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Benutzername: 
Milli11
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 99 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2020
Das Erbe der Päpstin
Glaesener, Helga

Das Erbe der Päpstin


sehr gut

Eine Frau zwischen Danewerk und Rom
Das Buch lehnt sich an den Bestseller von Donna W. Cross „Die Päpstin“ an, allerdings liegt für mich doch eine kleine Welt zwischen den beiden Romanen.

Hier in diesem Buch wird Gisla, eine Freundin der späteren mutmaßlichen Päpstin Johanna, von den Dänen entführt und ihre in der Gefangenschaft geborenen Töchter machen sich nach ihrem Tod auf, den mütterlicherseits einzig verbliebenen Verwandten, ihren Großvater Gerold, zu finden. Dabei sind die beiden Mädchen Freya und Asta grundunterschiedlich, so dass sich ihre Wege nach einiger Zeit trennen.

Freya schafft es tatsächlich bis nach Rom, wo Ihr Großvater mittlerweile lebt und lernt auch Johanna kennen. Allerdings ist auch Rom in Aufruhr und vielerlei Machtkämpfe werden von unterschiedlichsten Seiten ausgefochten, denen Gerold und Johanna zum Opfer fallen. Für Freya kann es in dieser Stadt kein friedliches Leben geben und so zieht sie wieder nach Norden, um dort ein ruhiges freundliches Fleckchen für sich und ihre Ziehtochter zu finden.
Allerdings ist das in diesen Zeiten nahezu unmöglich und so trifft sie immer wieder auf ihren Erzfeind, der ihr nach dem Leben trachtet, findet aber auch ihre große Liebe wieder.

Das liest sich alles sehr nett und flüssig, sticht aber aus der Menge der historischen Romane auch nicht überragend heraus. Ein paar Zufälle zuviel, ein paar glückliche Wendungen zuviel, die es in dieser wirklich sehr harten kriegerischen und gefährlichen Zeit nicht gegeben haben kann.

Trotzdem spendet das Buch ein paar nette Stunden Lesespaß und wer nicht zu viel Wert auf historische Genauigkeit legt, kommt hier durchaus auf seine Kosten.

Bewertung vom 14.09.2020
Modehaus der Träume / Das Lichtenstein Bd.1
Averbeck, Marlene

Modehaus der Träume / Das Lichtenstein Bd.1


sehr gut

Modeträume in Berlin während des 1. Weltkrieges

Das ist der 1. Band einer Trilogie, die das Leben und Arbeiten verschiedenen Personen darstellt, die alle mit dem Kaufhaus „Lichtenstein“ in Berlin-Mitte verbunden sind. Hier im ersten Band wird die Zeit vom Beginn bis zum Ende des 1. Weltkrieges behandelt.

Den Kapiteln wird immer der Name derjenigen Person vorangestellt, aus deren Sicht erzählt wird. Das wäre zum Beispiel Jakob, einer der beiden Söhne des Lichtenstein-Besitzers, der im stetigen Kampf mit seinem Bruder um eine Neuausrichtung des Kaufhauses steht und sich daran aufreibt. Dazu kommt noch eine unglückliche Liebesbeziehung, aber er ist ein fairer Arbeitgeber und wird insgesamt sehr positiv dargestellt.
Die jungen Frauen Hedi, Thea und Ella arbeiten mehr oder weniger für das Kaufhaus, Ella ist eher ein Werbeaushängeschild, da sie hauptberuflich Schauspielerin ist. Sie ist aus meiner Sicht die fortschrittlichste und ausgefallenste der Frauen, hat 2 Liebhaber und ist sehr unabhängig und frei.
Thea ist dagegen eher das Kellerkind aus sehr ärmlichen Verhältnissen und zu ihren bescheidenen Verhältnissen kommt auch noch persönliches Unglück.
Hedi macht eine recht steile Karriere, sie liebt Mode, Schick und Stil und wechselt in kürzester Zeit vom Ladenmädchen in die Entwurfsabteilung. Und dort gibt es da noch Hannes…

Das wird alles mit recht leichter Hand beschrieben, natürlich gibt es auch große Schicksalsschläge, das Kaufhaus brennt weitgehend ab, Hannes wird im Krieg sehr schwer verwundet, aber insgesamt kommen die Personen alle recht gut und glimpflich durch die harten Zeiten, das ist mir eine Spur zu positiv. Gerade in Berlin gab es große Not, wenig zu essen und gegen Ende des Krieges viele wirre Straßenkämpfe und Unruhen.
Immerhin sieht man aber auch, dass selbst in den ärmsten Elendszeiten es immer noch genügend Menschen gibt, die es sich mit Mode und Kleidung gutgehenlassen wollen und können und mit großzügiger Hand auch gern viel Geld dafür ausgeben können.

Ich würde mir die Nachfolgebänder auf jeden Fall gern ansehen, bestimmte Andeutungen, wie es mit einigen der Personen weitergeht, sind schon zu erkennen und vergebe hier schon mal gute 4 Sterne.

Bewertung vom 14.09.2020
Saale Premium - Stürme über dem Weinschloss / Weinschloss-Saga Bd.1
Seifert, Paula

Saale Premium - Stürme über dem Weinschloss / Weinschloss-Saga Bd.1


sehr gut

Eine Frau im Weinberg

Ein Sprung zurück in die Anfänge des 20. Jahrhunderts: in Freyburg an der Saale wird Wein angebaut und als Sekt oder Wein in alle Länder verschickt, wo er großen Anklang findet. Aber das wirtschaftliche Leben wird ganz klar von den Männern bestimmt und so ist es für Aennes Vater ein großes Problem, dass er zwar eine kluge, wissbegierige und an der Winzerei interessierte Tochter hat, aber eben leider keinen Sohn. Und diese Tochter ist dazu noch recht eigenwillig und verliebt sich ausgerechnet in ein Mitglied derjenigen Familie, die Aennes Vater vor Urzeiten sehr brüskiert hat. Deshalb kommt eine Heirat mit dem jungen Clemens auf gar keinen Fall in Frage. Schlussendlich muss sich Aenne dem Willen des Vaters beugen und heiratet einen anderen Mann. Und das wird nicht das letzte Mal bleiben, wo ihr das Schicksal oder andere Menschen einen dicken Strich durch ihre Lebenspläne machen.

Da wäre zum Beispiel die Reblaus, die nicht nur den Familienbetrieb von Aennes Vater ruiniert, sondern allen vom Weinbau abhängigen Regionen in Deutschland und Europa schwere existenzielle Nöte bereitet. Oder der Tod ihr nahestehender Menschen, der sie immer wieder sehr trifft.
Zum Glück ist Aenne hart im Nehmen und allen Widrigkeiten zum Trotz versucht sie immer wieder, auf die Beine zu kommen.

Das klingt ein wenig Courts-Mahler-haft, zu diesem Eindruck trägt sicherlich bei mir auch das wunderschöne Coverbild bei, aber viele Ereignisse sind durchaus historisch belegt und könnten sich so zugetragen haben. Sehr schön finde ich, dass hier mal eine Region Deutschland beschrieben wird, über die man so wenig hört und liest und die durchaus bereisenwert ist und mehr bietet als nur die riesige Rotkäppchen-Sektkellerei. Freyburg ist ein nettes Städtchen und in der näheren Umgebung gibt es auch mehr als nur Weinberge.

Das Buch ist als Beginn einer Trilogie angelegt und die Zeiten werden wohl nicht einfacher werden.
Das Einstiegsbuch ist für mich schon mal gut gelungen, dafür 4 Sterne.

Bewertung vom 04.08.2020
Ozelot und Friesennerz
Matthiessen, Susanne

Ozelot und Friesennerz


sehr gut

Sylt – eine Kindheit im Luxus-Pelzgeschäft

Ich bin etwas jünger als die Autorin, aber viele Begebenheiten und Persönlichkeiten, in denen sie in ihren Anekdoten erzählt, sind mir auch gut bekannt.

Das Buch ist kein Roman im üblichen Sinn, sondern besteht eher aus einzelnen Skizzen, die unterschiedliche Zeiten aus der Kindheit der Autorin beschreiben. Sie lebt mit ihren Eltern auf Sylt, die Eltern betreiben ein luxuriöses Pelzmodengeschäft und vermieten nebenbei ihr Haus an Feriengäste. Dabei fallen die Kinder ein Stück weit hintenunter, was aus heutiger Sicht schon nahezu an Kindeswohlgefährdung grenzen würde, war damals völlig normaler Alltag. Und es bot den Kindern ein beträchtliches Stück mehr an Freiheit, als es heute in vielen Familien üblich ist. Allerdings war das Leben der Eltern auch nicht nur Heiterkeit, der Dienst an den zwar meist sehr reichen, aber auch nicht unkomplizierten Kunden samt abendlicher Betreuung und Unterhaltung muss zumindest in der Saison auch extrem anstrengend gewesen sein.
Nebenbei erfährt man einiges über die damals Schönen und Reichen und ihre Eigenheiten, Probleme und Problemchen. Wie z. B. „Was schenkt man der besten Freundin, wenn diese immens reich ist, alles hat und sich alles leisten kann?“. Auch das gibt es in dieser Form schon lang nicht mehr und ein bisschen Wehmut schwingt auch immer mit.

Aber nun hat der Zeitgeist das Pelzgeschäft schon lang in den Ruin geschickt, das Elternhaus ist verkauft und neue Ferienhäuser stehen dort, die Kinderfreunde betreiben mal sehr, mal etwas nicht ganz so lukrativ ihre Hotels und Ferienappartements und haben auch mit der Kehrseite des großen Tourismusbooms zu kämpfen. Wer alles an Wohnraum an die Touristen vermietet, entzieht damit auch seinen Angestellten den Wohnraum und muss sich nicht wundern, dass Handwerker und Reinigungspersonal knapp werden.

Diese Probleme des Tourismus, die ja nicht nur auf Sylt, sondern auch in bestimmten Alpendörfern und sonstiges Hotspots auftreten, behandelt die Autorin in Pro- und Epilog. Aber die Genehmigungen für Luxushotels und –resorts im Naturschutzgebiet fallen ja nicht vom Himmel, sondern werden eben von den Behörden und Politikern der einzelnen Kommunen erteilt, die wiederum von der örtlichen Bevölkerung gewählt werden. Wenn es da keine Proteste gibt gegen den Ausverkauf der Insel, verdienen offenbar noch zu viele sehr gut daran.
Gut gefällt mir der etwas lakonische Schreibstil, die Zeiten waren damals eben so, haben sich deutlich geändert und lassen sich nicht mehr zurückdrehen.

Für dieses durchaus unterhaltsame Bild der westdeutschen goldenen Zeiten von mir sehr gute 4 Sterne.

Bewertung vom 27.05.2020
Das eiserne Herz des Charlie Berg
Stuertz, Sebastian

Das eiserne Herz des Charlie Berg


ausgezeichnet

Skrude Geschichte – absolut unterhaltsam zu lesen

Eigentlich konnte ich mir aus dem Klappentext so gar keine Richtung zusammenreimen, in die dieses Buch gehen könnte. Und auch nach dem Lesen ist das noch immer nicht klar: Liebesroman, Familiengeschichte, Krimi?
Von allem etwas und das sehr rasant und unterhaltsam.

Hier schreibt Charlie Berg, ein junger Mann mit hervorragender Nase und ganz schwachem kranken Herz über seine verkorkste Familie, seine sehr seltsamen Freunde und natürlich über Mayra, die mexikanische Kinderfreundin, die in seinem Leben die Hauptrolle spielt, auch wenn sie so weit weg lebt.

Charlies Familie ist eine einzige Katastrophe, die Mutter als Aktionskünstlerin immer in der Welt unterwegs mit keinerlei Interesse an ihren Kindern, der Vater zwar anwesend, aber ständig im Drogennebel im Keller an seiner Musik feilend, die kleine Schwester eine Autistin, die nur in der Bibliothek wirklich glücklich ist, Oma und Opa ganz allein im Wald lebend und Charlie versucht, dies alles irgendwie zusammenzuhalten. Bis auf einem Jagdausflug mit Opa alles schiefgeht und am Ende 3 Leichen im Wald liegen. Und genau da setzt der Roman ein und es reiht sich eine absurde skrude Situation an die andere, es kommen Erlebnisse aus seiner Vergangenheit zu Tage, die man sich nicht vorstellen geschweige denn erleben möchte und trotzdem ist das Buch für mich ein großer Lesespaß geworden.

Glücklicherweise hat Charlie ein paar gute Freunde, allen voran der unvergleichliche David, dessen Lebensinhalt einzig und allein im Sex liegt und auch Mayra taucht noch ganz leibhaftig auf. Was Charlies Leben nicht eben einfacher macht.

Trotzdem das eigentlich ein Genre ist, das ich selten lese, habe ich mit diesem Buch ein paar wirklich lustige und spannende Stunden gehabt, wer sich auf Charlies ausgefallene Welt einlässt, wird sicherlich ebenfalls viel Lesefreude haben.

Bewertung vom 27.05.2020
Margos Töchter
Stephan, Cora

Margos Töchter


sehr gut

Frauenschicksale in Ost- und Westdeutschland

Mir war vorweg nicht bekannt, dass es einen Vorgängerroman gibt, diesen gelesen zu haben ist aber aus meiner Sicht nicht unbedingt notwendig.
Der Roman beginnt mit Jana, der jüngsten der 4 Frauen, um die sich das Buch dreht. Jana bekommt Nachricht, dass in der Stasiunterlagenbehörde Informationen zu einer ihrer beiden Mütter aufgetaucht ist. Da weiß man dann schon, dass bei zwei Müttern es sich ganz offenbar nicht um eine einfache normale Familiengeschichte handeln wird.

Hauptsächlich handelt aber das Buch von ihrer Mutter Leonore. Leonore wächst als Kind in den 60er Jahren in der niedersächsischen Provinz auf, ihre Mutter Margo ist eine große Macherin, untypischerweise für diese Zeit berufstätig und sehr umtriebig, der Vater eher eine Randfigur. Leonore hat die üblichen Teenagerprobleme mit ihren Eltern, verlebt eine wilder Flower power-Zeit in London, durchleidet das WG-Leben mit anderen Studenten, die zwar gut auf Kosten des kapitalistischen Staates leben, ihn aber bis ins Innere ablehnen und sogar mehr oder minder gewaltsam bekämpfen. Nach einer sehr unschönen Erfahrung mit einem mutmaßlichen RAF-Terroristen findet Leonore ein ganz spießiges kleines Familienglück, in dem ihre Adoptivtochter Jana die absolute Hauptrolle spielt.
Dieser Teil des Buches ist sehr ausführlich und detailliert, hier merkt man, dass die Autorin sich sehr in dieses Leben hineingedacht hat und das offenbar wirklich gut kennt.

In einem 2. Buchteil wird das Leben von Clara, der Halbschwester Leonores, beschrieben und das bleibt für mich nicht nur zu viel kurz, sondern auch recht steif und holzschnittartig. Die ganze DDR-Welt wirkt da nicht wirklich lebendig und realistisch, erst als Clara als verdeckte Agentin in den Westen gerät und dort dann später auch Kontakt zur Treuhandanstalt und deren Chef bekommt, merkt man, dass die Autorin sich in diesem Bereich wieder besser auskennt und auf bekanntem Boden arbeitet.

Das Buch hat ein paar durchaus interessante Wendungen und Überraschungen, auch wenn sich der Leser manche Sachen schon während des Lesens zusammenreimt. Und gerade die Schilderungen aus der Zeit der RAF und der mit ihr sehr sympathisierenden Studentenbewegung sind sehr lebendig, realistisch und aus heutiger Sicht auch ein Stück belustigend und befremdend. Die Ängste um Umwelt, Baumsterben, Krieg, Atomkraft sind schon so uralt, sehr typisch deutsch und erreichen uns heute noch immer.

Zum Ende des Buches hin bekommt auch Jana über einige Rätsel ihres Lebens und ihrer Familie Aufklärung.
Wer sich für die Zeit des kalten Krieges bis hin zur Gegenwart in Ost- und Westdeutschland interessiert, ist mit diesem Buch gut beraten.

Bewertung vom 20.04.2020
Die Insel der vergessenen Träume
Lind, Christiane;Rodeit, Julia K.

Die Insel der vergessenen Träume


weniger gut

Leichte Unterhaltung in netter Kulisse

Im Corona-Home Staying liest man dann auch mal Bücher, die man sonst definitiv weglassen würde und dieses ist so eines.

Es verschränken sich 2 Frauenschicksale:
Einmal die junge Leonie in der Gegenwart im schönen Hamburg lebend und aus vermögendem Haus, was es ihr auch ermöglicht, 3 Studien zu beginnen und alle wieder warum auch immer abzubrechen, ebenso wie diverse Praktika. Das arme Mädchen hat eben noch nicht wirklich gefunden, wofür sie brennt und da die Eltern zahlen, ist das ja auch kein großes Problem. Man kann ja auch seine Zeit damit verbringen, für die Rechte der Frauen in Uganda zu demonstrieren und hinterher gepflegt einen Latte trinken zu gehen, das ist sicherlich für die afrikanischen Frauen auch sehr wichtig.

Im 19. Jahrhundert wiederum lebt Clara auch in einem guten Hamburger Bürgerhaushalt, ihr Vater verstirbt früh und damit beginnen für sie die Schwierigkeiten. Schlussendlich heiratet sie etwas überstürzt den Plantagenbesitzer Paul Rautenbergen, mit dem sie auf seine Farm auf Hawaii zieht. Leider entpuppt sich Paul als gewalttätiger grober Säufer, der Clara nur geheiratet hat, um seine Schulden loszuwerden. Clara wiederum entdeckt auf Hawaii ihre Liebe zu den Eingeborenen und zu einem verwilderten Amerikaner, dem sie nach der 3. kurzen Begegnung im Urwald sofort unsterblich verfällt.

Am Ende wird alles gut, Leonie kämpft an der Seite eines muskulösen Surfers, dessen Bräune in weißen T-Shirts besonders gut zur Geltung kommt, nun für die Rechte der Eingeborenen auf Hawaii und auch zu Clara findet sich der Verbindungsfaden.

So leicht und seicht das alles klingt, so liest sich auch das Buch. Man merkt, dass die Autorinnen Hawaii sehr mögen und sich auch in die Geschichte der Inselgruppe eingelesen haben, aber für mich ist das alles leider zu wenig. Deshalb nur magere 2 Sterne.

Bewertung vom 20.04.2020
Raffael - Das Lächeln der Madonna
Martin, Noah

Raffael - Das Lächeln der Madonna


sehr gut

Raffael – ein Künstlerleben in der Renaissance

Der junge Raffael verliert sehr früh seine Eltern, hat aber das Glück, dass sein großes Talent von Förderern erkannt wird und diese ihm helfen und ihn unterstützen, dass er weiter malen und seine Kunst entwickeln kann. Allerdings ist die Hochrenaissance auch und gerade in Italien eine zutiefst kriegerische und grausame Zeit, eine Vielzahl an Fürsten, Königen und sonstigen Herrschern und auch die jeweiligen Päpste kämpfen permanent und in ständig wechselnden Allianzen und Konstellationen um die Vorherrschaft in Italien und den angrenzenden Ländern. Dies beeinträchtigt nicht nur das Leben der normalen, einfachen Menschen ständig aufs Schlimmste, auch die Künstler sind immer wieder davon betroffen, dass ihnen die Auftraggeber von heute auf morgen wegbrechen und sie sich ständig auf neue Situationen und Aufträge einstellen müssen.

Andererseits ist es auch eine Zeit, in der es den Herrschenden und Mächtigen sehr wichtig war, sich als Kunstkenner und Förderer zu gerieren und sich durch große, pompöse Bauwerke, Statuen und Gemälde für die Ewigkeit darstellen zu lassen. Es bestand ein ständiger Wettstreit, sich von den größten Künstlern der damaligen Welt malen zu lassen und sie an den eigenen Hof zu binden. Diese Situation bot den Künstlern wiederum auch eine Vielzahl an Möglichkeiten, zu durchaus lukrativen Aufträgen zu kommen und ihre Begabungen auszuleben.
Dies gelingt auch Raffael, nach Stationen in Perugia, Siena und Florenz, wo er auf die ebenfalls großartigen Künstler Michelangelo und Leonardo da Vinci trifft, verschlägt es ihn nach Rom, wo er einen großen Bewunderer und Auftraggeber im Papst direkt findet. Er baut sich dort eine Künstlerwerkstatt auf und findet sich schnell in der römischen Gesellschaft ein.

Nur in der Liebe läuft es nicht ganz so perfekt und hier beginnt auch die Fiktion in diesem Historienroman: er ist seit langem in die schöne Margherita Luti verliebt, allerdings ist sie im Buch die Ehefrau eines mächtigen Edelmannes, der sie nicht aus der Ehe entlassen will.

Raffael stirbt sehr früh mit 38 Jahren und hat in dieser kurzen Zeit eine unglaubliche Anzahl an Kunstwerken geschaffen, gerade seine Madonnenbildnisse sind weltbekannt und berühmt.

Sein Leben wird im Roman sehr lebendig und verständlich dargestellt, es ist natürlich viel Fiktion und auch eine Portion Historienverfälschung dabei, aber das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Auf jeden Fall gibt das Buch einen sehr guten Blick auf die damalige Zeit mit all ihren Vor- und aus heutiger Sicht sehr beträchtlichen Nachteilen. Von mir eine eindeutige Empfehlung mit guten 4 Sternen!

Bewertung vom 10.03.2020
Die Galerie am Potsdamer Platz / Die Galeristinnen-Saga Bd.1
Cedrino, Alexandra

Die Galerie am Potsdamer Platz / Die Galeristinnen-Saga Bd.1


gut

Berlin zu Beginn der 30er Jahre

Die junge Alice kommt aus dem beschaulichen Wien in die ihr unbekannte Großstadt Berlin, um ihre bis dahin fremde mütterliche Familie kennenzulernen, zwischen der und ihr und ihren Eltern bislang absolute Funkstille herrschte. Alice möchte die Gründe dafür wissen und wird Hals über Kopf in eine sehr spezielle Familienkonstellation gestürzt.
Auch wenn sie zunächst keine Gründe für den Kontaktabbruch erfährt, ist ein Teil der neuen Familie doch ihr gegenüber sehr aufgeschlossen und nimmt sie auf. Sie wird in die Berliner Künstlergesellschaft eingeführt und ist begeistert vom sehr aktiven Berliner Nachtleben in all seinen Facetten. Sie darf sogar in der Kunst-Galerie der Familie mitarbeiten und Ausstellungen gestalten.

Und es bleibt auch nicht aus, dass ein interessanter junger Mann auftaucht und beide sich ineinander verlieben und gegenseitig neue Welten eröffnen. John ist Halbire und hat im letzten Weltkrieg sehr traumatische Erlebnisse gehabt, ein paar Rätsel umgeben ihn ebenfalls.
Gleichzeitig erscheinen die ersten Anzeichen für die zukünftigen faschistischen Machthaber, anfangs noch belächelt, werden sie doch immer mehr und ihr Einfluss wird spürbar stärker. Auch Alice bekommt das zu spüren.

Das liest sich alles durchaus flüssig, aber so eine wirkliche Nähe zu den Personen will sich bei mir nicht einstellen. Auch der Liebeskummer von Alice berührt mich nicht sehr tief, zumal ich einige ihrer Handlungen nicht gut nachvollziehen kann.
Zudem stört mich der ständige und sehr ausführlich beschriebene Griff zur Zigarette, das scheint mir auch das meistverwendete Wort in dem gesamten Buch zu sein.

Es ist eine so interessante deutsche Zeit, aber bestimmte Bereiche werden nur beiläufig gestriffen. Die Gesellschaft, in der sich Alice und ihre Familie bewegt, gehört ja zu einer sehr privilegierten Schicht und die Not und das Elend, in dem der größte Teil der Bevölkerung sich zu Beginn der 30er Jahre und der Weltwirtschaftskrise befindet, sind davon sehr weit weg und finden auch kaum Eingang in den Roman. Die Schilderung der Berliner Künstlerszene mit ihrem durchaus freizügigen Partyleben finde ich dagegen sehr gelungen.

Ich könnte mir vorstellen, dass die noch folgenden Bücher auch aufgrund der kommenden historischen Ereignisse etwas intensiver werden, bin mir aber noch nicht sicher, ob ich diese lesen möchte.

Bewertung vom 10.03.2020
Goodbye, Bukarest
Seeberger, Astrid

Goodbye, Bukarest


sehr gut

Auf der Suche nach dem verschollenen Onkel

Der Einstieg in das Buch ist mir nicht ganz leichtgefallen, dort beschreibt die Autorin erst einmal ihr Leben mit ihrem Mann in Schweden und das liest sich sehr liebe- und sorgenvoll. Der Sprung in ihre Familiengeschichte, die sich allerdings hauptsächlich um den verschwundenen Onkel Bruno dreht, ist dann ziemlich überraschend und nicht ganz einfach nachzuvollziehen, zumal die Autorin am Leben ihrer eigenen Mutter offenbar recht wenig Interesse gezeigt hat.
Durch Zufall kommt Astrid Seeberger zu der Erkenntnis, dass der angeblich im 2. Weltkrieg verschollene Onkel Bruno, ein Bruder ihrer Mutter, den Krieg doch überlebt hat und Spuren führen rätselhafterweise nach Rumänien.

Auf der Suche nach Bekannten oder Weggefährten von Bruno lernt man ganz furchtbare Schicksale fremder Menschen kennen, die irgendwann Bruno begegnet sind. Zum Beispiel das Leben von Dmitri/ Hannes, der das Pech hatte, zu stalinistischen Zeiten mit einer deutschen Mutter in Russland zu leben und deswegen schon als Kind in grausame Lager gesteckt wurde. Es ist nahezu ein Wunder, dass er diese Zeit überhaupt überlebt hat, aber wiederum kein Wunder, dass ein völlig verstörter und zu normalen zwischenmenschlichen Beziehungen kaum fähiger Mensch aus ihm geworden ist. Dieses Schicksal hat mich sehr berührt.

In einem dieser Lager ist Dmitri auf Bruno und den Rumänen Dinu getroffen und die 3 haben sich dort Hilfe, Trost und Kraft gegeben, um diese Zeit zu überstehen. Mit Dinu zieht Bruno nach seiner Lagerentlassung nach Bukarest und dort beginnt eine dramatische Dreiecksbeziehung, aber auch die Beschreibung des dortigen Alltagslebens ist sehr ergreifend. Man spürt und sieht, wie der rumänische Staat immer mehr in die Leben seiner Bürger eingreift, diese einengt und drangsaliert. Bis hin zur großen Katastrophe …

Und so führt die Suche nach Bruno den Leser über den halben europäischen Kontinent und man sieht wieder, wie Kriege, Ideologien und Terrorstaaten riesiges Leid im Leben einfacher Menschen anrichten und wie sich trotz allem immer wieder kleine private Glücksnischen finden lassen, die dann das Überleben ermöglichen.

Ein Buch, das mir sehr gut gefallen hat, dafür 4 Sterne.