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Reiseweise

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Insgesamt 39 Bewertungen
Bewertung vom 29.09.2023
Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2
Jürgensen, Dennis

Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2


gut

Skandinavischer Krimi in Norddeutschland

Mehrere alte Menschen werden in Schleswig-Holstein brutal ermordet. Alle sitzen im Sessel, sind gefesselt und eine tote Taube liegt auf ihrem Schoß. Die Polizei tappt im Dunkeln, weswegen das dänisch-deutsche Dreamteam der Kommissare Lühmann und Teit der Fall übertragen wird. Bald schon verfolgen sie eine Spur, die sie überraschenderweise in die Machenschaften der DDR-Stasi führen wird…

Der Krimi ist kurzweilig und die beiden Kommissare sind stimmig gezeichnet, auch ihre Zusammenarbeit ist interessant beschrieben. Der Spannungsbogen nimmt zum eher abrupten und nicht besonders ausgefeilten Ende der Ermittlungen leider oftmals ab, insgesamt ist es aber eine unterhaltsame Geschichte. Auffällig ist, wie gut beschrieben die vielen norddeutschen Orte sind, in denen der Krimi spielt - von Flensburg über Neumünster bis Hamburg stimmen Beschreibungen der Örtlichkeiten, Straßennamen und Regionalzeitungen. Ein Krimi, der wie gemacht scheint für eine Verfilmung für das NDR-Abendprogramm.

Bewertung vom 23.09.2023
Mord im Christmas Express
Benedict, Alexandra

Mord im Christmas Express


weniger gut

Der Nachtzug von London nach Fort William in Schottland fährt trotz Schneesturm kurz vor Weihnachten los und die kürzlich pensionierte Kommissarin Roz macht sich mit ihm auf den Weg zu ihrer Tochter, die in den Wehen liegt. Mit ihr im Zug sind eine Reihe Passagiere, die unterschiedlicher kaum sein könnten - und dann passiert der erste Mord. Roz ermittelt, während der Zug im Schnee steckt und deckt Geheimnisse auf.

Die erste Hälfte des Romans hat mich nicht überzeugt, die zweite Hälfte nahm sprichwörtlich mehr Fahrt auf. Die Charaktere sind teils interessant, oft aber sehr klischeehaft gezeichnet, da man den Bösewichten immer „in den Augen“ ablesen kann, dass sie böse sind. Außerdem ist die Beschreibung des Verlags für das Buch denkbar unglücklich: Es ist kein „Mord im Orientexpress“-hafter Krimi mit verschrobenen Charakteren. Vielmehr geht es um Opfer häuslicher Gewalt und Sexualverbrechen, die sowohl kontinuierlich angedeutet als auch explizit thematisiert werden. Das sollte man wissen, bevor man dieses Buch kauft.

Bewertung vom 19.09.2023
Adam und die Jagd nach der zerbrochenen Zeit
Schmidt, G.Z.

Adam und die Jagd nach der zerbrochenen Zeit


sehr gut

Zeitreisen in New York

Adam ist ein schüchterner Junge. Er hilft in der Bäckerei seines Onkels aus und besucht manchmal die Leute im Obdachlosenheim - Freunde hat er keine. Doch dann begegnet er eines Tages einem mysteriösen Mann und findet eine Schneekugel - und findet sich unversehens als Zeitreisender wieder, der das New York der 1960er ebenso wie der 1920er bereist.
Die Geschichte ist spannend erzählt und die Autorin baut geschickt kleine Andeutungen ein und beschreibt Objekte und Menschen, die man plötzlich in anderen Zeitreiseabschnitten wiederentdeckt. Auch das Paradox von Zeitreisen wird so erklärt, dass es der Geschichte keinen Abbruch tut und logisch erscheint. Bisweilen fallen etwas holprige Übersetzungen aus dem amerikanischen Original auf, ansonsten ist der Roman aber kurzweilig und die Charaktere sympathisch. Manche hätte man gerne noch genauer kennen gelernt, insgesamt aber ein gutes Debüt.

Bewertung vom 17.09.2023
Kajzer
Kaiser, Menachem

Kajzer


ausgezeichnet

Über seinen Großvater wusste Menachem Kaiser kaum etwas, obwohl sie den gleichen Namen tragen - eigentlich nur, dass dieser als Einziger seiner Familie die Shoah überlebt hat. Als er aus beruflichen Gründen in Schlesien ist, wo sein Großvater geboren wurde, beschließt er aber, das Haus dessen Kindheit aufzusuchen. An diesem emotionalen und geographischen Startpunkt beginnt für Kaiser eine mehrjährige Reise durch Polen, Deutschland und Israel, auf der er versucht, der Geschichte seines ihm so unbekannten Großvaters näher zu kommen.
Diese Reise nimmt so viele unerwartete Wendungen und streift so viele überraschende Themen, dass das Buch mehr ist als die anfangs erwartete Spurensuche eines jungen Mannes nach den Wurzeln seiner Familie. Es ist ein Werk über die Auswirkungen der Shoah auf jüdische Traditionen und den Umgang mit den nationalsozialistischen Verbrechen in Polen, vor allem aber über die Frage, wie wir uns erinnern, wie wir Familiengeschichte erzählen, welche Verbindungen zu Orten über Generationen bestehen und was es heißt, auf der Suche danach sich selbst zu finden. Ein wichtiges, nachdenklich stimmendes Buch!

Bewertung vom 14.08.2023
Mattanza
Fabiano, Germana

Mattanza


ausgezeichnet

Auf Katria leben die Menschen vom traditionellen Thunfischfang, schon seit Jahrhunderten, länger, als die Erinnerung zurückreicht. Einmal im Jahr findet die Tonnara statt, die der Mittelpunkt des gesamten Insellebens ist - sie ist der Kern aller Traditionen, des Aberglaubens, der Gedanken und Gefühle der Inselbewohner, sie schafft Arbeitsplätze und stiftet Identität und Zusammenhalt. Doch wie lange kann die Tonnara dies noch leisten?
Germania Fabianos melancholische und eindrückliche Geschichte über die Insel Katria und ihre Bewohner:innen reicht von 1960 bis 2012 und erzählt von den Veränderungen, den Traditionen, dem Auf und Ab des Meeres, den schwindenden Thunfischschwärmen, den kommenden und gehenden Tourist:innen und Geflüchteten. Die Charaktere werden eindrücklich beschrieben und die Melancholie und Schönheit der kleinen Mittelmeerinsel ist überzeugend dargestellt. Ein nachdenklich stimmendes kleines Buch!

Bewertung vom 14.08.2023
Nincshof
Sebauer, Johanna

Nincshof


ausgezeichnet

Im Burgenland, dort, wo Österreich nicht bergig, sondern so flach ist wie die nahe ungarische Puszta, liegt Nincshof. Obwohl sich so mancher in Nincshof wünscht, dass dies niemand wüsste.
Nincshof ist bevölkert von ebenso skurrilen wie liebenswerten Charakteren. Zu diesen gehören eine Dokumentarfilmerin, die keine Filme mehr drehen mag, ein Irrziegenwirt, ein Bürgermeister, der Sipp Sepp und eine unternehmungslustige alte Dame, die sich in diesem heißen Sommer Dinge traut, die sie selbst nicht für möglich gehalten hätte. Und dann ist da noch diese alte Legende von Nincshof und die Bewegung des Oblivismus…
Die Charaktere sind so lebensnah gezeichnet, die Dorflegenden so herrlich erzählt und die Beschreibungen des dörflichen Sommers so treffend, dass man beim Lesen mehrfach nachschaut, ob Nincshof nicht doch tatsächlich ein echter Ort ist. Ein hervorragender Debütroman und eine perfekte Sommerlektüre.

Bewertung vom 14.08.2023
Sylter Welle
Leßmann, Max Richard

Sylter Welle


ausgezeichnet

Die eigenen Großeltern waren schon immer alt, und, wie es der Erzähler in diesem Roman bemerkt, eines Tages sind sie noch viel älter und all ihre Eigenheiten treten deutlich zutage und man fragt sich, wie lange man sie noch erleben darf.
Max reist ein letztes Mal zu seinen Großeltern nach Sylt, um zwei spätsommerliche Tage mit ihnen zu verbringen und erzählt dabei über all die Kindheitserinnerungen, die er mit ihnen verbindet, sowie über die Geschichten seines Vaters, seiner Onkel und der Großeltern selbst, die zur Familienhistorie geworden sind. Die ruppige Oma und der kauzige Opa werden mit all ihren sprachlichen Eigenheiten so lebensnah gezeichnet, dass der Roman autofiktional wirkt. Die lustigen Anekdoten lassen einen schmunzeln, die im Verlaufe des Romans immer häufigeren melancholischen Beschreibungen lassen einen wünschen, sie wären noch tiefgründiger erzählt worden. Insgesamt ein lohnender, kleiner Roman.

Bewertung vom 14.08.2023
Jessi, die Raubhäsin (Klein, aber oho!)
Lüftner, Kai

Jessi, die Raubhäsin (Klein, aber oho!)


gut

Jessi, die Häsin, tauscht ihr beschauliches, aber sehr langweiliges Leben im Hasenkäfig ein gegen ein abenteuerliches Leben als Raubhäsin im Wald. „Und in diesem Wald, ja, das ist wahr, ist nun nichts mehr, wie es war“ - denn sie legt sich mit Eule, Schlange und Fuchs an, um die kleinen Beutetiere zu beschützen. Aber ist das Leben als furchtlose Raubhäsin nicht auch etwas einsam? Nicht, wenn das Wehr-Schwein auftaucht…
Die kindgerechten Zeichnungen von Raubhäsin Jessi, dem Wehr-Schwein, Eule, Fuchs und den anderen Tieren im Wald sind begleitet von Reimen, der mitunter etwas holprig daherkommt, aber dennoch eine spannende Kindergeschichte entspinnt. Viele Möglichkeiten bieten sich, sich beim Vorlesen die Tiere anzuschauen und sich vor dem fiesen Fuchs zu fürchten und sich in die Kulleraugen des Wehr-Schweins zu verlieben - und einiges über Freundschaft zu lernen.

Bewertung vom 14.08.2023
Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1
Wacker, Florian

Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1


gut

Das Umweltrecht gehört nicht zu den klassischen Jura-Themen, die in Krimis behandelt werden - und auch eine Staatsanwältin, die sich um Fälle geschmuggelter Tiere kümmert, ist neu. Staatsanwältin Greta Vogelsang füllt somit eine Lücke in der Krimiwelt.
In „Die Spur der Aale“ ist sie einer Bande auf der Spurt, die Glasaale von Frankfurt nach Hongkong schmuggelt. Außerdem muss noch der Mord an einem angelnden Ermittler aufgeklärt werden…
Die Charaktere sind überzeugend gezeichnet, auch wenn einige Figuren noch etwas blass bleiben. Die spannende Vergangenheit von Greta Vogelsang wird nur angedeutet, lässt aber schon einige Konflikte in den nachfolgenden Bänden der neuen Reihe erwarten. Bezüge zur Welt der Frankfurter Polizei und aktueller politischer Themen geben dem Krimi einen überzeugenden zeitlichen Rahmen. Bisweilen scheint aber ein größeres Wissen über Frankfurts Straßen, Dialekt und Besonderheiten nötig, um sich wirklich in die Szenerie einfühlen zu können. Insgesamt ein netter Krimi - kein Pageturner, aber auch kein uninteressanter Fall - den man sicherlich sehr gut am Strand lesen kann!