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ann-marie

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Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 18.06.2023
Gegen den Wind / Das Erbe der Greiffenbergs Bd.1
Schönhoff, Isabell

Gegen den Wind / Das Erbe der Greiffenbergs Bd.1


ausgezeichnet

Eine unerwartete Herausforderung

Die Autorin lässt auf rund 400 Seiten an der schwierigen Aufgabe einer jungen Ehefrau und Zwillingsmutter teilhaben, kurzfristig die Leitung eines alteingesessenen Familienunternehmens mit vielen Mitarbeitern zu übernehmen. Dabei gibt es verschiedene Problemfelder zu bewältigen. Doch der Reihe nach …
Vermittelt der Einstieg in das Romangeschehen am späten Nachmittag der Geburtstagsfeier der nun achtzigjährigen Seniorchefin Elsa bereits eine erste Vorstellung über die wichtigsten Charaktere und deren familiäre Beziehung, so endet dies doch fröhliche Fest nur wenige Stunden später durch das spurlose Verschwinden von Ludwig, Geschäftsführer des traditionsreichen Feinkostunternehmens und der jüngere der beiden Söhne von Elsa. Ludwigs älteste Tochter Pauline, Mutter eines Zwillingspaares, verheiratet mit dem Sohn eines Papierfabrikanten und amtierender Bürgermeister der Nachbargemeinde, übernimmt gemeinsam mit dem älteren Bruder Ferdinand die Geschäftsleitung. Wobei die größte Verantwortung ausschließlich bei Pauline liegt, die zumindest über einige Studiensemester Wirtschaftswissenschaften vor Heirat und Geburt der Kinder verfügt. Ferdinand dagegen, sportlich interessiert und talentiert, betätigt sich inzwischen nach Beendigung seiner sportlichen Karriere als Stuntman. Dass sich das Unternehmen bereits seit längerer Zeit und allen Familienmitgliedern unbekannt in einer finanziellen desaströsen Schieflage befindet, erschwert Pauline den Einstieg in ihre berufliche Herausforderung zusätzlich. Muss sie doch auch um Akzeptanz und Wertschätzung durch die Mitarbeiter kämpfen, wobei sie seitens ihres Onkels Wolfgang, in der Firma für den Bereich Marketing und Werbung zuständig, alles andere als Unterstützung erhält.
Sehr gut gefallen hat mir, dass ich bereits auf den ersten Seiten alle Charaktere kennenlernen konnte. Eine überschaubare Anzahl, dem Grunde nach eine verhältnismäßig kleine familiäre Einheit. Wobei bei einigen Personen bereits zu ahnen ist, dass so manches Geheimnis noch im Verborgenen liegen könnte und man im Verlauf des Romangeschehens verfolgen kann, um welche es sich im Einzelnen handelt und wie aktuell damit umgegangen wird bzw. welche Konsequenzen gezogen werden.
Spannungsreich die Darstellung des Spagats der jungen Pauline zwischen ihrer Aufgabe als Mutter und Geschäftsführerin. Vor allem, weil sie recht schnell erkennt, dass eine Umgestaltung und Neuorientierung der Firma erforderlich ist, wenn sie Bestand haben soll. Zu Gute kommt ihr dabei der nach wie vor vorhanden Kontakt zu heimischen Lieferanten, ist sie doch nach wie vor in ihrem Heimatort bekannt und verwurzelt. Dabei ist es der Autorin gelungen, auch diese Nebencharaktere individuell und authentisch darzustellen.
Für mich zeichnet diesen Roman aus, dass man sich sehr gut mit den einzelnen Charakteren identifizieren und man sie sich lebensecht vorstellen kann. Darüber hinaus findet auch die reizvolle Umgebung, rund um den Chiemsee, eine Berücksichtigung, die den Wunsch nach einem Urlaub in dieser Gegend weckt. Das eher "trockene" Thema einer Firmensanierung wird auf eine sehr verständliche Weise dargestellt. Auch sehr persönliche Problemfelder wie Spannungen zwischen Pauline und ihrem Ehemann, das sich immer deutlicher abzeichnende distanzierte Verhältnis zwischen Antonia, der jüngsten Schwester von Pauline und Ferdinand zu Therese, Ehefrau von Ludwig und Mutter der drei Geschwister. Wobei erwähnt werden soll, dass mich die Darstellung der tiefen Trauer von Therese um das plötzliche und spurlose Verschwinden ihres geliebten Ehemannes sehr berührt hat. Der Außenwelt gegenüber zeigt sie sich gefasst – doch ihre Gedanken zu kennen oder sie ganz alleine zu erleben, das hat mich getroffen.
Angelegt auf eine Familien-Saga, sprich es wird noch einen Folgeband geben, schließt dieser Roman mit einem unerwarteten Cliffhanger, von dem ich nicht einschätzen kann, wie er zu werten ist. Auf alle Fälle bleibt es spannend, was den Verbleib von Ludwig angeht und ob es Pauline gelingt, mit der Firma wieder in einen finanziell grünen Bereich zu gelangen.

Bewertung vom 26.05.2023
Spuren einer fernen Zeit
Borchert, Birgit

Spuren einer fernen Zeit


ausgezeichnet

Eine mutige Frau, ein unkonventionelles Studium
Auf Grund einer kurzen Leseprobe konnte ich mich bereits im Vorfeld mit dem Romaninhalt vertraut machen. Allerdings war ich mir zunächst unsicher, ob mich ein Roman über eine junge Frau, die Anfang des 20. Jahrhunderts ausgerechnet Paläontologie studieren möchte, in seinen Bann ziehen würde.
Diese Vorbehalte konnte ich im weiteren Romangeschehen dann bedenkenlos über Bord werfen. Auch wenn die bereits bekannte Thematik, dass eine junge Frau aus der gehobenen Gesellschaftsschicht einen Beruf erlernen bzw. ein Studium beginnen möchte und sich nicht mit der herrschenden Erwartungshaltung von Heirat und Familie beugen. Aber ausgerechnet ein Paläontologiestudium – sehr exotisch und doch von der Autorin meisterhaft in Szene gesetzt. Dank hervorragender Recherchen und sehr leicht zu verstehenden Fachinformationen gelingt es der Autorin, dass sich die Faszination und das große Interesse der fiktiven Figur Sophie von Mayden an dieser Wissenschaft auf die Leserschaft überträgt – diese Wirkung konnte ich bei fortlaufender Lektüre erleben.
Zur Familie von Mayden, Mitglied der gehobenen Gesellschaftsschicht von Frankfurt, zählen drei Töchter. Wobei es Anna von Mayden erfolgreich gelungen ist, die älteste Tochter standesgemäß an einen deutlich älteren aber sehr wohlhabenden Mann zu verheiraten. Sophie, die zweite Tochter, sieht in Heirat und Familie kein erstrebenswertes Ziel und auf Grund des bereits in ihrer Schulzeit geweckten Interesses an Lebewesen aus der Urzeit beschreitet sie den schweren und zunächst unmöglichen Weg ihren unkonventionellen Studienwunsch der Paläontologie in die Tat umzusetzen. Die jüngste Tochter, künstlerisch talentiert und als Nesthäkchen mit verhältnismäßig großem elterlichen Freiraum ausgestattet, weiß diesen zu ihren und letztendlich auch zu Sophies Gunsten anzuwenden. Glücklicherweise steht Herr von Mayden den Emanzipationsversuchen der beiden jüngeren Töchter nicht unbedingt ablehnend gegenüber. Geprägt von einem großen Verantwortungsbewusstsein im Hinblick auf seine Töchter ist er – ganz im Gegensatz zu seiner Ehefrau – durchaus in der Lage, sich mit der sich abzeichnenden Lebensplanungen bzw. – gestaltung von Sophie und Charlotte ernsthaft zu beschäftigen, sodass letztendlich zufriedenstellende Entscheidungen für alle Beteiligten getroffen werden können.
Nicht nur eine ungemein interessante, informative und spannende Zeitreise in eine Zeit, in der immer mehr Frauen sich den gesellschaftlichen Erwartungshaltungen nicht fügen, sondern ein selbstbestimmtes Leben, vor allem in beruflicher Hinsicht, führen wollten. Diese Entwicklung wird gekonnt durch die Charaktere Sophie von Mayden authentisch wiedergegeben.
Auch die unterschiedlichen Nebencharaktere, bei denen sich laut dem angefügten ausführlichen Personenregister teils um reale Personen handelt, überzeugen durch eine sehr einfühlsame und verständliche Charakterisierung. Dabei wird gekonnt die wissenschaftliche Bedeutung einzelner Charaktere hervorragend ins Leben gerufen und so manches mal ergeben sich erstaunliche und überraschende Erkenntnisse.
Besonders erwähnen möchte ich noch den fiktiven Charakter von Paul Klüver, ausgestattet mit einer geheimnisvollen Vergangenheit, mit einem sehr zurückhaltenden Wesen und dem es gelingt, das Herz von Sophie zu erobern. Teilweise sehr amüsant zu lesen, was für alle offenkundig ist, die beiden jedoch nicht registrieren.
Und Richard, Kommilitone von Sophie und bester Freund. Obwohl aus adliger und vermögender Familie, lässt er dies nicht erkennen. Dass er seine Herkunft letztendlich als rettende Unterstützung von Sophie ins Feld führt – eine ungemein erheiternde Begebenheit, die trotzdem nachvollziehbar und überzeugend dargestellt wird.
Ein wunderbarer und auch seitenstarker Lesegenuss, den ich sehr gerne weiterempfehlen möchte.

Bewertung vom 09.05.2023
Ein Geist in der Kehle
Ní Ghríofa, Doireann

Ein Geist in der Kehle


sehr gut

Ein verstummtes Klagelied - wiederentdeckt
Der Titel hatte mich neugierig gemacht, konnte ich doch zunächst keinen Sinn darin erkennen, bzw. ihn nicht deuten. Das Cover fand ich aber dann doch interessant und ich hatte Gelegenheit, dank einer Leseprobe etwas mehr vom Inhalt zu erfahren, als der Klappentext hergab.
War ich zunächst gebannt von der Geschichte um eine junge irische Witwe im achtzehnten Jahrhundert, die über den Tod ihres Ehemannes nicht hinwegkam und ihr versucht, ihrer großen Liebe in Form eines Klagelieds ein Denkmal zu setzen.
Auf der anderen Seite eine junge und völlig überforderte Mutter, mit vier noch recht kleinen Kinder, die sich an dieses Gedicht, ihr bereits aus der Schulzeit bekannt, erinnert und sich auf Spurensuche begibt. Zum einen, um sich neben dem allgemeinen Haushalts- und Kindertrott persönliche Auszeiten zu gönnen und zum anderen, um die in Vergessenheit geratene und inzwischen auch ungekannte Adlige nebst ihren dramatischen Schicksalsschlägen wieder zum Leben zu erwecken.
Eine durchaus interessante Kombination und beide Erzählstränge fand ich sehr interessant. Hinzu kommt ein etwas anderer als gewohnter Schreibstil und auch eine andere Erzählweise, an die ich mich zunächst gewöhnen musste, die mir aber immer mehr zusagte. Wobei ich voller Erstaunen feststellen musste, dass mich die Geschichte um die trauernde adlige irische Witwe mehr in ihren Bann gezogen hat als alles, was mit der jungen irischen Mutter im aktuellen Zeitrahmen zusammenhing.
Ein etwas anderer Roman als üblich – den ich aber gerne gelesen habe.

Bewertung vom 07.04.2023
Die Bahnhofsmission
Rusch, Veronika

Die Bahnhofsmission


ausgezeichnet

Grenzenlose Hilfsbereitschaft und Kampf gegen Kriminalität

Dem Roman liegt die bereits im Herbst 1894 am Schlesischen Bahnhof in Berlin gegründete erste Bahnhofsmission in Deutschland zu Grunde. Die Romanhandlung selbst beginnt gut 15 Jahre später, im Jahr 1908. Ende des 19. Jahrhunderts gestartet als Organisation von Frauen für Frauen widmen sie sich auch im Jahr 1908 den unterschiedlichsten Problemen der An- und Abreisenden. Vorrangig aber verstehen sie ihren Auftrag in der Aufklärung von jungen Frauen, die mit vagen Zusagen auf gute Anstellungen in der Stadt Berlin hoffend, um sie davor zu bewahren, Opfer sexueller Ausbeutung zu werden.
Natalie, in einem Wanderzirkus aufgewachsen und mit einer bewegten Vergangenheit, leitet die Bahnhofsmission. Dank ihren Erfahrungen und ihrem aufmerksamen Blick, aber auch ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Durchsetzungskraft setzt sie sich mehr als einmal gegen Anfeindungen des teilweise kriminellen Umfelds in Bahnhofsnähe durch.
Alice, Arzttochter und damit der gehobenen Gesellschaftsschicht angehörend, pragmatisch veranlagt, hilfsbereit und die sich bisher erfolgreich der Erwartungshaltung Ehefrau und Mutter zu werden, erfolgreich widersetzen konnte und um eine eigenständige berufliche Tätigkeit regelrecht kämpft, wird durch eine zufällige Begegnung am Bahnhof auf Alice bzw. die Bahnhofsmission aufmerksam.
So unterschiedlich die Herkunft und das Aufwachsen verbindet beide der gemeinsame Wunsch, Menschen, vor allem aber Frauen, in Not helfend zur Seite zu stehen. Beide Charaktere mit authentischen menschlichen Stärken und Schwächen sind lebensecht ins Leben gerufen worden und haben mich von Anfang an überzeugt.
Neben den unterschiedlichen Aufgaben und zunehmenden Problemen der Bahnhofsmission finden in zunehmendem Maße kriminelle Machenschaften Einfluss in das Romangeschehen. Auch dazu werden in der Person von Maxim, den in vergangenen Jahren mehr als nur Freundschaft mit Natalie verbunden hat, und einem sehr üblen Zeitgenossen, Pavel, der sich während des gesamten Romangeschehens nur schwer greifen lässt, undurchsichtig, nebulös, gerissen und brutal in Erscheinung tritt, trotz allem sehr interessante Charaktere geschaffen.
Und dann noch Baba, eine Obdachlose, traumatisierte Frau, die lediglich Natalie, später auch Alice, vertraut. Gepeinigt und verfolgt von schrecklichen Ereignissen und Flucht fristet sie ein eher unmenschliches Leben in einer versteckten Ecke des weitläufigen Bahnhofsgeländes.
Erscheint der Roman nach den ersten Seiten als leichte und unterhaltsame Lektüre, so entwickelt sich eine zunehmende Dynamik gepaart mit steigenden Spannungsmomenten, hin zu einem furiosen und überraschenden Ende. Dabei überzeugt jede einzelne Figur mit individuellen Charakterzügen, die sich zum Teil durch Rückblicke in die jeweilige Vergangenheit sehr gut verdeutlichen und nachvollziehen lassen. Auch die überaus spannende Rahmenhandlung wird detailreich und realitätsnah vermittelt, sodass sich ein überaus fesselnder Lesegenuss entwickelt, der gerade auch unter Berücksichtigung des leichten Schreibstils nicht innehalten lässt.
Die schriftstellerische Verbindung der hilfreichen und den Menschen zugewandte Tätigkeit der Mitarbeiterinnen einer Bahnhofsmission in Verbindung mit übelsten kriminellen Verstrickungen zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ist in diesem Roman hervorragend und überzeugend gelungen. Auf Grund des doch offenen Endes ist davon auszugehen, dass die Geschichte um Natalie und Alice noch nicht beendet ist und eine Fortsetzung, die ich sehnlichst herbeisehne, folgen wird.

Bewertung vom 12.03.2023
Das Schimmern der Träume / Töchter der Freiheit Bd.3 (eBook, ePUB)
Walker, Noa C.

Das Schimmern der Träume / Töchter der Freiheit Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Amerikanischer Bürgerkrieg: Südstaatenleben adé?

"Das Schimmern der Träume" – der bereits dritte Roman einer mehrbändigen Familiensage, die Einblicke vor und nun auch während des amerikanischen Bürgerkriegs ermöglicht. Und dies auf eine sehr überzeugende und realistische Weise, wobei auch die damalige oft sehr unmenschliche und menschenverachtende Beziehung zwischen den reichen Plantagenbesitzern der Südstaaten den dort lebenden und für sie arbeitenden Sklaven auf erschreckende Weise mit unterschiedlichen Ereignissen Berücksichtigung findet. Aber auch die Unmenschlichkeit des Krieges als solcher, Fehlentscheidungen von militärischen Führungen, mangelhafte Ausstattung der Soldaten und noch vieles mehr werden aufgegriffen und Thematisiert.
Auch in diesem Band um die Südstaatenplantage Birch Island mit Annie, der Lehrerin aus den Nordstaaten und ihrem inzwischen (nur heimlich) Verlobten David, Sohn des Plantagenbesitzers Richard Williams findet man sich mitten in den Wirren des Unabhängigkeitskrieges wieder. Nicht genug mit der kriegsbedingten Abwesenheit von Richard und Davids übernimmt Annie auf Bitte von Richards die Verantwortung für den Betrieb der Plantage. Dies allerdings ein Auftrag, den sie nur widerwillig übernimmt, ist sie sich doch der Brisanz dieser Aufgabe auf Grund ihrer Stellung als angestellte Lehrerin bewusst und es fällt ihr zunehmend schwer, dieses Geheimnis zu wahren.
Werden mit Hilfe von Annie die zunehmenden Probleme und Schwierigkeiten der Plantagenbesitzer der Südstaaten sehr aufwühlend, packend, ergreifend, berührend dargestellt, so offenbart sich mit Hilfe von David, als Arzt in der Armee der Südstaaten tätig, das damalige Elend in der Armee mit teils dramatischen persönlichen Schicksalen.
Neben diesen beiden Schauplätzen wird ein bereits in der damaligen Zeit vorhandenes aber von der Gesellschaft ignoriertes Thema, Misshandlungen von Frauen und Kinder durch Ehemänner bzw. Väter, sehr treffend und überzeugend mit einbezogen. Betreiben doch Marcus Tanner, ein Cousin Annies, mit seiner aus der Nachbarschaft von Birch Island stammenden Ehefrau Susanna Belle in der Großstadt Washington ein heimliches Netzwerk zur Aufnahme solcher Frauen und Kinder. Eine nicht ungefährliche Tätigkeit, wenn man die Suche nach den Vermissten durch die Familienangehörigen, insbesondere die gewalttätigen und gewalttätigen Ehemänner denkt.
Und ein weiterer, auf den ersten Blick möglicherweise beschaulicher Handlungsort: eine kleine Farm in Kansas, die von Annies jüngerer Schwester Sophie und deren Ehemann Philipp betrieben wird. Doch dass neben der kräftezehrenden Tagesarbeit, zunächst harmlose Ereignisse schicksalhafte Folgen haben können, wird ergreifend an dieser Familie dargestellt.
Eine nicht nur durch die verschiedenen Handlungsorte spannende, abwechslungsreiche und oftmals auch berührende Geschichte. Jeder Handlungsort ist mit ganz eigenständigen und unterschiedlichen Problemen und Personen, die aber alle in einem familiären oder freundschaftlichen Verhältnis miteinander verbunden sind, verknüpft. Der Wechsel zwischen diesen unterschiedlichen Bereichen innerhalb des Romans gestaltet sich sehr leicht und problemlos.
Das Personenregister zu Beginn des Romans rundet den hervorragenden Gesamteindruck ab, da diese neben dem Namen auch die verwandtschaftliche oder sonstige Beziehung der einzelnen Charaktere beinhaltet. Neben bereits bekannten Charaktere aus den vorhergehenden Bänden sind einige neue hinzugekommen. Und es ist gerade zu Beginn spannend, auf welche Weise man die noch unbekannten Charaktere kennenlernt.
Eine gelungene und hervorragende weitere Fortsetzung – und die erwartungsvolle Spannung auf den möglicherweise letzten Band steigt.

Bewertung vom 21.04.2022
Der Sommer danach
Büchle, Elisabeth

Der Sommer danach


ausgezeichnet

Ein bedeutungsvoller Sommer für Deutschland

Ein Titel, der gleichzeitig zu der Frage führt, um welchen Sommer es sich handeln mag und was sich zuvor ereignet haben könnte. Ein Titel der neugierig macht und bereits nach wenigen Seiten enthüllt, um welchen Zeitrahmen es sich handelt: um die Sommermonate, die dem Ende des Zweiten Weltkriegs folgen. Eine Zeit, die dem normalen und gewohnten Jahreszeitenwechsel entspricht und doch auch eine Zeit des Neubeginns, aufbauend auf den Trümmern der vergangenen Kriegsjahre.
In einem sehr persönlichen Vorwort der Autorin eröffnen sich ihre Beweggründe für die Thematik eines hervorragend recherchierten Romans, wobei man sich in vielen Ausführungen mit eigenen Gedanken und Fragen wiederfindet.
Der Roman beginnt zwar in den zwanziger Jahren des 21. Jahrhunderts, in dem die weit über 90jährige Karla ihre Mitte Zwanzigjährige Urenkelin Lisa zu einem Ausflug in das heutige Berlin einlädt. Um sie dann an ihren ganz persönlichen Erfahrungen in jenem Sommer teilhaben zu lassen, ein Stück ge- und erlebte Familiengeschichte.
Karla ist als junge Frau nach Kriegsende in Berlin auf der Suche nach ihren beiden Brüdern, wobei Konrad, der Ältere, als Pilot eines Kampfflugzeugs während des Krieges spurlos verschwunden ist und von dem kleinen Mattis, ebenfalls wie sie, ihre Mutter und Schwester, Opfer von Sippenhaft, keine Spur zu finden ist.
Gerettet aus einer lebensbedrohlichen Situation, verursacht durch einen russischen Soldaten, eröffnet sich für Karla die Möglichkeit, als Dolmetscherin für die englische Delegation an der s.g. Berliner Konferenz der Alliierten im Potsdamer Schloss Cecilienhof teilzunehmen.
Getragen von dieser realen Rahmenhandlung der Berliner Konferenz gelingt es der Autorin vor allem mit Hilfe der Charaktere von Karla, dem englischen Ingenieur Ray und Joan, ebenfalls Engländerin und zuständig für die Betreuung der englischen Delegation, bald 80 Jahre nach Kriegsende diesen bedeutsamen Sommer 1945 neu mit Leben zu füllen.
Auch wenn der Fokus auf den Vorbereitungen, der Durchführung und dem Ergebnis dieser Konferenz liegen, so finden weitere Aspekte des geschilderten Zeitabschnitts und auch der vorhergehenden Kriegsjahre eine teilweise beklemmende Berücksichtigung:
Ray, der noch immer unter den Erlebnissen im Zusammenhang mit der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen leidet und allen Deutschen mehr als kritisch gegenübersteht. Joan, überaus geschickt im Zusammentragen von Informationen, die von nicht unerheblicher Bedeutung für die eigene Delegation sind. Und Karla, die nicht nur die Hinrichtung ihres Vaters und die anschließende, teilweise lebensbedrohliche, Sippenhaft verarbeiten muss sondern sich auch immer wieder mit den Vorurteilen von Deutschen ihr, der Tochter eines "Verräters" gegenüber, konfrontiert sieht.
Insbesondere mit Hilfe der Charaktere von Karla und Joan wird die Bedeutung und der Verlauf dieser für das gesamte Deutschland bzw. die Bevölkerung überaus wichtige Konferenz sehr transparent, authentisch, vor allem aber überaus verständlich und nachvollziehbar dargestellt. Nicht nur, dass die Erwartungen, Forderungen und auch Befindlichkeiten der einzelnen Siegermächte durch eine unerwartet leichte und doch auf Grund des vermittelten Inhalts umso beklemmendere Schreibweise in ihren Bann ziehen – auch wenn die realen Ereignisse bereits Jahrzehnte zurückliegen! Sondern es fällt auch sehr leicht, sich mit den Gedanken, Fragen und Diskussionsbeiträgen von Karla beim Lesen zu identifizieren. Da erhält so manche ganz persönliche Frage im Roman überraschenderweise eine überzeugende Antwort, wobei die hervorragenden Recherchen der Autorin der gesamten Handlung Glaubwürdigkeit verleihen.
Erwähnenswert ist allerdings auch die Charakterisierung der wichtigsten realen Konferenzteilnehmer: Churchill, Truman und Stalin. Wobei auch die in diesem Zeitrahmen stattfindenden Wahlen in England, die letztendlich zum Sieg von Attlee führten, gerade im Hinblick auf die Persö

Bewertung vom 05.04.2022
Neugeborgen
Steinhauer, Miriam

Neugeborgen


ausgezeichnet

Die wichtigsten Lebensabschnitte – berührend und bereichernd geschildert

Miriam Steinhauer, ausgebildete Hebamme mit langjähriger Berufserfahrung und drei eigenen Kindern, wendet sich nach einigen Jahren einer anderen, ebenfalls sehr wichtigen Lebensphase im Leben eines jeden Menschen zu: sie widmet sich ehrenamtlich der Sterbebegleitung.
Vor diesem Hintergrund und reich an Erfahrungen aus diesen beiden Tätigkeitsfeldern lässt sie in ihrem Buch mit dem sehr berührenden Titel "Neugeborgen" an so manchen Einzelschicksalen teilhaben.
In zwei Abschnitten widmet sich die Autorin nun diesen gegensätzlichen aber wichtigen Ereignissen: Geburt und Tod und gewährt im ersten Teil Einblicke in unterschiedliche familiäre Konstellationen, die zwar in allen Fällen mit der Geburt eines Kindes enden, aber nicht immer verbunden mit dem von den werdenden Eltern erhofften und ersehnten glücklichen Beginn. Diese Einzelschicksale werden zwar auf der einen Seite auf eine sehr sachliche Art erzählt, aber mit unsagbar viel Herzenswärme und Empathie beschrieben. Jederzeit ist die tiefe Verbundenheit der "Hebamme" zu Mutter und Kind zu spüren und ihr Bestreben, diese beiden wichtigsten Personen einer Geburt in den Vordergrund zu stellen, sie zu schützen und alles zu tun, um ihnen diesen Ablauf so angenehm wie möglich zu gestalten. Dies zeigt sich auf besonders berührende Weise bei einer minderjährigen Schwangeren, die von der Autorin ermutigt wird, gemeinsam mit der eigenen Mutter das neugeborene kleine Mädchen großzuziehen und dabei gleichzeitig die vielfältigen Unterstützungsmöglichkeiten im Falle von minderjährigen oder auch alleinerziehenden neuen Müttern aufzeigt – gerade dieser Aspekt sehr informativ und eine gelungene Verknüpfung. Ähnliches gilt für die Episode der schwangeren Ehefrau, die mit der Geburt des gemeinsamen Kindes auf einen Neubeginn der Ehe hofft. Oder der Entschluss einer jungen Frau, die sich aus ihrer Vergangenheit heraus nicht in der Lage sieht, ihr Kind zu versorgen. Einblicke in andere Kulturen oder die persönlichen Erfahrungen der Autorin anlässlich der Geburt des ersten eigenen Kindes tragen dagegen zu leicht erheiternden Leseerlebnissen bei.
Vor allen Dingen erwähnenswert und wichtig die Ausführungen der Autorin zur aktuellen beruflichen Situation von Hebammen. Dies war mir in diesem Ausmaß bzw. den Auswirkungen bisher nicht bekannt und hat mich sehr getroffen.
Im zweiten Abschnitt des Buches lässt die Autorin teilhaben an ihren Erlebnissen im Umgang mit Menschen, deren verbleibende Lebenszeit überschaubar ist bzw. sich dem Ende zuneigt. Auch hier vermag man der Autorin mit Hilfe ihres wunderbaren Schreibstils, den Ausführungen zu verschiedenen Lebensschicksalen bzw. – wegen zu folgen. Erneut ist die überaus verständnisvolle, aber auch kreative Art und die große empathische Zugewandtheit gegenüber diesen Menschen zu spüren. Wobei in den wenigsten geschilderten Einzelschicksalen auf den tatsächlichen Todeszeitpunkt eingegangen wird. Vielmehr gelingt es der Autorin durch ihr Engagement und Einfühlungsvermögen, den von ihr begleiteten Menschen ein klein wenig Lebensqualität zurückzugeben. Sei es durch eine spontane Wellnessbehandlung in Form eines Duschbades mit anschließender "Verwöhn- und Verschönerungsaktion", oder einfach nur im Lackieren von Fingernägel. Sehr berührend in diesem Zusammenhang die Schilderung des gemeinsamen Verfassens eines Briefes an den Sohn eines Todkranken, in dem dieser Mann sein Herz öffnet und all das zu Papier bringen lässt, was ihm sein Sohn bedeutet.
Der zweite Abschnitt des Buches endet mit einem ganz persönlichen Schicksalsschlag – berührend, ergreifend aber auch mit einer großen Portion Hoffnung geschildert. Ein großer Dank an dieser Stelle für das Teilen dieser sehr besonderen Momente und Entwicklungen!
Ein Buch, das ich empfehlen kann – von ganzem Herzen. Inhalt, Schreibstil, Cover – ein wunderbares Gesamtpaket. Und das sich, gerade im Hinblick auf den zweiten Teil, gut zum erneu

Bewertung vom 13.03.2022
Das verschlossene Zimmer
Givney, Rachel

Das verschlossene Zimmer


gut

Interessante Romanidee - mit Schwächen umgesetzt

Angesprochen von einem interessanten Cover und einem ersten Leseeindruck auf der Grundlage einer Leseprobe habe ich mich der Klärung des Geheimnisses um das verschlossene Schlafzimmer des Arztes Dominik gewidmet.
Dominik, renommierter Arzt an einem Krankenhaus in Krakau, der sich in seiner Freizeit dem faszinierenden Thema der Erforschung von Bakterien widmet, hat seine inzwischen fast 18jährige Tochter Marie alleine großgezogen. Marie, die im Frühjahr 1939 endlich den Mut aufbringt, die stets verschlossene Tür zum Schlafzimmer ihres Vaters auf ungewöhnliche Weise zu öffnen, findet einen interessanten, aber auch merkwürdigen Hinweis auf die vor Jahren verschwundene Mutter.
Hatte ich eine spannende Geschichte um ein Familiengeheimnis vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Zweiten Weltkriegs, der nur wenige Monate später mit dem Einmarsch in Polen begann, so wurde ich leider enttäuscht. Die vor allem auf Grund verschiedener Charaktere, die mich weder in ihrer Entwicklung durch die folgenden Romanseiten noch durch die Darstellung der zeitgeschichtlichen Ereignisse, gerade in der Verbindung der bekannten Ereignisse ab 1939 und deren Auswirkungen auf die jüdische Bevölkerung und hier insbesondere im Hinblick auf Polen, das zu dieser Zeit den größten jüdischen Bevölkerungsanteil aller europäischen Staaten aufwies.
Marie, von ihrem Vater liebevoll und fürsorglich umsorgt, wobei mich die Fähigkeiten des Vaters, insbesondere das Nähen eines Kleides für Marie, doch staunen ließen bzw. unglaubwürdig wirkten, wirkt sehr naiv. Dass sie dann, praktisch "über Nacht erwachsen" wird, sich für ein Medizinstudium entscheidet, was zu damaligen Zeit eher ungewöhnlich für eine Frau und mit Problemen verbunden war und – ohne Wissen des Vaters – aus Liebe zum Judentum konvertiert: all dies trägt zu einer interessanten Geschichte bei. Doch die Charaktere, seien es nun die Hauptpersonen oder auch Nebenfiguren, konnten mich nicht wirklich überzeugen. Hinzu kommen verschiedene Handlungsstränge, die auf interessante Weise in die Geschichte eingewoben werden, von denen ich mir mehr erhofft bzw. erwartet hatte, als dargestellt wird. Der Verlauf ist teilweise sehr enttäuschend.
Auch wenn sich das Geheimnis um Helene, die verschwundene Mutter von Marie, gegen Ende des Romans löst und Helenas Geschichte rückblickend im Roman dargestellt wird, so bleiben sehr viele Fragen offen und ich die Auflösung als unglaubwürdig und unrealistisch einstufe.
Der Roman lässt sich zwar recht gut lesen, doch würde ich ihn eher als historischen Unterhaltungsroman einstufen, ohne große Erwartung auf Verknüpfung mit realen historischen Ereignissen zu hegen. Teilweise recht interessant, teilweise aber auch völlig unglaubwürdig und unrealistisch.

Bewertung vom 01.08.2021
Weltraum / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.4
Kessel, Carola von

Weltraum / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.4


ausgezeichnet

Erste Leseschritte für künftige Astronauten
Mit einer vierbändigen Sachbuchreihe wird Kindern ab der zweiten Lesestufe fachlich fundierte Erkenntnisse auf eine kindgerechte und dem Lesefortschritt angepasste Weise vermittelt.
Im vierten Band wird ein Bereich angesprochen und vorgestellt, der noch viele ungelöste Fragen und Rätsel mit sich bringt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse werden dabei jedoch hervorragend sprachlich und für den noch sehr jungen Leserkreis überaus verständlich umgesetzt.
Dabei ist das Buch in vier Kapitel unterteilt, die vor allem auf die Fragen "Wieso – Warum – Weshalb" Antworten geben. Und dies in kurzen, aber aussagekräftigen Sätzen, in einer den Erstlesern angepassten etwas größeren Schrift und immer wieder unterbrochen durch Illustrationen oder Bilder. Darüber hinaus finden sich am Ende eines jeden Kapitels immer wieder Rätsel in unterschiedlichen Formen, die einmal mehr das vertiefen, was zuvor gelesen wurde. Und sie regen auch dazu an, die Texte gründlich zu lesen, denn dies zahlt sich bei den folgenden Knobelaufgaben aus.
Auch wenn es sich mit dem vorliegenden Band um den letzten bisher erschienenen Band handelt, würde ich weitere Folgebände sehr begrüßen. Genügend Themen sind vorhanden.

Bewertung vom 01.08.2021
Wale und Delfine / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.3
Noa, Sandra

Wale und Delfine / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.3


ausgezeichnet

Die größten und die liebevollsten Meeresbewohner
Mit einer vierbändigen Sachbuchreihe wird Kindern ab der zweiten Lesestufe fachlich fundierte Erkenntnisse auf eine kindgerechte und dem Lesefortschritt angepasste Weise vermittelt.
Im dritten Band gelingt ein hoch interessanter lesender Ausflug in eine Welt, zu der nur beschränkt Zugang besteht, die aber Heimat von ganz besonderen Tieren ist.
Dabei ist das Buch in vier Kapitel unterteilt, die vor allem auf die Fragen "Wieso – Warum – Weshalb" Antworten geben. Und dies in kurzen, aber aussagekräftigen Sätzen, in einer den Erstlesern angepassten etwas größeren Schrift und immer wieder unterbrochen durch Illustrationen oder Bilder. Darüber hinaus finden sich am Ende eines jeden Kapitels immer wieder Rätsel in unterschiedlichen Formen, die einmal mehr das vertiefen, was zuvor gelesen wurde. Und sie regen auch dazu an, die Texte gründlich zu lesen, denn dies zahlt sich bei den folgenden Knobelaufgaben aus.
Der dritte Band dieser Reihe war und bleibt mein ausgesprochener Favorit unter den vier Bänden. Möglicherweise weil mich Wale schon immer fasziniert haben und ich mich an eine sehr bekannte Filmserie mit einem Delphin als Titelheld erinnert fühlte.