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Benutzername: 
LindaRabbit
Wohnort: 
Freiburg
Über mich: 
Leseratte erster Klasse!

Bewertungen

Insgesamt 254 Bewertungen
Bewertung vom 26.11.2023
Es heißt Freundschaft, weil man mit Freunden alles schafft / Ziemlich beste Mäuse Bd.1
Andeck, Mara

Es heißt Freundschaft, weil man mit Freunden alles schafft / Ziemlich beste Mäuse Bd.1


ausgezeichnet

Miss Miffy, Adelina und natürlich Mausmän

Miss Miffy, die wohlgenährte Küchenmaus; die Magernager – die armen Kirchenmäuse, die immer im Chor reden… ; Adelina, die scheue, aber schöne Haselmaus; Spencer Spitzmauserich der scharf auf Adelina ist; Liesel, das Mauswiesel; die alte Leseratte; und Henry gibt sich als Mausmän, die fliegende Superratte, aus...

Schon der Einstieg in die Geschichte ist klasse: Wie Henry supereitel (der seine Frisur mit Marmelade stylt) und so wahnsinnig von sich überzeugt ist und dann - Blitzdonner, das Wetter macht ihm einen Strich durch seine Berechnungen…
Henry ist ein Gleithörnchen (werden auch Flughörnchen genannt, dabei gleiten sie doch nur…). Er will die Meisterdieb Meisterprüfung machen: Denn das machen Gleithörnchen so, seine Brüder scheinen das alle gemacht zu haben. Nur Henry, ach je, er wird total rosa… es blitzt nämlich und bei Blitz ändern die grauen und damit unsichtbaren Hörnchen ihre Farbe. Die Kamera erfasst ihn und seine Meisterdiebprüfung ist geschmissen. Ganz Chicago lacht über ihn. Henry wandert aus. Er haut ab! Blamiert bis auf die Knochen, äh Flügel...

Henry, bis auf die Gleitflügel blamiert, schmuggelt sich auf einen Ozeandampfer ein. Er bleibt unversehrt und unverzehrt (herrlich, die Wortspielereien), weil der Schiffskater weiß ja, dass er ein Gleithörnchen ist. Nicht besonders delikat.
Während seiner Überfahrt als blinder Passagier hört er den Schiffratten zu. Es gibt da eine Burg Funkelstein und da existiert ein funkelnder Diamant, den alle suchen. Henry will diesen Diamanten finden, um sein Meisterdieb Missgeschick in Chicago auszulöschen. Doch auf Burg Funkelstein nimmt man ihn als 'Mausmän' (weiß ja keiner, dass er ein Hörnchen ist…) auf und alle tun ihm Gutes, leckeres Frühstück, Sonnenschutz über seinen Kanonenschlafplatz, und dann ist da Adelina… Doch immer wenn er an sie denkt und ihren Namen sagt, werden Henrys Öhrchen wieder rosa… Wieseldame Liesel, die ihn zuerst kritisch beäugt, hilft ihm und dann ist da die Leseratte, die ihm auch hilft… Dabei ist er doch keine Maus… aber er wird aufgenommen, das ist Freundschaft!

Was für eine witzige Idee...Ziemlich beste Mäuse, ein Superspruch, gefällt mir. Genauso auch wie ‚Es heißt Freundschaft, weil man mit Freunden alles schafft‘. Das Titelbild mit den beiden Mäusen (äh, Gleithörnchen Henry) drauf, die es sich gut gehen lassen, ist vortrefflich. Gut gemacht.

Auch die Zeichnungen im Buch sind liebevoll gemacht, aber gleichzeitig inhaltsvoll. Auf Seite 21, z.B., die Zeichnung auf dem Schiff mit den Schiffratten, die aussehen wie kleine Piraten – Ohrringe im Ohr, Mützchen und ein dahinter versteckter Henry, von dem nur der buschige Schwanz hervorlugt…
Das macht alleine schon Spaß die Zeichnungen sich anzuschauen. Und mit Kindern ist das einfach klasse, man kann zusammen so viel sehen, herausfinden, erkennen…

Ein sehr schöne Art Kinder an ‚Freundschaften‘ heranzuführen… es geht nicht immer um die eigenen Ziele, manchmal ist es besser die gemeinschaftlichen Ziele im Kopf zu haben… Freundschaft!

Bewertung vom 27.10.2023
Das Gemälde
Brooks, Geraldine

Das Gemälde


gut

Das Pferd Lexington

Das Geheimnis um das Pferd und seinen Betreuer, im Gemälde verewigt! Drei Stränge zu unterschiedlichen Zeiten führen durch den Roman "Das Gemälde" von Geraldine Brook:
2019, Tess und Theo lernen sich durch ein Gemälde von ‚Lexington‘ kennen, Ort: Washington D.C.
1954, Martha Jackson, Galeristin, bekommt von ihrer Haushaltsgehilfin ein Ölgemälde eines Pferdes, ‚Lexington‘, angeboten. Ort: New York City
1850, Jarret, ein schwarzer Sklave betreut das Pferd ‚Lexington‘ (vormals Darley) und der Künstler Scott, der das Pferd malt. Ort: Kentucky, Szessionskrieg

Der Doktorand der Kunstgeschichte Theo findet das Gemälde im Müll der alten Dame von gegenüber, deren kettenrauchender Ehemann kürzlich verstarb. Kettenrauchend ist insofern wichtig, weil Lagen von Nikotin das Gemälde überlagerten. Das Bild muss mühsam gefunden werden. Jess dagegen arbeitet mit Knochen von Tieren und wird gebeten sich um das Skelett des Pferdes Lexington zu kümmern, das in ihrem Institut gelagert wird. Martha Jackson erinnert das Bild von 'Lexington' an das Pferd ihrer Mutter, eine Nachfahrin von 'Lexington'. Wobei die Mutter nach einem Ausritt vom Pferd stürzte und starb.
Jarrett, der schwarze Junge auf dem Gemälde, ist bei der Geburt des Pferdes dabei und Jarrett ist derjenige, der es aufzieht, trainiert und so vieles mit dem Pferd erlebt.

Die drei Stränge sind als Strang jeder für sich beschrieben. Jarret und die Zeiten als sich die transatlantische Sklavenhaltung in der Auflösung befand und sich immer mehr Menschen dazu bekannten, dass auch Schwarze ein Recht auf ihr eigenes Leben haben. Martha Jackson, die aus gutem Hause stammende Kunstliebhaberin. Und dann die Australierin Tess und der amerikanisch – nigerianische Theo.

Der Strang von 2019 ist durchdrungen von zeitaktuellen Themen, dramatisch aufgebaut so wie sie in bestimmten Liebesromanen auch sein könnten. Wobei der mehr oder weniger subtile Rassismus von allen Seiten schon ziemlich dick aufgetragen ist und teilweise garniert auch mit Plattitüden. Und in der Tat gefällt mir von den drei Strängen der zeitaktuelle am Wenigsten, während der historische Strang von 1854 bis 1875 hervorragend sensibel geschrieben ist. Jarret bildet sich selbst weiter, in unterschiedlichen Bereichen. Er macht etwas aus sich... Seine innere Stimme, die immer wieder zum Vorschein kommt, macht diesen Strang interessant und sehr menschlich. Der zweite Strang ist der dünnste, wobei mir da noch Fakten fehlen. Die Geschichte der Galeristin wäre auch interessant, aber trägt dieser Strang etwas zum Ablauf des Romans hinzu?
In jedem Strang tauchen unterschiedliche Charaktere auf, bösartige wie gute (unabhängig von der Farbe der Haut, denn die macht nicht aus einem Menschen per se einen guten Menschen).

Das Umschlagsbild ist äußerst dezent. Lediglich ein kleines Gemälde, ein schwarzer Junge, ein Pferd, Landschaft. Dazu schräg gestellt, was mehr Aufmerksamkeit erregt.

Der Klappentext dagegen macht neugierig.
Ein guter und flüssiger Schreibstil regt an sich in das Buch hinein zu lesen. Der Roman basiert auf der wahren Geschichte des Rennpferdes Lexington. Eine Geschichte mit historischem Hintergrund, die mich sofort angesprochen hat. Pferdeliebhaberinnen flippen wahrscheinlich aus bei dem Buch. Die Autorin besitzt selbst Pferde und reitet für ihr Leben gern. In der amerikanisch - englischen Originalausgabe heißt das Buch einfach ‚Horse‘.

Interessant für Lesende, die sich mit Pferdegeschichten beschäftigen.
Summa summarum – liest sich interessant und lässt das eine oder andere an Fakten nachschlagen. Aber warum die Autorin so mit Preisen überschüttet wird, enthüllt sich mir bei diesem Roman nicht. Dazu muss ich wohl die anderen lesen...

Bewertung vom 25.10.2023
Dieses schöne Leben
Brammer, Mikki

Dieses schöne Leben


ausgezeichnet

Clover, die Sterbebegleiterin

Berührend, klug, hoffnungsvoll: Ihr Opa, der Professor, stirbt alleine als sie auf Reisen ist. Da entschließt sich Clover Sterbebegleiterin zu werden, niemand sollte alleine sterben… sie ist gut, sie geht in ihrem Beruf auf, aber hat kein Privatleben. Sie verschließt sich und traut sich nicht ihren Gefühlen zu öffnen.
Bis Silvie und Claudia in ihr Leben treten…Mit Silvie, der neuen Nachbarin, befreundet sie sich, die ihr genaues Gegenteil ist – quirlig, lebenslustig, alles mitnehmend, nichts anbrennen lassen. Und Claudia, die ältere Dame, die sie auf ihrem Gang in die andere Welt begleitet, ist eine wunderbare Frau, die allerdings etwas bereut… Und darum geht es in diesem Roman, leben und lieben, etwas Sinnvolles aus seinem Leben zu machen… Es ist eine wunderschöne und großartige Entwicklung, die in diesem Roman beschrieben wird.

Es treten so viele Menschen in dem Buch auf, bei deren Beschreibungen sich einem das Herz öffnet mit dem Wunsch sie kennenzulernen. Der Großvater, der zwar nie seine Gefühle in Worte fasste, aber seiner Enkelin durch seine Taten zeigte, wie sehr er sie liebte und ein großartiges Vermächtnis ihr hinterließ. Leo, der ebenfalls ältere Nachbar, der ein treuer Freund zu Clovers Großvater war und seinem Wunsch entsprach sich um die Enkelin zu kümmern. Solche Freunde wünscht sich jeder.
Und dann Hugo, der junge Hugo, was für ein wunderbarer und warmherziger Mensch… Und viele andere, die nur Begleiterscheinungen sind… und natürlich die anderen, die noch weiter wachsen sollten und aus ihrem Gefühlsgefängnis sich entlassen…

Ich habe bislang nicht gewusst, was eine Sterbe Doula ist und ich wusste auch nichts von Death Cafes (alles online nachgelesen). Wieder etwas Neues gelernt. Unglaublich intensiv geschrieben, unglaublich schöner Schreibstil… Absolut faszinierend und fesselnd. Das ist wieder so ein Buch, wo das kurze Reinlesen wirklich nicht enttäuschend ist. Es ist ein Debütroman und ich wünsche mir, dass die Autorin weiterhin solche großartigen Bücher schreiben würde. Aber bitte Zeit lassen, denn großartige Bücher entstehen nicht am Fließband!

Ein schönes Titelbild: Auf einer Landkarte (New York?) liegen, auch haptisch greifbar, Blumenornamente. Sehr schön gemacht vom Layout und der Buchgestaltung! Kompliment!

Bewertung vom 25.10.2023
Cleopatra und Frankenstein
Mellors, Coco

Cleopatra und Frankenstein


gut

schneller leben & co

Cleopatra und Frankenstein, Cleo & Frank... Kennenlernen, verrückt sein, New York und dann nach sechs Monaten heiraten.

Eine Kokain - Hochzeit, mit seltsamen Freunden und Freundinnen, schneller leben, Feuerwerk. Das Hochzeitskleid ein Neglige, er im elfenbeinfarbenen Smoking mit Zylinder, der Trauzeuge ein Hotdog Verkäufer, der weinte. Und der Bräutigam, reich, Geld zählt nicht, steckt ihm hundert Dollar zu.

Schneller leben. Modern. Schneller Genuß, schnelles verleben, schnelles trennen. Moderne Sprache. Und dann - adieu, das war's. Ca y est!
Nein, sie haben nicht für die Greencard geheiratet, sondern wirklich weil sie verliebt waren. Denn der schwule Freund (muss ja heutzutage in jedem Roman drin sein) hätte sie geheiratet, für die Greencard. Aber die junge Europäerin und der Amerikaner, in seiner fast midlife crises.

Zum Teil witzige Redewendungen und Sprüche...

Sympathisch sind die wenigsten der vorgestellten Personen im Roman. Ob das symptomatisch für bestimmte Generationen sein soll?

Ich liebe New York, ich habe viele tolle Freunde und Freundinnen dort, aber nicht dieses Genre. Ich bin stundenlang durch N. Y. gelaufen und habe tolle Ecken entdeckt. Aber das hier... Das ist eine total kaputte Scheinwelt... und ich quälte mich durch die Kapitel... manches ist witzig, aber bei vielem fragte ich mich - in was für einer Welt leben diese 'abgefuckten' Leute... Zum Glück kam Elenore und es wurde noch ein Happy End. Die Kapitel dazwischen wirklich anstrengend.

Auch wenn man das Buch nicht liest, nicht schlimm. Umschlagsbild ganz nett, aber total irre führend!

Bewertung vom 25.10.2023
Das Buch Eva
Clothier, Meg

Das Buch Eva


ausgezeichnet

Das Buch!

‚Ich habe dich für klüger gehalten. Männer sprechen von Geschwätz, um das Wort einer Frau herabzuwürdigen. Männer haben ihre Verbindungen, ich habe meine. Frauen hören Dinge, und wenn sie reden, können sie allenfalls darauf hoffen gehört zu werden.‘

Ein geheimnisvolles Buch und die damit verbundene große Gefahr, weil das Buch als ketzerisch gilt (Du sollst keine anderen Götter neben mir haben).
Der Roman spielt in Italien, zur Zeit der Rennaissance: Beatrice, die in ein Kloster weggeschlossen wurde, eine Seite ihres Gesichtes ist verbrannt (damit gilt sie im Zeitalter der absoluten Schönheit als nicht vermittelbar), außerdem – obwohl Tochter eines reichen und bedeutetenden Mannes – ist sie unehelich. So wurde sie die Bibliothekarin des Klosters und sie liebt ihre Bücher über alles - mehr als die Menschen.

Dieses unbekannte Manuskript hat es in sich. Sehr mysteriös, sehr geheimnisvoll und stammt aus dem Land Albion (der Stadt Northwich). In dem Land herrscht die Königin Ana, die die Macht an sich gerissen hat und die Papisten aus dem Land geworfen.
Beatrice möchte mehr Außenwelt, doch diese wird von skrupellosen Männern beherrscht. Vor den Klostermauern werden zwei Frauen gefunden, schwerverletzt. Marta, eine junge Ziegenhirtin, hat sie hingebracht. Die Jüngere der beiden Schwerverletzten überreicht Beatrice ein Buch. Beatrice muss es verstecken, sie tastet sich mühselig an das Buch, versteht es nicht und ist doch fasziniert.

Und dann auf einmal geschehen grausame Dinge…und es geschehen schöne Dinge. Das Buch führt ein Eigenleben. Mystische Dinge passieren...Doch der Mönch Abramo, ein selbstherrlicher Inquisitor, ist ein unbarmherziger Verfolger aller jener, die Ketzer:innen genannt werden. Er belästigt die Nonnen, und vor allem auch Beatrice. Er macht sich über die Stadt her wie ein schlimmes Erdbeben, er bringt Mauern zu Fall und lässt Menschen verfolgen.

Das unglaublich schöne und romantische Titelbild, gehalten im Stil der Rennaissance, verziert mit Blumen und den geheimnisvollen Buchstaben der Schrift des Voynich Manuskriptes, passt sehr gut zum Buch. Der Schreibstil, ebenfalls im Rennaissance – Stil, liest sich nicht einfach weg. Es erfordert genaues Lesen, genaues Aufpassen und Geduld. Aber in dem Roman steckt die Kraft von Generationen von Frauen und so entfalten die Worte eine Saugwirkung, wenn man endlich versteht...
Es ist ein mittelalterlicher Krimi um Macht und Herrschaft und um das geheime Wissen von Frauen und ihre Bündnisse.

Der Roman basiert auf dem Voynich Manuskript (was in der University of Yale in der Abteilung Seltene Bücher aufbewahrt wird). Dieses Manuskript wird auf das 15. Jahrhundert datiert, doch kein Mensch weiß, was es genau bedeutet. Ob es eine Fälschung ist oder tatsächlich eine wichtige Lehre beinhaltet... Die Pflanze oben rechts auf dem Titelbild stammt aus dem Buch, was Wilfried Michael Voynich 1912 vermutlich aus der Sammlung eines toskanischen Landhauses kaufte. Ebenfalls verzierende unbekannte Schrifttypen entstammen dem Buch.

Bewertung vom 25.10.2023
Nebenan ist doch weit weg
Bones, Antje

Nebenan ist doch weit weg


ausgezeichnet

Witamy!

"Nebenan ist doch weit weg", Antje Bones, Oktober 2023, dtv Verlag, ab 11 Jahren, 304 Seiten, Illustrationen von Michael Szyszka.

Auffälliger grüner Umschlag, auf dem der Weg von Berlin nach Krakow eingezeichnet ist...

Edith, 12, und ihr Bruder, 5, müssen mit ihren Eltern von Berlin nach Krakow umziehen. Keine andere Chance! Die Eltern haben dort ein Haus gekauft. Unglaublich, nach Polen. Keiner in der Schule versteht das. Von Berlin nach Krakau...Und Edith eigentlich auch nicht. Sie verzweifelt fast, denn sie kennt niemanden in Krakow (wie die Stadt auf polnisch heißt; Krakau, in der Nazizeit deutsch besetzt). Auch Polen kennt sie nicht und schon gar nicht die Sprache.

In Berlin spöttelt man deswegen rum. Selbst polnische Freunde in Berlin verstehen nicht, dass sie nach Polen ziehen. Doch am schlimmsten ist natürlich für Edith, dass sie nun weit weg von ihren besten Freundinnen Anne und Jack sein wird. Das Packen wird beschrieben, die Reise nach Krakow, das Ankommen, das Haus, die Schule, das Erkunden des Umfelds (und ja, es gibt auch eine Beschimpfung durch eine ältere Frau). Mit seltsamen Gefühlen im Bauch, aber auch zunehmenden Mut, findet sich Edith langsam in dem neuen Leben zurecht. Sie findet Freundinnen (Milena, vielleicht auch Pola) und Freunde in Krakow und erlebt Abenteuer. Sie beginnt das Essen zu mögen (hach, diese Sesamkringel) und stürzt sich richtig in das Lernen der Sprache. Und dann gibt es noch dieses eine außerordentliche Erlebnis...

Das Buch wurde mit viel Feingefühl geschrieben. Als lesender Mensch kann man sich sehr gut in Ediths Lage hineinversetzen. Aus den Tagebucheinträgen und weil das Buch in der ersten Person Singular (also Edith' Perspektive) geschrieben wurde, erfuhr ich hautnah die Gefühle des Teenagers. Nachvollziehbar wie schwierig es für sie war, allein nur in die Schule zu gehen... wie wird sie da aufgenommen, neben wem wird sie sitzen, kann ich mit denen überhaupt reden... Eigentlich eine Sache für sich der Elten, dass sie diesen Schritt unternahmen. Für die Kinder eine enorme Umstellung. Wäre die Familie keine intakte und kindergerechte, würde das wohl zu massiven Problemen führen. Ich denke, andere Teenager wären ausgeflippt und hätten sonst was angestellt...

Das Buch liest sich angenehm und flüssig. Mit Illustrationen bebildert, die Edith Tagesablauf und Erlebnisse darstellen. Die Illustrationen sind einfach, aber doch treffend - keine Kunstwerke und doch unterhaltsam.

Edith lernt polnisch und somit lernt auch der lesende Mensch die Sprache und Kultur etwas kennen. Immer wieder werden polnische Wörter mit ihrer deutschen Übersetzung in den Text eingebracht. Edith notiert einzelne Wörter in ihren Tagebuch (und siehe da, schon habe ich ein paar polnische Wörter gelernt). Tak!

Ein sehr sachliches, gefühlvolles und, ja, einfühlsames Buch über das Einleben in einem anderen Land. Da dies in Deutschland nun ständig passiert für junge Menschen aus anderen Kulturen sollte dieses Buch Material für die Schulen werden (Grundschulen auf jeden Fall).

Für mich war (ist) das Buch sehr wichtig, weil ich polnische Vorfahren habe und mich erst jetzt - später im Leben -, mit dieser Kultur auseinandersetze...

Bewertung vom 01.10.2023
Das Glück liegt im Darm
Polster, Elisabeth

Das Glück liegt im Darm


sehr gut

Spannende Reise in das Körperinnere

Was für ein schöner und leicht lesbarer Ratgeber! Griffig in der Hand, große Buchstaben, viel Platz, gut zu lesen... mit Fotos und guter Bebilderung. Aus eigener Erfahrung gelernt und darum in den Bereich 'Darmsanierung' gegangen. Die Autorin macht es uns leicht zu verstehen und nachzuvollziehen.

Dein Darm das unbekannte Wesen (wer früher eine Darmspiegelung mitmachte, kennt so ein bißchen was davon…) heute nur mit Narkose.
Symbiose mit unseren Darmbewohnern... Und auf einmal zwickte und zwackte mein Darm beim Lesen - zur Bestätigung, dass ich ihn schlecht behandelt habe. Doch zum Glück gibt es auch noch im Teil 4 Rezepte...

Die Bakterien - Superhelden im Darm und wie unser Leben sich verlängert, wenn richtig gegessen wird. Großes Ehrenwert, liebe Darmbakterien - ich werde jetzt auf Euch achten!

Umschlag deutet natürlich die Wichtigkeit an – orange! Verziert das Innere eines Darms mit so ein paar Bakterien Symbolen… gut gemacht, auffällig!

Bewertung vom 01.10.2023
Schatten über Colonia - Ermittlungen am Rand des Römischen Reichs
Melzener, Axel;Neviandt , Julia Nika

Schatten über Colonia - Ermittlungen am Rand des Römischen Reichs


sehr gut

Colonia, die welt offene Stadt

Köln (Colonia) 87 anno domini: Eine Stadt mit über 20.000 Bewohnern, Römer und Menschen, im römischen Reich Geborene, aber auch angrenzende Germanen (Menschen aus den unterschiedlichen Stämmen) und von anderen Völkern, angetan von der römischen Lebensweise. Doch plötzlich redet alles von den Überfällen, zuerst auf die villa rusticae, also den Landhäusern außerhalb der Stadt, wo meist Reiche wohnen, die sich einen gefälligen Lebensstil außerhalb der bereits engen Stadt mit den vielen Menschen leisten können.
Lucretia ist eine junge Römerin (Vater aus Mauretanien, der ein bekannter und wohlhabender Kaufmann ist), sie ist 17 und in dem Alter, in dem sie verheiratet werden soll. An eine gute Partie. Doch sie findet all diese jungen Männer, denen sie vorgestellt wird, langweilig und unpassend für sie. Denn sie ist nicht nur gebildet, sondern auch von einer raschen Auffassungsgabe, interessiert an neuen Dingen und neugierig. Bei einem Prozess an dem sie teilnimmt, weil sie die römische Rechtsprechung interessiert, lernt sie Quintus Tibur kennen, Vater ein römischer Centurion (der leider im Krieg fiel), Mutter eine Germanin aus dem Stamm der Usipeterer. Er ist so etwas wie ein sozialer Emporkömmling. Die Mutter wurde als Unfreie gehalten, weil sie sich mit dem Römer einließ und schwanger wurde und er ließ sie recht- und mittellos zurück. Folkward, so der Geburtsname, geht in die große Stadt Agrippinia, wird adoptiert und aufgrund seines Fleißes Rechtsanwalt und ein sehr erfolgreicher. Er setzt sich ein für die Gerechtigkeit.

Doch dann stolpert er – durch seinen Gerechtigkeitssinn – in einen neuen Fall. Ein Germane wird angeklagt Teil dieser Raubbanden zu sein, die sich über die Landhäuser hermachen. Quintus, aufgrund seiner akribischen Recherchen und intelligenten Nachdenklichkeit, bekommt den Germanen frei und den meineidigen versoffenen Färber vor Gericht, der behauptete den Germanen Fridjof gesehen zu haben mit gestohlenen Waren in den Armen. Lucretia ist voll angetan von seiner Art der Recherche. Doch dann wird ihre Haussklavin, mit der sie eng befreundet ist, bei einem Überfall auf ein Landhaus getötet. Und Lucretia schwört den Mörder ihrer Freundin zu finden…
Eine junge Frau im 1. Jahrhundert a.d., wo Frauen absolut nichts zu sagen hatten, außer sich für beten und stricken zu interessieren. Und natürlich Kinderkriegen…

Mein erster ‚Krimi‘ aus dieser Zeit und da ich die Stadt Köln und die römischen Ausgrabungen kenne, von höchstem Interesse für mich.
Die Beschreibungen der alten Stadt Köln zu römischen Zeiten, Leben und Ablauf sind interessant zu lesen. Vor allem, wenn man sich ein wenig auskennt über Sachbücher zur römischen Antike. Ankunft des neuen Statthalters, sehr schön und lebendig gehalten. Beschreibungen der Menschen, so wie die unterschiedlichen Archetypen auch heutzutage anzutreffen sind. Und wohl auch ziemlich authentisch, was meine römischen Kenntnisse betrifft…
Der Krimi als solches, für eine Lesende und Außenstehende, ist ziemlich offensichtlich von Anfang an (Intrige gegen den Jäger, der Färber und sein Meineid), der Überall auf das reiche Haus - während alle im Forum sind um den Statthalter zu begrüssen, ist offentlich eine Finte. Jemand, der ‚Insider‘ Kenntnissen besitzt... Da soll wohl ein politischer Prozess gestört werden… wer steckt dahinter?
Psst, wird nicht verraten. Unterhaltsam trotzdem, auch wenn ich nach kurzer Zeit ahnte, was da wohl abgeht...es wird turbulent, es wird aufregend, es wird stinkig und natürlich – Krimi – auch mit Mord und Totschlag.

17 von 17 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.09.2023
Die weite Wildnis
Groff, Lauren

Die weite Wildnis


ausgezeichnet

Das Mädchen und die Wildnis

Lauren Groff: Die weite Wildnis
Englische Pioniere auf dem nordamerikanischen Kontinent, 17. Jahrhundert. Ein Mädchen läuft weg aus einer schrecklichen Situation. Nimmt einige wichtige Dinge mit sich (Beil, Trinkbecher, Sack, Decken, Handschuhe und Stiefel von einem toten Jungen). Rennt um ihr Leben, hört nicht auf zu rennen, versteckt sich in Felsspalten, hungert, findet Essen, isst alles Mögliche, vermeidet Menschen, wird mit Steinen beworfen, wird verfolgt. Versteckt sich in hinter einem Wasserfall, hungert, friert, ist krank, dem Sterben nahe. Überlebt und ….

Sie hat ständig Visionen von ihrem früheren Leben, von den Menschen, die ihr Böses antaten. Von den Menschen, die sie liebte, Bess, der Glasbläser, doch die sie verloren hat… Auf ihrer Flucht setzt sich sie mit Gott und ihren Visionen auseinander. Bietet sich einer Bärenmutter als Futter an, weil sie nicht mehr will, die Bärin verschmäht sie. Das Mädchen, die junge Frau, die reifer gewordene Frau, sie lebt einsam in der Wildnis, lernt mit ihr zu leben, überlebt, überlebt nicht…
Es ist ein ständiger Kampf. Sie ist klug, sie ist ein Kämpferin. Sie hat Fähigkeiten…

Ein Roman wie ein Gedicht – die Sätze fließen ineinander, in einer brutalen rauhen Sprache. Das Schicksal eines Mädchen, elternlos, Waise, Findelkind. Ausgebeutet, missbraucht, gedemütigt. Mitgerissen aus England in die Neue Welt. Die Fahrt auf dem Meer. In das Nordamerika des 17. Jahrhunderts. Siedler, die hungern, darben, verrohen. Kinder, die sterben, Männer, die sich nehmen, was sie nehmen wollen. Ist sie das Kind einer Käuflichen, ausgesetzt? War ihr Vater ein Seemann, denn auf dem Wasser fühlt sie sich wohl?
Vor kurzem las ich ‚Ich, Sperling‘, aus dem vierten Jahrhundert Europas. 13 Jahrhunderte später… In dem Buch Sperling ein männliches Kind, geraubt, verkauft, missbraucht. Im vorliegenden Buch ein weibliches Kind… Was hat sich geändert, was ist heute anders? Ist der Mensch die schlimmste Bestie auf Erden? (Bei so einem Roman wird man philosophisch...)

Die Autorin setzt mit dem Buch für das namenlose Mädchen, das viele Namen von anderen verpasst bekam (wie bei Ich, Sperling, ebenfalls ein namenloser Mensch, ein Ding…) ein Denkmal für die Namenlosen dieser Weltgeschichte… Unendliche Schicksale. Viele Schicksale.
Lauren Groff schreibt mitreißend, detailliert, es ist wie wenn man selbst auf dieser Flucht ist, vor wem, den anderen, sich selbst…Setzt sich mit ihr mit der Natur auseinander. Es braucht nicht viel, nur das Mädchen, die junge Frau. Die anderen sind Verfolger. Feinde? Manchmal schüttelte es mich vor Entsetzen. Und doch hätte ich mir gewünscht, dass die namenlose Flüchtende von den Menschen in Nordamerika, die ersten Bewohnern der Region, aufgenommen würde, ihr helfen, sie integrieren. Einerseits ja, denn sie legen, der Verückten, Essen in der Nähe ab. Andererseits wird sie mit Misstrauen beobachtet, denn leider hatte man schon schlechte Erfahrungen mit diesen Ankömmlingen gemacht…Ich hatte tatsächlich beim Lesen des Klappentextes erwartet, dass die Einheimischen ihr helfen, dass sie überlebt in Einklang mit der Natur. Kann man in der Natur überleben? Ist es - von mir gewollte - 'Edle Wilde' - Romantik?

Es ist ein Roman über das Menschsein überhaupt, über eine intelligente junge Frau mit Talenten und Fähigkeiten, die es schafft in der Wildnis zu überleben…
sie überlebt… doch, wie viel Einsamkeit kann ein Mensch ertragen, wie viel Bürde kann ein Mensch tragen, an wie vielen Erinnerungen geht man ein?

Ein gutes Buch, ein schwieriges Buch. Auf jeden Fall lesenswert!

Bewertung vom 22.09.2023
Der Wald
Rode, Tibor

Der Wald


ausgezeichnet

Die Pflanze ist eine 'Killerin' - Die Intelligenz der Pflanzen

‘Alles in diesem Buch ist Fiktion, bis auf auf diejenigen Fakten, die schier unglaublich erscheinen, die sind weitest gehend wahr.‘ (Umschlag Rückseite)
‚Käme man als Außerirdischer auf die Erde, würde man sich wundern, dass der Mensch die Bäume in seinem Garten zerstörte, statt von ihren Früchten zu leben‘ (S.402)

In die ganze Welt werden Samenpäckchen verschickt mit einem unbekannten Saatgut. Diese roten Samenkapseln sind invasiv und tötend. In China stellen zwei Postleute fest, dass 1032 Päckchen versandt wurden. In den USA (grain belt), Österreich, in Kenia (Afrika), und weiteren Ländern, überall kommen Menschen und Tiere zu schwerem Schaden. Denn überall kommen Samenpäckchen mit diesen feuerroten riesigen Samen an und verursachen Verheerendes, wenn Pflanzeninteressierte sie einpflanzen. Botaniker und Fachleute in der ganzen Welt beschäftigen sich damit. Taskforce - Höllenpflanze!

Propagandist:innen in dem Roman gibt es einige auf verschiedenen Kontinenten (Europa, Nordamerika , China), die sich schnell auf wenige Hauptpersonen reduzieren lassen: Marcus Holland und Ava, von beiden ist im August 2023 die Rede. Von Waverley Park dagegen in Zeitsprüngen zwischen 2016 und 2023. Weil mir das am Anfang etwas zu durcheinander ging habe ich mich im Laufe der spannende Reise durch den Thriller zuerst an Marcus und Ava gehalten. Beim zweiten Durchlauf (sic!) dann von Seite 1 bis Seite 459 durchgehend gelesen, was aber noch genauso spannend war...
Beim zweiten Durchlauf hat sich mir erst die geniale neue Idee des Romans gezeigt! Doch leider auch ein paar Schwachstellen...

Als Pflanzenkennerin bleibt mir fast die Spuke weg. Tatsächlich gibt es bereits Pflanzen, die sich nicht nett zu Menschen und Tieren verhalten (die im Buch erwähnten Pflanzen Schierling, Bärenklau (Herakuleum), und es gibt in der Tat einige Pflanzen, die Verätzungen verursachen oder die Haut empfindlich für Verbrennungen machen, Johanniskraut z.B.). Wir haben ja schon einige invasive Pflanzen, die töten! Riesen Bärenklau, Jakob-Kreuzkraut.… Für die Pflanze ist es einfach ihre Abwehr gegen Fressfeinde (Toxine, Dornen, Stacheln, ätherische Öle etc.).

Der Autor schreibt spannend, wobei ich manches Mal über seinen Stil stolpere und einen Moment brauche bis mir klar ist, wer mit ‚er‘ gemeint ist, der Bezug fehlt manchmal und könnte klarer definiert sein. Über einige orthorgrafische Fehler schaue ich nun, angesichts des spannenden und tatsächlich auch aktuellen Themas, hinweg. Doch das Lektoritat hätte etwas sorgfältiger arbeiten können. Wiederholungen, etwas schlampig gearbeitetes Lektoriat (letztes ist nicht dem Autor anzulasten).

Danke für die Informationen zu Kanada und dem schrecklichen Vorgehen zum Teersandabbau. Das hat mich nachhaltig geschockt, weil ich in der Tat dies nicht sich von dem so umweltbewussten gebenden Kanada erwartet hätte. Auch die Informationen zu den Pflanzen (Pflanzenneurologie, den Pilzkörpern, etc.) sind sehr willkommen geheißen worden. Die Schwedenkiste und J.W. von Goethe ist wieder ein brillianter Schachzug des Autors, der gerne historische Begebenheiten mit der Modernität verknüpft.

Öko - Thriller "Der Wald", Tibor Rode, September 2023, Droemer-Verlag, Paperback-Ausgabe 459 Seiten
Das Umschlagsbild in grau wird rechtsseitig von einer grünen, rankende Pflanze (haptisch griffig) geziert, während der untere Teil des Umschlagbildes mit dem Romantitel ‚Der Wald‘ auf eine andere Art haptisch greifbar ist, eine raue Version. Passt ebenso, weil 'Der Wald' in der Geschichte eben eine raue Angelegenheit ist!

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