsucht nach Glück. Am Ende bin ich traurig, dass die Reise zu Ende ist, aber auch glücklich, dass ich dabei sein durfte, und ganz besonders, dass es weitergeht mit North Bath und seinen Bewohnern, denn mit dem Folgewerk „Ein Mann der Tat“ geht es für mich dahin zurück. Ich kann es kaum erwarten und freue mich!

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.05.2024
Kopfgeld / Edith - Eine Frau geht ihren Weg Bd.3
Hofmann, Sabine

Kopfgeld / Edith - Eine Frau geht ihren Weg Bd.3


ausgezeichnet

Die Journalistin Edith Marheinecke ist mit ihrer Kamera auf dem Weg zur Ausgabestelle, es ist Juni 1948, im Ruhrgebiet wird das neue Geld ausgegeben, die D-Mark ersetzt die Reichsmark. Unterwegs kann Edith nicht widerstehen und fotografiert, an Motiven fehlt es ihr hierbei nicht. Kurze Zeit später kommt sie zum Schauplatz eines Unfalls; ein Mann geriet vor eine Straßenbahn, schnell stellt sich heraus, dass er gestoßen worden ist. Auf dem Weg zurück zur Redaktion wird Edith überfallen, die kostbare Kamera wird ihr gestohlen, sie selbst bleibt zum Glück unverletzt. Die Frage ist, ob der Dieb es auf die Kamera, oder aber die Fotos abgesehen hat, die vielleicht zufällig etwas abbilden, was auf die Täterperson schließen lässt.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den dritten Teil einer Reihe mit der Journalistin Edith Marheinecke. Die Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden, wichtige Informationen zu der besonderen Frauenfigur, die Sabine Hofmann erschaffen hat, werden immer wieder eingestreut, aber nichts aus dem vorherigen Band verraten, das zur Aufklärung des Falls, um den es dort ging, beigetragen hat. Viele Beteiligte trifft man hier wieder, worüber ich mich sehr gefreut habe. Besonders das Wiedersehen mit den Beamten der Polizei habe ich genossen, Oberinspektor Dietrichs ist mein Favorit, wenn es um die auch hier durchgeführten Ermittlungen geht.

Das vorliegende Buch ist als Roman gekennzeichnet, dies wird der Geschichte aber meiner Meinung nach nicht gerecht, denn abgesehen von den akribisch recherchierten Fakten, was die damalige Zeit angeht, zeichnet sich dieser Teil der Buchreihe durch eine überraschend hohe Spannung aus, die sich durch das gesamte Buch zieht. Dabei gibt es verschiedene Erzählstränge, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, die sich aber im weiteren Verlauf aufeinander zubewegen, um sich erst zu kreuzen und dann in einer Auflösung zu münden, die keine Fragen offen lässt. Ich bleibe begeistert zurück und hoffe, dass ich nicht allzu lange auf den nächsten Band warten muss.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.05.2024
Der Eindringling / Lincoln Rhyme Bd.15
Deaver, Jeffery

Der Eindringling / Lincoln Rhyme Bd.15


sehr gut

Ein Unbekannter bricht in die Wohnungen von Frauen ein, trinkt oder isst dort etwas, stiehlt mehr oder weniger wertloses Zeug und verschwindet unbemerkt. Keine noch so gute Sicherheitsmaßnahme und kein Schloss kann ihn aufhalten, jede Alarmanlage überwindet er mühelos. Lincoln Rhyme könnte bei seiner Ergreifung helfen, wurde aber suspendiert, gegen ihn wurde eine Ermittlung wegen Beweisfälschung eingeleitet. Dazu heizt eine anonyme Person im Internet die Stimmung an, die Stadt ist in Aufruhr und der unbekannte Täter kurz davor, jemanden zu töten. Die Zeit drängt.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich bereits um den fünfzehnten Teil der großartigen Buchreihe mit Lincoln Rhyme und seiner Frau Amelia Sachs. Der im Rollstuhl sitzende Kriminalist und die toughe rothaarige Detective, die früher ein Mannequin war, ergänzen sich auch in diesem Band hervorragend, dazu gibt es natürlich ein Wiedersehen mit den üblichen Verdächtigen, die mir mal mehr und mal weniger ans Herz gewachsen sind. Die vorherigen Bücher muss man nicht zwingend gelesen haben, um der Geschichte folgen zu können, wenn etwas wichtig ist für den aktuellen Fall, wiederholt der Autor dies, um das Gedächtnis der Leserschaft aufzufrischen.

Wie bei Jeffery Deaver üblich, setzt dieser nicht auf blutige Schockeffekte, die gute alte Laufarbeit sowie das Sammeln und Auswerten von Beweisen stehen im Vordergrund. Es gibt mehrere, parallel laufende Erzählstränge, interessante Verwicklungen und natürlich auch einen Widersacher, der mit allen Wassern gewaschen ist. Mehrere Wendungen geben der Story die nötige Abwechslung, die Charaktere sind toll ausgearbeitet und an Spannung fehlt es nicht. Eigentlich, muss ich sagen, denn eine Besonderheit des Autors ist es, ungewöhnliche Szenarien zu kreieren, um die Leser zu täuschen, bevor er mit einer unerwarteten Wendung zur Stelle ist. Diese Vorgehensweise ist nun nach fünfzehn Büchern der Reihe ein wenig abgenutzt, da man dies erwartet, was dazu führt, dass das Überraschungsmoment fast gar nicht vorhanden ist. Dies möchte ich bemängeln, weil so der Ausgang jeder Situation von vornherein feststeht, was den Nervenkitzel ein wenig dämpft. Ansonsten aber war es wie üblich eine tolle Story, die mich sehr gut unterhalten hat, sodass ich bereits jetzt der Fortsetzung entgegenfiebere.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.05.2024
Seltsame Blüten
Ryan, Donal

Seltsame Blüten


ausgezeichnet

Irland, 1973. Kit und Paddy Gladney sind einfache Leute, ihr kleines Cottage gehört Paddys Arbeitgeber, zusätzlich liefert der über Sechzigjährige im Dorf die Post aus. Erst spät hat das gläubige Paar ein Kind bekommen, welches das größte Glück im Leben ihrer Eltern ist. Umso höher das Entsetzen, als Mary, die Moll genannt wird, mit zwanzig über Nacht verschwindet, ohne Abschied einen Bus nach London nimmt und unauffindbar bleibt. Erst fünf Jahre später kommt Moll zurück, als wäre nichts geschehen. Gerade lassen Klatsch und Tratsch darüber nach, als der Dorfpolizist an die Tür klopft und ungeheuerliche Neuigkeiten überbringt.

„Sie ging auf die sechzig zu, die Paddy bereits hinter sich gelassen hatte, und Moll war das Wunder in ihrer Lebensmitte gewesen, ihr Lächeln von Gott, und jetzt war Moll weg, und auf ihren Schultern spürten sie das schreckliche Gewicht all der Dinge, die sie über die Welt nicht wussten.“ (Seite 18)

Was da kurz nach der Rückkehr von Moll aus England zutage kommt, darauf möchte ich nicht näher eingehen, weil es zwar einerseits Einfluss nimmt auf die gesamte Familie und seine Kreise zieht in die Nachbarschaft, um nicht zu sagen, es betrifft das ganze Dorf, ich andererseits aber die Überraschung darüber, um was es sich handelt, keinem Leser und keiner Leserin nehmen möchte. Man gestatte mir im übrigen einen kleinen Zwischenruf, der zwar nichts mit der Geschichte zu tun hat, aber angesichts meines ersten Satzes dieses Abschnitts angebracht ist: Wem mein erster Satz bereits zu lang und zu verschachtelt sein sollte, wird sich bei der Lektüre sehr wundern, denn manche Sätze dort nehmen eine halbe Seite ein. Ich liebe das, auch wenn es manchmal etwas anstrengend sein kann. Mit voller Konzentration auf das Buch sollte dies aber nun wirklich kein Problem sein.

Das Leben der Familie im weiteren Verlauf wird von Donal Ryan so anschaulich beschrieben, dass ich oft das Gefühl habe, dabei gewesen zu sein. Die Abschnitte handeln von jeweils einem Mitglied der Familie, vermischen sich aber im Laufe der Zeit, wenn es zum besseren Verständnis passt. Als dies zum ersten Mal passiert, bin ich kurz irritiert, gewöhne mich aber schnell daran. Das Buch zieht mich kontinuierlich in seinen Bann, ich kann mir nicht vorstellen, dass es noch interessanter werden kann, als einige Dinge passieren, die mich erstaunen, entzückt lese ich ohne Pause weiter und erfreue mich daran.

Die Hochs und Tiefs, die Freuden, das Leid, Zufälle und Absichten, das Miteinander und auch das Alleinsein, das ganze verdammte Leben kann so unglaublich spannend sein. Auf den letzten Metern erfahre ich noch so einiges, von dem ich nicht wusste, dass es relevant ist, rückblickend erscheint einiges, das unwichtig schien, ganz anders, werden Momente weniger schlimm oder andersrum. Immer wieder bin ich überwältigt, wütend, erstaunt, peinlich berührt und manchmal weine ich still vor mich hin. Alle Fragen werden beantwortet, sogar die, von denen ich nicht ahnte, dass ich die Antwort wissen will. Je näher das Ende kommt, desto weniger wünsche ich es herbei, denn ich könnte endlos weiterlesen. Aber nichts ist unendlich und so lasse ich los, lege das Buch beiseite und lächle vor mich hin. Große Freude überkommt mich und das ist doch des Lesens Sinn. Großartig!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.05.2024
Die Strafe / Erdmann und Eloglu Bd.3
Borck, Hubertus

Die Strafe / Erdmann und Eloglu Bd.3


gut

In dem Müllkeller eines Hochhauses verbrennt eine Frau, der Ausgang wurde blockiert und an die Wand geschrieben steht: Ich sehe, was du tust! Durch den darauffolgenden Brand in einem Bordell, bei dem ein erfolgreicher Rechtsanwalt stirbt, ergeben sich Hinweise darauf, dass beide Brände absichtlich gelegt wurden, um Umweltsünder zu bestrafen. Franka Erdmann und Alpay Eloglu ermitteln fieberhaft, denn anscheinend war das erst der Anfang.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den dritten Teil der Reihe mit den Ermittlern Erdmann und Eloglu. Man muss die ersten beiden Teile nicht unbedingt gelesen haben, um folgen zu können. Das Privatleben spielt zwar eine Rolle, aber nur eine untergeordnete, wichtige Informationen aus zurückliegenden Büchern werden gelegentlich eingestreut. Das ungleiche Ermittlerduo kommt menschlich sehr sympathisch rüber und harmoniert meistens gut zusammen. Erfreulicherweise wechselt die Perspektive zwischen den beiden Ermittlern, aber auch anderen Personen, von denen eine eindeutig etwas mit den Taten zu tun hat. Dies bringt Abwechslung und lädt immer wieder zum raten ein, allerdings kam ich der Lösung erst sehr spät etwas näher.

Thematisch war ich anfangs vom Buch nicht angetan, begegnet mir das Thema Klima im wahren Leben zurzeit permanent, was natürlich absolut richtig und wichtig ist, womit ich mich aber lieber auf anderen Wegen beschäftigen möchte. Glücklicherweise wurde es nicht in den Vordergrund gestellt, sondern geschickt in die Geschichte eingebaut, sodass es mich kurze Zeit später nicht mehr übermäßig gestört hat. Den Verlauf der Ermittlung empfand ich diesmal trotzdem ein wenig zäh, es gab einfach zu viele uninteressante Abschnitte, die mich nicht gefesselt haben. Dennoch trug mich der wirklich großartige Schreibstil durchs Buch, ich fieberte auf das Finale hin und war zufrieden mit der Auflösung. Mehr Krimi als Thriller, aber dadurch nicht weniger lesenswert. Ich freue mich auf die Fortsetzung, die nächstes Jahr erscheinen soll!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.04.2024
Five Minds
Morpuss, Guy

Five Minds


ausgezeichnet

In einer fernen Zukunft wird das Problem der Überbevölkerung gemeistert, indem verschiedene Möglichkeiten angeboten werden, das Platzproblem zu lösen. Bereits als Siebzehnjährige müssen sich die Menschen für eine von vier Existenzformen entscheiden; wie zum Beispiel Alex, Ben, Kate, Mike und Sierra dies getan und sich für einen Multiplen entschieden haben, was heißt, dass fünf Personen sich einen Körper teilen. Die wichtigste Währung in dieser Welt ist die Zeit und um diese spielen die Mitglieder des Multiplen in einem Todespark gegen andere Teilnehmer. Plötzlich verschwindet eine Person, ein Toter taucht auf und dann läuft alles schief, was schief laufen kann. Ein Mitglied des Multiplen spielt ein falsches Spiel, der Einsatz ist nichts weniger als das Leben.

„Als wir Krankheiten besiegt hatten, haben wir den Tod zurückgedrängt. Wenig später konnte uns nichts mehr töten, ausgenommen Pech und Alter. Sehr hohes Alter. Die Folge war eine Bevölkerungsexplosion. Ein Planet, der schon angeschlagen war, stand vor dem Aus.“ (Seite 97)

Was für eine abgefahrene Idee! Fünf Personen teilen sich einen Körper, jede von ihnen bekommt dafür fünfundzwanzig Jahre gutgeschrieben, sodass der Multiple über 140 Jahre lebt. Da kann man es fast verschmerzen, dass pro Mitglied täglich lediglich vier Stunden zur freien Verfügung stehen, bevor es einen Wechsel gibt. Übrigens fand ich die anderen drei Möglichkeiten ebenfalls durchaus interessant, hier lobe ich den Einfallsreichtum des Autors. Soweit so gut. Anfangs hatte ich befürchtet, dass ich gegebenenfalls Probleme damit haben würde, zu verstehen, wie der exakte Ablauf diese Prozedur und vieler anderer Prozesse im Buch wäre. Diese Sorge war absolut unbegründet, denn der Autor verstand es meisterlich, auch die kompliziertesten Vorgänge einfach sowie verständlich zu formulieren und zu erklären.

„Aber so einleuchtend ist die Mathematik hier nicht. Wir bekommen weitere einhundertfünfundzwanzig Jahre, jedoch nur vier Stunden täglich, also hat jeder von uns alles in allem rund zwanzig Jahre.“ (Seite 109)

Aus verschiedenen Perspektiven ergab sich nach und nach ein Bild der aktuellen Situation, unterbrochen wurde die Handlung durch Rückblenden zum ersten Treffen der fünf Protagonisten vor über zwei Jahrzehnten sowie durch andere Rückblicke, die vergangene Geschehnisse thematisierten. Die Mitglieder hatten Spiele zu absolvieren, die mir wahrscheinlich mindestens so gut gefielen, wie der spielenden Person, wenn nicht sogar noch besser, denn ich hatte im Gegensatz zu ihnen nichts zu verlieren, schon gar nicht meine Lebenszeit.

Die abwechslungsreiche Handlung sowie unerwartete und überraschende Wendungen rundeten das Bild ab, auf die tatsächliche Auflösung wäre ich wohl nie gekommen, und auch das Ende mochte ich sehr. Für mich ein grandioser Genre-Mix, der nichts weniger verdient, als eine Verfilmung, sich bis dahin aber damit begnügen muss, dass ich meine Begeisterung in die Welt rufe. Lesen!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.04.2024
Väter sind was Wunderbares, das muss man den Müttern nur immer wieder sagen
Bayer, Alexander

Väter sind was Wunderbares, das muss man den Müttern nur immer wieder sagen


ausgezeichnet

Alexander Bayer ist Vater von drei Kindern, seine drei Söhne inspirierten ihn dazu, das vorliegende Buch zu schreiben. Dabei geht es nicht immer ernsthaft zu, der Humor steht direkt an zweiter Stelle, oft sogar im Vordergrund, was das Buch extrem auflockert und zügig lesen lässt. Der Autor hat zuerst das Genre Horror oder Psychothriller ins Auge gefasst, was seiner und übrigens auch meiner Ansicht nach thematisch gut gepasst hätte, wenn es um Kindererziehung geht, anscheinend setzte sich hier aber seine Literaturagentin durch und so wurde es ein humorvolles Werk. Man muss nehmen, was man kriegt, also tauchte ich voller Vorfreude in den Insiderbericht von der Windelfront, wie es so schön auf dem Cover heißt, ein und wurde nicht enttäuscht.

„Ich schnitt, da meine rechte während der Geburt von Hulk zerquetscht worden war, mit meiner linken Hand vorsichtig die Nabelschnur durch, ließ die Hebamme das Kind kurz waschen, messen und wiegen und nahm den Jungen auf den Arm. Meinen Jungen.“ (Seite 40)

In 16 wirklich lustigen Episoden erzählt Alexander Bayer vom Alltag mit Frau und Baby, schildert Alltagssituationen, gibt Tipps und bezieht auch andere Familienmitglieder mit ein. Dies fand ich ungeheuer witzig, denn dabei traf er immer genau meinen Humor. Kein Wunder bei seinem beruflichen Hintergrund als professioneller Satiriker, unter anderem für die Satireseite Der Postillon, deren großer Fan ich bin. Dieses Buch eignet sich für werdende Eltern, solche, die es werden wollen, aber auch für Menschen wie ich, die nichts davon sind. Große Leseempfehlung von mir!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.