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Fee04
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Bayern

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Insgesamt 140 Bewertungen
Bewertung vom 31.10.2023
Diamantnächte
Rød-Larsen, Hilde

Diamantnächte


sehr gut

„Diamantnächte“ von Hilde Rod-Larsen erzählt von einer Frau, die gesehen werden möchte.
Es geht um die Frage: „Wie geht es dir eigentlich?“

Agnete war immer schon eine stille Beobachterin, im Erwachsenenalter wird sie dafür sogar bezahlt. Ihr Wunsch war es schon immer, gesehen zu werden.

Selbst, das ist ein Wort, das nur in der Mehrzahl existieren dürfte. Doch obwohl jeder von uns viele ist, ist es möglich, sich als Kontinuum ein und desselben zu fühlen. Und meine Aufgabe besteht darin, den Menschen dabei zu helfen. S.109

Agnete ist mit ihrer Tochter allein zu Hause. Ihr Mann ist von Herbst bis Weihnachten auf Reisen und Agnete ergreift die Gelegenheit ihre Geschichte zu erzählen. Auch wenn sie nicht genau weiß, wie sie dies machen soll, ist es notwendig. Ihr Körper rebelliert, seit Monaten fallen ihr die Haare aus.

Der Roman ist in drei Abschnitte unterteilt; im ersten Abschnitt erzählt uns die Protagonistin Agnete in der ICH-Perspektive von ihrer Zeit als Studentin. Sie lernt Jenny kennen und deren
Vater Christoph, einen ausgebildeten Psychologen.

Erzähle nichts über dich selbst, ehe man dir eine Frage stellt. Oft kommt diese Frage nie. Das gilt für Männer und Frauen. (S.26)

Der Schmerz ist tragisch, Agnete kann es nicht erzählen. In Abschnitt zwei wechselt die Geschichte. Erzählt wird in der Dritten Person; Agnete wird zu Marianne, ihre Freundin Jenny zu Sarah und der Vater Christoph wird Alexander, der Seelenklempner.
Er hält für seine Patientin immer ein weißes Laken und eine Couch bereit. Marianne hat den ersten sexuellen Kontakt mit ihm und konnte doch nichts über sich erzählen. Ihre Freundschaft zu Sarah endet und doch bleibt der toxische Kontakt zu Alexander.

Wenn die kleine Lampe in ihrem Inneren die Welt zum Funkeln bringt wie Diamanten, muss sie vorsichtig versuchen, das Licht zu dämpfen und sei es nur ein bisschen, aber sie darf auf keinen Fall versuchen, es immer weiter aufzudrehen, weiter und weiter und weiter, bis die Birne durchbrennt. Dann wird es sich anfühlen, als würde es nie wieder hell werden, als wäre die Lampe für immer zerstört. Die vorige Nacht war eine solche Diamantnacht gewesen. (s.102)


Im dritten Abschnitt wechselt der Erzählstil wieder zurück.
Die Protagonistin versucht Christoph nun schlicht C genannt aus ihrem Leben zu verbannen und doch kann sie sich ihm und dem weißen Laken - ist es immer dasselbe?- nicht entziehen.
Sie versucht mit der Erzählung, dem Schreiben, das Erlebte zu verarbeiten, ihre Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen zu reflektieren.
Die Frage „Wie geht es dir?“ möchte die Protagonistin analysieren und ihre psychischen Probleme lösen.

Es gleicht einer Liebeshandlung. Bei diesen Worten wird mir unwohl, jetzt, da ich weiß, was Liebe ist. (S.185)

Die Autorin hat die Gedanken und Gefühle der Protagonist:in sehr gut beschrieben, unklar war zunächst, in welche Richtung die Erzählung führt. Psychologisch gut aufgebaut, plätschert die Erzählung der jungen Agnete abwechseln zwischen der Vergangenheit und Gegenwart. Der Gedanke, an andere Frauen, die auf der Couch lagen und deren Körper Hilferuf um Hilferuf abgaben wurden nicht beachtet. Erst in der Gegenwart, als ihre Haare fielen, fielen auch die Gesichter.

Die körperliche Veränderung lag außerhalb ihrer Kontrolle und doch war der Parasit endlich besiegt.

Ein außergewöhnliches Leseerlebnis wurde von der Autorin mit ihrem schlichten Schreibstil, den tiefgründigen Passagen und kurzen Kapiteln geschaffen.

Bewertung vom 29.10.2023
Denk an mich, wenn du stirbst
Hillier, Jennifer

Denk an mich, wenn du stirbst


ausgezeichnet

“Denk an mich, wenn du stirbst” von Jennifer Hillier, gesprochen von Rebecca Veil ist ein Thriller der Extraklasse. Emotional, fesselnd, spannend und mit unerwarteten Wendungen.

“Lebst du noch” liest Marin auf ihrem Handy. Die Nachricht ist von ihrem besten Freund Sal.
Marin ist sich nicht sicher; vor über einem Jahr wurde ihr vierjähriger Sohn Sebastian in einem Einkaufszentrum vom Weihnachtsmann entführt, weil sie nicht aufgepasst hat.
Bis zu diesem Tag hatte Marin alles, eine intakte Beziehung, einen absolut tollen Job, Geld und ihr Wunschkind Sebastian.

Die Polizei hat die Suche nach dem vermissten Kind aufgegeben und Marin hat heimlich eine Privatdetektivin engagiert. Es muss jemand nach ihrem Sohn suchen.

Sie besucht eine Selbsthilfegruppe in einem Hinterzimmer, die ihr wohl mehr schadet, als Resultate bringt. Bis die Detektivin mitteilt, dass ihr Mann seit einem halben Jahr eine Affäre hat. Das Mädchen ist Mitte zwanzig, hat rosa Haare und Marin hasst sie. Sie hat bereits ihren Sohn verloren, ihren Mann wird sie nicht kampflos aufgeben.

Ihr langjähriger Freund Sal ist immer für Marin da, er hilft ihr durch die schwere Zeit. Er liebt Marin seit dem College, als sie ein Paar waren.
Als Marin ihren zukünftigen Mann Derek kennenlernte, waren Sal und sie wieder mal getrennt und Sal konnte es nicht fassen, dass sie nicht mehr zu ihm zurückkam.
Alles was ihnen geblieben ist, ist die mehr als 20jährige Freundschaft.
Und diese ist für Marin nun mehr als wertvoll. Sal hat zwielichtige Kontakte, welche “Probleme” lösen. Und diesen Kontakt stellt er nun her….

Die Sprecherin hat die Stimmungen der Protagonisten perfekt eingefangen und dem Leser mitgegeben, das Hörspiel ist fesselnd, dramatisch und spannend zugleich. Die Protagonisten wurden alle sehr detailliert gezeichnet, auch die Selbsthilfegruppe wurde sehr gut beschrieben, der Verlust eines Kindes behutsam und einfühlsam dem
Leser nahegelegt.
Der Schmerz, die Trauer, der Verlust, die Angst und Verzweiflung war spürbar und ging unter die Haut. Auch die Hoffnung hat immer wieder Samen gesät und das Verständnis und Mitgefühl für die Betroffenen, wurde durch den absolut gelungenen Schreibstil der Autorin beim Leser hervorgehoben.

Die Story ist perfekt ausgedacht, erst zuletzt fügt sich alles und man wird ungläubig in die Abgründe des Bösen gezogen. Liebe und Hass sind sehr nah beieinander.

“Lebst du noch” sind die letzten Worte, die Marin hört.

Ein empfehlenswertes Hörbuch, unglaublich intensiv und mitreißend gesprochen.
Ein perfekter Thriller, der emotional unter die Haut geht.

Bewertung vom 28.10.2023
Damals im Sommer
Gottschick, Florian

Damals im Sommer


sehr gut

„Damals im Sommer“ von Florian Gottschick beschreibt eine wundervolle, melancholische Geschichte über zwei Brüder, das Erwachsenwerden und das Outen in jungen Jahren.

Der leichte Schreibstil trifft den Leser mit einer Wucht, die Geschichte wurde in ihrer Kürze intensiv, gefühlvoll und ergreifend geschrieben.

Die Verbindung zwischen den Brüdern ist voller Herzenswärme. Fer, der muskulöse, vorlaute und ältere Bruder verspottet und gängelt gerne. Der 15 jährige Bruder bewundert Fer, fällt jedoch immer wieder auf dessen Scherze herein.

Es war eine Schmach, als kleiner Bruder einer Maschine aus Raffinesse und List ausgesetzt zu sein. Wie töricht, an das Gute im Menschen zu glauben (s.32)

Trotz des Konkurrenzkampfes kann man die innige Bindung der beiden Brüder spüren.

In einem Sommerurlaub in den 90er Jahren lernen die beiden Brüder den ruhigen Franzosen Filip kennen. Der Jüngere ist sofort von dem muskulösen Jungen mit dem schönen Lächeln fasziniert.

Die drei jungen Erwachsenen verbringen gemeinsam die Tage am Strand und beim Wandern.
In der letzten Nacht vor Filips Abreise verbringen der Ich-Erzähler und Filip eine gemeinsame Nacht.

„Jetzt mache ich mich auf die Reise - in meine Seele hinein und hinaus in die Welt“ (s.110)

Der junge Teenager wird nach dieser Nacht erwachsen, er ist euphorisch und melancholisch zugleich. Wann wird er Filip wiedersehen? Ist sein Mut bereits groß genug um sich zu outen?
Die Verbindung der beiden Jugendlichen bleibt über SMS und Emails erhalten und
doch spürt man die Entfernung und Entfremdung. Filip tut dem jungen Mann auf Dauer nicht gut, sein Leben wird geprägt von den Momenten am Pc. Seine schulischen Leistungen lassen nach und er kappt die Verbindung.

Und dann erfährt er etwas schier unglaubliches und die Ereignisse und Geschehnisse prägen sein Leben.

Der Autor zeichnet feinfühlig ein Porträt der beiden Brüder, die Konkurrenz und Liebe zueinander, das verwirrende Verhältnis innerhalb der dysfunktionalen Familie und das distanzierte Verhältnis zu ihrer Mutter, einer wundervollen Frau, die mit Kindern nicht das geringste anfangen kann.

Die erste Liebe, sexuelle Abenteuer, Erfahrungen mit dem eigenen Körper und die Sehnsucht nach einem Körper, einem Kuss, einer Umarmung. Romantisch, wehmütig, traurig und voller Emotionen beschreibt der Autor die Erfahrungen des Ich-Erzählers. Sehr authentisch und detailliert werden die Protagonisten und Orte beschrieben. Der Wechsel zwischen den Zeiten fesselt und lässt mich als Leser das Buch kaum aus der Hand legen.

Ein wundervolles coming of age und coming out Buch, das ich sehr empfehlen kann.

Bewertung vom 23.10.2023
Das achte Haus
Segtnan, Linda

Das achte Haus


gut

„Das Achte Haus“ von Linda Segtnan entstand durch Nachforschungen zu einem Stadtrundgang, bei welchem die Autorin auf einen alten, ungelösten Mordfall stieß.
Im Mai 1948 verschwindet die neunjährige Birgitta Sivander. Zuletzt wurde das Mädchen in der Nähe des Sportplatzes gesehen. Am nächsten Morgen wird sie tot in einem Graben im Wald gefunden.
Siebzig Jahre später recherchiert die Autorin akribisch zu Birgittas Schicksal. In dem Buch wird die aufwendige Recherche dargelegt, verwoben mit ihrem Privatleben. Der Cold Case fesselt Linda und während ihre Schwangerschaft immer weiter fortschreitet, dringt der Fall immer mehr in ihr Leben.
Linda bringt ein Mädchen zur Welt, vernachlässigt ihren erstgeborenen Sohn Sam und dringt immer tiefer in die Akten der damaligen Ermittlungen ein. Zwischen ihren eigenen Gedanken, Gefühlen und Ängsten, lässt sie ihre spirituellen Erfahrungen in das Buch einfließen.
Der Debütroman wird in zwei Zeitsprüngen und drei Teilen untergliedert.
Es werden neue Erkenntnisse aufgedeckt, die Autorin zeigt auf, dass bei den früheren Ermittlungen nicht allen Unklarheiten nachgegangen wurde. Auch sind jugendliche Straftäter nicht befragt worden und die Nachlässigkeit der damals ermittelnden Beamten wird offensichtlich.
Ein 14jähriger Junge war der Hauptverdächtige, seine Schuld konnte jedoch nicht bewiesen werden und es wurde wohl nicht detailliert ermittelt.
Die Autorin ist besessen von dem Fall, sie vernachlässigt ihre Kinder und schreibt sich selbst in die Geschichte. Sie spürt Geister und hat mittlerweile auch eine Geister-App installiert.
Für die Recherche und Darlegung der Fakten zu dem ungelösten Mordfall ist die Ausarbeitung ihres Privatlebens zu intensiv und nicht notwendig.
Sehr interessant wurde das Leben des Mädchens, der Ablauf vor dem Tathergang und die einzelnen Erinnerungen der weiteren Nebenprotagonisten ausgearbeitet.
Der Ort des Geschehens wurde bildlich dargestellt, als Leser konnte ich mich mit den Beschreibungen sehr gut zurechtfinden.
Ein wundervolles Andenken an das ermordete Mädchen.

Bewertung vom 18.10.2023
Yoga Town
Speck, Daniel

Yoga Town


ausgezeichnet

„Yoga Town“ von Daniel Speck ist eine ergreifende Liebesgeschichte
und eine spirituelle Reise.

Der Roadtrip nach Indien wird abwechselnd aus den Jahren 1968 und 2019 erzählt.

Lucy, Yogalehrerin in Berlin und ihr liebevoller Vater Lou machen sich gemeinsam auf die Suche nach ihrer Mutter Corinna, die plötzlich verschwunden ist. Der strukturierten, depressiven, stilvollen und charismatischen Corinna sieht es jedoch gar nicht ähnlich einfach zu verschwinden.
Nur eine Postkarte weist den beiden den Weg nach Indien.

Ein Roadtrip für Lou in eine wilde und ungestüme Vergangenheit mit Geschichten, die nicht erzählt werden wollen. Tochter Lucy steckt gerade selbst in einer Lebenskrise und ist sich nicht sicher, was diese Reise in die Vergangenheit bringt.

Und doch machen sich Lou und Lucy auf den Weg.

Lou, sein Bruder Marc und seine Freundin Marie brechen spontan nach Indien auf; es ist 1968, der Weg zur Freiheit, zur Erleuchtung, einem gewaltlosen Leben, Meditation und der Antwort, warum der Buddha lächelt.

„Awake, sleep no more!“
Yogananda
(Pos. 781, 7.Kapitel)

Der Traum der damaligen Generation „Love, Peace and Freedom“ mit welchem sie die Gesellschaft verändern wollten, war eine riesige Welle, die alle Hippies Richtung Indien spülte.

Die drei Suchenden treffen auf dem Trail Corinna und verbringen gemeinsam eine unglaublich intensive Zeit in Rishikes. In dem Ashram bei dem Pop-Guru Maharishi und den Beatles verbringen die jungen Menschen ihre Zeit, leben mit der Musik und sind im Einklang mit Körper und Geist; entweder durch Meditation oder Drogen. Jeder erlebt auf seine Art diese unfassbare Zeit.
Bis etwas schreckliches passiert und alle Stillschweigen bewahren.

2019: Lou und Corinna wollten nie mehr nach Indien, die beiden waren mit dem Land und der Kultur unglaublich vertraut und doch blieb Indien eine „Büchse der Pandora“ welche man fest verschlossen halten sollte.
Warum gerade jetzt Indien? Und warum erzählt Lou immer nur Bruchstücke aus der Vergangenheit? Für Lucy ein Puzzle, das es zu lösen galt.
Vielleicht ist dies der Schlüssel auf ihrem Weg. Und vor allem, wo ist Corinna?

Lucy ist geübt in Verdrängung und der Annahme, dass sich die meisten Probleme nicht lösen lassen. Sie verdrängt auch den Bruch zu ihrem Mann Adnan und den Kindern.

Ein Moment, in dem Lucy die Erfahrung von „Bewusstsein“ erlebt hat, bringt ihr geordnetes Leben komplett durcheinander. Nichts ist, wie es zuvor war.
Und Lucy verzehrt sich nach diesem Gefühl, dieser Erfahrung.
Und das schlimmste, sie konnte sich nach dieser Erfahrung nicht mehr mit sich und ihrem Leben identifizieren.

Zwei Generationen, der Weg zum Bewusstsein und zum „Peace of mind“ werden hier unglaublich bildlich,intensiv und farbig gezeichnet. Höhen und Tiefen wechseln sich ab, genau wie die Zeitsprünge von 1968 zu 2019 und zurück. Der Autor hat den Hippie Trail mit seinen leichten und schwierigen Wegen unglaublich lebendig und leicht gezeichnet. Und doch ist nicht immer alles Gold was strahlt, die inneren Leiden sind schwer, die Hoffnung schwängert jeden Luftzug auf dem Weg nach Indien auf ein anders, freies Leben. Die Musik der 60er Jahre klingt durch die Seiten. Als Leser ist man direkt in Indien, die Gerüche, die Komposition und das Gras benebelt die Sinne.

„Gandhis Worte: Es gibt keinen Weg zum Frieden, Frieden ist der Weg.“
begleitet uns durch den bewegenden Roman.

Daniel Speck hat mit seinen Protagonisten großartige Charaktere gezeichnet. Der Roman zeichnet sich durch die verschiedenen Formen von Liebe aus. Einer Reise nach Innen, in die Vergangenheit und zur Zukunft.
Was eine Familie ausmacht und wofür es sich lohnt zu leben.

„ Und dafür, niemand mehr zu werden, weil man schon alles war.“
(Pos. 3028, 23.Kapitel)

Ein unglaubliches Meisterwerk von einem begnadeten Erzähler.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.10.2023
Der Hund ohne Namen
Krauser, Uwe

Der Hund ohne Namen


ausgezeichnet

„Der Hund ohne Namen“ von Uwe Krauser wurde wunderschön von Franziska Frey illustriert.

Ein berührendes Kinderbuch über einen ganz besonderen Hund.

Neun kleine Hundebabys werden in einer Scheune geboren. Acht schneeweiße, weiche, flauschige Welpen und ein grauer Welpe mit stumpfen Fell und nur drei Beinchen.

Die Hundemutter ist sehr stolz auf alle Welpen und behandelt alle gleich. Der kleine graue Welpen kann nicht mit den Geschwistern herumtollen, er ist dafür zu langsam. Seine Traurigkeit darüber wird unglaublich berührend beschrieben. Als die Zeit des Abschieds von der Mutter naht, wünscht sich der kleine Hund einen Menschen, der ihm ein sicheres Zuhause gibt und ihn liebt.
Niemand jedoch möchte diesen „anderen“ Hund mitnehmen, bis Luca mit seinen Eltern die Scheune betritt.
Er bemerkt sofort, dass der kleine graue Welpe etwas besonderes ist und möchte ihn mitnehmen.

Das Kinderbuch bringt eine klare, leicht verständliche Botschaft zu den kleinen und großen Menschen. „Jeder ist gut, so wie er ist.“
Die herzerwärmende Geschichte berührt nicht nur Kinder. Die bezaubernden Illustrationen von Franziska Frey unterstreichen diese liebevolle Geschichte.

Es geht vor allem darum, dass Anderssein nichts schlechtes ist. Der Autor lehrt durch diese Geschichte über Freundschaft, Zuneigung und Liebe den Kindern, dass jeder auf seine Art besonders ist.

Bereits für Kinder ab 3-4 Jahren geeignet; die großen, eindrucksvollen Zeichnungen mit den abgestimmten Farben und die kurzen Texte sind auch sehr gut für Erstleser geeignet.

Eine klare Leseempfehlung für dieses unglaublich schöne Buch, auch bestens als Geschenk geeignet.

Bewertung vom 02.10.2023
Geschwister im Gegenlicht
Bode, Sabine

Geschwister im Gegenlicht


sehr gut

“Geschwister im Gegenlicht” von Sabine Bode handelt von einer Familiengeschichte, die mich als Leser nachdenklich zurücklässt.
Sonja Sänkel, SS-Sonja wurde sie während der Jugend genannt, und ihr älterer Bruder Rolf hatten jahrelang nur sehr wenig Kontakt. Erst als Sonja nach dem Tod ihres Mannes eine kleine Ferienwohnung an der Ostsee anmietet, wird der Kontakt intensiver.
Rolf kommt mit seiner schwierigen Tochter Nina auf Besuch und die beiden Geschwister beginnen sich anzunähern und gleichzeitig mit der Aufarbeitung ihrer Kindheit. Einer Kindheit während der Nachkriegszeit mit stolzen Nazis als Eltern.
Rolf war der Liebling ihrer narzisstischeren Mutter und Sonja, das Vorzeigekind nach Außen, wurde bereits als Kleinkind von der Mutter geschlagen. Rolfs Schläge durch den Vater wurden von der Mutter wohlwollend gesehen und jeder laute Schrei zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Das Trauma ihrer Kindheit musste Sonja durch Therapien auflösen; deshalb hat sie bereits in jungen Jahren den Kontakt zur Mutter abgebrochen,
Rolf beginnt erst nach seiner gescheiterten Ehe und seinem Burnout mit der Aufarbeitung. Er kümmert sich immer noch um die narzisstische Mutter und versucht die Hintergründe der Eltern während der Kriegsjahre zu erforschen.
Viele Missverständnisse und Unausgesprochenes haben die Geschwister entzweit und jeder musste sein Leid durch die Eltern alleine verarbeiten.
Die Sprecherin Hemma Michel passt perfekt und durch ihre angenehme, ruhige Stimme gibt sie den Emotionen der Geschwister Raum.
Sabine Bode zeichnet die Protagonisten sehr verletzlich, empathisch und die bildliche Sprache vertiefen die Geschehnisse.
Das Thema der Nachkriegszeit wird beleuchtet, die Aufarbeitung der Familiengeschichte wird einfühlsam geschildert. Die Tatsache, dass beide Elternteile stolze Nazis waren, muss erst verdaut werden. Die Suche nach Antworten wird von vielen schlimmen Ereignissen während der Kindheit gezeichnet und erst jetzt wird vieles offenbart.
Die Nichte Nina gewinnt ihre Tante Sonja für sich, eine Verbindung wird aufgebaut und das Mädchen vertraut sich ihrer Tante an. Auch durch diese Bindung werden die zarten Familienbande gefestigt.
Die Gespräche und Erfahrungen von Rolf und Sonja bauen auf Vertrauen und die Vergangenheit kann gemeinsam besser angenommen werden.
Eine feinfühlige Erzählung und Aufarbeitung einer grausamen und schrecklichen Kindheit.
Ein empfehlenswertes Hörbuch,

Bewertung vom 27.09.2023
Und wir tanzen, und wir fallen
Newman, Catherine

Und wir tanzen, und wir fallen


sehr gut

„Und wir tanzen und wir fallen“ von Catherine Newmann ist ein berührendes Buch über Sterbebegleitung, Liebe und das Leben.

Edi und Ash sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen und haben alle Gedanken, Geheimnisse und Lebensabschnitte miteinander geteilt. Ash steht gerne (un-)beabsichtigt im Mittelpunkt und doch versteht und liebt Edi sie von Herzen. Sie sieht über die chaotische Art das Leben zu leben hinweg und erblickt dafür die Liebe und das Warmherzige.

Edi liegt mit Krebs im Hospiz, kämpft die letzten Tage um ihr Leben und erhält jegliche Unterstützung von Ash. Sie ist sofort zur Stelle, versucht Wünsche zu erfüllen und versucht mit diesem Schmerz umzugehen. Tränen fließen, Erinnerungen werden geteilt, es wird gelacht und solange es möglich ist, das Leben genossen. Der Schmerz und das Versagen der Organe gehen jedoch kontinuierlich und ohne Umwege ihren Weg und Edi verlässt nach und nach ihren Körper.

Sehr emotional werden die Bedürfnisse der Sterbenden und auch von Ash als Sterbebegleitung beschrieben.
Ekel über Körperflüssigkeiten und Gestank stehen im Verhältnis zu der unendlichen Liebe. Das Hospiz wird zu einem Ausnahmezustand, einer Zwischenwelt; hier bleibt alles stehen und draußen dreht sich das Leben weiter.

Weinen, Schmerz, Trauer und Ekel überschneiden sich mit Mitgefühl, Musik, Lachen, Essen und Gesprächen im Hospiz.
Ash versucht sooft es geht bei Edi zu bleiben und als diese fragt:

„Also, könntest du es so machen, dass sich meine Trauerrede tatsächlich um mich dreht?“

denkt Ash:

„Nichts zu wissen, scheint alles zu sein, was ich gerade weiß.“ (S.139)


Ein Buch über das Sterben, den Weg und die Kraft der Sterbebegleitung, sowie die Liebe, Hoffnung und den Mut zum Leben. Die Autorin hat ergreifend, schlicht und eindrucksvoll diesen Weg beschrieben.

Die Schreibweise ist einfach, verständlich, klar und humorvoll. Die Gefühle der Protagonisten wurden sehr gut ausgearbeitet, bildlich wurde das Hospiz mit seinen Patienten beschrieben.
Humorvoll und intensiv, kräftezehrend und warmherzig wurde das Gehen und Begleiten beschrieben, aber auch der absolute Ausnahmezustand, die Aktionen und Reaktionen darauf und vor allem die unendliche Müdigkeit.
Nicht nur der Sterbenden sondern auch der Sterbebegleitungen.

Ein intensives Thema, welches hervorragend die letzten Schritte eines geliebten Menschen beschreiben.
Sehr bewegend geschrieben, jedoch wurde der Austausch betreffend die Erinnerungen der Freundinnen nur gering ausgearbeitet und Edi‘s Leben dem Leser nur ansatzweise wiedergegeben. Eine Leseempfehlung, leider nur mit 4 Sternen.

Bewertung vom 15.09.2023
Das Mosaik meines Lebens
Wiebusch, Michaela

Das Mosaik meines Lebens


ausgezeichnet

Das Mosaik meines Lebens” von Michaela Wiebusch wurde wunderschön in verschiedenen Blautönen illustriert von Gisela Goopel.

Der Roman handelt von den 12 weiblichen Archetypen und den Weg der Selbstfindung.

Lisa entflieht dem Alltag, ihren Sorgen und ihrer Familie. Sie nimmt sich eine Auszeit in Griechenland, wo sie bereits als Kind oft ihre Urlaube verbracht hat. Dort trifft Lisa auf eine alte Bekannte und ein Mosaik mit zwölf weiblichen Archetypen oder auch zwölf Urbilder unseres Ichs, in welchem ein Geheimnis verborgen ist, welches seit Jahrhunderten gehütet wird. Lisa muss das Geheimnis selbst lüften, auch ihre alte Bekannte Judith wird ihr nicht helfen.

Im Griechischen Museum für Kunst und Geschichte tritt Lisa mit den Archetypen in Kontakt. Jede einzelne stellt sich vor und wird von Lisa gesehen, von der Herrscherin (Selbstkritik, Kontrolle) bis zur Liebenden (Liebe/Selbstliebe) und Schöpferin (Achtsamkeit/Vertrauen) werden alle vorgestellt und sehr bildlich erklärt. Lisa erkennt ihre Schwächen, Ängste und Glaubenssätze die sie fesseln und macht sich bewusst, dass sie selbst ihr Leben und somit ihre Gefühle und Gedanken steuern kann. Ein wunderschöner Weg zur Selbstfindung und Selbstliebe wird in diesem Buch aufgezeigt.

Auszug:
Wie kann ich die Liebe rufen, wenn sich mein Herz verschließt?

“Atme goldenes Sonnenlicht ein und lenke es in dein Herz, halte zwei, drei Sekunden den Atem an, um dann alles, was dich belastet und beschwert, mit dem Ausatmen fortzuschicken.”

Das klingt so einfach meint Lisa.

“Alles wird einfach, denn die Liebe ist im Grunde ganz einfach. Vertraue auf deinen Atem.“

Lisa lernt, sich selbst anzunehmen und durch die Archetypen sich, ihre Ehe und ihre Beziehungen anders zu bewerten. Die Änderung beginnt bei ihr selbst, erst dann wird sich auch alles andere ändern. Die lähmende Angst gilt es zu erkennen und anzunehmen. Lisa nimmt ihre Archetypen an und dadurch ändert sich ihr ganzes Blickfeld.

S. 208 “Ich fühle mich wie eine Regisseurin, die ihr Ensemble betrachtet. Ich kenne jede Rolle und kann die Auftritte und Dialoge nach meinen Wünschen gestalten und so das Theaterstück meines Lebens inszenieren.”

Die Autorin hat einen Ratgeber mit einer berührenden Geschichte verwoben; die Protagonistin wird sehr authentisch beschrieben und die weiblichen Archetypen sind phantasievoll gezeichnet, ihre Eigenschaften wurden sehr gut ausgearbeitet und man kann sich als Leserin in den einzelnen Figuren wiederfinden.
Der Schreibstil ist flüssig , leicht und märchenhaft, die Erzählung ist sehr auf das Weibliche ausgerichtet.

Schön finde ich die Illustrationen im Buch und die Beschreibung der zwölf Archetypen im Anschluss an den Roman.

“Dankbarkeit in unserem Herzen ist wie ein Magnet für das Glück.”
S.224
Auch ich bin dankbar, dass ich dieses inspirierende Buch vorab lesen durfte. Eine Leseempfehlung von Herzen, vor allem für Menschen, die sich inspirieren lassen und neue Wege suchen.