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KTh
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Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 22.03.2022
Doppelporträt
Pleijel, Agneta

Doppelporträt


gut

Ein besonderes Aufeinandertreffen

Agneta Pleijel legt mit „Doppelporträt“ eine Art Kurzbiographie von Agatha Christie und Oskar Kokoschka vor. Auf (nur) 221 Seiten breitet sie einen kleinen Teil der vielfältigen Informationen über diese beiden Persönlichkeiten aus – von meiner Seite aus hätten es ruhig mehr Seiten sein können.
Anlass des (fiktiven?) Aufeinandertreffens ist der Wunsch des Ehemannes und des Enkels von Agatha Christie, ein Porträt der inzwischen alten Dame zu erhalten. Und dies soll eben der berühmte und ebenfalls in die Jahre gekommene Oskar Kokoschka erstellen. Dieser wehrt sich zunächst, lässt sich dann aber überzeugen, 6 Sitzungen mit der Krimischriftstellerin zu absolvieren.
Diese 6 Sitzungen sind es dann auch, die das kleine Büchlein unterteilen – in jedem der Kapitel erfährt der/die Leser:in etwas mehr über die Lebensgeschichten der Protagonist:in.
Neben der übersichtlichen Seitenzahl, wobei die wenigen Seiten auch noch übersichtlich bedruckt sind, ist es vor allem die Beliebigkeit, die mich an diesem Romanporträt stört. Es gibt keinerlei Hinweise auf genutzte Quellen, auf die Überprüfbarkeit allgemein. Ich möchte kein umfangreiches Quellenverzeichnis, aber ein paar Hinweise wären doch ganz angenehm gewesen. Sicherlich könnte jede:r Leser:in weiter recherchieren, aber ehrlich gestanden, ist es mein Anspruch an einen solchen Roman, dass hier auch entsprechende Hinweise auftauchen.
Stilistisch ist „Doppelporträt“ gut gelungen, die Lektüre ist insgesamt angenehm, aber auch nicht berauschend – ein gutes Buch, aber die zitierten Lobeshymnen kann ich nicht nachvollziehen. Ich fühlte mich gut unterhalten, hätte aber gerne mehr und ausführlicher gelesen. Und falls es das dem Roman und der Treffen von Christie und Kokoschka zugrunde liegende Porträt wirklich gibt, hätte ich mich sehr gefreut, es auch abgedruckt zu sehen. Vielleicht anstelle des – ganz ansehnlichen – Covers mit dem über die Schulter schauenden Foto von Agatha Christie sowie den dominierenden Sesseln.

Bewertung vom 17.01.2022
Althea Gibson - Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin
Schoenfeld, Bruce

Althea Gibson - Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin


gut

Vergessen, aber nicht neu entdeckt

Althea Gibson war die erste schwarze Siegerin von Wimbledon, den French- und den US-Open. Als nicht-tennisfan war sie mir völlig unbekannt, was ich nicht wirklich verwunderlich finde. Dass mir Althea Gibson auch nach der Lektüre einer Biografie immer noch weitgehend unbekannt ist, ist dafür erstaunlich.
Dafür weiß ich jetzt mehr übr ihre Doppelpartnerin Angela, über Tennisergebnisse der 1950er und ein klein wenig über den im Sport herrschenden Rassismus.
Aber wie es schon bei Lektüre der Leseprobe deutlich wurde, ist Bruce Schoenfeld nicht wirklich eng mit Gibson und den weiteren Protagonist:innen verbunden. Es wird überdeutlich, dass er Althea Gibson nicht persönlich gekannt hat und dass es zudem wenige schriftliche Quellen gibt, auf die er hätte zurückgreifen können. So bleibt die komplette Beschreibung unangenehm unbeteiligt und - leider - auch nicht unbedingt gut zu lesen.
Mein Vorurteil, in Wikipedia mehr zu erfahren, hat sich zwar nicht bewahrheitet, aber ich würde nicht sagen, wirklich etwas über Althea Gibson zu wissen. Was schade ist.

Bewertung vom 15.06.2020
Die Königin von Berlin
Roth, Charlotte

Die Königin von Berlin


sehr gut

Liest man die Berichte über Brecht und die Frauen, fragt sich wohl jedeR, was dieser hatte, dass sich (emanzipierte und selbstbewusste) Frauen so viel gefallen ließen. Zu den vielen Frauen in Brechts Leben gehört sicherlich auch Carola Neher, die „Königin von Berlin“. Und ihr wird von Charlotte Roth nun mit dem gleichnamigen Roman kein Denkmal gesetzt, aber doch eine Erinnerungstafel enthüllt.
Für Menschen, die sich mit dem Theater der Weimarer Zeit auseinandersetzen, ist „die Neher“ sicherlich ein Begriff. Für alle anderen ist „Die Königin von Berlin“ eine gut zu lesende Möglichkeit, sie kennenzulernen. Und neben Neher auch noch Klabund, den inzwischen wohl auch ziemlich vergessenen Schriftsteller, der sich als wandernder Poet sah.
„Die Königin von Berlin“ ist ein Roman, wie Roth es in ihrem Vorwort betont – und doch sind viele der beschriebenen Szenen sicherlich so oder so ähnlich geschehen. Ich las letztens vom Dan-Brown-Effekt (oder so ähnlich), einem Effekt bei der Lektüre von populärer Literatur, die dennoch sehr lehrreich ist. Und genau diesen Effekt habe ich auch bei Roths Roman erfahren. Vieles, was im Studium noch bewusst bekannt war, wurde hier vertieft. Nicht nur die Diskussion um die Dreigroschenoper und deren Ursprünge. (Wenngleich auch in Roths Roman nur sehr am Rande erwähnt wird, wie wichtig Elisabeth Hauptmann für die Entstehung des Kassenschlagers war).
Und obwohl ich „Die Königin von Berlin“ mit sehr viel Genuss gelesen habe, bleibt die Hauptfigur für mich blass. Blasser als ich erwartet habe, blasser als sie wohl auch in Wirklichkeit war. Ob die seltsamen Bezüge in die Fast-Gegenwart (nun ja, ins Jahr 1979) in Weyher bei Edenkoben damit zusammenhängen? Ich glaube ja, denn sie waren störend und irgendwie unmotiviert.
Positiv herausstellen möchte ich noch die Gestaltung des Covers mit dem wohl bekanntesten Motiv von Carola Neher – mit dem Geparden. Und die wirklich hochwertige Verarbeitung des Buches.