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Ellaliest

Bewertungen

Insgesamt 85 Bewertungen
Bewertung vom 31.08.2023
Cleopatra und Frankenstein
Mellors, Coco

Cleopatra und Frankenstein


gut

Ich habe eine Schwäche für besondere Cover und dieses ist mir wirklich von Anfang an ins Auge gestochen. Die Namen zweier so bekannten Figuren, die Schwere im Blick der Frau und der Aufdruck an sich, der mehr wie Kunst wirkt, als ein „einfaches Cover“ – schon immer hat diese Kombi eine ganz besondere Anziehung auf mich ausgeübt und ich habe mich sehr gefreut, als ich das Buch nun in einer Leserunde endlich auch „von Innen“ kennenlernen durfte.

Wir folgen in erster Linie Cleo, eine verrückte und offene Künstlerin Mitte zwanzig, und Frank, ein ca.45 Jähriger Werbetexter, die sich auf einer Silvesterfeier kennenlernen und sofort eine besondere Verbindung haben. Wenig später heiraten sie und stürzen sich in ein wildes, ungewöhnliches Leben voller Drogen, Kunst, kleinen besonderen Momenten, Mode, Urlaub und Alkohol. Während man den beiden folgt, bekommt man durch Perspektivenwechsel auch Einblicke in das Leben der Menschen aus ihrem Freundeskreis, sodass langsam aber sicher ein immer deutlicheres Bild entsteht. Und was, wenn der anfangs so schimmernde Schein getrügt hat?
Hätte man mich nach circa Dreiviertel des Buches gefragt, ob ich es mag – ich hätte keine klare Antwort geben können. Eines jedoch war klar: Ich war von Anfang an sehr fasziniert und mehr als gefesselt. Das Buch hat nicht nur einen sehr besonderen Schreibstil voller Vergleiche und Poetik, sondern auch besonders zu Beginn sehr nachdenklich machende Dialoge und Charaktere, die fast schon surreal wirklich. Das Buch hat eine ganz besondere Stimmung, irgendwie ein bisschen verrückt, ein bisschen ungewöhnlich und unrealistisch, aber auf der anderen Seite gleichzeitig so roh und echt. Ich hatte von Anfang an sehr große Freude am Lesen, auch wenn ich die Charaktere nicht sympathisch fand und die Schwere, die immer über allen Ereignissen und eigentlichen Highlights (wie die Hochzeit lag) oft sehr beklemmend fand.

Keiner der Charaktere in dem Buch ist so richtig glücklich. Cleo ist von außen die wunderschöne, unerreichbare Künstlerin, die den älteren Frank angeblich nur wegen seinem Geld geheiratet hat. In ihr kämpfen jedoch der Wunsch zu malen, ihre Depressionen, ihre Vergangenheit und ihre Einsamkeit miteinander. Frank steckt in einer kleinen MidlifeCrisis, ist mit Cleo langsam aber sicher überfordert und ertränkt seine Probleme in ausschweifenden Nächten mit viel Alkohol. Während man durch das Cover und den Klappentext vielleicht den Eindruck bekommen könnte, dass der Fokus des Romans auf Cleo und Frank liegt, wird man im Buch schnell eines Besseren belehrt. Ja, es geht um ihre Beziehung, aber viel mehr geht es um das Gesamtgefühl etwas in seinem Leben zu suchen, ohne zu wissen, was genau es ist; Probleme zu verdrängen und dies nicht mal zu merken; um die tiefe Einsamkeit die man verspürt und das obwohl man doch fast immer unter Menschen ist; um das Gefühl im Leben nicht das gefunden zu haben, das Leben zu können, was man sich doch tief in einem wünscht. Durch die Augen der Nebencharaktere bekommt man nicht nur immer mehr Facetten der zentralen Beziehung zu sehen, sondern spürt diese Themen auch bei jedem der Charaktere. Und an dieser Stelle möchte ich eine große Trigger Warnung für folgende Themen aussprechen: Drogen, Drogenmissbrauch, Alkoholismus, Gewalt, Tod, Fremdgehen, Suizid, Depressionen, Essstörungen, Homophobie & generell Queer Feindlichkeit (und sicher noch einige mehr, die ich gerade vergesse).

Insgesamt ist das Buch sicher nicht für jeden etwas. Ich kann als Fazit jedoch am Ende für mich festhalten, dass ich mich von dem Roman sehr unterhalten gefühlt habe. Gleichzeitig hat die Geschichte eine starke Nachdenklichkeit und Traurigkeit in mir ausgelöst – also bleibt das Gefühl am Ende wie das Buch im Gesamten einfach außergewöhnlich und ein bisschen nicht greifbar. Ein weiteres Buch der Autorin würde ich lesen.
3,5 von 5 Sternen

Bewertung vom 14.08.2023
The Perfect Fit / Perfect Fit Bd.1
Atkin, Kara

The Perfect Fit / Perfect Fit Bd.1


gut

Irgendwie hatte ich schon immer eine Faszination für die Mode und Designwelt, sowie die der Stars & Sternchen. Ich schaue mir gerne Fashionshows oder Kommentare zu den Looks auf den roten Teppichen an oder schaue zum Spaß die neusten Kollektionen durch. Ellie mit ihrem Beruf als Stylistin klang deshalb wie eine mehr als ansprechende Protagonistin für mich und ich konnte es kaum erwarten ihrem Weg zu folgen. Doch konnte mich „The Perfect Fit“ am Ende tatsächlich überzeugen?

Ellie jobbt in Mailand in einem kleinen Café – eine Möglichkeit in der Stadt der Mode zu bleiben, während sie auf ein Job Angebot als Stylistin bei der Fashion Week wartet. Es ist ihr letzter Versuch ihren Traum zu leben und ihre Chance sehen alles andere als vielversprechend aus. Doch dann kommt ein unerwarteter Anruf ihrer Freundin Mia, die für das Musiker Duo „Parallel“ arbeitet – dem Team fehlt überraschend eine Stylistin. Und so hat Ellie plötzlich die Chance ihres Lebens und lernt zusätzlich auch noch den gutaussehenden Manager Caleb kennen. Doch was, wenn der Traum bald zu platzen droht?

Der Anfang war vielversprechend. Durch die abwechselnden Perspektiven von Caleb und Ellie bekommen wir erstmal einen Einblick in deren aktuelles Leben, ihre Sorgen, aber auch einen Blick hinter die Kulissen der Band, sowie den Kampf sich in der Branche der Stylisten zu etablieren. Ellie war mir mit ihrer aufmerksamen, direkten und mutigen Art sofort sympathisch und ich habe mich sehr darauf gefreut sie in dem Roman zu verfolgen. Auch Caleb war spontan in Ordnung, obwohl er für mich leider von Anfang bis Ende eher kühl und ungreifbar geblieben ist. Er arbeitet hart für seine Ziele, sodass nur manchmal anklingt, dass er früher anscheinend lockerer und freundlicher war.

Zwischen Ellie und Caleb springen sofort die Funken über, die Anziehung ist wirklich für alle unübersehbar. Als Leserin war es für mich leider ein bisschen schwer nachzuvollziehen, warum die Beiden genau so fühlen und wann das eigentlich passiert ist. Sie kennen sich ungelogen noch keine Stunde und schon sind die Gefühle wirklich sehr eindeutig. Ich bin kein großer Fan von slow-burn, aber das ging mir dann doch etwas zu schnell und ich hatte die ganze Zeit im Hinterkopf: „Es sind jetzt doch erst 24 Stunden.“. Auch eines meiner Lieblingstroupes, das Fake Dating, konnte es leider für mich nicht mehr rausreißen und ihre Beziehung blieb für mich das ganze Buch über eher schwer nachvollziehbar.

Ansonsten habe ich mich aber in der Gruppe der Charaktere wirklich sehr wohl gefühlt. Sowohl Roan, als auch Damian, sowie Ellies Freundin Mia waren sehr sympathisch, sodass ich trotzdem relativ sicher bin, dass ich den zweiten Band auch lesen werde. Auch die Kulisse, die Fashion Events, das Zusammenstellen von Looks etc. hat mir sehr gut gefallen. Am Ende denke ich, hatte das Buch wirklich optimale Voraussetzungen, die die Geschichte leider nicht ganz ausschöpfen konnte. Ich denke, wenn der Roman ein paar mehr Seiten Zeit gehabt hätte, sich zu entfalten, hätte das schon einen großen Unterschied gemacht und alles hätte sich etwas realistischer angefühlt.

FAZIT:
Ich bin etwas zwiegespalten. Einerseits habe ich die Einblicke in den Alltag des Modebusiness sehr genossen, bin schnell durch das Buch geflogen und mochte die meisten Charaktere wirklich sehr gerne. Andererseits war die ganze Liebesgeschichte für mich viel zu gedrängt, sodass ich leider emotional nicht wirklich gefesselt war. Trotzdem überlege ich den zweiten Band zu lesen, weil ich die beiden Protagonisten schon jetzt sehr mag.
3,5 von 5 Sternen

Bewertung vom 25.07.2023
Stolen Kisses
Suchanek, Andreas

Stolen Kisses


sehr gut

Ich liebe „Red, White & Royal Blue“, sowie die Serie „Young Royals“ und bin deswegen immer auf der Suche nach ähnlichen Büchern oder Filmen, die sich einfach nach Sicherheit und zuhause anfühlen, sowie die queere Community angemessen repräsentieren. Konnte mich „Stolen Kisses“ überzeugen?

Jannis und Kai hatten einen absolut fantastischen One-Night-Stand, einen, den man auch wegen den Gesprächen wohl nie wieder vergisst. Doch als sie sich völlig überraschend wieder sehen, ist die Situation alles andere als angenehm: Beide Familien besitzen ein Modehaus, beide Familien stehen knapp vor dem Bankrott. Um von einem Geldgeber gewählt zu werden, sind sie nun erbitterte Konkurrenten – doch was, wenn das Gefühl von Verbundenheit und Anziehung einfach nicht verschwinden will?

„Stolen Kisses“ hat sich angefühlt wie eine Umarmung, warm und vertraut, wie zuhause ankommen. Die Kapitel sind kurz, der Schreibstil ist angenehm, die Themen sind ernst, erzählt werden sie aber mit einem fast immer gegenwärtigen Humor, die Charaktere sind alle samt echt und zum Umarmen. In meinen Augen konnte das Buch alle Boxen abhaken, die man sich bei einer Liebesgeschichte wünscht. Wir haben die spannende Ausgangssituation des One-Night-Stands (die wir in kleinen Einschüben nach und nach erzählt bekommen), während wir nach und nach in Jannis und Kais Lebensrealitäten eintauchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Jannis lebt mit seiner Zwillingsschwester und seiner Mutter in einem bunten, freundlichen Haus in Berlin, trifft sich mit seinen Freunden, auch gerne mal bei einer Dragshow, ist geoutet und hat ein relativ „sicheres Umfeld“. Er wird in seinen Träumen unterstützt, Sexualität und Gefühle sind ein viel besprochenes und gewöhnliches Thema. Kai dagegen ist fest eingebunden in die Firma seines Vaters, ist mit seiner besten Freundin zusammen, hat immer das Gefühl performen zu müssen, steht unter einem enormem Druck und die Vorstellung sich nicht nur heimlich mit anderen Männern zu treffen, löst Panikattacken in ihm aus. Schon nach den ersten Seiten wusste ich, dass die Beiden einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen haben. Sie waren so echt, ihre Ängste, ihre Sorgen, ihre furchtbaren Erfahrungen, die fast alle queeren Personen kennen, aber auch ihre Hoffnungen, das Lachen und die Weiterentwicklung.

Der Plot selbst war kurzweilig, ein Wechsel zwischen kleinen Mini-Einblicken in die Modewelt, dem Konflikt zwischen Kai und Jannis, sowie ganz viel Freundschaft und Familie. Während ich alle Charaktere wirklich sehr in mein Herz geschlossen habe, hätte ich mir am Ende fast gewünscht, dass das Buch etwas länger gewesen wäre, wir noch mehr Zeit mit den Charakteren hätten verbringen können und ich vielleicht noch mehr hätte greifen können, wer sie sind, wenn sie sich nicht gerade in dem Adrenalinstoß eines Wettbewerbs oder eben in einer Kennenlernphase befinden. Gleichzeitig ist das Buch durch die vielen Ereignisse in so kurzer Zeit auch sehr abwechslungsreich und ich habe es wirklich verschlungen. Viele Momente haben mir zusätzlich einfach das Herz gewärmt, mich zum Lachen gebracht oder dafür gesorgt, dass ich mich weniger allein gefühlt habe.

FAZIT:
„Stolen Kisses“ ist ein kurzweiliges, humorvolles Buch, dass für mich das perfekte Wohlfühlbuch und Mutmacher war, welches zugleich auch vor schwierigen, ernsten und unangenehmen Themen keinen Halt macht. Die Charaktere sind einzigartig, auch wenn mir am Ende etwas die Zeit mit ihnen gefehlt hat. Eine große Empfehlung!
4 von 5 Sternen

Bewertung vom 23.07.2023
Unsafe / Seaside Hideaway Bd.1 (eBook, ePUB)
Lastella, Leonie

Unsafe / Seaside Hideaway Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Leonie Lastella begleitet mich jetzt schon Jahre. Als ich angefangen habe New Adult zu lesen, war sie eine der ersten Autorinnen in deren Bücher ich mich so richtig verliebt habe. Auch jetzt, viele Jahre später freue ich mich immer auf ihre Neuerscheinungen, doch war ich vom Auftakt ihrer Reihe „seaside hideaway?“ wirklich überzeugt?

Nevah musste von heute auf morgen ihr altes Leben, ihre Heimat und ihre Freunde hinter sich lassen. Gequält von Panikattacken und Trauer versucht sie in Rockaway Beach neuanzufangen. Leichter als gesagt, als getan, zumindest bis sie ihren neuen Nachbar Jax trifft, der ihr erstmals wieder ein Gefühl von Leichtigkeit gibt. Sie möchte sich so gerne auf ihn einlassen, doch ihr Bedürfnis ihm alles anzuvertrauen, könnte ihre ganze Familie in Gefahr bringen. Und auch Jax selbst hat sein Päckchen zu tragen…

„unsafe“ hat sich wahnsinnig schnell lesen lassen, was einerseits sicher an dem angenehmen Schreibstil und den eher kurzen Kapiteln gelegen hat. Andererseits war es auch die perfekte Kombination aus leichten, sommerlichen Elementen der Liebesgeschichte und Freundschaft mit dunklen, beklemmenden Crime-Aspekten. Auch wenn letztere sich in diesem Buch erst langsam aufbauen, hat man sie doch immer im Hinterkopf und verspürt ein leicht beklemmendes Gefühl – besonders bei Nevahs Panikattacken. Besonders am Ende wird der Ernst der Lage nochmal sehr deutlich und ich bin mir sicher, dass diese Aspekte in den nächsten Bänden nochmal fesselnder werden.

Die Geschichte von Jax und Nevah hat mir ebenfalls gut gefallen. Die beiden nähern sich langsam, aber sicher an, während Jax endlich mal ein Bookboyfriend ist, der zwar viel feiert um seine Sorgen zu vertreiben und seine Probleme hat, aber trotzdem kein Klischee ist. Er ist aufmerksam, empathisch, genauso naturverliebt wie ich und hat einiges an Tiefe. Auch Nevah war mir mit ihrer Lesesucht, ihrem Interesse zu Lernen und dem ab und an bisschen verloren & falsch fühlen, sehr sympathisch und ich habe ihre Liebesgeschichte sehr genossen. Wie die Beiden war sie unperfekt, echt und authentisch und ziemlich, ziemlich schön. Genauso wie einige Elemente von Freundschaft und Geschwisterliebe.

Insgesamt erfindet Leonie Lastella mit „unsafe“ das Rad natürlich nicht neu und als LeserIn des Genres kann man sicher einige Plot/Konfliktpunkte vorrausahnen, was aber meinem Lesevergnügen keinerlei Abbruch getan hat. Ich habe ich gleichzeig sommerliche, leichte Atmosphäre, die süßen Momente von Freundschaft und Liebe sehr genossen, während mich die Crime Elemente gefesselt haben. Ich freue mich sehr auf den nächsten Band und vergebe:
4 von 5 Sternen

Bewertung vom 20.07.2023
Neon Gods - Helena & Achill & Patroklos / Dark Olympus Bd.3 (eBook, ePUB)
Robert, Katee

Neon Gods - Helena & Achill & Patroklos / Dark Olympus Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

Seit meiner ersten Lateinstunde damals in der sechsten Klasse liebe ich die römischen, sowie auch die griechischen Götter. Die Mythologie bringt mich jedes Mal wieder zum Träumen und auch nach sämtlichen bereits gelesenen Neuerzählungen werde ich nicht müde, immer neue zu suchen. Doch konnte mich auch der dritte Band der „Neon Gods“ überzeugen?

Am Anfang musste ich mich erstmal wieder in die Welt von „Neon Gods“ einfinden. Diese ist zwar von den Namen, der Grundidee des Olymp und 13 führender Positionen an der griechischen Mythologie inspiriert, weicht aber sonst schon sehr stark von dieser ab. Die Götter sind eigentlich Menschen, welche die Positionen der Götter besetzen, sind sterblich, haben keine übernatürlichen Fähigkeiten, auch wenn der Alltag bezüglich des Kämpfen Lernens, der Intrigen etc. ähnlich ist. Anfangs war ich ziemlich irritiert, warum Helena und nicht Briseis ein Paar mit Achill & Patroklos bildet, aber weil die Reihe eben nur sehr leicht an Homers Original inspiriert ist, habe ich dieses Thema schnell abgehakt und mich stattdessen auf die Geschichte eingelassen, in der die Zusammenarbeit & Co mit Helena nämlich durchaus Sinn macht.

Das Buch hat ein ziemliches Suchtpotential und lässt sich schnell & kurzweilig lesen. Dies passiert nicht nur durch den Wechsel zwischen den drei Perspektiven, sondern auch den in der Handlung zwischen Wettkämpfen/Prüfungen und romantischen Elementen. Alle drei Protagonisten sind sehr unterschiedlich und somit wirklich interessant. Achill, der sich lieber entschuldigt, als um Erlaubnis fragt; Patroklos, der wirklich alles überdenkt und Helena, die endlich mehr als ihr Körper sein will. So waren ihre Perspektiven in keiner Weise verwirrend, sondern bereichernd und regen generell darüber an, über Beziehungen und Gefühle nachzudenken.
Mir hat sehr gut gefallen, wie die Autorin so natürlich, aber effektiv für Repräsentation sorgt – sowohl von unterschiedlichen Beziehungsformen (z.B. offene Beziehung, Polyamorie etc.), als auch beispielsweise von non-binären Personen. Da ich darauf in Büchern leider immer noch sehr selten stoße, habe ich mich darüber sehr gefreut und bin auch schon neugierig auf die nächsten Bände, wo dies auch eine wichtige Rolle spielen zu scheint. Es war super spannend über Themen wie Vertrauen, Liebe vs. Lust und Eifersucht nachzudenken, während man als Gegengewicht die wirklich fesselnde Handlung hatte, sowie einige sehr spicy Szenen. Das Ende war dann in meinen Augen fast etwas schnell abgehandelt, da hätte ich mir mehr Details gewünscht. Nicht destotrotz bin ich begeistert und freue mich sehr auf die nächsten Teile!

FAZIT:
Ein sehr kurzweiliges, spannendes Buch, welches locker an der griechischen Mythologie angelehnt ist, diese aber komplett neu interpretiert. Besonders gut gefallen hat mir die Repräsentation von Beziehungskonzepten, die von der traditionellen „Norm“ abweichen und so viele Gedankenanstöße gibt. Hatte ein großes Suchtpotential, sodass ich mich schon sehr auf die nächsten Bände freue!
4 von 5 Sternen

Bewertung vom 18.07.2023
Fourth Wing / Flammengeküsst Bd.1
Yarros, Rebecca

Fourth Wing / Flammengeküsst Bd.1


sehr gut

Auf sämtlichen Plattformen ist man in der Buch-Community an „Fourth Wing“ gar nicht mehr vorbeigekommen. Während die Prämisse des Buches mit Drachen, Fliegen, einem Kriegs-College und abwechslungsreichen Prüfungen zwar vielversprechend klang, war ich doch etwas skeptisch, da ich schon öfter keine guten Erfahrungen mit sehr gehypten Büchern gemacht habe. Konnte „Fourth Wing“ da die Ausnahme sein?

Wir folgen Violet, die überraschend doch an der gefährlichen Aufnahmeprüfung des Basgiath War College teilnehmen muss, wo den Schülern nicht nur das Kämpfen, sondern vor allem auch das Reiten und Fliegen von Drachen beigebracht wird. Jeder Tag an der Universität ist ein Überlebenskampf, denn nicht nur die Aufgaben der Ausbildung können tödlich sein, auch die anderen Kadetten und die Drachen stellen eine große Gefahr für Violet dar. Schon bald findet sich Violet in einem Netz aus Intrigen, Gewalt, Rätseln, neuen Möglichkeiten und Geheimnissen wieder, wobei ihr mächtige Vorgesetzte Xaden ihr Herz am meisten zu rasen bringt.

Ich bin lange nicht mehr so schnell und mühelos durch ein Buch geflogen, wie durch „Fourth Wing“. Die Welt der Drachen, der Reiter, dieses riesige Land, was immer vor einem großen Krieg steht, die Intrigen, die tödlichen Herausforderungen und die Liebesgeschichte haben ein unglaubliches Suchtpotenzial. Besonders aufgefallen ist mir dabei auch, dass Rebecca Yarros fast schon von „wichtigem Moment zu wichtigem Moment“ zu springen scheint, sodass wir kaum im Alltag Zeit mit den Charakteren verbringen, sondern wirklich nur, wenn es um eine entscheidende Prüfung oder wichtige Hinweise geht. Das führt zu einem schnellen Erzähltempo, welches mir am Ende sogar teilweise fast etwas zu viel war. Ich hätte mir mehr Zeit mit den Charakteren im Alltag gewünscht.

Diese sind nämlich von der Grundidee her, sehr spannend und vielseitig. Die Protagonistin Violet hat eine Krankheit, die ihre Knochen schwächt, weshalb sie besonders zu Beginn vor allem ihren scharfen Verstand nutzen muss um zu überleben. Dieser Aspekt hat mir ausgesprochen gut gefallen, während es gleichzeitig spannend war zu beobachten, wie sie im Laufe der Geschichte immer stärker und fitter wird. Ihre Freundesgruppe aus Rhi, Ridoc und Liam habe ich ebenfalls sofort in mein Herz geschlossen, sie bringen einfach eine gewisse Wohlfühlatmosphäre in die Geschichte. Xaden dagegen war zwar auf eine typische, dunkle BadBoy mit guten Zügen Art attraktiv, fiel für mich aber fast schon zu sehr in ein Klischee. Insgesamt war die Liebesgeschichte so leider sehr offensichtlich und leicht zu prophezeien.

Das ging mir tatsächlich mit vielen Aspekten des Buches so. Wenn man so fiel Fantasy gelesen hat, wie ich, entwickelt man einfach ein Gefühl dafür, welcher Charakter eher gut ist, wer der Feind ist, gegen den wir am Ende Krieg führen, mit dem die Protagonistin zusammenkommen wird, was die dunklen Geheimnisse sind und wer der Verräter ist. Zudem hat die Autorin in meinen Augen sehr offensichtlich geteasert, sodass viele Wendepunkte im Plot sehr voraussehbar für mich waren.

FAZIT:
Insgesamt war das Buch also eine kleine Achterbahnfahrt der Gefühle für mich. Einerseits hat es absolut süchtig gemacht und ich liebe, liebe, liebe die Drachen, das Fliegen und die humorvolle Kommunikation mit ihnen. Andererseits habe ich mich an den vielen Klischees gestoßen und habe mir gewünscht, dass es mehr Überraschungen gibt, dass etwas passiert, was ich nicht erwarte. Für mich ist „Fourth Wing“ ein sehr guter Reihenauftakt, der eine Welt eröffnet, die sehr viel Potential für eine spannende, neue Fantasy-Reihe hat.
4 von 5 Sternen

Bewertung vom 10.07.2023
Stay Here / New England School of Ballet Bd.2
Savas, Anna

Stay Here / New England School of Ballet Bd.2


ausgezeichnet

„Hold me“ war im Februar ein absolutes Highlight für mich und ich konnte es kaum erwarten an die New England School of Ballet zurückzukehren. Der erste Band hat für mich mit seinen nahbaren Charakteren, ganz vielen Tränen, aber auch das Gefühl der Leichtigkeit einer Ballerina beim Tanzen zuzusehen und von den liebsten Menschen umarmt zu werden, die Messlatte wirklich sehr hochgelegt und ich war gespannt, ob mich „Stay here“ genauso überzeugen wird.

Für Rayne bricht eine Welt zusammen, als ihre Eltern unerwartet in einem Autounfall verunglücken. In der Hoffnung sich ihrer Mutter näher zu fühlen, nimmt sie entgegen ihres ursprünglichen Plans einen Platz an der „New England School of Ballet“ an. Während sie sich in den Klassen eher schwertut, wird der Musiker Easton schon bald zu ihrem Zufluchtsort. Nachdem sie in vor einigen Monaten über Instagram angeschrieben hatte, verbindet die Beiden eine sehr enge Freundschaft. Doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, je mehr Rayne von ihrer Trauer erzählt, desto mehr verändert sich ihr Verhältnis zu mehr. Doch will Rayne das wirklich – in einer Zeit voller neuer Wege suchen, allein fühlen und eigenen Träumen folgen, muss sie eine Entscheidung treffen.

Ich habe „Stay here“ tatsächlich in einem Nachmittag gelesen und seitdem immer und immer wieder meine liebsten Stellen gelesen und vor allem viel über die Geschichte nachgedacht. Das Buch hat sich für mich so ganz anders angefühlt, als der erste Band. Raynes Leben ist verständlicher Weise ein Meer auf Fragezeichen, Überforderung, Trauer und Einsamkeit. Das führt dazu, dass die Stimmung von etwas schwerer und vielleicht auch nachdenklicher ist – etwas was bei „Hold Me“ erst später, dann aber umso krasser kam. Ich habe mich schon bald in Rayne, ihre Gedanken, ihre Musik und ihre Art verliebt. Es war so nachvollziehbar, wie sie sich gefühlt hat, ich wollte sie einfach nur in den Arm nehmen und habe mich gleichzeitig an vielen Punkten in meinem Leben schon mal genauso gefühlt wie sie. Überfordert mit all den Möglichkeiten, wütend ohne im ersten Moment greifen zu können, warum; irgendwie fehl am Platz und in mir der tiefe Wunsch anzukommen. All das hat Raynes Weg für mich so wahnsinnig berührend gemacht.

Das schnelle Lesen der Geschichte wurde der sicherlich auch von dem schönen Schreibstil unterstützt, der für mich die perfekte Mischung aus Nachdenklichkeit, Wärme und Details trifft. Besonders gut gefallen, haben mir auch die Chatverläufe zwischen Easton und Rayne, die nach und nach mehr Details ihrer Beziehung offenbaren. Zu der wunderschönen Playlist (die Songs sind einfach sogar den Kapiteln zugeordnet!) muss ich wohl kaum was sagen – sie läuft bei mir seit Tagen auf Dauerschleife, sodass ich mich den Charakteren nah fühle und vor allem East auch immer besser greifen kann.

Ich mochte ihn als Protagonist wirklich ausgesprochen gerne. Er ist so aufmerksam, liebevoll und klug, hat aber im Kern ganz ähnlich Selbstzweifel wie Rayne. Es war für mich sehr spannend zu beobachten, wie sie eigentlich mit vergleichbaren Gefühlen zu kämpfen haben, diese sich aber doch ganz unterschiedlich ausdrücken und sie sehr anders damit umgehen. Alles in einem waren die Beiden zusammen wirklich sehr süß, gleichzeitig aber auch echt und unperfekt, was mir umso besser gefallen hat. Nicht nur Easton, sondern auch alle anderen Charaktere, wie die anderen Bandmitglieder oder Mae, Zoe, Jase etc. aus dem ersten Band, sind für mich einfach absolute Wohlfühlmenschen, die mir immer das Gefühl geben, dass doch alles gut werden kann. Allerliebste Freundesgruppe :)

FAZIT:
„Stay here“ ist ganz anders als „Hold me“ und genau das hat mir so wahnsinnig gut gefallen. Die wunderschöne Playlist, das Gefühl von Lieblingsmenschen umarmt zu werden, die Anziehung zwischen Easton und Rayne, das Wissen, dass sich immer ein Weg findet und „Snow at the beach“ mit Sternen über den Köpfen – all das bleibt für mich von diesem ganz besonderen Buch und ich kann den nächsten Band kaum erwarten!
4,5 von 5 Sternen

Bewertung vom 03.07.2023
No Longer Alone / Mulberry Mansion Bd.3
Niemeitz, Merit

No Longer Alone / Mulberry Mansion Bd.3


ausgezeichnet

Ich glaube, wer nur einmal auf meinem Instagram Profil war, weiß wie sehr ich die ganze „Mulberry Mansion“-Reihe liebe. Daran hat sich auch beim dritten Band absolut nichts geändert & das hier wird wahrscheinlich ein kleiner Liebesbrief werden, aber ich würde mich freuen, wenn ihr ihn trotzdem lest 😊

Im finalen Band der Reihe folgen wir Willow und Maxton. Sie sind schon seit Jahren beste Freunde, bei Maxton kann Willow am meisten sie selbst sein – egal ob laut, leise oder nachdenklich. Doch als Maxton immer wieder unangekündigt verschwindet, verschiebt sich etwas zwischen den Beiden, denn seine Bewerbung für die „Secret Storms Society“ verändert nicht nur Willows Bild von Maxton, sondern zeigt auch eine ganz neue, reizvolle Seite von ihrem besten Freund. Sie beginnt ihn bei den Herausforderungen zu unterstützen, wodurch plötzlich fremde – oder doch alte Gefühle – zwischen ihnen zu wachsen beginnen. Doch es hat einen Grund, dass Willow sich seit zwei Jahren von jeder längeren Beziehung fernhält.

Schon nach wenigen Seiten war ich durch den wunderschönen Schreibstil von Merit Niemeitz wieder in der Welt von Windsbury und der Mulberry Mansion versunken. Jeder Satz, jedes Wort wird mit so einer Sorgfalt ausgewählt, sodass vor dem inneren Auge wunderschöne Bilder der Villa und greifbare Charaktere entstehen. Für mich fühlen sich diese inzwischen wie eine kleine Familie an, sie wiederzusehen hat wieder ein Gefühl von Sommertagen, Bauchkribbeln und Umarmungen mit Herzensmenschen ausgelöst.

Willow und Maxton waren wieder ganz besonders und vor allem so, so echt. Schon von Anfang an spürt man, dass die beiden eine ganz besondere Bindung haben, sich ohne Worte verstehen und doch eigentlich so viel unausgesprochen bleibt. Ich habe jede Szene mit den beiden genossen. Ihre sanfte, konstante und doch so zerbrechliche Nähe, ihr Necken, ihre Bemühungen aufeinander Rücksicht zu nehmen, ihr konstanter Kampf mit sich selbst. Ihre Geschichte entfaltet sich eher langsam und doch war keine Sekunde des Buches langweilig oder zäh. Die Autorin schafft es auch die kleinen Momente zu besonderen zu machen und kleine Augenblicke zu den größten. So war es für mich sehr realistisch und berührend, wie Beide nach und nach Teile ihrer Mauern abgebaut haben und sich langsam mehr geöffnet haben. Als man dann auch erfahren hat, was Willows Geschichte ist, hat mich das nochmal auf eine andere Art getroffen und berührt.

Maxton und Willow sind für mich gleichzeitig die schönsten Gegensätze und die perfektesten Puzzleteile für einander, die es gibt. Ich liebe Willow mit ihrer Ehrlichkeit, ihrem Mut für sich selbst einzustehen, ihrer bedingungslosen, wortlosen Liebe für ihre Freunde, die sie manchmal nur schwer ausdrücken kann, ihr großes Herz und ihren Löwenmut immer weiter zu machen. Ich liebe Maxton für seine Gelassenheit, seine Beständigkeit, seine Verbundenheit mit der Natur, seine schnelle Auffassungsgabe und Empathie und seinen Humor. Sie haben mein Herz ganz groß gemacht, gebrochen und doch wieder geheilt und mir vor allem gezeigt, dass es wirklich reicht es zu Versuchen und sein Bestes zu geben – ganz egal, wie das am jeweiligen Tag aussieht.

Auch der Handlungsstrang der Geheimgesellschaft hat mir gut gefallen und nochmal einen neuen Schwerpunkt für diesen Band gesetzt. So wechselt man zwischen emotionalen Themen und leicht „suspense“-artigen, die perfekte Mischung. Gerade, weil es der letzte Band der Reihe ist, hätte ich mir ab und an vielleicht noch mehr Momente mit den anderen Charakteren oder einfach in der Villa gewünscht, damit der Abschied etwas leichter fällt. Den Epilog mochte ich dann aber wieder sehr, auch wenn ich gar nicht weiß, wie ich damit umgehen soll, dass diese absurd schöne Herzensreihe jetzt vorbei ist.

FAZIT:
Ich liebe die ganze „Mulberry Mansion“ Reihe einfach so sehr, der letzte Band bilde dabei keine Ausnahme. Auch dieses Mal konnten mich der wunderschöne Schreibstil, die liebevoll gestalteten & echten Charaktere, die kurzweilige Handlung und vor allem das Gefühl von ankommen, sicher sein und aufgefangen werden, wieder restlos überzeugen. Mein Lieblingsband wird wohl immer der zweite bleiben ( „No longer lost“), aber Maxtons und Willows Geschichte ist ein perfekter Abschluss für die Reihe. Ich werde sie so, so sehr vermissen.
5 von 5 Sternen

Bewertung vom 23.06.2023
Der Mordclub von Shaftesbury - Ein Herz und eine tote Seele / Penelope St. James ermittelt Bd.2
Winston, Emily

Der Mordclub von Shaftesbury - Ein Herz und eine tote Seele / Penelope St. James ermittelt Bd.2


gut

Ich muss ehrlich zugeben: Normalerweise bin ich kein großer Krimifan, doch ab und zu machen mich besonders „Cozy Mysterys“ dann doch neugierig. So auch „Der Mordclub von Shaftesbury“…

Penelope möchte eigentlich nur mit dem neuen Pfarrer der Gemeinde über eine anstehende Hochzeit sprechen, als sie diesen mit aufgeschlagenem Kopf vor dem Altar auffindet. Und nicht nur diese Ermittlung bringt das Dorf zum Luftanhalten, auch angriffslustige Raben beunruhigen die abergläubigen Bewohner. Als dann auch noch ein Dieb um geht und zugleich Geldspenden anonym auf den Fußmatten auftauchen, ist das Chaos perfekt. Wer ist für was verantwortlich und gibt es Zusammenhänge zwischen den doch eher unterschiedlichen Ereignissen?

Der Einstieg ist mir dank dem sehr angenehm und leicht lesbaren Schreibstil wirklich leicht gefallen, sodass ich relativ schnell in die amüsante und irgendwie „heimelige“ Welt des Romanes versunken bin. Die Geschichte wird aus der dritten Person erzählt, der Erzähler fokussiert sich dabei immer auf unterschiedliche Charaktere - im Fokus stehen meist Penelope, der Tierarzt Sam und seine neugierige Tochter Lily. So erhält man einen guten Einblick in die verschiedenen Personen und erfährt zudem kleine Details, die im großen Gesamtbild zum Lösen des Falles wieder eine zentrale Rolle spielen.

Insgesamt lässt sich das Buch unglaublich abwechslungsreich und kurzweilig lesen. Ich habe die Kombination aus den Krimielementen, den teils etwas schrulligen, aber sehr liebenswürdigen Charakteren, der kleinen Liebesgeschichte und dem Humor sehr geliebt. Erst nach einiger Zeit ist mir dann aufgefallen, dass es sich um einen zweiten Band handelt, aber auch das stellte tatsächlich kein großes Problem dar.
Auch die Lösung des Falles hat mir gut gefallen, auch wenn man als aufmerksamer Leser nach etwas Dreivierteln des Buches relativ sicher wusste, wer der Täter gewesen sein könnte. Einiges wurde dann doch relativ schnell oder eher so semi realistisch gelöst, aber meinem Lesevergnügen hat dies keinen Abbruch getan.

Ein wirklich perfektes Buch für zwischendurch, wenn man einfach nur bei einem gemütlichen Krimi auf dem Sofa abschalten, lachen und Miträtseln möchte.

3,5 von 5 Sternen

Bewertung vom 22.06.2023
Josses Tal
Rehse, Angelika

Josses Tal


gut

Ich lese wahnsinnig viel zu der furchtbaren, grausamen Zeit der Nationalsozialisten, einfach, weil es in meinen Augen so wichtig ist sich immer wieder mit diesem Schrecken auseinanderzusetzen, damit die Erinnerung an die entsetzlichen Taten und das Gedenken an die Opfer wach bleiben. Auf „Josses Tal“ bin ich durch eine Rezensionsseite aufmerksam geworden und relativ ohne Erwartungen in das Buch gegangen.

1930: Josef Tomulka ist ein Außenseiter. Von seinem Vater verlassen, von seiner Mutter vernachlässigt und von seinem Großvater geschlagen, stellt er nach seinem Umzug nach Reichenbach leichtes Opfer für den jungen Mann Wilhelm dar, der den Jungen schnell für sich und die Ideologie der Nationalsozialisten einnimmt. Endlich in etwas angenommen, integriert und gut zu sein, lässt Josef zu einem effektiven und zuverlässigen Spitzel werden. Doch alles ändert sich, als seine Mutter stirbt und neue Details zu seiner Kindheit ans Licht kommen.

Zu Beginn des Buches war ich gefesselt. Gemeinsam mit der Deutschen Helen, die einer Postkarte folgend nach Reichenbach reist um dort Josse/Josef zu treffen, begegnen wir Josef Tomulka der von seiner Kindheit in der NS-Zeit erzählt. Zuerst erfahren wir von den Misshandlungen durch seinen Großvater und dann relativ schnell von den ersten Begegnungen mit Wilhelm.
Das Buch fokussiert sich wirklich sehr stark auf Josef, seine Geschichte und die tatsächlich geschehenen Ereignisse in Reichenbach. Dadurch erlebt man die Jahre zwischen 1932-1945 hauptsächlich aus der Perspektive eines Jungen, der in der Ideologie aufgeht, nur wenige Informationen bekommt und über die Menschen in seinem Dorf, sowie über seinen Gönner Wilhelm spricht. Auf der einen Seite war das sehr interessant, denn in vielen Büchern, die ich bisher zu dem Thema gelesen hatte, ging es hauptsächlich um den Widerstand, um die unvorstellbaren Taten in den KZs, um das Schicksal von Opfern und um die Biographien von Tätern, sowie die Nachwirkungen und die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Hier erleben wir stattdessen im Detail aufbauend auf Erlebnisberichten, die die Autorin gesammelt hat, den Alltag in Reichenbach. Es geht mehr um die alltäglichen Entwicklungen, Schrecken und Einflüsse des Nationalsozialismus. Nur wenige der „großen Ereignisse“ oder beispielweise der Verlauf des Krieges werden angesprochen. Während des Lesens bin ich geschwankt zwischen „Wieder eine ganz neue Perspektive, wirklich interessant“ und „Das zieht sich etwas, diese detaillierten Beschreibungen des Dorflebens, die irgendwie gleichzeitig sehr schwammig sind“.

Zum Ende wurde es dann nochmal fesselnder, was nicht nur an einigen Wendungen lag, sondern auch an den nachdenklich machenden Gesprächen zwischen Helen und Josse in der Gegenwart, die einige wichtige Fragen stellt und das ganze nochmal mehr in einen größeren Zusammenhang stellt bzw. einige Ereignisse erklärt.

FAZIT:
Insgesamt war „Josses Tal“ ein Buch, dass mich gleichermaßen nachdenklich und traurig gemacht hat. Die Autorin fokussiert sich auf die Einflüsse des Nationalsozialismus im alltäglichen Leben und die Zeit in der HJ. Für mich hatte das Buch einige Längen und es ist in meinen Augen wichtig, zuvor vielleicht andere, detaillierte, mehr erklärende Werke/Bücher zu der Zeit des Nationalsozialismus gesehen/gelesen zu haben, um diesen Roman wirklich zu verstehen.
3,5 von 5 Sternen