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Leselöwin
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Sendenhorst

Bewertungen

Insgesamt 41 Bewertungen
Bewertung vom 28.10.2021
Die Enkelin
Schlink, Bernhard

Die Enkelin


ausgezeichnet

Kaspar stellt nach dem Tod seiner Frau fest, dass sie ihm zu Lebzeiten einiges vorenthalten hatte. So hatte sie ihm nie erzählt, dass sie eine Tochter hatte, die sie vor ihrer Flucht in den Westen weggegeben hatte. Er macht sich auf die Suche, findet die Tochter seiner Frau sowie auch deren Enkelin. Beide leben in einer völkischen Gemeinschaft. Dennoch entwickelt sich eine Großvater-Enkelin-Beziehung. Kaspar kämpft mit sich. Ihr rechtes Umfeld und Gedankengut stoßen ihn ab, dennoch liegt ihm viel an seiner Stief-Enkelin. Er versucht ihr seine Welt näher zu bringen, vorsichtig, um ihr Vertrauen nicht wieder zu verlieren...

Das Thema ist heftig und macht nachdenklich. Um so bemerkenswerter fand ich, dass sich der Roman sehr leicht liest...ohne aber jemals oberflächlich zu sein. Bernhard Schlink ist ein toller Erzähler. Lesenswert!!

Bewertung vom 26.09.2021
DAFUQ
Jarmysch, Kira

DAFUQ


sehr gut

Anja wird bei einer Demonstration festgenommen und zu 10 Tagen Arrest verurteilt. Hier muss sie sich eine Zelle mit fünf anderen Frauen teilen. Da ist unter anderem Natascha, die schon einmal im Gulag war, Maja, die ihr Luxusleben und ihre Schönheits-OPs finanziert indem sie sich von reichen Männern aushalten lässt und auch Irka, die schwer alkoholabhängig ist und dafür fast alles machen würde.

In der kleinen Zellen prallen Welten aufeinander. Darüber hinaus ist Anja auch gewungen sich mir dem eigenen Leben und der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die Situation führt dazu, dass sie immer stärkere Wahnvorstellungen entwickelt. Dafuq!

Ein in vielerlei Hinsicht hochinteressantes Buch, das durch die vielen unterschiedlichen Charaktere ein Bild des heutigen Russland vermittelt. Interessant und umso glaubwürdiger auch deshalb, weil Kira Jarmysch, als Pressesprecherin von Alexey Nawalny, auch selbst schon festgenommen wurde und Zeit im Arrest verbracht hat.

Lesenswert!!

Bewertung vom 17.08.2021
Harlem Shuffle
Whitehead, Colson

Harlem Shuffle


sehr gut

Hauptfigur in Colson Whiteheads "Harlem Shuffle" ist Ray. Anders als sein Vater  strebt Ray keine kriminelle Laufbahn an. Er betreibt ein Möbelgeschäft in Harlem. Dass das Geld dafür aus den Machenschaften seines Vaters kommt und er auch das ein oder andere Stück verkauft, das " vom LKW gefallen ist" soll seine Frau nicht erfahren. Und dann ist da noch Cousin Freddie, der wie ein Bruder für Ray ist und ein Talent dafür hat in Schwierigkeiten zu geraten.

Ray Alltag wird bestimmt von dem ewigen Zwiespalt. Einerseits möchte er nicht so sein wie sein Vater aber dessen Vergangenheit und Umfeld holen ihn immer wieder ein. Er möchte angesehen sein von den guten Familien in Harlem, allen Voran der seiner Frau, allerdings sind gerade die nicht legalen Geschäfte oft finanziell interessant...

Man bekommt als Leser einen guten Eindruck vom Harlem der späten 50er und frühen 60er. Die Hauptfigur ist toll beschrieben und macht einem eindrucksvoll wieder klar, dass Menschen meist eben nicht entweder "gut" oder "böse" sind, sondern zeigt auf, dass es meist viele Abstufungen gibt.

Ich muss sagen, dass ich erst mit dem Roman warmwerden musste. Durch die vielen Zeitsprünge ist er nicht immer leicht zu lesen. Lesenswert ist er aber trotzdem!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.06.2021
Im Reich der Schuhe
Wise, Spencer

Im Reich der Schuhe


sehr gut

Der 26-jährige Bostoner Alex ist bislang vor allem eines gewesen - der Sohn seines gleichermaßen dominanten wie egozentrischen Vaters. Dieser ist Eigentümer einer Schuhfabrik in der chinesischen Region Guangdong und setzt seit Jahrzehnten auf größtmöglichen Profit durch billige Schuhe. Durch seine chinesische Freundin Ivy, die in der Schuhfabrik arbeitet, bekommt Alex dann hautnah mit, welchen Preis die chinesischen Arbeiter hierfür zahlen. Zusammen mit Ivy möchte er dies ändern...

"Im Reich der Schuhe" ist die Geschichte eines Sohnes, der sich langsam von seinem übermächtigen Vater emanzipiert. Zudem beschreibt es das heutige China und das Schicksal der chinesischen Arbeiter. Dabei sei erwähnt, dass Spencer Wise selbst in einer chinesischen Schuhfabrik gearbeitet hat, sodass man davon ausgehen kann das er weiß wovon der da schreibt.

Interessantes und gut geschriebenes Buch über ein hochaktuelles Problem!! Absolut lesenswert!!

Bewertung vom 02.05.2021
Dein ist das Reich
Döbler, Katharina

Dein ist das Reich


gut

In "Dein ist das Reich" beschreibt Katharina Döbler die Geschichte ihrer Familie.

Sie beschreibt den Weg ihrer Großeltern, die als Missionare nach Neuguinea, dem damaligen Kaiser-Wilhelms-Land, gingen. Sie beschreibt das Leben in der Kolonie sowie die Weltanschauung der Kolonialisten, die in die Südsee gingen um den "Heiden" ihren Glauben und ihre Kultur zu bringen.

Katharina Döbler erzählt auch vom Aufwachsen in der Missionarsfamilie, in der manche Geschichten oft erzählt und andere weggelassen wurden. Nicht unkritisch versucht sie für sich selbst und den Leser ein vollständiges Bild zu zeichnen.

Eine ziemlich bewegte und außergewöhnliche Familiengeschichte mit manchen speziellen Charakteren. Ich fand das Thema interessant, zumal man sonst wenig darüber hört oder liest. An vielen Stellen fand ich die Erzählung allerdings zu langatmig. Auch einige Zeitsprünge habe ich nicht verstanden.

Mein Fazit: interessantes Thema aber kein Pageturner

Bewertung vom 28.04.2021
Die Beichte einer Nacht
Philips, Marianne

Die Beichte einer Nacht


sehr gut

Was für ein Buch! Leentje erzählt der Nachtschwester in der Nervenklinik ihre Lebensgeschichte. Als Mädchen aus einfachen Verhältnissen gelang es ihr nicht nur Arbeit zu finden sondern sich auch in der großen Stadt hochzuarbeiten. Auch die Männer kann Leentje um den Finger wickeln. Nach den Tod der Mutter nimmt sie ihre jüngste Schwester zu sich und trifft ihre große Liebe. Nach und nach verfällt sie immer mehr ihren Selbstzweifeln und ihrer Eifersucht. Auf sehr nüchterne Art beschreibt sie diese Entwiclung...

Die Monologform fand ich auf den ersten Seiten gewöhnungsbedürftig. Aber sie passt perfekt und hat mich total in ihren Sog gezogen.

Bemerkenswert ist, dass Marianne Philips das Buch im Jahr 1930 geschrieben hat und darin einige autobiografische Elemente verarbeitet.

Intensiv, packend, tragisch - ich habe es in einem Rutsch gelesen. Lesenswert!

Bewertung vom 10.04.2021
Gefangen und frei
Sheff, David

Gefangen und frei


sehr gut

In "Gefangen und Frei" erzählt David Sheff die Geschichte von Jarvis Jay Masters, der im Todestrakt von San Quentin zum Buddhismus fand.

Masters' Jugend ist geprägt von Gewalt, Drogen, Hoffnungslosigkeit, Kriminaldelikten. Nach mehreren bewaffneten Raubüberfällen wird er inhaftiert. Nach einigen Jahren in Haft wird er des Mordes an einem Gefängniswärter beschuldigt und zum Tode verurteilt. In den darauffolgenden Jahren bringen ihn Perspektivlosigkeit und Wut fast um den Verstand. Eine Kriminalistin, die seine Geschichte dokumentiert, bringt ihn auf die Idee zu meditieren um besser mit der ausweglosen Situation umgehen zu können. Masters ist skeptisch, hat aber schließlich nichts zu verlieren. Nach und nach beschäftigt er sich immer mehr mit Meditation und dem Buddhismus, wird schießlich Schüler des Lama Rimpoche.
Es gelingt ihn seine Wut und auch seine Panikattaken zu überwinden. Masters reflektiert und stellt sich der gegenwärtigen Situation und seiner Vergangenheit. Vielen Rückschlägen und ständig wiederaufkeimenden Selbstzweifeln zum Trotz erlangt er nach und nach innere Freiheit, empfindet Mitgefühl und kann schließlich auch anderen helfen.

Eine wahre und daher umso erstaunlichere Geschichte. Man erfährt viel über den Buddhismus, wird sich aber auch darüber bewusst, zu welcher Wandlung und Entwicklung ein Mensch fähig sein kann.

Ein hochinteressantes Buch, das gut geschrieben ist und mich sehr zum Nachdenken gebracht hat.

Bewertung vom 28.02.2021
Hard Land
Wells, Benedict

Hard Land


ausgezeichnet

"In diesem Sommer verliebte ich mich und meine Mutter starb."
Das ist ein Anfang...mit dem man als Leser sofort mittendrin ist.

Sam ist fünfzehn und lebt in einer Kleinstadt in Missouri. Durch seinen neuen Ferienjob im Kino kann er der kranken Mutter und dem schweigsamen Vater zu Hause zeitweilig aus dem Weg gehen und findet endlich Freunde.

Benedict Wells ist ein großartiger Erzähler. Man fliegt über die Seiten und erlebt diesen einen Sommer mit Sam:

Erste Liebe, Verlust, Bücher, Erwachsenwerden, dazwischen viele kleine und große Wahrheiten, tolle Charaktere und alles ist wunderbar miteinander verknüpft.

Trotz der Tragik ist "Hard Land" ein "Wohlfühlbuch", über dessen Seiten man fliegt und nachdem man sich wünscht wieder sechzehn zu sein...als alles neu, alles aufregend, alles offen war...

Unbedingt lesen!!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2021
Big Sky Country
Wink, Callan

Big Sky Country


sehr gut

August wächst auf der Farm seines Vaters in Michigan auf. Seine Eltern haben früh festgestellt, dass es mehr gibt was sie trennt als vereint.

Sein Vater lebt das Leben, wie er es kennt, dort wo er es kennt. Seine Mutter studiert und erwartet mehr, will mehr erreichen, mehr sehen...und erhofft sich mehr für August.

Nach der Scheidung zieht sie nach Montana und nimmt August mit. August lernt die atemberaubende Landschaft Montanas schätzen und wird erwachsen. Was er mit seinem Leben anfangen will, weiß er allerdings lange nicht.

"Big Sky Country" von Callan Wink ist gleichermaßen ein Roman über das Erwachsenwerden und detailliertes Portrait einer Landschaft und ihrer Bewohner.

Kein spektakulärer Roman, aber ein schöner!