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thisisher

Bewertungen

Insgesamt 45 Bewertungen
Bewertung vom 22.09.2018
Mexikoring / Chas Riley Bd.8
Buchholz, Simone

Mexikoring / Chas Riley Bd.8


ausgezeichnet

Wer hätte gedacht, dass man dem Genre Krimi noch neue Facetten entlocken könnte, aber siehe da: Es geht doch!

Es brennt ständig und überall in diesem Kriminalroman, in Hamburg, Bremen, Berlin, München, auf der ganzen Welt brennen Autos. Und in einem dieser Autos in Bremen wird Nouri Saroukhan gefunden. Er stirbt kurze Zeit später im Krankenhaus und Staatsanwältin Chastity Riley und ihre Polizeikollegen beschäftigen sich mit den Umständen unter denen Nouri zu Tode kam. Sein Tod führt sie in die Welt der kriminellen Familienclans und Versicherungsgesellschaften.

Es geht gar nicht hauptsächlich darum, wer Nouri umgebracht hat. Die Geschichte entwickelt eine ganz eigene Dynamik und fesselt durch die Nähe zu den Hauptcharakteren. Es geht eigentlich um Chastity Riley, die auf ihre rotzige, direkte, schnoddrige Art durch den Roman führt oder uns einfach so reinschmeißt ins Geschehen (wie sie jetzt schreiben würde) und wir können dann selber kucken wie wir da wieder rausfinden.

Dies gelingt Simone Buchholz überzeugend und konsequent, der Roman liest sich sehr schnell, gut und trotzdem eindrucksvoll. Manche Sätze sind derart auf den Punkt geschrieben, dass man sie sich ausdrucken und an die Wand hängen möchte, andere sind haarscharf dran vorbei.

Ich mochte den Schreibstil sehr und er bietet auch eine sehr angenehme Abwechslung zu den üblichen Krimis. Ich bin gespannt, wie es weitergeht mit Riley und ihren Kollegen und hoffe auf mehr Polizistinnen in den nächsten Bänden!

Am besten hat mir übrigens die Widmung gefallen, in diesem Sinne: Für Carrie Fisher ❤

Bewertung vom 13.09.2018
Der Abgrund in dir
Lehane, Dennis

Der Abgrund in dir


ausgezeichnet

Ich will gar nicht so viel zum Inhalt sagen, sonst verrate ich noch alles Spannende an diesem Thriller. Und es ist tatsächlich ein Thriller, einer, der diese Bezeichnung auch verdient hat!

Also nur ganz kurz: Rachel Childs ist auf der Suche nach ihrem Vater, nachdem ihre Mutter bei einem Autounfall gestorben ist. Im Verlauf dieser Suche lernt sie einen Mann kennen, der sie liebt und den sie später heiratet.
Rachels Leben wird von Katastrophen bestimmt, sie ist Reporterin für einen Fernsehsender und berichtet über eine Unwetterkatastrophe auf Haiti, die sie später nicht mehr loslässt und ihr Leben mit Panikattacken beeinträchtigt. Und auch ihr Mann entpuppt sich langsam als ganz anders, als es den Anschein hatte.

Der Thriller ist sehr dicht und extrem spannend erzählt. Er lebt von den unvorhergesehenen Wendungen und der bedrohlichen Atmosphäre. Am Anfang der Lektüre hat man noch gar keine Ahnung, worauf man sich da eingelassen hat. Die schlimmsten Katastrophen passieren hier ganz beiläufig im Nebensatz.

Mir gefällt besonders, dass keine der Figuren eindimensional ist. Rachels Mann hat seine guten Seiten und auch Rachel hat ihre Abgründe. Die Stimmung ist fast durchgehend düster. Der andauernde Regen und Rachels Angstzustände vermitteln eine unheilvolle, beklemmende Atmosphäre, die für einen Thriller sehr passend ist!

Das Cover gefällt mir überhaupt nicht; die typischen Diogenes Cover sind mir zu weiß, zu einfallslos, zu monton. Das trifft auch hier zu, obwohl es sich schon von den üblichen Diogenes Covern abhebt. Leider nicht im Positiven. Das Bild lässt an einen Thriller im Schnee, abgeschieden in einer Waldhütte denken und das ist hier ganz klar nicht der Fall. Ich würde mir mehr Mut zu Farbe und Kontrasten wünschen!

Nichtsdestotrotz steckt hinter diesem blassen Cover ein aufregender und mitreißender Thriller, der sehr stimmig und dicht erzählt wird und mit vielschichtigen Charakteren zu einer runden Geschichte wird.

Bewertung vom 10.09.2018
Man muss auch mal loslassen können
Bittl, Monika

Man muss auch mal loslassen können


sehr gut

Kurzweilige Komödie über drei lebensmüde Frauen

Drei Frauen treffen sich in der Beratungsstelle für Suizidgefährdete „Dare it“. Charlotte um sich Tipps für ihren Abgang zu hole, Jessy um wenigstens zu versuchen sich Hilfe zu holen und Wilma um aktenkundig zu werden, weil sie das Rauchverbot beeinflussen will.
Sie beschließen gemeinsam ihr Ableben zu planen und durchzuführen. Nachdem mehrere Versuche scheitern, sehen sie ihre Chance in einem Überfall als Geiseln ohne eigenes Zutun ihr Ziel zu erreichen.
Stattdessen beginnt jedoch eine lustige, aufschlussreiche Reise mit den beiden Gaunern, an deren Ende, zugegebenermaßen erwartungsgemäß, ein Happy End steht.

Die Kapitel werden abwechselnd aus der Perspektive der Figuren erzählt, sie sind dabei gut zu unterscheiden, weil jede Figur einen unverwechselbaren Tonfall hat. Jessy zum Beispiel streut immer wieder englische Redewendungen und Wörter ein, die sie gelernt hat, indem sie sich Serien immer im Original anschaut.

Monika Bittl gelingt mit ihrem Roman ein warmherziges, witziges Buch über Freundschaft und die Kraft, die entstehen kann, wenn sich Menschen gegenseitig helfen. Sie setzt sich dabei auch mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinander, fordert zum Nachdenken auf und bleibt dabei doch optimistisch und selbstironisch.

Eine runde, kurzweilige Komödie, die ein schweres Thema humorvoll und lebensfroh umsetzt, dabei noch aktuelle Ereignisse und mit 'Despacito' auch aktuelle Popkultur miteinbezieht.

Bewertung vom 01.09.2018
Slow Horses / Jackson Lamb Bd.1
Herron, Mick

Slow Horses / Jackson Lamb Bd.1


weniger gut

300 Seiten zu lang

Slow Horses ist eine Abteilung des MI5 in der die ausgemusterten Agenten ihre Zeit absitzen sollen. Sie dient keinem anderen Zweck, als dass die Agenten hier ihre Zeit verbringen und sinnlose Sichtungsarbeiten erledigen, bis sie von selbst kündigen. River Cartwright ist hier gelandet, nachdem er bei einer Verfolgungsjagd dem Falschen hinterhergerannt ist und dafür verantwortlich gemacht wurde, dass King's Cross explodierte. Zumindest in der Theorie.
Jetzt wird ein Jugendlicher pakistanischer Herkunft von einer rechten Terrorgruppe gefangen genommen und soll vor laufender Kamera ermordet werden. River und die anderen Slow Horses sind so von der Inkompetenz des MI5 überzeugt, dass sie beschließen den Jugendlichen selbst zu retten, mit der Hoffnung wieder ins Hauptgebäude einzuziehen.

Der Agentenkrimi von Mick Herron beginnt langsam und steigert sich im Verlauf auch nur unwesentlich. Die vielen Figuren, die trotz ausführlicher Hintergrundbeschreibung eher blass bleiben, erschweren es den Überblick zu behalten. Sie bleiben weitgehend uninteressant und austauschbar. Dies wird zusätzlich erschwert, weil die Figuren alle ähnlich aufgebaute Namen haben.
Die Handlung entwickelt sich nicht organisch, sondern plätschert so vor sich hin; ein Spannungsbogen entsteht nicht, da oft einfach so Dinge aus dem Nichts passieren und keine Erwartungshaltung aufgebaut werden kann, die dann widerlegt werden würde.

Der Plot könnte interessant sein, weil er durchaus aktuelle Ereignisse aufgreift, schaltet sich aber durch das extrem langsame Voranschreiten quasi selbst aus.

Das Frauen-Männerverhältnis ist für einen Spionageroman schon relativ ausgeglichen, es kommen zumindest mehrere Frauen vor, sogar eine in einer Führungsposition, aber der Fokus liegt leider auf den männlichen Charakteren.

Ein Lesefluss entwickelt sich überhaupt nicht, die unterschiedlichen Handlungsstränge sind nicht klar unterscheidbar und ich habe oftmals mehrere Seiten gelesen, bevor ich überhaupt gemerkt habe, um wen und was es gerade geht. Es gibt viele nichtssagende Dialoge, deren Nutzen sich mir nicht erschlossen hat und deren Fehlen nicht bemerkt werden würde.
Ich hätte jederzeit aufhören können zu lesen und hätte das Buch einfach vergessen. Außerdem musste ich unzählige Male neu ansetzen, Seiten doppelt oder dreifach lesen, bis ich aufgenommen habe, worum es geht, weil das Buch überhaupt nicht fesselnd geschrieben ist.

Bewertung vom 24.08.2018
Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte
Khong, Rachel

Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte


ausgezeichnet

Wie ein Indiefilm

Ruth, 30, zieht nach der Trennung von ihrem Ex-Freund für ein Jahr wieder bei ihren Eltern ein um ihrer Mutter zu helfen auf ihren demenzkranken Vater aufzupassen. Dabei kommen alte Konflikte wieder hoch, Ruth muss die Krankheit ihres Vaters und das Ende ihrer Beziehung verarbeiten.

Der Roman wird im Präsens erzählt, über weite Strecken auf den Tag genau datiert. Dies verschwimmt im Laufe des Buchs mit zunehmender Schwere der Demenz des Vaters aber und die zweite Hälfte des Jahres wird nur noch in Monate unterteilt. Vieles bleibt unausgesprochen, nur angedeutet oder wird einfach beschrieben ohne Erklärung oder Wertung.
Der Stil ist modern, die Sprache wunderschön zu lesen, sehr atmosphärisch und hallt auch nach dem Ende der Lektüre lange nach. Die Stimmung ist melancholisch, aber nicht traurig, eher wehmütig, sie gleicht der eines Indiefilms mit bunten Farben, sanftem, melodischem Soundtrack und kurzen Momentaufnahmen des Glücks und des Unglücks.

Das Thema des Romans sind Abschiede. Ruths Vater führt ein Notizbuch, in dem er Momente aus ihrer Kindheit festgehalten hat und diese zeigt er ihr ab und zu fast nebenbei . Dabei wird die Beziehung der beiden immer deutlicher, wie sie sich im Laufe ihres Lebens verändert hat und wie beide fast unmerklich von einander Abschied nehmen. Neben der Krankheit ihres Vaters muss Ruth auch die Trennung von ihrem Ex-Freund bewältigen und rekapituliert in der manchmal verwirrenden Zeitachse diese und andere Beziehungen.

Ein rundes Buch. Die Sprache unterstreicht die Art und Weise auf die die Geschichte erzählt wird, die Charaktere sind liebenswert, sehr nah am Leben und Humor und Melancholie wechseln sich hier, wie auch im echten Leben ab.

Bewertung vom 18.08.2018
Manhattan Beach
Egan, Jennifer

Manhattan Beach


gut

Streckenweise fehlt der Grund weiterzulesen

Es beginnt mit der Einführung der drei Protagonisten, Anna begleitet ihren Vater als Elfjährige auf ein geschäftliches Treffen bei Dexter Styles. Sie soll mit seinen Kindern spielen während ihr Vater und Mr Styles geschäftliche Dinge klären.
Später lernen wir, dass Styles ein Gangsterboss ist, der mit organisiertem Verbrechen seinen Lebensunterhalt bestreitet und seine Familie versorgt. Sie trifft ihn als Erwachsene in einem Nachtclub wieder ohne zu erkennen zu geben, dass sie sich schon einmal begegnet sind. Ihr Vater ist mittlerweile verschwunden, sie kümmert sich zusammen mit ihrer Mutter um ihre Schwester Lydia, die sich nicht selbstständig bewegen kann und nicht sprechen kann. Sie arbeitet in einer Fabrik am Hafen und möchte Taucherin werden, was ihr entgegen aller Umstände auch gelingt. Aber erst in der zweiten Hälfte des Buchs.

Das Buch liest sich über weite Strecken spannend und durchaus mitreißend, besonders der Gangsterhandlungsstrang von Dexter Styles gestaltet sich jedoch uninteressant und langatmig. Die Dynamik zwischen Anna und Styles, die mir am Anfang noch gut gefallen hat, verkehrt sich ins Gegenteil. Die Bootshausszene hat mir das Buch und auch die Figuren extrem unsympathisch werden lassen und auch nach Beendigung verstehe ich immer noch nicht die Relevanz.
Am besten haben mir die Szenen auf See gefallen, die sehr spannend und bewegend geschrieben waren.

Mir hat manchmal der Grund weiterzulesen gefehlt, weil das Thema des Buchs oder Annas Ziel so wenig ersichtlich war. Ich weiß über weite Strecken eigentlich nicht worum es geht und warum ich das Buch überhaupt zu Ende lesen sollte.

Bei der Übersetzung hat mich vor allem Börsenkrach irritiert, die geläufige Version wäre hier sicherlich Börsencrash. Und auch das N-Wort will ich eigentlich nicht mehr lesen, auch wenn es vielleicht historisch korrekt ist.

Bewertung vom 05.08.2018
Weit weg von Verona
Gardam, Jane

Weit weg von Verona


ausgezeichnet

Geschichte eines unabhängigen und starken Mädchens

Jane Gardam erzählt von Jessica Vye, einem 9-13 jährigen Mädchen, das wegen seiner unkonventionellen Art ständig auf Hindernisse stößt. Ihre Eltern sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt um sich um sie zu kümmern. Ihre Lehrerinnen kommen mit ihrem vorlauten Wesen nicht klar und bei ihren Mitschülerinnen wähnt sie sich unbeliebt.

Der Roman spielt während des 2. Weltkriegs und ist untergliedert in 3 Teile: Der Verrückte, Der Junge und Das Gedicht. Der erste Teil ist dabei der stärkste, Der Junge fällt ein bisschen ab und Das Gedicht sammelt die losen Fäden auf und führt sie zusammen.
Die Geschichte wird aus Jessicas Sicht erzählt, wir folgen ihren Gedanken über ihr Umfeld und die Umstände unter denen sie lebt. So ist zum Beispiel die Gasmaske immer wie selbstverständlich im Gepäck dabei.

Jessica ist ein starkes, unabhängiges Mädchen, die auf dem besten Weg ist, Schriftstellerin zu werden. Weil sie sich von niemandem vorschreiben lässt, was sie zu sagen, denken, tun hat. Sie lässt sich weder von Selbstzweifeln noch von den größtenteils inkompetenten Erwachsenen beeinflussen. Sie erklärt sich, wie schon Pippi Langstrumpf, ihre Welt, auf eine sehr eigene witzige Art und Weise.
Ihr Tonfall ist wunderbar zu lesen und perfekt getroffen. Jane Gardam hat ihrer Hauptfigur Jessica eine klare, starke Stimme verliehen, die ihre Beobachtungen und (Selbst-)Erkenntnisse treffend und mit einer großen Portion englischen Humors formuliert.
Besonders hervorzuheben ist die englische Übersetzung von Isabel Bogdan, die durch die Beibehaltung von z.B. Tea oder Housemaster dem Ganzen zusätzlich englischen Charme verleiht.

Bewertung vom 29.07.2018
Uns gehört die Nacht
Libaire, Jardine

Uns gehört die Nacht


gut

So nahrhaft wie Zuckerwatte

Inhalt: Ja was ist eigentlich der Inhalt dieses Romans? Jamey und Elise treffen sich, haben Sex, essen was, entfernen sich von einander und erkennen dann doch immer wieder, dass sie ohne einander nicht leben können. Und das ganze wieder und wieder über 450 Seiten.
Jamey entwickelt sich währenddessen von einem reichen, verwöhnten, innerlich leeren Erben zu einem arbeitenden, sich sorgenden, desillusionierten, später vielleicht glücklichen jungen Mann.
Elise von einer unabhängigen, selbstständigen jungen Frau aus komplizierten Familienverhältnissen, der es immer irgendwie gelungen ist zu (über)leben, zu einer selbstbewussten Frau, die sich von niemandem sagen lässt, wie sie sein soll oder was sie zu tun hat.
Ihr einziger Schwachpunkt ist dabei Jamey, beide lieben sich auf fast schon zerstörerische Art und Weise.

Der größte Vorzug des Buches ist gleichzeitig auch seine größte Schwäche, die Sprache anfangs noch neu, aufregend und interessant wirkt irgendwann nervig, wiederholend und anstrengend. Der erste Teil des Romans liest sich wie ein Musikvideo mit lauter, schriller Popmusik und hat den Nährwert von Zuckerwatte und Cola. Er hätte locker auf die Hälfte gekürzt werden können, ich fühlte mich wie als würde ich eine riesige bunte Torte essen und essen und essen und sie würde einfach nicht weniger werden.
Nach dem Umzug nach New York ändert sich das, neue Figuren werden eingeführt, wenn auch nur kurz und die Handlung entwickelt sich weiter. Die Geschichte bleibt jedoch weitgehend oberflächlich, die Nebenfiguren erhalten in ein, zwei Sätzen angedeutet ebensoviel Tiefe wie die Hauptfiguren auf über 400 Seiten.
Elise und Jamey werden nur beschrieben, die Autorin vermeidet es in die Tiefe zu gehen und beide Charaktere fassbar zu gestalten. Die Figuren berühren mich nicht und nach der Lektüre habe ich sie sofort wieder vergessen.

Als Sammlung von Kurzgeschichten hätte dieser Roman vermutlich besser funktioniert, weil die Nebenfiguren streckenweise interessanter zu lesen sind als die Hauptfiguren und wir nicht 400 Seiten ausschließlich mit Elise und Jamey verbringen müssten.
Das Ende ist unnötig rausgezögert, aber dadurch erklärt sich vielleicht, warum es in den 1980ern spielt, was ansonsten eher willkürlich erscheint.

Ich finde weder das Cover noch den Titel besonders passend, ein buntes, knallrotes, leuchtend blaues, neongelbes Cover wäre der Sprache des Buches angemessen. Und der englische Titel „White Fur“ - Weißer Pelz passt auch deutlich besser.

Ich gebe 2,5 Sterne, so nichtssagend wie dieses Buch und seine Charaktere.

Bewertung vom 24.07.2018
Spinster Girls 01 - Was ist schon normal?
Bourne, Holly

Spinster Girls 01 - Was ist schon normal?


gut

Evie, 16, leidet unter einer Angststörung die sie dazu zwingt sich ständig zu waschen und sich bewusst zu sein, was so alles schief gehen kann im täglichen Alltag. Frisch im College gründet sie mit ihren zwei neuen Freundinnen, Amber und Lottie, einen feministischen Club, der sich mit Fragen aller Art zum Thema Feminismus auseinandersetzt. Dabei werden Pink Taxes, also Steuern auf Tampons und andere Menstruationsprodukte ebenso behandelt wie offensichtlicher und verinnerlichter Sexismus. Leider beschränkt sich die Autorin hier auf weiße, heterosexuelle, cis-gender (also Menschen die sich mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren, im Gegensatz zu transgender) Frauen und Mädchen.

Ich hätte mir mehr Diversität gewünscht, bei einem Buch das sich mit so vielfältigen, wichtigen und aktuellen Themen auseinandersetzt. Aber wenn ich Sätze lesen muss wie: „die Periode macht uns zu Mädchen“ und „ist das einzige Ding, das uns zu Frauen macht“ frage ich mich ob nur die Formulierung unglücklich ist oder ob die Autorin Transmädchen und Frauen nicht berücksichtigt hat.
Leider ist auch keine der Figuren explizit nicht-weiß, zwei sind blond, eine rothaarig und eine wird nicht näher beschrieben. Und wenn frau ein Buch, vor allem ein Jugendbuch über Feminismus schreibt, dürfen ausdrücklich diverse Charakter nicht fehlen!

Evie ist großer Filmfan, da Filme lange Zeit das einzige waren, was sie von ihrer Erkrankung abgelenkt hat. Etwas irritiert hat mich, dass Evie, die sich zu Recht über Vergewaltigungen und Gewalt gegen Frauen in Filmen beschwert, mit Woody Allen als Regisseur offenbar keine Probleme hat.

Da das Buch sich mit sehr vielen und sehr grafisch beschriebenen Aspekten von Evies Angsterkrankung auseinandersetzt und überwiegend an Jugendliche adressiert ist, hätte ich mir im Anhang eine Liste mit Internetadressen und Telefonnummern gewünscht, bei denen die Leserinnen Hilfe bekommen können, falls sie nach/bei der Lektüre des Buches Schwierigkeiten haben.

Evies Geschichte ist wohl der Auftakt zu einer mehrteiligen Serie, adressiert an junge (weiße) Mädchen, die sich mit einer Reihe von gesellschaftsrelevanten feministischen Themen auseinandersetzt. Das ist leider nur teilweise geglückt, weil die Autorin sich leider auf heterosexuelle, weiße, cis-gender Mädchen beschränkt und nur die üblichen Jungsprobleme behandelt. Entgegen der offenbar landläufigen Meinung ist nur ein Bruchteil der Gespräche zwischen Teenagermädchen über Jungs und die damit behafteten Probleme.

Für die feministischen Inhalte und Hauptfigur mit psychischer Erkrankung würde ich gerne die volle Punktzahl geben, aber leider fehlt mir komplett die Diversität der Figuren und deshalb kann ich nur 3 Sterne geben.

Bewertung vom 08.07.2018
Hyde
Wagner, Antje

Hyde


ausgezeichnet

Magic!

Nachdem ich das Buch zwei Wochen lang vor mir her geschoben hatte, weil meine Erwartungshaltung sehr hoch war und ich auch ein bisschen Angst hatte, enttäuscht zu werden, habe ich es schließlich angefangen und dann innerhalb eines Tages zu Ende gelesen.
Es geht um Katrina, eine junge Frau, die auf der Flucht vor etwas zu sein scheint, bis sie zu einem Haus kommt und dort anfängt als Verwalterin zu arbeiten. Die Geschichte besteht aus sehr vielen Handlungssträngen, die jeder aber selbst entdecken sollte, weil es viel zu einfach wäre, etwas zu verraten und das würde dem Leseerlebnis vermutlich sehr schaden.

Es herrscht eine konstante Atmosphäre der Bedrohung und der Ungewissheit, die sich durch alle Erzählstränge zieht. Das Tempo ist am Anfang sehr hoch, die ersten 200 Seiten fühlte ich mich wie gehetzt lesend, und weil es so viele Andeutungen auf Vergangenes gibt und ich unbedingt wenigstens einige wenige Details erfahren wollte, habe ich immer weiter gelesen. Das ständige Unterwegssein der Hauptfigur hat dazu auch seinen Teil beigetragen.
Erst als sie anfängt das Haus zu renovieren, wird das Erzähltempo ruhiger, aber das Rätselhafte hält die Spannung kontinuierlich auf hohem Niveau. Die Erzählstränge steigern sich gleichwertig und sind, was ungewöhnlich ist, gleichermaßen spannend zu lesen.
Die Hauptfigur Katrina war mir sofort sympathisch, sie ist unglaublich stark und unabhängig und lässt sich nie unterkriegen. Ihr Einfallsreichtum und ihre Selbstsicherheit lassen sie älter wirken, als sie ist.
Manche Dinge lassen sich erahnen und die Leserin antizipiert einige Kleinigkeiten, was aber dazu führt, dass der größte plot twist sehr überraschend kommt!

Ohne zu viel verraten zu wollen, das Ende ist wahnsinnig gut und lässt keine Wünsche offen!

Ich finde 'Hyde' schreit geradezu danach als Serie verfilmt zu werden und gegen eine Fortsetzung hätte ich auch nicht einzuwenden. Ich bin eigentlich noch nicht bereit Katrina gehenzulassen und würde das Buch am liebsten gleich nochmal lesen! Deshalb meine Empfehlung:

Lesen! Lesen! Lesen!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.