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Hoelzchen

Bewertungen

Insgesamt 70 Bewertungen
Bewertung vom 10.10.2024
Wattlichter
Mosel, Katharina

Wattlichter


ausgezeichnet

Nele (55) arbeitet seit über 30 Jahren als Erzieherin in einem Kindergarten. Mit ihrem Mann Bert, führt sie eine glückliche Ehe und die gemeinsame Tochter studiert in Berlin. Sie hat nie daran einen Gedanken verschwendet Hamburg zu verlassen, doch plötzlich ist ihr alles zu viel, die Arbeit im Kindergarten, die Großstadt. Ihre beste Freundin und Arbeitskollegin überredet sie zu einer Auszeit auf Sylt. Nele verliebt sich sofort in diese Insel und plant ihr Leben zu ändern. Ihr Mann Bert reagiert gereizt und die Harmonie kommt ins Schwanken, zumal sich auch für ihn berufliche Veränderungen ergeben. Außerdem gerät Nele in die Beziehungskrise eines Kindergartenkindes, alles Dinge die kein Mensch braucht. Aber Nele bleibt stark, behauptet sich und geht ihren Weg.
„Wattlichter“ ist für mich der erste Roman der Autorin Katharina Mosel. Sofort sprang der Funke über und mich hat Neles Leben von Beginn an begeistert und es hat mir großen Spaß gemacht, sie auf ihren Weg zur Selbstverwirklichung zu begleiten. Da ich im ähnlichen Alter der Protagonistin bin, war mir vieles vertraut. Angefangen von der Müdigkeit im Berufsleben, die Beziehung zu studierenden Töchtern und natürlich auch das routinierte Eheleben. Der Roman bildet das Leben authentisch ab und oft hatte ich das Gefühl im Gespräch mit Freundinnen zu sein. Alle Begebenheiten und Orte konnte ich mir sehr gut vorstellen und da ich in der Metropolregion Hamburg wohne, ist es wie ein nach Hause kommen. Mehr geht wirklich nicht. Der moderne und flüssige Schreibstil runden das Lesevergnügen ab. Lediglich mit der Namensgebung hadere ich: mit Silke, Jochen und Uwe assoziiere ich Menschen der Generation aus den 1960er Geburtsjahrgängen, Nele hingegen klingt mir zu modern für eine 55jährige. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt, den ich habe.
Die Syltliebe der Autorin hat sich auf mich übertragen und ich muss dieser wunderschönen Insel unbedingt bald mal wieder einen Besuch abstatten. Ich bin mir sicher, dass es so der gesamten Leserschaft ergehen wird.
Ich spreche für „Wattlichter“ eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 03.10.2024
Herbstschatten / Season Sisters Bd.3 (2 MP3-CDs)
Helford, Anna

Herbstschatten / Season Sisters Bd.3 (2 MP3-CDs)


gut

Dies ist der dritte Teil der Season Sisters. Und da mir die Geschichten um Spring und Summer schon sehr gut gefallen haben, war ich sehr neugierig, wie es nun dem Nesthäkchen Autumn ergehen wird.
Autumn lebte bislang mit ihren unkonventionellen Eltern auf dem familieneigenen Bauernhof. Dank Spring und Summer kommt es nun zu einem Neuanfang. Dieser macht erforderlich, da Autumn woanders wohnen wird und sich beruflich ein neues Standbein suchen muss. Durch Zufall stößt sie dabei auf die bis dahin völlig unbekannten Familienhintergründe ihrer Eltern. Bislang vermuteten die Season Schwestern, dass es keine Familienangehörige mehr gäbe. Autumns Spur führt nach Deutschland. Wie auch schon in den beiden anderen Teilen, gibt es zwei Zeitebenen. Ein Handlungsstrang spielt in der Gegenwart, einer in der Vergangenheit. Die Handlung in der Vergangenheit beginnt in den 1850er Jahren und spielt in der Moselregion Deutschlands. Wie zu erwarten, geht es auch hier wieder um Liebe und Intrigen, aber auch Morde werden verübt. Im Mittelpunkt des Geschehens war damals eine Mathilda. Mit ihrer Recherche gelingt es Autumn eine Verbindung zu ihrer eigenen Familiengeschichte herzustellen.
Die Muster in dieser Buchreihe wiederholen sich und dieser Teil ist meiner Meinung nach der schwächste. Die Geschichte ist vorhersehbar und es beschleicht mich der Eindruck, dass der Autorin die Ideen ausgehen und irgendetwas konstruieren musste, damit es eine Geschichte um Autumn gibt. Irgendwie war das alles nicht aufeinander abgestimmt. Zu schnell ging es mir auch mit der Entwicklung Autumns vom grauen Mäuschen zur bestimmenden Person. Wirklich schade, denn die Idee der Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit gefällt mir gut und wurde in den ersten beiden Teilen auch gut umgesetzt.
Ich habe diesen Roman als Hörbuch gehört und die Sprecherin leistet gute Arbeit. Es machte Spaß ihr zuzuhören. Für die schwache Geschichte kann sie nichts. Für diesen Roman kann ich leider nur 3 Sterne vergeben, aber ich bin gespannt auf den vierten Band und Winters Geschichte und hoffe auf ein starkes Ende.

Bewertung vom 03.10.2024
Vaterländer
Tambrea, Sabin

Vaterländer


ausgezeichnet

Der Schauspieler Sabin Tambrea bringt uns mit seinem Buch “Vaterländer“ seine eigene Autobiographie näher. Der Roman ist in drei Teile gegliedert und beginnt in den 1980er Jahren. Sabin kommt mit seiner Mutter und älteren Schwester im Zuge der Familienzusammenführung nach Deutschland. Die Familie kommt aus Rumänien und Sabins Vater ist während einer Konzertreise im Westen geblieben. Im ersten Teil beschreibt der Autor seine Kindheit und Jugend in Deutschland, dann im zweiten Romanteil, steht sein Großvater im Mittelpunkt. Wir erfahren von seinem Leben in den 1940er und 1950er Jahren. Der Kommunismus hält Einzug in Rumänien und das Leben ist hart, vor allen Dingen dann, wenn man Widerstand leistet. Der letzte Romanteil umfasst das Leben von Sabins Vater, einem Musiker. Wie er auf Sabins Mutter trifft (auch eine Musikerin) und das entbehrungsreiche Leben in Rumänien wird beschrieben.
Ich habe mich für die Hörbuchfassung des Romans entschieden, welche vom Autor selbst eingesprochen wurde. Seine ruhige Stimme und sanfte Art, verleihen dem Hörbuch einen wahren Hörgenuss. Sofort springt der Funke über und man mag gar nicht mehr aufhören, seinen Schilderungen zu lauschen. Die Sortierung der einzelnen Abschnitte ist perfekt gewählt. Sabin Tambrea ist ein bekannter Schauspieler und ich war sehr neugierig über sein Leben zu erfahren. Tambrea wird oft in melancholischen Rollen besetzt und so wird die Vermutung suggeriert, dass er ein introvertierter Charakter ist. Das Hörbuch lehrt uns, dass er es als Kind faustdick hinter den Ohren hatte, oft musste ich beim Hören schmunzeln. Der zweite Teil des Hörbuchs erwischte mich dann eiskalt, denn ich war schockiert über die Geschehnisse in Rumänien zu hören. Bislang wusste ich zu wenig über dieses Land, vor allen Dingen über die Situation während und kurz nach dem 2. Weltkrieg. Tatsächlich brauchte es ein bisschen, bis ich mich eingehört hatte, was vielleicht auch an den vielen Namen lag, dem zu folgen, ist in der Hörbuchfassung vermutlich schwieriger im Vergleich zum geschriebenen Wort. Der dritte Teil veranschaulichte dann nochmal ganz deutlich, was es hieß in Rumänien zu leben. Die damalige Mangelwirtschaft ist auch aus anderen osteuropäischen Ländern bekannt, doch ich war wirklich entsetzt von den Korruptionen und Machenschaften der Politik zu hören. Sabin Tambrea tut gut daran, uns die Augen zu öffnen. Es ist nicht nur sein Leben, welches er uns offenbart, es ist ein Stück Zeitgeschichte mehrerer Generationen. Wie ich in einem Interview erfahren habe, zeigt das Buchcover seine Eltern, was für eine persönliche und berührende Geste.
Ich kann diesen Roman wirklich nur jedem empfehlen, besser kann Geschichte nicht vermittelt werden.

Bewertung vom 03.10.2024
Als wir nach den Sternen griffen
Herold, Theresa

Als wir nach den Sternen griffen


ausgezeichnet

Mit diesem Roman reisen wir zurück ins Jahr 1989. Die Unzufriedenheit in der DDR wächst und die Einwohnerinnen und Einwohner werden mutiger. Einigen von ihnen gelingt im Sommer 1989, die Flucht in die Botschaft der BRD in Prag. Auch Tobias, ein junger, alleinerziehender Vater aus Halle, hört von diesen Geschehnissen. Seit seine Frau Doreen Republikflicht begangen hat, steht er stets im Visier der Stasi. Kurzerhand beschließt er mit seiner vierjährigen Tochter auch die Reise nach Prag zu wagen. Auch er verschafft sich Zutritt in die Botschaft. Dort lernt er die junge Botschaftsangestellte Judith kennen und zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe Zuneigung. Immer mehr DDR-Bürgerinnen und Bürger finden Zuflucht in der Botschaft. Am Ende sind es tausende die dort ausharren und auf die Ausreise in die BRD hoffen. Die Situation wird immer unzumutbarer und die BRD setzt alle Hebel in Bewegung um eine Lösung herbeizuführen. Dann endlich besucht Außenminister Genscher die deutsche Botschaft in Prag und erlöst alle Beteiligten mit dem Satz der in die Geschichte einging. Wird es für Tobias und Judith eine Zukunft geben?
Die Autorin Theresa Herold hat es mit ihrem neuen Roman sofort geschafft, mich zu fesseln. Die Lektüre ist spannend und abwechslungsreich geschrieben und obwohl man den Ausgang der Geschichte kennt (abgesehen von der Liebesgeschichte) ist man neugierig, wie die einzelnen Entwicklungsschritte sich ergeben. Eine aufregende Zeit für uns alle, egal ob Ost- oder Westbürger. Ich war damals Anfang zwanzig und habe im Westen gelebt. Natürlich verfolgte man die Ereignisse und war über die Medien informiert. Tatsächlich habe ich mir damals überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, welche Zustände damals in der Botschaft geherrscht haben müssen. In der Nachbetrachtung ist es logisch, dass die hygienischen Zustände, die Schlafsituationen und die Bereitstellung der Versorgung allen Beteiligten viel abverlangten. Das zeigt dieser Roman in aller Deutlichkeit und Umfang. Mit Tobias und Judith hat die Autorin zwei sympathische Protagonisten geschaffen und je nach Kapitel wird die Situation aus deren Sicht geschildert. Tobias Beweggründe lassen sich gut nachvollziehen und auch Judiths Gedanken sind authentisch dargestellt. Der Roman schafft ein gutes Gleichgewicht, es wird nie kitschig. Theresa Herold bietet uns eine tolle Kombination zwischen Unterhaltung und historischen Ereignissen. Es macht einfach großen Spaß, dieses Buch zu lesen. Das Buchcover zeigt die Zuflucht in die Botschaft und ist passend gewählt. Lediglich mit dem Titel hadere ich ein wenig.
Vor 34 Jahren feierten wir die Wiedervereinigung und es ist gut, dass es immer wieder Neuerscheinungen von Romanen gibt, die uns an die Vergangenheit erinnern und somit auch jüngeren Generationen Geschichte in unterhaltsamer Form zugänglich gemacht werden kann.

Bewertung vom 03.10.2024
Kasino
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Kasino


ausgezeichnet

Das bekannte Autorenteam Martina Sahler und Heiko Walz versteht sich auf historische Romane. Der neue Roman versetzt die Leserschaft ins Jahr 1847. Die junge Claire Engel möchte gerne Croupière in der Spielbank in Baden-Baden werden. Doch die Zeit ist noch nicht reif dafür. Man gibt ihr eine Stelle als Garderobenfrau im Casino. Durch ihre freundliche und umsichtige Art gewinnt sie schnell neue Freunde und auch eine Liebesbeziehung zu einem Mann bahnt sich an. Dann plötzlich ist ihr großer Tag gekommen und sie darf am Roulettetisch arbeiten, doch Missgunst seitens der Kollegen kommt auf und das Auftauchen ihres Bruders bringt ihr Ansehen in Gefahr.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie ideenreich das Autorenduo daherkommt. Als Schauplatz haben sie nun also das mondäne Baden-Baden gewählt. Auch wenn heute der Glanz von früher vermutlich verschwunden ist, so ist die Stadt mit Casinos verknüpft, wie keine andere in Deutschland. Noch meine Eltern sprachen mit Ehrfurcht über Baden-Baden. Umso schöner, einen Roman über dieses Städtchen zu lesen. Martina Sahler und Heiko Walz schaffen es, uns die Geschichte der Stadt und das Flair, welches herrschte, näher zu bringen. Hintergründe und Entstehung werden anschaulich beschrieben. Verpackt in einem Unterhaltungsroman um die sympathische Protagonistin Claire Engel. Eine Frau, die ihrer Zeit voraus ist und die willensstark an ihren beruflichen Plänen festhält und ein modernes Leben führen möchte. Der Roman lässt sich sehr gut lesen. Man findet einen modernen, flüssigen Schreibstil mit kurzen Kapiteln, die abwechslungsreich sind. Man merkt dem Roman nicht an, dass ein Duo dahintersteckt. Es gibt keine Brüche und der Text ist geschmeidig. Informativ ist auch das Nachwort und ein weiterer Teil ist in Planung. Ich freue mich darauf.
Für die Leserschaft dieses Genres ganz klar eine Leseempfehlung.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2024
Ein anderes Leben
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


sehr gut

Ein anderes Leben ist das Debüt der Schauspielerin Caroline Peters, welche ich sehr schätze und somit auch neugierig auf diesen Roman war. Erzählt wird das Leben von Hanna. Sie kommt in den 1930er Jahren auf die Welt, verliert im Krieg ihren Vater und flüchtet mit Mutter und Geschwister in den Westen. Als Studentin hat sie neben ihrem Freund aus Kindheitstagen noch zwei weitere Freunde. Diese drei Männer werden im Laufe ihres Lebens ihre Ehemänner und von allen bekommt sie eine Tochter. Die jüngste Tochter ist die Erzählerin dieser Geschichte. Sie lässt uns teilhaben an das Familienleben, welches man wohl als unkonventionell bezeichnen kann. Hanna ist in ihrem ganzen Leben auf der Suche, vielleicht ist sie auch der Zeit voraus, aber in ihrem Verhalten ambivalent. Mal modern, mal konservativ. Einfach haben es Männer und Töchter nicht mit ihr. Bewundernswert, dass alle gut miteinander auskommen. Die Väter bleiben Freunde, auch die vielen Großelternpaare verstehen sich, sie bilden eine große, harmonische Familie.
Die Ich-Erzählerin springt in ihrer Erzählung in den Zeitebenen hin und her, so dass es der Leserschaft nicht immer leicht gemacht wird, den roten Faden zu behalten. Dennoch lässt sich der 240 Seiten umfassende Roman gut lesen und Caroline Peters behält das Wesentliche im Auge. Beim Lesen reflektiert man automatisch die eigene Familiengeschichte, denkt über Verluste nach und erkennt Parallelen. Das farbenfrohe Buchcover verrät nicht viel und regt zum Nachdenken an: das Leben als Seifenblase, die irgendwann platzt? Wie dem auch sei. Ich hatte eine gute Lesezeit und empfehle das Buch gerne weiter.

Bewertung vom 08.09.2024
Im Warten sind wir wundervoll
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


gut

Romane mit historischen Bezügen aus der Nachkriegszeit, gehören zu einem meiner Lieblingsgenres. Immer wieder bin ich überrascht, wie vielfältig die Geschichten sein können. In diesem Roman lese ich nun zum ersten Mal von den „War Brides“. So nannte man die Frauen, die sich hier in Deutschland in einem amerikanischen Soldaten verliebten und denen die Amerikanische Regierung erst nach einiger Zeit ein Visum gewährte, um in die USA einzueisen und dann innerhalb kürzester Zeit zu heiraten. Um solch eine Geschichte geht es in erster Linie in diesem Roman, der zwei Handlungsstränge aufweist. In der Vergangenheit geht es um die junge Studentin Luise Adler, die sich in einem amerikanischen Soldaten verliebt. Als seine Dienstzeit in Deutschland endet und er zurück in die USA muss, hoffen die beiden auf ein schnelles Wiedersehen, aber die amerikanischen Behörden machen ihnen das Leben schwer. Schließlich ist es soweit und Luise darf als „War Bride“ in die USA reisen. Sie landet in New York am Flughafen, alle weiteren Frauen werden von ihren Verlobten abgeholt, nur Luise nicht. Ihr Verlobter Joseph Hunter ist nicht da. Flughafenangestellte nehmen Anteil an Luises Situation und unterstützen sie bei der Suche nach Joseph. In der zweiten Erzählebene reist Luises Enkelin 70 Jahre später von Deutschland nach New York. Dort will sie ihren deutschen Verlobten mit einem Besuch überraschen, denn er verbringt dort ein Auslandssemester. Auf dem langen Flug nach New York, beginnt sie ihrem Sitznachbarn Luises Geschichte zu erzählen und zwischen den beiden entwickelt sich schnell eine enge Vertrautheit.
Der Schreibstil von Charlotte Iden ist modern und recht einfach gehalten, leider fehlt mir die Tiefe. Vieles wird angerissen, aber es wird nur an der Oberfläche gekratzt. Das ist wirklich schade, denn die Geschichte und ihre Protagonisten hätten mehr Potential gehabt. Ich habe den Roman im E-Book Format gelesen. Hier haben die Kapitel keine Überschriften. Lediglich eine Kombination von arabischen und römischen Zahlen. Hier wären Überschriften sehr wünschenswert und hilfreich oder zumindest Jahreszahlen. Ziemlich hilflos manövrierte ich mich durch das Buch, da nicht immer sofort klar war, in welcher Handlung man gerade steckte. So dauerte es auch, bis ich einen Zugang zum Buch fand. Das Buchcover ist wenig aussagekräftig, aber ganz ok. Das Nachwort der Autorin ist informativ und trägt zum Verständnis bei.
Leider hat mich der Roman in dieser Form nicht überzeugen können, so dass ich nur 3 Sterne vergeben möchte.

Bewertung vom 08.09.2024
Der Morgen nach dem Regen
Levensohn, Melanie

Der Morgen nach dem Regen


ausgezeichnet

Johanna ist Anfang sechzig und hat viele Jahrzehnte in New York gelebt und für die UN gearbeitet. Nun hat sie das Haus ihrer verstorbenen Tante geerbt und ist nach Deutschland zurückgekehrt. Ihre Tochter Elsa ist aus beruflichen Gründen von New York in die Niederlande gezogen. Johanna und Elsa hatten vor einigen Jahren ein Zerwürfnis und haben sich entfremdet und pflegen kaum noch Kontakt zueinander. Nun hat Elsa gesundheitliche Probleme. Sie braucht eine Auszeit und will sich in Deutschland im Haus ihrer Mutter erholen. Das Zusammentreffen reißt alte Wunden auf und die Stimmung ist schlecht. Es braucht lange, um wieder zueinander zu finden und klärende Gespräche führen zu können.
Was für ein Roman! Auch in der Nachbetrachtung bin ich immer noch tief berührt und meine Gedanken sind bei diesem Buch. Melanie Levensohn ist wirklich eine Meisterin darin, die Gefühle ihrer Protagonistinnen ohne wenn und aber aufzuzeigen. Häufig schlägt man sich beim Lesen von Romanen als Lesende auf die Seite einer Person und Sympathien dominieren in eine Richtung, doch hier ist es anders. Die Autorin schafft es, dass ihre Leserschaft Verständnis und Mitleid für beide Protagonistinnen aufbringt. Die Erzählungen über Johannas Tätigkeiten bei der UN sind brillant und ich hatte das Gefühl, bei den Einsätzen dabei zu sein. Ich habe sehr viel über diese Arbeit erfahren und danke der Autorin, dass sie uns daran teilhaben lässt. Mit diesem erworbenen Wissen, ist meine Wertschätzung für die Angestellten der UN nochmals gestiegen. Es gibt viele Stellen in diesem Roman, die unter die Haut gehen, berühren und traurig machen. Doch es gibt auch Hoffnung: es ist nie zu spät, Situationen zu ändern, egal in welcher Lage man sich befindet und wie immer stellt man fest: Reden hilft.
Johanna und Elsa sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich hätte sie gerne noch ein bisschen länger begleitet. Das wunderschön gemalte Buchcover mit den fröhlichen Farben stimmt positiv und ist gut gewählt. Der Schreibstil der Autorin gefällt mir so gut, dass ich mir nun ihren Debütroman zulegen werde. Für „Der Morgen nach dem Regen“, auch der Titel ist sehr passend, wie man am Ende des Buches feststellen wird, gibt es von mir 5 Sterne.

Bewertung vom 08.09.2024
Zwei in einem Leben
Nicholls, David

Zwei in einem Leben


ausgezeichnet

„Zwei in einem Leben“ von David Nicholls habe ich an einem Tag durchgelesen. Dieses Bedürfnis habe ich nicht oft und sagt eigentlich schon alles über diesen wunderbaren Roman aus. Mit Michael (42 Jahre) und Marnie (38) hat David Nicholls zwei sympathische und authentische Protagonisten geschaffen. Die beiden sind alleinstehend, tragen beide noch das Päckchen ihrer gescheiterten Ehen mit sich, leben sehr zurückgezogen und habe eine gemeinsame Freundin: Cleo. Um Michael und Marnie aus ihren Schneckenhäusern zu holen, hat sie die Idee einer mehrtägigen, gemeinsamen Wanderung mit weiteren Freunden und Bekannten. So trommelt sie sieben Personen zusammen. Michael wird der Guide sein, denn seine Passion ist das Wandern, was sich gut mit seinem Job als Erdkundelehrer vereinbaren lässt. Michael will eigentlich nur seine Ruhe haben, widerwillig beugt er sich Cleos Wunsch. Zum Start der Wanderung gibt es schon zwei Absagen und nach einer Nacht springen drei weitere Personen ab. Michael hofft, dass auch die übriggebliebene Marnie, die als freie Lektorin im Homeoffice arbeitet, abbrechen wird und er nun endlich seine Ruhe finden wird. Doch Marnie, untrainiert wie sie ist, findet Gefallen an der Wanderung und so durchqueren sie gemeinsam Großbritannien von Küste zu Küste. Die anfängliche Abneigung wandelt sich in Sympathie und sie entdecken mehr und mehr Gemeinsamkeiten.
Oft merkt man schon auf den ersten Buchseiten, ob der berühmte Funke überspringt, wie es hier der Fall ist. Ich kenne bislang keine Romane von David Nicholls. Was für ein Versäumnis, denn ich habe mich somit um einen großen Lesespaß gebracht. Dies gilt schleunigst zu ändern. Sein moderner und humorvoller Schreibstil gepaart mit einer amüsanten Geschichte, trifft genau den richtigen Ton eines guten Unterhaltungsromans. So viele kleine Wahrheiten stecken in diesem Roman, und immer wieder ertappte ich mich beim Lesen mit zustimmendem Nicken. Auch die Bezüge zur überstandenen Pandemie gefallen mir sehr gut. Aktueller kann ein Roman nicht sein. Der Romanaufbau ist übersichtlich und die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht Michaels und Marnies geschrieben. Das schafft Nähe und lässt sie besser verstehen und einordnen. Sehr gut gefallen mir auch die Kartenskizzen, diese veranschaulichen die Wanderung von Küste zu Küste und man hat das Gefühl dabei zu sein. Das moderne Buchcover ist perfekt gewählt und hat etwas von einer optischen Täuschung. Je nach Betrachtungsweise sieht man zwei Gesichter oder eine Landkarte. Ich mag solche Bilder. Viel zu schnell hatte ich die 438 Seiten beendet und war wirklich ein bisschen traurig Michael und Marnie loszulassen. Ich habe sie liebgewonnen und hätte sie gerne noch länger begleitet. Eine Fortsetzung würde ich mich sehr wünschen.

Bewertung vom 07.09.2024
Die Unmöglichkeit des Lebens
Haig, Matt

Die Unmöglichkeit des Lebens


sehr gut

Die Engländerin Grace Winters ist eine 72jährige, pensionierte, verwitwete Mathematiklehrerin. Überraschenderweise kommt sie zu einer Erbschaft: Christina, eine Arbeitskollegin, die nach Ibiza ausgewandert ist und zu der sie seit über 40 Jahren keinen Kontakt mehr hatte, hat Grace ihr Haus auf Ibiza vererbt. Zwar ist Grace sehr verwundert, dass das Haus ihr zugedacht ist und ganz gegen ihre Art reist sie nach Ibiza. Bei ihrem Versuch, etwas über Christina und ihren Tod in Erfahrung zu bringen, trifft sie auf Christinas engen Freund Roberto. Er schlägt Grace einen gemeinsamen Tauchgang im Mittelmeer vor, dieser soll Grace helfen, die Dinge besser zu verstehen. Was sie dann erlebt, ist unglaublich, mystisch und paranormal und bringt Grace weiteres Leben durcheinander. Die neu gewonnenen Fähigkeiten helfen ihr, mit ihren Selbstzweifeln besser umzugehen und sie wird endlich Frieden finden.
Für mich ist dies der erste Roman von Matt Haig und ich habe mich für die Hörbuchfassung entschieden, weil ich die Sprecherin Leslie Malton als Schauspielerin sehr zu schätzen weiß. Der Klappentext verspricht einen unterhaltsamen Roman, was er auch definitiv ist, mir jedoch dann doch zu sehr ins mystische abdriftet, denn ich gehöre nicht zur Leserschaft von Fantasyromanen. Dennoch hatte ich meinen Spaß und habe mich gut unterhalten gefühlt, was vor allen Dingen an der hervorragenden Leistung von Leslie Malton liegt. Ihr zuzuhören ist einfach toll und sie macht diesen Roman zu einem wirklichen Erlebnis. Ob ich diesen Enthusiasmus beim geschriebenen Roman entwickelt hätte, weiß ich nicht. Mit Grace Winters hat Matt Haig eine sympathische Protagonistin geschaffen und der Schreistil beeindruckt mich durchaus. Komplexe Themen werden angesprochen und die Freude am Schreiben und Recherchieren ist klar zu erkennen. Die Inselbeschreibungen sind wunderschön und umfangreich. Auch wenn man, so wie ich, Ibiza nicht kennt, kann man sich alles sehr gut vorstellen und man bekommt Lust, diese Insel zu besuchen und auf den Spuren von Grace zu wandern. Aber bitte ohne paranormale Ereignisse.
Von mir gibt es 4 Sterne Leseempfehlung.