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miss_atticos

Bewertungen

Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 13.01.2021
Erkental
Bender, A. K.

Erkental


ausgezeichnet

Weit nach 2026 ist ein Leben ohne Lifetracker, Navigation und entsprechende Maßnahmen gegen den Klimawandel kaum mehr vorstellbar. Bis Endri nach einem üblen Streich seiner Mitschüler Besuch von zwei sonderbaren Personen erhält.

Er verfügt über ein besonderes Talent, welches eingehender Förderung bedarf. Die neue Umgebung und die neue Schule in Erkental sollen dabei helfen. Ein Tal voller Alchemisten, Biologen, Physikern und Verwandlern. Feuer, Wasser, Erde, Luft. In einer phantastischen Welt mit besonderen Pflanzen, einzigartigen Persönlichkeiten, allerlei Leckereien und vielen geheimnisvollen und interessanten Ecken wächst er über sich selbst hinaus. Ein kunterbuntes Abenteuer inmitten angriffslustiger Bäume und kampferprobter Tierchen hier und da.

Wie lange hat man auf so ein Buch gewartet. Gefühlt eine Ewigkeit. Und jetzt ist es endlich da. Diese Welt, die man sich selbst immer vorgestellt bzw. gewünscht hat. Bunte Girlanden, köstliches Essen, tolle Menschen, zauberhafte Ecken, Natur so weit das Auge reicht und eine riesige Bibliothek. Die Umsetzung ist der Autorin mehr als gelungen. Die Figuren und die Umgebung werden vor dem inneren Auge lebendig. Am liebsten wäre man selbst Teil der Geschichte. An mancher Stelle habe ich mich selbst noch einmal 20 Jahre jünger gewünscht, um das Buch mit Kinderaugen zu lesen. Ich bin schlichtweg begeistert.

Eine zauberhafte, liebevolle, witzige und spannende Welt. Ich würde mich freiwillig in die Nähe der Würgekastanie wagen oder in den Gang mit den versteckten Krokodilen. Danke für diese schöne Lesezeit. Ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.12.2020
Der Bruder
Katzenbach, John

Der Bruder


sehr gut

Sloane, angehende Architektin, erhält nach dem Verschwinden ihrer Mutter einen mehr als lukrativen Job. Für einen exzentrischen und ihr bislang unbekannten Auftraggeber soll sie Denkmäler für sechs Personen entwerfen, die ihm selbst von großer bzw. besonderer Bedeutung waren/sind. Sie soll sich auf die Spuren dieser Personen begeben und möglichst viel über sie in Erfahrung bringen. Am Ende dieser Reise erwartet Sloane eine böse Überraschung, die tief in die Vergangenheit hineinreicht. Nicht nur dieser Job setzt ihr zu, sondern auch ihr psychopathischer Ex Roger, der sie bedroht und ihr nachstellt, wo er nur kann.

Die ersten 200 bis 300 Seiten waren teilweise schwer für mich. Ich verstand nicht ganz, warum so viel Zeit in diese sechs Personen investiert wurde. Ich hätte mir schneller Spannung und Wendungen gewünscht. Dann hat man natürlich auch gerätselt, warum ihre Mutter verschwunden ist und ob sie noch lebt? Was Roger betrifft, habe ich mich ernsthaft gefragt, wie er in diese Geschichte passt. Es lagen so einige Puzzleteile vor. Je öfter Sloane Roger ausgesetzt war, desto mehr Psychothriller-Elemente tauchten endlich auf. Man befand sich mittendrin und konnte die Panik vor Roger sehr gut nachempfinden.

Katzenbachs großes Talent besteht darin, die Bösen auch wirklich böse darzustellen. Es gibt so kaltblütige und perfide Stellen, die mir schon fast das Blut in den Adern gefrieren ließen. Auch ist Sloane durch ihre Recherchearbeiten immer wieder an abscheuliche und ängstliche Menschen geraten. Zur Mitte hin hat sich dann Katzenbachs komplettes Können ausgebreitet und bis zum Ende hin entfaltet, in einem Tempo, mit solch einer Spannung - ich war fassungslos, gefesselt. Eine Info toppte die Nächste. Ich habe Zeile für Zeile nur so in mich aufgesaugt und hätte mich vor lauter gierigem Lesen fast selbst verloren. Manch Stimme sagte, das Ende sei an einer Stelle zu sehr in die Länge gezogen: für mich ist es eine Art Stilmittel, um der Zeitspanne gerecht zu werden (mehr verrate ich aber nicht). Lest es selbst!

Bewertung vom 22.12.2020
Bären füttern verboten
Elliott, Rachel

Bären füttern verboten


ausgezeichnet

Sydney Smith kehrt nach 30 Jahren nach St. Ives zurück. Dorthin, wo vor Ewigkeiten ihre Familie eine andere wurde. Als Freerunnerin springt sie von Dach zu Dach und ist schon bald in aller Munde. Ihr verrücktes Leben trifft auf andere verrückte Leben. Maria backt besondere Muffins mit heilender Wirkung. Belle wohnt mit Ende 20 noch bei den Eltern, trägt "I ♥ Otter" T-Shirts und kümmert sich ab und zu um das Hängebauchschwein der Nachbarn. Dexter, der Buchhändler, trägt manchmal gerne Frauenkleider und hat genug von der Liebe.

Im ersten Teil herrscht rege Abwechslung. Wir befinden uns in Sydney's Kindheit, lernen ihre Eltern und ihren Bruder kennen. In anderen Kapiteln befinden wir uns zusammen mit Sydney und ihrer Partnerin in der Gegenwart. Nebenbei bekommen wir Einblicke der in St. Ives lebenden Personen. Die raue See nimmt uns mit, man spaziert am Strand entlang, begibt sich in die Kneipe auf ein Glas Whisky oder zwei, schaut durchs Schaufenster in die Buchhandlung hinein. Einerseits ein melancholisches Buch, das auch skurril ist, schrullig, andererseits gibt es auch laute und wütende Momente. Es weckt viele Gefühle, viel Lebensweisheit steckt darin. Die Erzählweise und die verschiedenen und teilweise sehr überraschenden Erzählperspektiven mochte ich sehr. Im ersten Teil wusste ich nicht so recht, was auf mich zukommt und ich konnte mir noch nicht wirklich vorstellen, dass es so ein großartiges und lesenswertes und liebenswertes Buch ist. Im zweiten Teil ging mir dann sozusagen ein Licht auf und es hat mich richtig gefesselt. Ein charmantes, herzerwärmendes, gefühlvolles Buch!

"PS: Ich war für Maria mehr als ein Kieselstein. Ich war der ganze verdammte Strand. Ich war der Sand und das Wasser, die Fische und der Meeresboden, die Wolken, die Möwen, der Müll. Ich weiß nicht mal, was aus ihr geworden ist. Ich weiß nicht mal, wo sie ist."

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Bewertung vom 22.11.2020
Alte Sorten
Arenz, Ewald

Alte Sorten


ausgezeichnet

Wie schnell man den Alltag vergisst, wie schnell man mittendrin ist, zeigt die Geschichte von Sally und Liss. Unverstanden und genervt von der Welt flüchtet Sally aus der Klinik und trifft auf die eigenartige und alleinstehende Liss. Zwischen Feldern, Wiesen, Wäldern und Weinbergen findet Sally bald so etwas wie ein neues Zuhause. Beide Frauen scheinen sich auch ohne große Kommunikation zu verstehen. Aber wie lange kann sich Sally vor ihren Eltern verstecken und was steckt hinter Liss' anscheinend gewählter Einsamkeit?

Ewald Arenz nahm mich an die Hand und ließ mich fühlen, spüren, schmecken und hören. Wenn er von Erdbeereis schreibt, schmeckt man Erdbeereis und wenn er den Herbst beschreibt, spürt man die warmen Sonnenstrahlen im Gesicht und hört die Blätter rascheln. Mit wenig Figuren und wenig Schauplätzen transportiert er so viele Details, so viel nicht erzählte Geschichten, vieles bleibt dem Leser verborgen, vieles lässt sich nur erahnen. Weniger ist hier so viel mehr. Eine hier scheinbar simple Geschichte birgt so viel Lebensweisheiten in sich. Das ist eines dieser Bücher, das ich immer und immer wieder weiterempfehlen werde. Ich werde es jedem wedelnd vor die Nase halten und sagen: Lesen, lesen, lesen!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.11.2020
Der Winter des Bären
Hargrave, Kiran Millwood

Der Winter des Bären


gut

Sanna, Pipa, Mila und Oskar leben seit fünf Winter ohne Vater. Eines Tages tauchen fremde Männer auf und nehmen Oskar mit. Oder wollte er selbst weggehen? Steckt der Bär des Waldes dahinter? Woher kommen diese finsteren Mächte? Was hat es mit dem geheimnisvollen Zauberer Rune auf sich, der selbst noch halb Kind ist? Es beginnt eine gefährliche und waghalsige Suche nach Oskar durch die tief verschneite Landschaft des Waldes.

Die erste Hälfte empfand ich als zäh und schleppend. Erst ab der zweiten Hälfte wurde es spannend und die Geschichte nahm Fahrt auf. Die herrschende Kälte und Finsternis zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Sobald die Kinder dem Geheimnis näher kommen, warum Winter herrscht, warum der Bär so wütend ist, wird das Buch fantasievoller, bunter und lebendiger. Vorher wurde mir ein wahnsinniges Durchhaltevermögen abverlangt. Eine Kürzung hier und da würde dem Kinderbuch nicht schaden, um die Geschichte schneller voranzubringen und keine Langeweile aufkommen zu lassen. Vielleicht haben Kinder auch mehr Geduld als ich?

Das Buch ist für Kinder ab 10 Jahre geeignet. Die Sprache ist kindgerecht. Die Beschreibungen sind kreativ und sehr bildgewaltig. Es ist ein Buch über Geschwisterliebe und Zusammenhalt, Abschiede und Neuanfänge. Es ist auch ein Buch über das Abwägen von Gut und Böse. Wem kann man trauen? Ist es wirklich so oder nur reine Fantasie? Wer geduldiger ist als ich, dem möchte ich dieses Wintermärchen sehr gerne ans Herz legen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.11.2020
Wonderlands

Wonderlands


sehr gut

Wonderlands ist ein Reiseführer in die Welt der Fantasie. Für jeden ist etwas dabei. Wie wäre es mit Mittelerde, Narnia oder Nimmerland? Oder doch lieber zurück in die Antike oder per Anhalter durch die Galaxis?

Was mir an Wonderlands echt nicht so gefällt, ist dieses kompakte Format und das fehlende Hochglanzpapier. Ein größeres Format und Glanzpapier würde ich schöner finden. Das hervorragende Cover und die wunderschönen Fotografien, Kunstwerke, Zeichnungen kommen überhaupt nicht zur Geltung. Auch die Schriftgröße finde ich gerade noch groß genug.

Inhaltlich kann ich aber echt nicht meckern. Eine tolle Auswahl von Klassikern. Einige sind mir bereits bekannt, viele jedoch noch unbekannt. Diese wollen bald entdeckt werden.

Das Buch ist in fünf Bereiche aufgeteilt:

Alte Mythen & Legenden
Wissenschaft & Romantik
Das goldene Zeitalter der Fantasy
Neue Weltordnung
Das Computerzeitalter

Das Buch an sich hat schon was. Die Kapitel sind nicht allzu lang, kompakt erzählt. Ein modernes Sachbuch. Für Jung und Alt! Wundervoll! Ich werde es noch einige Male zur Hand nehmen und mit Genuss mal hier, mal da lesen und die zahlreichen und einzigartigen Bilder bestaunen. Ich mag es sehr, auch wenn ich kleine Kritikpunkte hatte. Für Fans der hier vorgestellten Welten wäre das doch ein perfektes Geschenk.

Bewertung vom 11.11.2020
American Spy
Wilkinson, Lauren

American Spy


weniger gut

Cover und Klappentext sind vielversprechend und suggerieren einen spannenden Thriller. Leider wurde ich schnell eines besseren belehrt. Nach rund 150 Seiten habe ich das Buch jetzt vorerst abgebrochen. Möchte aber der Geschichte irgendwann noch einmal eine zweite Chance geben, vor allem, weil es eben auch positive Stimmen dazu gibt. Von einem Thriller war, wenn überhaupt, nur ganz am Anfang kurzzeitig was zu spüren. Ich denke, man sollte das Wort "Thriller" ausblenden. Das macht hier leider vieles kaputt. Oder der Zeitpunkt war einfach nicht der Richtige. An der Sprache der Autorin lag es sicher nicht, mich hat es einfach nicht richtig gepackt und dann ist wiederum doch einiges erzählt worden, dass ich weder fassen konnte, noch lange im Kopf behalten habe. Einzig die Liebe zu ihren Kindern und die nicht so leichten Familienverhältnisse sind mir in Erinnerung geblieben.

Bewertung vom 10.11.2020
Amissa. Die Verlorenen / Kantzius Bd.1
Kodiak, Frank

Amissa. Die Verlorenen / Kantzius Bd.1


ausgezeichnet

Rica und Jan Kantzius werden in einen Unfall verwickelt. Ein Mädchen liegt am Boden und kann nur noch eines los werden bevor sie stirbt: "Die Grube". Nicht weit entfernt von der Unfallstelle explodiert ein Wohnmobil. Die Leiche darin soll das Mädchen kurz nach dem Umzug mit der Familie entführt haben. Aber nicht nur dieses Mädchen, sondern noch einige andere. Die Spuren führen bis nach Tschechien, mitten hinein ins Niemandsland. Nur gut, dass Rica und Jan gute Kontakte pflegen und auch bei der Hilfsorganisation für vermisste Personen "Amissa" nachhaken.

Kurze, abwechslungsreiche Kapitel führen schnell durch die Geschichte. Das Ermittlerpaar ist authentisch und sympathisch. Ein leichter Thriller, der nach und nach Geschwindigkeit aufnimmt. Erneut ein Pageturner, der ganz schnell den Alltag vergessen lässt. Meine leichte Leseflaute habe ich mit "Amissa" überwunden. Absolutes Highlight bereits am Anfang: Ragna mit seiner Biowaffe. Ich lache gerne beim Lesen, das hat Frank Kodiak ganz wunderbar geschafft. Selbst später im Buch bei einer Kampfszene musste ich lachen. Am Ende jedoch bleibt einem dann doch das Lachen im Halse stecken. Es ist nicht zu Ende. Vielleicht war das nur der Anfang. "Amissa - Die Verlorenen" ist ein gelungener solider und leichter Thriller. Der Auftakt der Amissa-Trilogie. Ich warte gespannt auf Band 2 und 3.

Bewertung vom 26.10.2020
Leben ist ein unregelmäßiges Verb
Lappert, Rolf

Leben ist ein unregelmäßiges Verb


sehr gut

Eine Kommune mitten in der Abgeschiedenheit Norddeutschlands. Vier Kinder wachsen ohne Kontakt zur Außenwelt auf. Leander, Linus, Frida und Ringo werden regelrecht abgeschirmt. Der Hof, auf dem sie groß werden und auf dem sie täglich die Felder und Wiesen bewirtschaften und die Tiere versorgen, ist ihr Zuhause. Eines Tages jedoch finden sie etwas von dieser anderen Welt und auch sie werden gefunden. Ab dann ist nichts mehr wie es war. Rolf Lappert zeichnet in seinem Roman die Leben dieser vier Kinder bis ins Erwachsenenalter. Wie kommen sie in dieser für sie komplett neuen Welt klar? Wer überlebt oder wer trägt Schaden davon?

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Der Anfang und das Ende haben eine gewaltige sprachliche Eindringlichkeit und offenbaren jede erdenkliche Gefühlsebene. Besonders im ersten Drittel gab es vor allem zu Leander's Schulzeit noch einige Schmunzler und vereinzelt Lacher. Später verlief das Leben der Kinder leider nicht mehr wie erhofft. Eine Tür öffnete sich, kurz darauf schloss sie sich wieder. Jeder Neubeginn bedeutete kurz darauf wieder Abschied nehmen. Eine schlechte Nachricht nach der anderen folgte. Vor allem Ringo's Erzählungen erzeugten Momente, die mir Gänsehaut bereitet haben.

"Nichts, denke ich. Aus mir ist ein Nichts geworden, ein Niemand. Ich bin die alten Männer, die ich gerettet habe, diese zukunftslosen Gestalten, abgelaufenen Modelle. Ich bin Ringo, den es nicht mehr gibt, bin Frida, die fortgegangen ist, ausgewandert in ein erfundenes Land, um mir in Tagträumen zu erscheinen und im Dunkeln aufzulauern."

Selten liest man so wortgewandte Zeilen - fließend fügt sich alles zusammen. Abwechslung schafft Rolf Lappert durch die verschiedenen Erzählperspektiven und Tagebucheinträge. Einziger Minuspunkt ist der langwierige Mittelteil und die hinzukommenden Nebenfiguren. Viele Nebenfiguren sind einfach nur Einschübe und nehmen keinen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte. Teilweise musste ich mich erst wieder sammeln und die Personen sortieren, wer zu wem gehört. Hier nahmen die detaillierten Schilderungen der einzelnen Figuren Formen ähnlich wie bei Irving an. Auf knapp 1000 Seiten gibt er Einblicke in die Gefühlswelt und die Lebenswege der ehemaligen Kommunenkinder. Keine leichte Kost. Oft reiht sich Drama an Drama und scheint kein Ende zu nehmen. Wie denn auch, wenn den Kindern das vertraute Zuhause weggenommen wurde?

"Wir sind niemand, wenn wir nicht zusammen sind. Zu viert sind wir eine Geschichte mit einem Anfang und einem im Dachbodendunkel geduldig erwarteten Ende. Einzeln sind wir Wörter, unbegreifliche Sätze. Was uns ausmacht, ist das Zurücklassen, das neu Anfangen, das Zurechtfinden und Verlorengehen. Wir müssen lernen, ich zu sein, und scheitern."

Ein beeindruckendes Werk, das ich sicher mehrmals in die Hand nehmen werde, um die Erzählungen erneut auf mich wirken zu lassen.

Durchhalten lohnt sich hier, auch wenn die Seitenzahl schon sehr erschreckend ist. Das Ende war überraschend für mich und ließ mich mit gefühlt tausend Fragen zurück. Einerseits habe ich mir innerlich die Haare gerauft, andererseits hätte ich den Schluss selbst nicht besser hinbekommen und letztendlich ist er einfach perfekt umgesetzt.

Bewertung vom 21.09.2020
Volkswagen Blues
Poulin, Jacques

Volkswagen Blues


ausgezeichnet

In "Volkswagen Blues" macht sich ein Mann auf die Suche nach seinem verschollenen Bruder Théo. Pitsémine, die er aufgabelt, begleitet ihn länger als erwartet. Zusammen folgen sie den Spuren amerikanischer Geschichte und den Spuren von Théo. Einen ganzen Sommer halten sie es miteinander aus.

So richtig fassen kann man diesen Roman nicht. Es ist ein gemütlicher Roadtrip von Quebec nach San Francisco. Es gibt ein zwei kleinere Reparaturen am Bulli, die vorgenommen werden müssen und an jedem Ort Spuren seines Bruders. Zwischen Pitsémine und Jack entwickelt sich schnell Nähe. Und trotz dieser Nähe ist da auch höfliche Distanz. Ein Roman, der einen zu umarmen scheint. Geschichtsträchtig, ruhig, und warm wie ein Sonnenstrahl. Zärtlich und charmant, liebenswürdig durch und durch, auch durch den stillen Begleiter Chop Suey. Ein Kater, der beide auf Schritt und Tritt begleitet. Zwischendrin auch voller Witz und Humor.

Was das Buch auch schafft: Man bekommt wieder Lust auf Geschichte. Und blättert vor und zurück. Eine Lektüre, die man nicht nur einmal in die Hand nimmt. Ein außergewöhnliches Reisepaar. Blindes Vertrauen, viel gemeinsame Zeit. Authentische Dialoge. Wenn sie nicht gerade witzig sind, dann auch gerne einmal nachdenklich stimmend und eher leise. Eine gute Lektüre für ein gemütliches Wochenende, um in die Geschichte der Siedler und Indianer einzutauchen.