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Bücherstadt
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Berlin
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Bewertungen

Insgesamt 126 Bewertungen
Bewertung vom 11.04.2017
Die Zeitreise
Goes, Peter

Die Zeitreise


ausgezeichnet

„Die Zeitreise“ hat ein recht großes Format (27,6 x 37,7 x 1,4 cm) mit dem es etwas an die Wimmelbücher erinnert. Und auch im Inneren wimmelt es freudig herum, allerdings nicht so einfach strukturiert wie in den Bilderbüchern. Auf 78 Seiten wird pro Doppelseite ein wichtiges Thema der Erd- und Menschheitsgeschichte angesprochen. Dabei stehen die grafischen Darstellungen stark im Mittelpunkt. Sie sind recht dunkel gehalten und haben einen klaren und auf den ersten Blick eher starren Stil, der allerdings viele Details bereit hält, welche man erst bei einem zweiten oder dritten Blick erfassen kann. Gleichzeitig wird den Betrachtern aber ausreichend Raum für eigene Interpretationen gelassen. Farbliche Akzente werden nur an wenigen Stellen gesetzt, springen dann aber sofort ins Auge.

Zu jedem Thema gibt es einen kurzen Einführungstext, der auch aufgrund des Darstellungsform heraussticht, weil er zusammenhängend und linksbündig abgedruckt wurde. Alle anderen Sätze, Erklärungen und Hinweise bewegen sich wie kleine Wellen um die Bilder. Sie schmiegen sich an, verstecken sich ein bisschen und bringen so eine Art Bewegung in das Bild. Sie geben übersichtliche Informationen und laden zu einem weiteren Entdecken ein, da sie sehr kurz gehalten sind und eher wie kleine Notizen wirken. Gleichzeitig sind diese wenigen Punkte aber auch sehr gehaltvoll und stellen keinesfalls unnützes Wissen dar. Interessant ist, dass die Anzahl der Informationen mit der Zeit zunimmt. Das heißt, dass eher modernere Themen in ihrer Darstellungen zunächst überladener wirken als zum Beispiel die Seiten über die ersten Menschen. Aber schließlich sind die Informationen, die wir aus den letzten Jahrhunderten haben, aufgrund der Sprache und der Schrift auch umfangreicher vorhanden. Gleichzeitig treten auch immer mehr Farben in den Darstellungen auf. Man kann also sagen, dass es sich hier um eine indirekte Spiegelung unserer Gesellschaft handelt, die immer mehr Informationen erzeugt, aber auch vielfältiger wird. Dies mag vielleicht nicht den jungen Betrachtern auffallen wird, aber eventuell in das Bewusstsein der großen „Mitleser“ dringen.

Man kann also zusammenfassend sagen, dass „Die Zeitreise“ ein wirklich interessantes Kinderbuch ist, das durch eine ästhetische Darstellung und prägnante Texte überzeugt. Es ist anders als viele „Erklärbücher“, die vielleicht auf den ersten Blick strukturierter erscheinen, aber doch alle gleich aussehen. Man kann es schon als Kunst für Kinder bezeichnen

Bewertung vom 02.03.2017
Hallo Leben, hörst du mich?
Cheng, Jack

Hallo Leben, hörst du mich?


gut

Der elfjährige Alex schwärmt für das Weltall und hat eine eigene Rakete gebaut, die er auf einem Festival in das All schicken will. Seine Mutter hat nichts dagegen, dass sich der Junge alleine auf den Weg macht. Na gut, wahrscheinlich hätte sie etwas dagegen, wenn sie ihre Umgebung zusammenfassend wahrnehmen würde. Sie hat anscheinend immer wieder depressive Phasen, die so stark werden, dass Alex den gesamten haushält übernehmen muss. Sein größerer Bruder führt mittlerweile ein eigenes Leben und lässt sich leider nur noch selten blicken, kümmert sich aber um die Finanzen. Sein Vater ist angeblich bereits in Alex frühen Jahren verstorben.

Da Alex Mutter wie gesagt keine Einwände erhebt, macht sich Alex, nachdem er für seine Mutter das Essen der nächsten Tage vorgekocht hat, gemeinsam mit seinem Hund auf den Weg in die Wüste zum SHARF. Neben der Rakete möchte er auch einen iPod ins Weltall schicken. Darauf hinterlässt er Nachrichten an eventuelle Bewohner außerhalb der Erde. Darin beschreibt er das Leben der Menschen allgemein und seine gesamte Reise, die sich noch völlig anders entwickelt als es zunächst geplant war.

Jack Chang schreibt in einer lockeren und einfachen Sprache, die sich an jugendliche Leser richtet, aber nicht wirklich aus deren Sprachwelt stammt. Die Geschichte eines kleinen Jungen, der sehr unbedarft auf die Erwachsenenwelt schaut, hatten wir in letzter Zeit schon häufiger. Daher war mein Interesse recht gering. Und als dann in der deutschen Übersetzung auch noch Football und Baseball verwechselt wird, war ich erst einmal frustriert. Doch mit der Zeit entwickelte sich die Geschichte ganz anders als ich es vermutet hatte.

Letztendlich muss man aber sagen, dass es sich um eine nette und angenehm zu lesende Geschichte handelt, die aber kein besonderes Novum ist. Sie erwärmt das Herz und regt ein bisschen zum Nachdenken an. Das war es aber auch leider schon.

Fazit: Nette Geschichte für zwischendurch, aber keine Besonderheit.

Bewertung vom 31.01.2017
Das funktioniert?
Mycielska, Malgorzata;Mizielinska, Aleksandra;Mizielinski, Daniel

Das funktioniert?


ausgezeichnet

Natürlich klappt nicht alles, aber soll man deshalb gar nichts riskieren? Selbst etwas zu entwickeln, ist ja auch ein Heidenspaß und macht richtig Laune. Und außerdem: Je mehr Versuche, desto höher die Erfolgsaussichten.

In der Menschheitsgeschichte gab es viele Erfindungen, die sinnig und unsinnig waren. Die Bedeutung mancher Entwicklungen wurde den Menschen erst später bewusst oder die Erfindungen haben vielleicht nicht sofort funktioniert, aber andere Wissenschaftler beeinflusst und vorangebracht. Małgorzata Mycielska sowie Alexandra und Daniel Mizielińscy berichten in ihrem gemeinsamen Buch über genau solche Erfindungen. Sie haben sich dafür Entwicklungen herausgesucht, die spannend, lustig oder einfach gigantisch sind. Sie funktionierten nicht alle, haben aber die Gemeinsamkeit, dass sie alle verdammt interessant sind.

Auf zwei Buchseiten wird jeweils die Erfindung mit ihrer kleinen Entstehungsgeschichte vorgestellt. Mit Hilfe von klaren und verständlichen Zeichnungen, denen ein wundervoller Humor innewohnt, wird die Konstruktion schon kleinen Interessenten vorgestellt. Die Länge der Texte und die großformatigen Darstellungen stehen in einem harmonischen Verhältnis, das für Leseinteresse sorgt. Zudem bieten sich die Seiten für eine kurze Leserunde an, laden aber auch zu längeren Betrachtungen ein, da man einerseits viel entdecken kann und andererseits nach Lust und Laune mehrere Erfindungen begutachtet werden können. An die 29 Erfindungen schließt sich jeweils eine Doppelseite an, die den jeweiligen historischen Kontext auf eine sehr witzige Weise darstellt und eine mögliche Verwendung der Gerätschaften im Alltag thematisiert. Hierdurch wird man zum Erzählen eigener erdachter Geschichten, die im Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Entdeckungen stehen könnten, angeregt.
Alle Zeichnungen sind in einem angemessenen Farbspektrum gehalten und überfordern daher weder große noch kleine Leser und Betrachter.

Für meinen Testleser (9 Jahre) und mich handelt es ich um eine sehr lustiges und toll aufgebautes Buch, das den eigenen Horizont erweitert und vor allen Dingen Kinder dazu anregt, sich gedanklich über Grenzen hinwegzusetzen. Denn jeder noch so sinnlos erscheinenden Erfindung beruht auf Gedanken, die außerhalb der üblichen Bahnen verliefen. Und was wäre unsere Welt ohne Wissenschaft?

Hinweis: Das Buch wurde 2016 mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet!

Bewertung vom 31.01.2017
Wo in aller Welt. Was geschah wann?
authors, Various

Wo in aller Welt. Was geschah wann?


sehr gut

Der Verlag DK (Dorling Kindersley) ist mittlerweile bekannt für großformatige und reich bebilderte Erklärbücher, die Leser der verschiedensten Altersklasse ansprechen. Dabei werden klassische und sehr aktuelle Themen gleichfalls beachtet.

Der in der Überschrift genannte Titel weist bereits sehr klar auf das Thema des vorliegenden Buches hin. In dem 160-seitigen Buch, welches eine stattliche Größe aufweist (ca. 25,7 cm/30,7 cm), werden über 70 großformatige Karten wichtige Aspekte aus vier historischen Epochen dargelegt. Unterschieden wird zwischen Frühzeit und Antike, Mittelalter, Neuzeit sowie 20. und 21. Jahrhundert. Die geringste Kartenanzahl entfällt auf das Mittelalter, wobei trotzdem die wichtigsten Ereignisse beziehungsweise Prozesse erwähnt werden.

Jedes Kapitel beginnt mit einer Zeitleiste, die sich über zwei Seiten schlängelt und einen guten Überblick über die jeweilige Epoche gibt. Anschließend beginnen gleich die Karten, welche zwar einen thematischen Schwerpunkt haben, aber natürlich auch wie bei klassischen Karten einen geografischen Bezug herstellen. Für jede Karte gibt es eine eigene Legende, die auch wirklich notwendig ist, da die digital erarbeiteten Karten teilweise recht stark gefüllt sind.Man muss aber ganz klar sagen, dass es hier sehr große Unterschiede gibt. Manche Karten wirken recht leer, andere sind sehr voll und zeichnen sich durch viel Text aus. Da die Redakteure sehr darauf bedacht waren, dass die Leserlichkeit trotzdem nicht eingeschränkt ist, fühlt man sich bei manchen Karten zunächst etwas erschlagen. Die Gestaltung ist generell aber sehr klar und farbig, auch sehr modern.

Als Zielgruppe sehe ich eher größere Leser (ab 8) mit Interesse an Geschichte und einem guten Denkvermögen, da manche Zusammenhänge recht komplex sind. Es handelt sich aufgrund der vielen Texte eher nicht um ein Buch, das man gemeinsam mit kleinen Lesern betrachtet. Trotzdem lädt es aber zum Entdecken ein und vermittelt auch wissen, wenn man nicht den gesamten Text liest.

Erwähnen möchte ich auch noch, dass es sich endlich mal um ein Buch mit historischen Themen handelt, welches nicht die rein europäische Perspektive zeigt. So gibt es zum Beispiel auch Karten die sich mit der Öffnung Japans oder Indiens Unabhängigkeit beschäftigen. Gerade solche Themen tauchen leider viel zu selten in anderen Kinderbüchern auf, wecken aber sehr schnell das Interesse von Kindern und Jugendlichen, da ihr Wissen in diesen Bereichen noch sehr oberflächlich ist.

Fazit: Das Buch wirkt zunächst etwas überladen, beinhaltet aber sehr interessante und wichtige Aspekte der Geschichte. Sie werden ziemlich bunt dargestellt, sprechen aber die Zielgruppe dadurch direkt an. Ich empfehle einen dringenden Blick in das Buch und ein Verschenken an interessierte Kinder im Verwandten- und Freundeskreis.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.01.2017
Hunger, Rauchen, Ungeziefer
Vasold, Manfred

Hunger, Rauchen, Ungeziefer


gut

In der Geschichtswissenschaft gibt es immer wieder neue Perspektiven oder thematische Schwerpunkte, die in den Mittelpunkt gestellt werden. Nach vielen Jahren, in denen es nur um die so genannten großen Männer der Geschichte ging, schaute man vermehrt auf das einfache Volk und beschäftigte sich mit Quellengattungen, die vorher etwas stiefmütterlich behandelt wurden. Doch Statistiken und Tagebücher sowie Krankenakten und zunächst belanglos wirkende Notizen können wir nur verwenden, wenn wir eine große Anzahl davon zur Verfügung haben.

Bezogen auf die Neuzeit haben wir zum Glück eine Vielzahl der genannten Quellen, auch wenn es natürlich regionale Unterschiede gibt. Und eine sehr großeMenge ist bereits erschlossen, so dass eine Arbeit mit ihnen recht einfach möglich ist. Dies ist für die multiperspektivische Herangehensweise, die in den letzten Jahren (zum Glück) stärker in den Mittelpunkt gerückt ist, eine hervorragende Voraussetzung. Allein die Multiperspektivität reicht aber nicht aus, um ein Thema gut zu erfassen und sich ein Urteil zu bilden. Die Sozialgeschichte hilft uns wiederum die Perspektiven in eine Relation zu stellen und die Positionen der Akteure zu definieren. Dabei wird leider oftmals das Alltägliche, was den historisch interessierten Menschen für ein Thema begeistern kann, ausgeblendet. Manfred Vasold versucht mit seinem Buch eine Brücke zwischen allen genannten Berichte zu erbauen.

In elf Kapiteln behandelt der Autor so unterschiedliche Themen wie Opferzahlen im Dreißigjährigen Krieg, die Geschichte der Unterhose und einen historischen Abriss über das Rauchen. Da die Inhalte sehr unterschiedlich sind, variieren die Kapitellängen auch stark. Das kürzeste Kapitel (Säuglingssterblichkeit) weist eine Länge von 15 Seiten auf und das längste Kapitel (Kausalkette Wetter, Armut, Hunger und Gewalt) ist dreimal so lang. Was allen Kapiteln gleich ist, ist der recht umfangreiche Literaturanhang. Dies zeigt die wirklich gute Recherche des Autors und bietet viele Möglichkeiten der weiteren Themenbearbeitung. Mir ist aber aufgefallen, dass wahrscheinlich gerade deshalb das Lesen der einzelnen Kapitel etwas erschwert ist. Vasold legt die Erkenntnisse aus den einzelnen Werken gut dar und verbindet die Tatsachen und Schlussfolgerungen auch stets miteinander. Aber bei einigen Kapiteln fehlte mir der eigene Anteil in gewisser Weise. Man hat mehrfach den Eindruck, dass es sich um eine Zusammenstellung der gelesenen Arbeiten handelt, aber eigene Gedanken kaum vertreten sind. Das finde ich bei dem Thema Sozialgeschichte schade, weil man recht gut Bezüge herstellen kann, ohne auf einen anderen Autor verweisen zu müssen. Hat man sich aber an diese Vorgehensweise gewöhnt, taucht man tief in die Sozialgeschichte des Alltags ab und ist fasziniert von den Darstellungen.

Die unterschiedlichen Themenbereiche sorgen für einen umfangreichen Überblick über die wichtigen Entwicklungen und treffen gleichzeitig den Nerv einer großen interessierten Leserschaft. Denn schließlich sind wir alle nicht nur an den Dingen interessiert, die wir schon aus den Geschichtsbüchern kennen. Wir wollen auch Informationen über die Aspekte haben, die sonst kaum oder nie auftauchen. Schließlich ist die Geschichte der Unterhose eine historische Begebenheit, die uns noch heute beeinflusst. Durch diese Auswahl und einige eingebettete Anekdoten kommt auch der Spaß beim Lesen nicht zu kurz. Dafür sorgen auch die Sprache des Autors, die leicht verständlich ist und der Satzbau, der einen angenehmen Lesefluss erzeugt.

Insgesamt handelt es sich also um ein Buch, dass man interessierten Laien und jungen Studenten ebenso empfehlen kann. Auch wenn dem Autor der Spagat zwischen wissenschaftlicher Literatur und dem gemeinen Sachbuch nicht so gut gelingt. Doch damit kann man als Leser nach einer gewissen Eingewöhnungsphase doch recht gut leben.

Bewertung vom 04.12.2016
Das Buch vom Meer
Strøksnes, Morten A.

Das Buch vom Meer


gut

Da das Buch schon vor der Erscheinung sehr gelobt wurde und in anderen Ländern bereits sehr erfolgreich verkauft wurde, hatte ich recht hohe Erwartungen an das Werk. Gleichzeitig habe ich mich aber auch gefragt, ob mich ein Buch über das Meer wirklich begeistern kann. Ich liebe das Meer, habe aber vielleicht als Großstädter keinen ausreichenden Bezug zu dem Element Wasser.
Als ich das Buch dann das erste Mal in den Händen hatte, war ich begeistert von dem haptischen Erlebnis. Der Leineneinband und der darauf befindliche Druck sind sehr gut gelungen und eine Freude für jeden Buchliebhaber. Zudem ist die leichte Schnittverzierung sowie ihr Übergang in das Buch mal etwas anderes und bringt die Leserin oder den Leser gleich in die richtige Stimmung.
Schon auf den ersten Seiten, in denen Worten, der mittlerweile mehr in der Stadt als am Meer lebt, und sein Freund Hugo vorgestellt werden, hatte ich Spaß an dem Text. Der Autor schafft es Mythen, Wirklichkeit und Wissenschaft interessant und recht unterhaltsam zu verbinden. Und so wird die eigentliche Idee, dass die beiden Männer einen Eishai fangen wollen, immer wieder zur Nebensache.
Leider musste ich jedoch im Verlauf des Buches feststellen, dass die Abschweifungen immer häufiger werden und man teilweise auch das Interesse verliert. Das ist sehr schade, weil die Sprache des Autors doch eigentlich sehr harmonisch und ansprechend, teilweise sogar poetisch ist. man befindet sich dann als Leser in einem Zwiespalt, weil man eigentlich die Ausführungen weiter lesen möchte. um den Klang der Sprache genießen zu können, gleichzeitig aber Probleme hat an dem Thema dran zu bleiben.
Dies hängt aber schlichtweg auch mit der Leseumgebung zusammen. Dieses Buch ist nämlich kein Werk, das ich auf dem Weg zur Arbeit in der S-Bahn lesen kann. Nein, ich muss mir für den Text wirklich Zeit und Ruhe nehmen. Dann fesselt einen die Geschichte auch wieder und man begleitet die beiden Männer wieder gerne bei ihrem Abenteuer.
Und das obwohl es sich um eine Zusammenstellung tatsächlicher Erlebnisse und Gespräche handelt (Hugo und seine tote Katze gibt s wirklich :-)).

Fazit: Für mich war es ein netter Einblick in die Welt der Nordlichter und ein sprachliches Erlebnis. Aber es ist halt mehr eine Art Sachbuch versehen mit Anekdoten als ein Roman. Wenn man das weiß, wird einem das Buch Freude bereiten.

Bewertung vom 20.08.2016
Jeder Tag ist Muttertag
Mantel, Hilary

Jeder Tag ist Muttertag


ausgezeichnet

(...) Evelyn Axon ist eine betagte Frau, die mit ihrer scheinbar behinderten Tochter in den 1970er Jahren zusammenlebt. Beide haben nicht gerade viel Kontakt zur Außenwelt und vegetieren mehr oder weniger in ihrem Haus vor sich hin. Dabei zerfällt ihr Eigenheim immer mehr. In gewisser Weise gleichen sich also Gebäude und Bewohner nach und nach an. Evelyns Mann ist schon vor langer Zeit verstorben, scheint aber das Leben der beiden Frauen während seiner Anwesenheit nicht sonderlich positiv beeinflusst zu haben. Größeren Einfluss haben die heimlichen Mitbewohner des Hauses auf das alltägliche Leben. Zumindest geht Evelyn davon aus, dass es sich um spukende Gesellen handelt. Muriel hat diesbezüglich sicherlich eine andere Meinung. Aber wen interessiert das schon? Aus der Sicht ihrer Mutter ist sie eine nutzlose Last, die sie zwar geboren hat, aber bis heute nicht recht weiß wie es dazu kommen konnte. Und nun will ausgerechnet eine junge motivierte Sozialarbeiterin, dass man sich um dieses Mädchen kümmert? (...)Nein, Evelyn hat es schon mehrfach geschafft Menschen zu vertreiben. Auch dieses Mal wird keiner in ihre Privatsphäre eindringen.
Neben den Axons wohnt Florence Sidney, deren Bruder ein genervter Ehemann und dreifacher Vater ist. Seine Frau kann er eigentlich schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr ertragen und seine Kinder hören weder auf ihn, noch sind sie eine sonderliche Freude für den ausgelaugten Lehrer. Daher flüchtet er sich in diverse Kurse an der Abendschule, wo er die junge und attraktive Isabel kennenlernt. Sehr rasch entwickelt sich zwischen den beiden eine Affäre, die natürlich irgendwann in eine Entscheidung mündet, die das Leben der beiden verändern wird. Aber erst einmal muss ich Isabel um einen neuen Fall kümmern, der auf ihrem Tisch gelandet ist. Evelyn und Muriel Axon müssen dringend einmal von ihr besucht werden.

Auf den ersten Seiten des Buches musste ich zunächst einmal meine pädagogische Keule einpacken und den Mantel der politischen Korrektheit abstreifen. Denn nur so war es mir möglich mich mit der eigentlichen Geschichte auseinanderzusetzen. Andernfalls hätte ich wahrscheinlich stets und ständig gedacht, dass so etwas doch nicht geht. Aber doch, es gibt Menschen, die so handeln und sprechen wie die Protagonisten. Und dabei ist es egal, ob wir hier über die 70er oder das Jahr 2016 sprechen. Und das ist auch nicht etwas, was man verurteilen sollte. Das ist schlichtweg das Leben, in das uns Hilary Mantel einen schonungslosen Einblick gewährt. Die Perspektive ist völlig wertneutral und eine große Stärke des Buches. Der Leser erhält einen Einblick in die Gedanken der Protagonisten und fragt sich manchmal warum das jetzt so wirr ist. Kurze Zeit später lenkt man aber selbst ein und stellt fest, dass man in derselben Situation auch nicht völlig klar und gut strukturiert, wie manche Helden der Literatur, denken würde. Zudem stellt man in Gesprächen Bezüge her, die sich gedanklich nicht gleich dem Zuhörer erschließen, weil man nicht jeden Nebengedanken mitteilt und daher einiges wegfällt. Die Autorin lässt uns aber genau an solchen Gesprächen teilhaben und offenbart damit die skurrilen Momente des Alltags und lässt einen von Sarkasmus geprägten schwarzen Humor wie ein kleines Insekt los, welches langsam zu unserem Gehirn krabbelt. Man liest die Geschichte nicht und rennt lachend durch die Gegend. Nein, man feixt eher innerlich und erschreckt sich manchmal, dass man den ein oder anderen Gedanken verdammt gut nachempfinden kann.

Da es der Autorin sehr gut gelingt den Sprachduktus an die jeweiligen Figuren anzupassen, hat man das Gefühl, immer ein genauer Beobachter der Situation zu sein. Dabei bleibt der Text aber immer sprachlich verständlich und klar strukturiert. Ein Lesefluss stellt sich recht schnell ein und die entstehende Dramatik der Geschichte, die sich eher anhand von Kleinigkeiten entwickelt, führt zu einer Lesefreude.(...)

Bewertung vom 17.08.2016
Der Traum von Olympia
Kleist, Reinhard

Der Traum von Olympia


ausgezeichnet

Bereits im letzten Jahr erschien im Carlsen Verlag das Buch „Ein Traum von Olympia“. In diesem Buch erzählt Kleist die wahre Geschichte von Samia Yusuf Omar, die vielleicht einigen Sportfreunden noch im Gedächtnis sein wird, da sie bei den Olympischen Spielen in Peking als ein heimliche Heldin gefeiert wurde. Sie kam beim 200m-Lauf fast zehn Sekunden später in das Ziel, wurde aber frenetisch bejubelt. Doch warum wurde sie überhaupt für Olympia ausgewählt, wenn sie gar nicht die entsprechende Zeit laufen kann? Wer sich die Situation in den afrikanischen Staaten ein wenig genauer anschaut und sein Augenmerk auf Somalia legt, verliert sich schnell in diversen Konfliktherden, unterschiedlichen politischen sowie religiösen Gruppen und wird erkennen, dass diverse Bereiche des öffentlichen Lebens weit von unseren Strukturen entfernt liegen. Dies betrifft natürlich auch den Sportbereich. So gab es für Samia keine vernünftigen Trainingsmöglichkeiten, nur wenige Unterstützungen und keine eigentliche Sportförderung. Da aber jedes Land zwei Teilnehmer ohne Qualifikation zu den Olympischen Spielen schicken kann, hatte Samoa vielleicht einfach Glück, weil sie von Sportfunktionären ausgewählt wurde. Sie ist schlecht ernährt, wurde kaum trainiert und kommt fast zehn Sekunden später ins Ziel. Aber das ist ihr egal. Sie hat ihr Land bei den Olympischen Spielen vertreten! Der Stolz, die Aufmerksamkeit der Presse und die Zusprache von anderen Sportlern wecken in ihr einen enormen Ehrgeiz. Sie möchte hart trainieren und 2012 in London erneut an den Olympischen Spielen teilnehmen. Doch in ihrer Heimat wird ihr Erfolg nicht so positiv aufgenommen. Sie wird von Fundamentalisten bedroht und am Trainieren gehindert. Daraufhin flieht sie nach Äthiopien. Aber dort scheitert sie nicht nur an den Beamten, sondern auch an den Trainingsergebnissen, die den Funktionären nicht ausreichen. Da sie ihren Traum aber nicht aufgeben will, nimmt sie alles Geld, welches sie irgendwie auftreiben kann, in die Hand und bezahlt einen Schmuggler, der sie nach Europa bringen soll. Dort wird sie leider nie ankommen.

Reinhard Kleist erzählt Samias Geschichte von 2008 bis 2012. Dabei stützt er sich ich auf Facebook-Einträge der Sportlerin, Gespräche mit ihrer Schwester sowie Weggefährten, ergänzt aber auch Informationen, die man nachträglich nicht mehr erhalten konnte mit Wissen anderer Flüchtlinge. Die Bilder sind in Grautönen gehalten und wirken dadurch besonders eindringlich. Die Anzahl der Panels variiert zwar, aber Kleist konzentriert sich eher auf kleine und sehr klare Panels mit sehr verständlichen Aussagen. Seine Stärke, mit wenigen Strichen Stimmungen einfangen zu können, kommt auch in diesem Buch zum Tragen. Erstaunlicherweise hat man aber den Eindruck, dass trotzdem eine gewisse Distanz gewahrt wird. Kleist dringt nicht so nah in Samias Seelenleben ein, dass es unangenehm wird. Gleichzeitig erzählt er aber schonungslos die Geschichte der Flucht und ermöglicht es dem Leser dadurch ein sehr umfängliches und berührendes Bild zu erhalten, welches Raum für eigene Interpretationen beinhaltet. Dies sorgt wiederum dafür, dass man sich sofort in der Geschichte befindet und mit dem Lesen nicht mehr aufhören möchte.

Viel eindringlicher als irgendwelche Fotos oder Nachrichtensendungen haben mir Kleists Bilder noch einmal das Schicksal der Menschen in Afrika vor Augen geführt und den Hintergrund der Flüchtlingswellen, aber auch die enormen Strapazen deutlich gemacht. Das gesamte Fluchtsystem hat zahlreiche Profiteure unter denen nur selten die eigentlichen Flüchtlinge zu finden sind. In dem Buch wird zwar nur in Ansätzen auf die diversen Ursachen der Flucht eingegangen, aber nach dem Lesen setzt man sich noch einmal mit der Thematik auseinander und erkennt eventuell auch die eigene (europäische) Rolle an der Problematik.

Bewertung vom 05.08.2016
Die Vermissten
Eriksson, Caroline

Die Vermissten


gut

(...)
Greta ist anscheinend mit ihrem Mann und ihrer Tochter über das Wochenende in ihr kleines Haus an einem verwunschenen See gefahren, der angeblich dunkle Geheimnisse aufbewahrt. Davon erzählt Alex seiner Frau während einer Überfahrt auf eine kleine Insel, die sie gemeinsam erkunden wollen. Da sich Greta nicht so gut fühlt, bleibt sie auf dem kleinen Ruderboot zurück und lässt Mann und Kind alleine zu einem Mini-Abenteuer aufbrechen. Als die Sonne langsam untergeht, sind die beiden allerdings noch immer nicht zurückgekehrt und Greta macht sich große Sorgen. Irgendwie hat sie das Gefühl, dass beide nicht nur die Zeit vergessen haben, sondern sich bereits auf den Rückweg begeben haben. Aber wie sollten sie das machen? Schließlich hat sie ja die ganze Zeit in dem Boot gesessen und geschlafen. Sie geht also an Land und beginnt mit der Suche, die völlig planlos verläuft, da ihr die Insel völlig unbekannt ist, das Licht langsam schwächer wird und zudem die ganzen gruseligen Geschichten über die Gegend in ihrem Kopf umherschwirren. Trotz einer gewissen Beharrlichkeit kann sie ihre kleine Familie allerdings nicht ausfindig machen. Was sie aber sonst auf der Insel findet, löst eine gewisse Verstörung aus. Greta muss unbedingt zurück zum Haus und ihr Handy holen. Schließlich hat Alex sein Telefon dabei und es sollte leicht sein ihn so zu erreichen. Irgendwo müssen die beiden ja sein.
Der Rückweg, die anschließende weitere Suche, die Fragen nach den Hintergründen und Gretas Rekonstruktion von unterschiedlichen Geschehnissen zehren an ihren Kräften und lassen sie an ihrer psychischen Konstitution zweifeln. Was ist wahr und was hat sie sich eingebildet? Wozu sind Menschen in der Lage und wie werden sie durch ihre Umgebung geformt? Hat Greta vielleicht etwas getan, was sie verdrängt?

Die Sprache im Allgemeinen und die Konstruktion der Sätze sind durchweg klar und leicht verständlich. Es stellt sich schnell ein guter Lesefluss ein, der dem Leser einen Einstieg in die Geschichte erleichtert, was auch an den vielfachen kurzen Sätzen liegt. Dies steht in einem krassen Gegensatz zu den verworrenen Gedanken der Protagonistin, ist aber notwendig, da man sonst schnell den Faden verlieren würde. Da dies aber in dem ganzen Buch beibehalten wird, leidet ein wenig die Spannung. Meiner Meinung nach kann man im Laufe der Geschichte dem Leser auf den Fall mehr zumuten. Man sollte dies sogar. Bei mir hat diese Art und Weise zum Beispiel bewirkt, dass ich auf mehr als 50 Seiten nicht recht wusste wann denn jetzt die Geschichte richtig beginnen sollte. Ich hatte den Eindruck, dass die Autorin krampfhaft versucht eine ganz große Spannung aufzubauen. Da aber alles so klar und prägnant ist, kam keine richtige Stimmung auf. Die Konstruktion der Ereignisse wirkte recht unecht. Dies besserte sich allerdings im Verlauf der Geschichte und die Spannung war stärker zu spüren. Nach der Hälfte des Buches war ich so richtig von der Geschichte gepackt, legte das Buch nicht mehr aus der Hand und fieberte dem Ende entgegen. Bis dahin kamen allerdings noch ein paar absehbare Wendungen, die nicht unbedingt sinnvoll erscheinen bzw. auch hätten anders gelöst werden können.

Schlussendlich hat mir das Buch dann zwar gut gefallen, aber es hat mich nicht vom Hocker gerissen. Ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass hier jemand ein Psychologieseminar besucht, zwei oder drei Fallgeschichten gehört hat und das nun in eine nette Geschichte packen wollte. Mir fehlt einfach das Unerwartete und das wirklich Böse sowie eine Prise Raffinesse. Wer allerdings einen Psychothriller sucht, der nicht zu „krass“ ist, sich leicht lesen lässt und zudem einen Einblick in kleine menschliche Abgründe liefert, kann mit diesem Buch glücklich werden.

Bewertung vom 25.07.2016
Glück für Kinder

Glück für Kinder


ausgezeichnet

Leo Bormans hat sich in den letzten Jahren mit Büchern über die Themen Glück, Hoffnung und Liebe einen Namen gemacht. Seine Erkenntnisse aus diesen Recherchen und seine daraus folgenden Erlebnisse kombinierte er mit Erkenntnissen von Richard Layard, der sich seit seiner Emeritierung verstärkt mit dem Thema Glück beschäftigt.
In dem Text geht es natürlich schon, in einer leichten Verschlüsselung, um einen der zehn Aspekte. So wird den Kindern zum Beispiel mithilfe eines kleinen Vogels, der ein Nest bauen will, welches vor großen Vögeln sicher ist, die Thematik „Ziele“ näher gebracht. An den Text schließen sich zwei Seiten an,die immer einige Fragen zum Textverständnis beinhalten, Fragen an den Zuhörer, Informationen über die dargestellte Vogelart, Infos und Fragen, die sich mit dem jeweiligen Thema beschäftigen sowie Mitmach-Aufgaben.

Diese umfangreichen Möglichkeiten zur Nachbereitung der einzelnen Texte zeigen schon, dass es sich bei dem Buch nicht um ein übliches Vorlesebuch handelt, das man mal aus dem Regal zieht und ein bisschen daraus vorliest. Die Besprechung der Texte, die anschließende Besprechung der Glücksaspekte und das gemeinsame Betrachten des eigenen Lebens erfordern Zeit, Feingefühl und Aufrichtigkeit. Daher sollten sich Vorleser im Vorfeld mit den Texten beschäftigen und sich je nach Stimmung des Zuhörers für bestimmte Fragen und „Aufgaben“ entscheiden. Einfach die Geschichte lesen und dann die Punkte abzuarbeiten wäre für einen Zuhörer nicht nur extrem langweilig, sondern hätte auch keinen Effekt. Lässt man sich aber auf das Konzept ein und nimmt sich ausreichend Zeit, sind nicht nur die kleinen Geschichten ein Genuss, sondern die Umsetzung der Ideen zeigt auch ihre Wirkung. Kinder lernen einerseits, dass sie mit ihren Zweifeln und Ängsten nicht alleine sind. Und andererseits wird ihnen bewusst, dass dies nichts schlimmes ist, sondern dass man nur die positiven Aspekte erkennen bzw. seine eigenen Stärken ermitteln muss. Zudem geht es auch darum zu teilen oder für andere einzustehen. Dadurch lernen die kleinen Zuhörer sehr viel über ein gerechtes und zufriedenes Miteinander.

Unterstützend wirken dabei auch immer wieder die schönen Illustrationen, die einzelne Aspekte eines Abschnittes sehr gut aufgreifen und darstellen. Sie sind sehr kindgerecht gestaltet und gleichzeitig haben sie einen großen künstlerischen Wert. Dadurch transportieren sie automatisch ein gutes Gefühl und laden zu den anschließenden Gesprächen besonders ein.

Fazit: Ich habe die Umsetzung, aber auch die Wirkung des Buches zunächst unterschätzt. Zu Beginn war ich einfach von den Ideen, die nach dem eigentlichen Text angeführt werden, erschlagen. Nachdem ich aber alleine das Buch gelesen und mir Gedanken dazu gemacht habe, wie und wann ich einzelne Geschichten meinem neunjährigen Sohn vorstellen kann, hat das Buch schnell erste Erfolge gezeigt. Die Gespräche im Anschluss waren wundervoll und man kann immer wieder auf sie zurückgreifen bzw. die entsprechende Geschichte erwähnen, wenn man eine Stärkung oder Aufmunterung benötigt. Ich habe immer wieder beobachtet, dass Kindern viel zu häufig Extreme vorgelebt werden. Entweder werden sie für jede Kleinigkeit gelobt oder man erwartet von ihnen eine bestimmte Leistung. Entweder nimmt man ihnen alles ab oder übergibt zu viel Verantwortung. Das Buch von Bormans zeigt wie man gemeinsam einen Weg finden kann, der Stärken und Schwächen aufgreift und wie man dabei mit sich selbst zufriedener ist. Gleichzeitig lernt man ein bisschen mehr Glück in die Gesellschaft zu tragen und gemeinschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

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