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Aus Liebe zum Lesen
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Rannungen

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Insgesamt 203 Bewertungen
Bewertung vom 21.01.2024
Pick me Girls
Passmann, Sophie

Pick me Girls


weniger gut

"Im Grunde kann also wenig cooler sein, als sich im eigenen Garten vor den Menschen zu verstecken."

Puuhh, was war das denn? Sophie Passmann will mit „Pick me girls“ keine Autobiografie, kein feministisches Kampfwerk und kein Teenager-Selbsthilfebuch schreiben.
Genauso liest es sich auch, so, als hätte die Autorin nicht so recht gewusst, was sie eigentlich genau aussagen möchte. Es liest sich wie wild zusammengestellte Gedankenfetzen, von denen kaum einer in die Tiefe geht. Ich fand das Lesen entsprechend anstrengend, wie einem wild umhertopsenden Gummiball zu folgen.

"Heute höre ich gerne, dass ich richtig bin, so, wie ich bin, weil ich angemessen erwachsen genug bin, um zu wissen, dass das eine Lüge ist, und deswegen keinen Nervenzusammenbruch erleide."

Es gibt sie natürlich, die klugen Gedanken, die kurzen Passagen, bei denen man sich auch mal kritisch an die eigene Nase fassen muss - aber davon gibt es viel zu wenig. Faktisch untermauert wird zudem keine ihrer Thesen, der Begriffe „Pick me girls“ an keiner Stelle definiert oder genauer erläutert. Der Löwenanteil des Texts dreht sich um Passmanns Leben, um Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend und somit ist dieses Buch wohl hauptsächlich die Autobiografie, die es nicht sein wollte.

"Die Teenagerzeit ist im Grunde wie dieser Moment nach einer Beerdigung, wenn die letzten Trauergäste gehen und es das erste Mal still wird und man genug Ruhe hat, um festzustellen, dass man tatsächlich einen Tod zu betrauern hat."

Das Buch, das es sein sollte, nämlich dasjenige, das sie als 14-Jährige gebraucht hätte, ist es aus meiner Sicht jedenfalls nicht, denn einer 14-Jährigen helfen die wilden Gedanken Passmanns wohl eher wenig weiter, geschweige denn, dass sie empowernd wären.

"Keiner wird ein pick me girl, weil er eine besonders glückliche Teenagerzeit hatte…"

Bewertung vom 16.01.2024
Lebe echt
larytales

Lebe echt


sehr gut

Ich versuche im neuen Jahr mein Leben etwas umzukrempeln und da darf die passende Lektüre natürlich nicht fehlen. Am Ende des vergangenen Jahres habe ich die „30-Tage-Challenge für mehr Freiheit, Leichtigkeit und Mut“ der Bloggerin „Larytales“ gemacht.

In dem hochwertig aufgemachten Buch lädt die Autorin zur Selbstreflexion ein. Dank des dicken Papiers lassen sich Eintragungen problemlos mit Füller machen, ohne dass es durchscheint und das Buch verschandelt wird.

Die Challenges sind mal mehr, mal weniger herausfordernd, mal mistet man in seinem Leben, mal in seinem Zuhause aus, mal geht es um persönliche Grenzen, mal um Dankbarkeit. So kann man in 30 Tagen seinen Zielen näherkommen. Hier und da hätte ich mir allerdings ein bisschen tiefergehende Gedanken und differenziertere Fragen gewünscht.

Besonders gut gefallen mir die Fotos und die Gestaltung des Buchs. Da die Autorin gläubig ist und der Verlag christlich, spielt auch der Glaube an Gott eine Rolle, wenn auch nicht die tragende. Ich selbst bin nicht (mehr) gläubig, habe also die paar betreffenden Stellen außen vor gelassen und kann das Buch daher auch nicht-gläubigen Menschen als Begleitung beim Ergründen des eigenen Selbst empfehlen.

Bewertung vom 11.01.2024
Be Useful (deutschsprachige Ausgabe)
Schwarzenegger, Arnold

Be Useful (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

„I‘ll be back“ - das war Arnold Schwarzenegger für mich seit jeher, der Terminator, der Filmstar, der mit den Muckies. Dass noch mehr in ihm steckt, hat man durch die Amtszeit als Gouverneur Kaliforniens gemerkt, aber ich muss zugeben, dass ich das nicht näher verfolgt habe.

Umso beeindruckter bin ich von seinem Buch „Be useful: Sieben einfache Regeln für ein besseres Leben“. Ich finde übrigens die Übersetzung des Titels unglücklich, im Original spricht Schwarzenegger von „tools“ - klingt weniger nach muss, sondern trifft den motivierenden Charakter des Buchs viel besser. Denn genau das ist es, ein Motivator, sein eigenes Leben in die Hand zu nehmen und nicht darauf zu warten, dass es jemand für uns tut.

Seine Tools zieht er aus seiner interessanten Lebensgeschichte, die er immer wieder kurz anreißt. Und wie versprochen einfach sind sie: z. B. „Denk niemals klein“ oder „Schließ deinen Mund, öffne deinen Geist“. Er erläutert alle seine Thesen verständlich und zeigt Beispiele aus seiner Vergangenheit und was er von anderen gelernt hat. Und all diese Tools sind tatsächlich universell auf nahezu jeden Menschen, jede Vision, jedes Leben anwendbar, da sie sich um unser grundlegendes Gedankengut, um unser Mindset und unser Tun drehen.

Ich bin wirklich beeindruckt und begeistert- anders kann ich es nicht ausdrücken. Ei. Wirklich motivierendes, empowerndes und hilfreiches Buch, das ich wirklich jedem ans Herzen legen kann.

Bewertung vom 09.01.2024
Büchermenschen
Vernet, Stéphanie;de Cussac, Camille

Büchermenschen


ausgezeichnet

Was passiert eigentlich, bis eine Geschichte zum Buch wird? Klar, jemand schreibt sie auf, irgendwie muss das dann gedruckt werden und am Ende steht das Buch im Laden… aber wie kommt es dahin. Wie druckt man ein Buch? Und was passiert dazwischen noch alles?

Eine ganze Menge! „Büchermenschen“ zeigt die vielen Schritte und vor allem die vielen Personen, die an der Entstehung eines Buchs beteiligt sind, bis hin zu den Lesenden. Es geht um Ideensammlung, Lektorat, Papierauswahl, Satz und Gestaltung, Druck, Bibliotheken, Buchhandel und Buchpreise und vieles mehr. Alles wird detailreich und verständlich von Stéphanie Vernet (übersetzt von Cornelius Hartz) erklärt und durch die farbenfrohen Illustrationen von Camille de Cussac veranschaulicht.

Man merkt dem Buch auf jeder Seite an, dass es von Büchermenschen für Büchermenschen geschrieben wurde und auch Erwachsene können noch eine Menge über die „Buchwerdung“ lernen.

Bewertung vom 03.01.2024
Die Mütter
Györke, Stefan

Die Mütter


ausgezeichnet

Wir lebt es sich im Matriarchat? Stefan Györke nimmt uns in seinem Roman „Die Mütter“ mit ins Volk der Mosuo, einem matrilinear organisierten Volk und in eine ungewöhnliche Schweizer Familie.

Die „Mütter“ Clara, Jessy und Chloé leben mit ihrer chinesischen Nanny Atscho, die aus dem Volk der Mosuo stammt und ihren sechs Kindern in einer Zürcher Wohnung. Männer spielen in ihrem Alltag allenfalls eine untergeordnete Rolle, ganz nach dem Vorbild der Mosuo, einem chinesischen Volksstamm, der im Matriarchat lebt und dessen Mythen bis ins Leben der Familie Hofmann hineinwirken. Dass diese besondere Familienkonstellation nicht nur auf Zuspruch stößt, versteht sich von selbst und so kommt es immer wieder zu Konflikten.

Erzählt wird die Geschichte in verschiedenen Zeitebenen abwechselnd von einem auktorialen Erzähler sowie von Anton, dem ältesten Sprössling der Mütter. So entsteht eine spannende Erzählstruktur, die immer ein bisschen tiefer in die Geheimnisse der Familie blicken lässt. Die Figuren sind interessant angelegt und aufgrund ihrer Geschichte bleiben sie größtenteils unnahbar, nebulös, schwer greifbar, was mich hier aber gar nicht stört, denn alles andere würde eben nicht zur Story passen.

Man könnte Stefan Györkes Roman als modernes Märchen bezeichnen, das sich doch so herrlich in die Realität einfügt. Ein herrlicher Roman - man muss dich nur ganz darauf einlassen.

Bewertung vom 13.12.2023
Niki de Saint Phalle - Die illustrierte Geschichte
Foggia, Monica

Niki de Saint Phalle - Die illustrierte Geschichte


sehr gut

Wer kennt sie nicht, die berühmten Nanas von Niki de Saint Phalle? In ihrer gleichnamigen Graphic Novel lassen Monica Foggia und Valeria Quattrocchi das Leben der Künstlerin Revue passieren.

Schon in jungen Jahren fühlt sich Niki durch elterliche und gesellschaftliche Erwartungen eingeengt und beginnt gegen diese zu rebellieren. Durch ihre Kunst schafft sie es dann später persönliche Traumata zu überwinden und sprengt weitere Ketten. Sie schafft ideale Welten, frei von Unterdrückung, Rassismus und Armut und feiert die Weiblichkeit mit ihren Werken, die von der begehbaren weiblichen Skulptur Hon über ihren Tarot-Garten bis hin zum Strawinski-Brunnen in Paris reichen.

Monica Foggia führt nach einem Vorwort, das bereits einen Überblick über das Leben de Saint Phalles gibt, chronologisch durch ihr Leben und vor allem die wichtigsten künstlerischen Stationen und erklärt ihre Intentionen. Aufgrund des geringen Textumfangs werden natürlich nur Bruchstücke aus Nikis Leben erzählt. Deshalb hätte der Text, vor allem der Rahmenhandlung, durchaus pointierter sein können, um die Informationsdichte zu erhöhen.

Die Illustrationen von Valeria Quattrocchi greifen Niki de Saint Phalles Stil auf und versuchen ihre Lebensfreude zu transportieren, was im Großen und Ganzen gut gelingt. Für mich hätten die Zeichnungen aber gerne auch so farbenfroh ausfallen dürfen wie die vorgestellte Kunst.

Die Künstlerbiografie der beiden Italienerinnen gibt einen guten Einblick in das Leben und Werk einer Ausnahmekünstlerin.

Bewertung vom 09.12.2023
Endstation Malma
Schulman, Alex

Endstation Malma


ausgezeichnet

» Sie freut sich auch, muss sie ja wohl, denn heute ist der Tag, an dem sie ihre Schwester sehen darf, doch vor allem ist sie traurig, denn es ist, als würden im selben Moment all die Tage, an denen sie sie nicht treffen durfte, auf sie einstürzen. «

Mann, was kann Alex Schulman doch schreiben! In seinem neusten Roman „Endstation Malma“ erzählt von 3 Zugreisen nach Malma: ein Ehepaar, das an einem Wendepunkt ihrer Beziehung angekommen ist, ein Vater mit seiner Tochter und eine junge Frau mit dem geerbten Familienfotoalbum auf der Suche nach Antworten.

Erst nach und nach wird klar, wie die Personen zusammengehören. Schulman entfaltet die Geschichte einer Familie, deren Traumata von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. Besonders clever ist der Wechsel der Erzählperspektiven und -zeiten, der verschiedene Blickwinkel auf die Geschehnisse ermöglicht und so fügen sich die einzelnen Puzzleteile der Geschichte zusammen und ergeben ein ganzes Bild.

Mich hat der Roman von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Absolutes Highlight!

Bewertung vom 12.11.2023
Kummer aller Art
Leky, Mariana

Kummer aller Art


sehr gut

In ihrem neuen Buch „Kummer aller Art“ sammelt Mariana Leky kleine Geschichten über das Leben.

Ihre Protagonisten müssen alle mit demselben kämpfen wie unsereins auch in der Realität – eben dem Kummer aller Art. Da gibt es die Nachbarin, die nicht entspannen kann, allen Entspannungstechniken zum Trotz; den neuen Übermieter, der sehr laut Musik hört und bei dem man nicht weiß, wie man ihm das am besten sagt. Und dann gibt es da auch noch Frau Wiese, die lange Zeit nicht schlafen kann und später mit ihrem Liebsten in eine neue Stadt umzieht und der der Abschied schwerfällt. Dazwischen geschoben sind immer kurze Anekdoten aus dem Leben der Ich-Erzählerin, die mehrere Psychologen in der Familie hatte und auch davon geprägt wurde.

Die Geschichten sind authentisch, leicht und stecken doch voller Lebensweisheiten. Mariana Lekys Schreibstil ist locker, leicht zu folgen und dabei dennoch gehaltvoll und Katharina Quast bringt das in ihrer Lesung perfekt rüber, sodass das Hörbuch die optimale Unterhaltung für zwischendurch oder vor dem Schlafengehen bildet.

Bewertung vom 05.11.2023
Regen
Schirach, Ferdinand von

Regen


gut

Wissen gibt Halt, glauben Sie. Sie täuschen sich.

Nur uns selbst können wir nicht vergeben, das ist nicht möglich. Niemand kann sich selbst seine Schuld erlassen, das kann nur der Gläubiger tun.

Draußen ist es nur von drinnen schön.

Ich liebe ja die Bücher von Ferdinand von Schirach. Auch sein neues Buch „Regen“ gefällt mir gut, wenngleich ich mir unter einer „Liebeserklärung“ an Regen etwas anderes vorgestellt hatte, denn der spielt nun wirklich eine sehr untergeordnete Rolle.

Die Geschichte des namentlich nicht erwähnten Ich-Erzählers, die von den vielfältigsten Gedankengängen Schirachs gespickt ist, funktioniert gut. Der Erzähler nimmt seinen Dienst als Schöffe zum Anlass, über seine Vergangenheit zu sinnieren, über Schuld und das Leben im Allgemeinen. Dabei produziert Schirach in gewohnter Manier eine Vielzahl an klugen Sätzen.

Soweit so gut. Der eigentliche Text umfasst allerdings mit lediglich 50 in großen Lettern bedruckten Seiten nur die Hälfte des Büchleins, der Rest besteht aus einem Interview mit dem Autor. Auch wenn dieses durchaus interessant ist, so fühle ich mich doch gelinde gesagt ein bisschen vera… Mit zunehmender Popularität des Autors werden die Bücher immer schmaler. Typischer Fall von Shrinkflation!

Bewertung vom 29.10.2023
Porträt auf grüner Wandfarbe
Sandmann, Elisabeth

Porträt auf grüner Wandfarbe


gut

Elisabeth Sandmann erzählt in ihrem Roman „Porträt auf grüner Wandfarbe“ eine Familiengeschichte über mehrere Generationen an diversen Schauplätzen.

Anfang der 90er begibt sich Gwen mit ihrer Tante und ihrer Freundin von England aus auf eine Spurensuche in der Vergangenheit nach Deutschland und Polen und versucht die Geheimnisse ihrer Familie zu ergründen. Dabei stößt sie auf alte Traumata, verlorene Schätze und interessante Familienkonstellationen.

Besonders die Tagebucheinträge zu Beginn des 20. Jahrhunderts geben ein gutes Bild der damaligen Zeit ab. Die verworrene Familiengeschichte hatte aber auch ihre Längen und die zahlreichen Nebenfiguren aus mehreren Generationen tragen nicht gerade zum besseren Verständnis bei. Die Aufdeckung der Geheimnisse zieht sich zudem sehr in die Länge, wobei sich einige Wendungen schon lange herauskristallisiert haben.

Für mich bleibt der Roman leider hinter den Erwartungen zurück.