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Verena

Bewertungen

Insgesamt 149 Bewertungen
Bewertung vom 29.01.2024
Die Hexen von Cleftwater
Meyer, Margaret

Die Hexen von Cleftwater


sehr gut

Erschreckend aktuell

Im Jahr 1645 lebt im kleinen Ort Cleftwater im heutigen England Martha, eine einfache Frau, die seit Jahrzehnten der gleichen Familie dient. Ihr Leben ändert sich schlagartig, als gewaltsam Männer ins Haus dringen und Küchenhilfe Prissy mitnehmen. Sie wird der Hexerei beschuldigt und plötzlich ist für Martha und ganz Cleftwater nichts mehr wie zuvor. Niemand ist sicher vor Hexenjäger Makepeace, vor allem nicht die Frauen. Martha, die sich als Hebamme mit Frauenkörpern auskennt, soll helfen bei der Suche nach „Beweisen“. Die inhaftierten Frauen werden allen nur denkbaren Foltermethoden unterzogen; ihre Körper abgesucht nach „Teufelszeichen“.

Es ist gruselig, wie die patriarchalischen Machtstrukturen, der religiöse Fanatismus (vor dem nicht mal der Priester sicher ist!) und die omnipräsente Misogynie zwar Teil einer Geschichte sind, die vor fast 400 Jahren spielt, aber alles dennoch erschreckend aktuell wirkt. Die Willkür und die Brutalität, mit der gegen die Frauen vorgegangen wird, ist eindringlich dargestellt. Egal, was die Frauen sagen: ihnen wird nicht zugehört, kein Glauben geschenkt, Fakten werden ins Absurde verdreht, ihre Aussagen gegen sie verwendet. Grandios daher die Entscheidung, die weibliche Protagonistin stumm sein zu lassen. Hilft es Martha zunächst sogar, dass sie nicht sprechen kann? Frauen haben schließlich in der portraitierten Gesellschaft nichts zu sagen. Aber natürlich versucht Martha zu kommunizieren, versucht den Frauen zu helfen, was schwierig ist, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen; versucht mit einer Wachspuppe, einem Atzmanns, irgendwie Einfluss auf das Geschehen zu nehmen. Was aus damaliger Sicht wohl als Hexerei eingestuft worden wäre, wirkt heute hilflos und verzweifelt und letztendlich scheint nur eine Naturgewalt den Menschen helfen zu können.

Auch wenn sich in der zweiten Hälfte die von wahren Begebenheiten inspirierten Ereignisse ein wenig überschlagen, ist der Roman unglaublich spannend, ein wahrer Pageturner und unbedingt zu empfehlen.

Bewertung vom 16.01.2024
Du hast mir nie erzählt
Wharton, Wiz

Du hast mir nie erzählt


ausgezeichnet

Grandioses Debüt!
Pageturner, Generationenroman, zwei spannende Frauenfiguren – ein bewegendes, wahrlich gelungenes Debüt! Wiz Wharton erzählt die Geschichte von Lilly und Sook-Yin. Lilly erhält 1997 in London die Nachricht über ein mysteriöses Erbe von einem ihr unbekannten chinesischen Mann. Um das Erbe zu erhalten, soll sie nach Honkong reisen. Hongkong verlassen musste ihre Mutter Sook-Yin im Jahr 1966 um im fernen England eine Ausbildung zur Krankenschwester zu machen. Richtig gekannt hat Lily ihre Mutter nie, denn Sook-Yin starb, als ihre Tochter 5 Jahre alt war. In alternierenden Kapiteln wird aus den Perspektiven der beiden Frauen erzählt.
„Ghost Girl, Banana“ ist der Originaltitel von „Du hast mir nie erzählt“. Sehr unterschiedliche Titel und nachdem im Text Ghost Girl und Banana auftauchten, dachte ich, wie perfekt der englische Titel doch passt und wie wenig der deutsche damit zu tun hat. Doch auch dieser wortwörtlich auf, allerdings erst sehr viel später und passt genauso wunderbar. Die Titel spielen auf 2 der zentralen Themen im Roman an. Das ihr viel aus ihrer Vergangenheit und vor allem der Vergangenheit ihrer Eltern nie erzählt wurde, lernt Lily im Laufe der Geschichte; ebenso, was es mit Familien machen kann, wenn nicht miteinander gesprochen wird, selbst dann, wenn man eine Person durch Schweigen vor schwierigen Situationen schützen möchte. Ghost Girl und Banana beziehen sich auf das Thema Identität, Herkunft, Zugehörigkeit. Nicht weiß genug, nicht asiatisch genug – sowohl Mutter als auch Tochter stehen in ihren jeweiligen Zeitebenen zwischen den Welten. Wharton zeigt den Alltagsrassismus und die Diskriminierung auf, dem beide Frauen ausgesetzt sind, ohne sich dabei in kulturwissenschaftliche Exkurse zu verlieren. Manchmal schonungslos brutal, dann wieder mit zaghafter Hoffnung, erzählt sie die Geschichte ihrer Protagonistinnen. Mir tat es fast ein bisschen Leid, dass ich mich am Ende von ihnen verabschieden musste. Große Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.01.2024
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


gut

Rückwärts in den Lichtungen von Levs Leben

Ich habe nur schwer in die Geschichte gefunden und wurde leider nie richtig warm damit. Sowohl mit den zentralen Figuren, Lev und Kato, als auch mit der Erzählweise. Es wird rückwärts erzählt. Eigentlich fand ich die Idee gar nicht schlecht; immer wieder fragte ich mich dann aber, ob es mir geholfen hätte, einfach verkehrt herum zu lesen, also mit dem letzten Kapitel (Kapitel 1) loszulegen, statt mit Kapitel 9, dem ersten Kapitel. So war mir leider oft nicht ganz klar, wo in der Timeline die Figuren grade waren, wie alt sie sind, welches Jahr war. Vielleicht hilft es auch, wenn man grundsätzlich mit der Geschichte Rumäniens etwas bewanderter ist als ich.
Am schwersten tat ich mich mit der „umgekehrten Erzählweise“ aber, wenn ich an Stellen kam, als ich dachte, jetzt habe ich endlich Zugang zu Lev gefunden und mich darauf freute, gleich mehr über ihn zu erfahren, sein Handeln, seine Gefühle in bestimmten Situationen, einfach, wie es mit ihm weitergeht – nur um dann im nächsten Kapitel gleich wieder einen Zeitsprung in die Vergangenheit zu machen. Die zentrale Freundschaft zwischen Lev und Kato wirkte manchmal unauthentisch, was für mich hauptsächlich an der Darstellung Katos lag. Als Figur war sie mir viel zu blass und beinahe klischeehaft, ein schwaches Gegengewicht zu Lev.

Dadurch habe ich auch relativ lang für ein eher kurzes Buch gebraucht. Das macht es aber nicht per se schlecht, es war einfach nicht meins bzw. ich vielleicht habe ich es sogar nur zum falschen Zeitpunkt gelesen. Die Sprache ist poetisch, die Auswahl der Themen (meist) interessant, Lev ist ein vielversprechender Protagonist, das Cover ist wunderschön und passt genau wie der Titel hervorragend zur Geschichte und den darin enthaltenen sprachlichen Bildern. Allerdings sollte man sich wirklich auf die Erzählweise einlassen können, die einzelnen Kapitel als „Lichtungen“ annehmen, um die Lektüre vollumfänglich genießen zu können. 3,5 Sterne

Bewertung vom 20.11.2023
Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen
Henry, Emily

Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen


sehr gut

Ein Buch für Book Lovers

„Book Lovers“ ist ein wunderbares Buch für, nun ja, Bücherliebhaber:innen ;) Emily Henry enttäuscht so gut wie nie (Happy Place, husthust), allerdings hätte ich mir fast noch mehr versteckte (bzw. nicht so sehr versteckte) Hinweise auf andere Bücher und Literatur gewünscht. Was ich mir außerdem noch gewünscht hätte: viel mehr Charlie!! Er ist ein so toller Protagonist! Überhaupt wirken Emily Henrys Figuren meist sehr real, vor allem auch ihre männlichen Figuren werden nicht nur oberflächlich angekratzt um dann recht stereotypisch zu bleiben, wie es in dem Genre leider oft der Fall ist. Mit Nora konnte ich mich zwar nicht so sehr identifizieren wie mit den Charakteren anderer Emily Henry Bücher, aber ich mochte sie dennoch sehr. Genervt hat mich tatsächlich Libby, sie hätte gerne weniger Platz einnehmen dürfen in der Geschichte. Natürlich war sie sehr wichtig für die Backstory, aber sie war mir zu übergriffig und entschied vieles, was direkten Einfluss auf Noras Leben haben würde, hinter ihrem Rücken. Wie schon gesagt: ich hätte mir viel mehr Charlie gewünscht, fast sogar auch seine Perspektive (und eigentlich bin ich kein allzu großer Fan von mehreren POVs, weil es beinahe inflationär benutzt wird mittlerweile und meist keinen Sinn macht). Er und Nora waren zwei wirklich großartige Protagonisten und die Chemie zwischen den beiden ist auch ganz großartig. Das Örtchen Sunshine Falls hat mich manchmal ein bisschen (zu sehr) an Stars Hollow aus Gilmore Girls erinnert, da hätte ich mir etwas mehr eine realistische Darstellung eines ländlich gelegenen Kleinstädtchens gewünscht, aber (ohne zu spoilern) das Ende des Romans war dann diesbezüglich wieder versöhnlich für mich. In jedem Fall ist auch „Book Lovers“ ein weiterer gelungener Roman von Emily Henry, den ich sehr gerne gelesen habe und unbedingt weiterempfehlen kann. Freue mich schon auf ihr nächstes Buch!

Bewertung vom 16.10.2023
Glutspur / Liv Jensen Bd.1
Engberg, Katrine

Glutspur / Liv Jensen Bd.1


sehr gut

Must Read für Engberg-Fans

Katrine Engberg ist für mich ein Must-Read – und das, obwohl ich Krimis gar nichts so gerne lese.
Mit „Glutspur“ hat sich die dänische Autorin viel vorgenommen. Nicht nur gilt es drei Morde zu klären, es werden auch drei Figuren eingeführt. Dazu natürlich eine Verbindung zwischen den Morden und eine Spur, die in die Vergangenheit führt. Das war mir manchmal ein bisschen zu viel, es wirkte stellenweise ein wenig konstruiert. Auch wenn es für mich nicht ein Pageturner wie Engbergs bisherige Romane war, habe ich „Glutspur“ gerne gelesen. Denn die drei „Neuen“ – Privatdetektivin Liv Jesen, Psychologin Hannah Leon & Automechaniker Nima Ansari – sind spannende Charaktere. Alle drei sind auf der Flucht vor Etwas und Flucht wird auch für die Mordfälle eine wichtige Rolle spielen (mehr will ich nicht verraten, um nichts zu spoilern). Obwohl wir viel über Liv, Hannah und Nima erfahren sind sie komplex genug angelegt, um auf ein paar weitere Krimis mit diesem „Team“ zu hoffen. Die vierte Hauptrolle nimmt natürlich Kopenhagen ein. Katrine Engberg entführt ihre Leser:innen in die dänische Hauptstadt und vermittelt dabei immer den Eindruck, als wäre man selbst vor Ort; wie ein Schatten der Figuren entdeckt man die Stadt am Öresund.

Bewertung vom 09.10.2023
Herbstleuchten in den Highlands / Highland Love Bd.2
Bode, Christine

Herbstleuchten in den Highlands / Highland Love Bd.2


sehr gut

Romantische Geschichten in Schottland lese ich gerne; besonders gerne aber im Herbst und Winter und da kam „Herbstleuchten in den Highlands“ gerade recht. Es ist sozusagen der zweite Teil der Reihe „Zuhause in Glenbarry“ und obwohl es nicht zwingend notwendig ist, den ersten Teil („Wo unsere Herzen sich finden“) gelesen zu haben, um der Handlung folgen zu können, ist es doch hilfreich, da die Figuren bereits im ersten Buch vorgestellt wurden und, so hatte ich den Eindruck, auch etwas tiefer. Im ersten Teil hat mir besonders gut gefallen, wie die Landschaft eingebaut wurde – eine herrliche Kulisse für eine Liebesgeschichte. Im zweiten Teil spielt nun weniger die Natur eine Rolle, dafür aber die Kulinarik und ein Schloss in der Nähe von Glenbarry. Denn die Protagonistin ist dieses Mal Betty, eine eher schüchterne Konditorin, die sich als Teenie in den Erben des Schlosses verliebte. Richard ist aber nicht nur Engländer, sondern lebt, so denkt Betty, in einer ganz anderen Welt als sie selbst. Durch einen Backwettbewerb, der im Schloss ausgetragen wird und an dem Betty teilnimmt, laufen die beiden sich nun viele Jahre später wieder über den Weg.
Wie immer: das Rad wird nicht neu erfunden bei dieser Art Geschichte. Aber ich habe „Herbstleuchten in den Highlands“ sehr gerne gelesen, mochte den Roman sogar lieber als den ersten Teil der Reihe. Eine Second-Chances-Liebesgeschichte, noch dazu auf einem Schloss, aber mit einem sehr realen Blick auf den Schlossherren und den (verarmten) Landadel. Natürlich hätten es gegen Ende auch ein paar weniger Kommunikationsschwierigkeiten des Liebespaars geben dürfen, aber alles in allem ein schöner Roman – passend für diese Jahreszeit. Ich bin gespannt, ob es einen dritten Teil der Reihe geben wird.

Bewertung vom 02.10.2023
Die weite Wildnis
Groff, Lauren

Die weite Wildnis


sehr gut

Nature Writing par excellence!

Nature writing par excellence! Die Geschichte eines Mädchens auf der Flucht ist vieles auf einmal: (feministischer) Abenteuerroman über das Überleben in der Wildnis, Historienroman über den Aufbruch in die neue Welt am Anfang des 17. Jahrhunderts, die Geschichte einer Emanzipation, ein literarisches Bildnis über das gefährlichste aller Raubtiere – den Menschen.
Bildgewaltig und eindrucksvoll beschreibt Lauren Groff die Flucht ihrer (beinahe namenlosen) Protagonistin aus einem Fort früher Siedler in Nordamerika. Die karge Wildnis, in die sie sich begibt, das Unbekannte, wartet mit Gefahren jeglicher Art auf; doch das Bekannte, wovor sie flieht, ist für das Mädchen weitaus schlimmer. Während sie fiebernd mit Naturgewalten zu kämpfen hat und Nahrung sucht, lassen die Monster der Vergangenheit sie nicht allein. Erstmals ist das Leben des Mädchens selbstbestimmt und ihr Wille zu überleben ist groß. Auf ihrer Flucht beginnt sie alles zu hinterfragen, auf ihre kindliche Art beinahe philosophisch. (Ganz wunderbar fand ich die Szene, als sie den Bären beobachtet, wie er einen Wasserfall beobachtet.)
Sie hinterfragt ihre Religion, die Kolonialisierung der indigenen Bevölkerung, die „Unterwerfung“ der Natur, das Miteinander der Menschen und ganz grundsätzlich das menschliche Wesen. Ihre Beobachtungen und Erkenntnisse sind dabei hochaktuell.
Einen Stern muss ich allerdings abziehen, denn das Ende fand ich ein bisschen unversöhnlich. Es deutet sich zwar an, aber ist doch recht ernüchternd und deprimierend.

Bewertung vom 18.09.2023
Die Lügnerin
Karig, Friedemann

Die Lügnerin


weniger gut

Großes Fragezeichen

Cover und Klappentext fand ich sehr ansprechend, aber der Roman selbst war ein verwirrendes Chaos.
Ständig Zeitsprünge, bei allem die Frage: wahr oder gelogen?, Esoterik, Astrologie, Glaube - alles wird vermischt. Ganz random berichtet plötzlich die Großmutter der Protagonistin, wie einst die Deutschen Soldaten kamen und alle Frauen vergewaltigten. Ein seltsamer „Einschub“, zwischen all dem Gerede über Horoskope, Aszendenten und der kurz darauf folgenden Las Vegas Glücksspiel und Magie Episode.
Ganz zum Schluss deutet einiges darauf hin, dass die Protagonistin eine psychische Erkrankung haben könnte und natüüürlich alle anderen Menschen im „Institut“ manipulieren kann/will, um auszubrechen. Wenn ich es richtig interpretiert habe, dann ist der Roman (und vor allem das Ende) eine weitere sehr fragwürdige Darstellung von psychischen Erkrankungen und vor allem deren Therapie, insbesondere Kliniken (oder was auch immer das „Institut“ sein soll). Wenn ich mit meiner Interpretation daneben liege, dann rundet das Ende eine chaotische, verwirrende und (zumindest mir) nichtssagende Erzählung ab.

Bewertung vom 16.09.2023
Mein schrecklich schönes Leben
Smale, Holly

Mein schrecklich schönes Leben


gut

Verschenktes Potential

Cassandra steckt in einer Zeitschleife fest: immer wieder wird sie mit ihrem furchtbar unpassenden Job, ihren ihr fremden Mitbewohnern und ihrem Freund, dem sie sich nicht öffnet konfrontiert – je nach Zeitpunkt der Zeitschleife gibt’s die Kündigung von Job und/oder Wohnung und der Freund macht auch noch Schluss. Die Zeitschleife entpuppt sich aber relativ schnell eher als die Fähigkeit durch die Zeit zu reisen. So beginnt Cassie schnell unangenehme Momente so lange rückgängig zu machen, bis sie einigermaßen zufrieden ist. Und davon gibt es viele, denn Cassie nimmt vieles anders wahr als die meisten Menschen. Dass viele Hin- und Herreisen wächst ihr bald über den Kopf und sie kann die einzelnen Zeitsträng nicht mehr gut auseinanderhalten und irgendwie scheint es in keiner der Versionen so richtig gut zu klappen mit Will, ihrem (Ex-)Freund.
Kurz vor Schluss wechselt der Fokus der Erzählung und liegt nun nicht mehr auf Cassies Wunsch, die romantische Beziehung zu Will aufrechtzuerhalten, sondern es rückt die Beziehung zu ihrer Schwester in den Vordergrund. Eigentlich wäre es so viel interessanter gewesen von Anfang an diesen Teil der Erzählung zum Zentrum der Geschichte zu machen. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass nicht genau klar, was eigentlich erzählt werden soll. Denn zum Schluss wird ja klar, dass es die Beziehung der Schwestern zueinander ist, die Cassie reparieren soll – aber warum wird dann mehr als ¾ des Buches nichts davon erwähnt? So viele Meetings, so viele Dates mit Will bzw. die Wiederholungen davon und dann nur ein paar Seiten mit Artemis? Verschenktes Potential einer originellen Idee.

Bewertung vom 14.09.2023
Henriette lächelt
Heinisch, Andrea

Henriette lächelt


sehr gut

Zartes Schwergewicht

„Henriette lächelt“ war ganz anders, als ich es erwartet hätte. Die Protagonistin Henriette wiegt 190 Kilo – (fast) alles in ihrem Leben dreht sich um ihr Gewicht. Ihre Geschichte ist dennoch eine sehr zarte; zumeist zumindest. Zaghaft und zart wird beschrieben, wie sie zu sich findet und gleichzeitig den Weg aus der Einsamkeit. Schwerwiegender als ihr Körpergewicht sind Andeutungen über Gewalterfahrungen, die sie machen musste: auf ganz unterschiedliche Art erfuhr sie Gewalt durch die Eltern und tut sich gleichzeitig mit dem Verlust der beiden schwer; durch einen der vielen Liebhaber der Mutter wurde ihr sexuelle Gewalt angetan und gleichzeitig überließ er ihr einen ihrer größten Schätze – ihr Klavier.
Der Schreibstil, den ich wohl am ehesten mit stream of consciousness vergleichen würde, eignet sich hervorragend für diesen Roman, da sich Henriettes Leben hauptsächlich im Inneren abspielt: im Inneren ihrer Wohnung (dem Lockdown/Homeoffice sei Dank), im Inneren ihres Körpers, in ihren Gedanken. Je mehr sie sich öffnet, desto weniger Raum nehmen all diese Dinge ein.
Das Ende war mir ein bisschen zu abrupt, ein bisschen zu offen.