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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Sonja
Wohnort: 
Kassel

Bewertungen

Insgesamt 41 Bewertungen
Bewertung vom 15.10.2021
Betongold
Weber, Tanja

Betongold


gut

Gemächlich geht sie dahin, die Geschichte von den drei Münchner Freunden, von denen einer ermordet in seiner eigenen Baugrube liegt. Die Sprache mit bayrischer Färbung, passiert in dem Buch eigentlich nicht viel.
Der Protagonist macht sich - eigentlich schon in Rente - auf die Suche nach dem Mörder seines (ehemaligen) Freundes und versucht sogleich durch Rückblicke herauszufinden, wieso dieser so geworden ist, wie er zuletzt war. Der dritte Freund im Bunde ist immer ein Ansprechpartner, bringt die Geschichte aber kaum voran.
Interessiert hat mich, wie die Immobilienspekulation in den Krimi verwoben wird. Hier werden im Laufe der Geschichte durchaus Einblicke gegeben, die mutmaßlich durchaus realistisch sind - von Geklüngel mit der Stadtverwaltung über finanziellen Druck bis hin zu gegenseitiger Vorteilsnahme. Nahe gehen einem diese Informationen letztlich aber auch nicht: Sie fließen wie die ganze Geschichte dahin, bis man am Ende nicht mehr weiß, wer da eigentlich mit wem....

Bewertung vom 15.10.2021
Ran an die Fritteuse - Draußen frittieren
Vössing, Su

Ran an die Fritteuse - Draußen frittieren


sehr gut

Gleich vorab: eine Friteuse besitze ich nicht! Aber ich lese sehr gerne Kochbücher und koche auch gerne. Das Buch "Ran an die Friteuse" von Su Vössing geht davon aus, dass Frittieren mehr Spass macht, wenn man es draußen ermöglicht. Von den praktischen Tipps, wie man das umsetzen kann, kann man das Buch selbsverständlich aber auch zum "drinnen frittieren" nutzen.
Zu Beginn stehen einleitende Worte, die erfreulich klar sind: was ist bei der Fettqualität zu beachten? Wieso ist die genaue Temeperatur wichtig? Welche Ausrüstung ist notwendig? Klar und prägnant formuliert, kann man sich dieses Wissen schnell aneignen. Direkt danach das Rezept für perfekte Pommes - nicht einfach mal schnell erledigt, aber jeder Schritt gut erklärt (mangels Friteuse fehlt der Live-Check...)
Dann kommt der umfangreiche Rezeptteil: auch hier die Rezepte strukturiert erklärt, nicht nur das Fritierte, sondern auch die Beilagen und weiteren Speisen. Dieses von den Basics, üebr Gemüse, Fleisch, viel Fisch bis hin zu den Süssspeisen. Gute Fotos machen Appetit auf das Nachkochen!
Gewünscht hätte ich mir allerdings hier und da eine kleine Einführung zu den Rezepten: Wieso heißen die Nirvanaballen so? Was ist "Bonito"? Was ist das Besondere an den Rezepten?
Und eine Frage, die mich als Ofenbäckerin auch beschäftigt: Warum backt man Brötchen in der Friteuse? Sicher, die frittierte Kruste lässt sich im Ofen in dieser Form nicht herstellen, die Krume, die auf den Bilder zu sehen ist, erscheint mir aber nicht abschließend attraktiv...
Dies sind aber nur kleine Wermutstropfen: Wer Lust an Fritiertem hat (und vielleicht sogar eine Friteuse), für den gibt dieses Buch einen guten Überblick, über das, was möglich ist - und welche Vielfalt frittieren eigentlich bietet.

Bewertung vom 18.09.2021
Was bleibt, wenn wir sterben
Brown, Louise

Was bleibt, wenn wir sterben


sehr gut

„Ich möchte offener über den Tod reden. Und ich wünschte mir, dass mehr Menschen das tun würden. Denn auch wenn ich mich wiederhole: Der Tod gehört zu unserem Leben und zu unserem Alltag." (S. 212)

Durch den relativ unerwarteten Tod ihrer Eltern, die sie im Abstand von nur drei Monaten beerdigen musste, ist die Autorin letztlich zu dem Entschluss gekommen, Trauerrednerin zu werden – und zu der zitierten grundlegenden Einsicht.

In zahlreichen Szenen aus dem eigenen Leben und dem anderer Trauernden lässt sie anschaulich, manchmal regelrecht greifbar werden, was es heißt, dass der Tod zum Leben gehört, dass Sterben und Trauern Teil, nicht Gegenteil, des Lebens sind.

Mit persönlichen, mitunter zärtlich anmutenden Schilderungen, lädt die Autorin dazu ein, dass Leben in seiner Endlichkeit und in seiner Fülle wahrzunehmen. Und sie konstatiert, dass zur Trauer auch Freude gehört, „dass man sowohl als Trauernder als auch als Sterbender lächeln oder gar lachen darf.“ (S. 51)

In diesem Sinne ein durchaus empfehlenswertes Buch, insbesondere für Menschen, die sich erstmals persönlich mit Sterben und Trauer konfrontiert sehen.

Ein wenig irritierend ist lediglich, dass die Einteilung und Benennung der Kapitel kaum nachvollziehbar ist und somit eher unnötig erscheint.

Bewertung vom 25.08.2021
Junge mit schwarzem Hahn
vor Schulte, Stefanie

Junge mit schwarzem Hahn


ausgezeichnet

Ein besonderes Buch hat Stefanie vor Schulte da geschrieben: Es handelt irgendwann im Mittelalter, Zeit und Ort sind aber kaum von Bedeutung. Die Menschen sind schlicht, nur dieser Junge Martin sieht und versteht mehr als die Meisten. Und er fühlt mehr, insbesondere hat er ein gutes Gespür für das Unrecht, das geschieht. Die eigene Familie ist tot, daher sucht er sich andere Menschen, die ihm das Leben lehren. Früh hat er auch schon seine Lebensaufgabe gefunden, die er beharrlich gegen alle Widerstände und trotz aller Verluste verfolgt. Und dann hat er noch seinen Hahn, einen treuen Begleiter, der ihn in der Not wieder auf den rechten Weg bringt.
Aufgebaut wie ein Märchen, in einer klaren, trotz der beschriebenen Grausamkeiten heiteren Sprache geht die Geschichte ihren Weg - kleine Zeitsprünge und Ungenauigkeiten nimmt man gerne hin. Früh wird deutlich, dass man sich diesem Martin anvertrauen kann, so sehr trägt er das Gute in sich. Ein schönes, ein berührendes Buch, das man gerne weiterempfiehlt!

Bewertung vom 14.08.2021
Die Überlebenden
Schulman, Alex

Die Überlebenden


ausgezeichnet

In einer klaren Sprache und einem feinsinnigen Aufbau erzählt Axel Schulman eine Familiengeschichte auf zwei zeitlichen Ebenen - eine davon entwickelt sich in umgekehrter Reihenfolge. Die Dramatik der Geschichte offenbart sich erst nach und nach und wird erst in den letzten Kapiteln wirklich deutlich, von Beginn des Buches an setzt aber ein diffuses Unbehagen bei den Schilderungen aus der Familie ein, das einen zurecht bis zum Ende nicht mehr verlässt.

Dabei begleitet man die Familie des Protagonisten Benjamin insbesondere an ihrem Ferienhaus in Schweden, in Episoden werden die Ereignisse aus den vergangenen Sommern erzählt. Die insgesamt drei Brüder halten einerseits zusammen, finden meist gemeinsam einen Weg, mit ihren Eltern umzugehen, andererseits sind sie aber doch zu verschieden, um Krisen als Team zu bewältigen - was sich dann auch in dem aktuellen Erzählstrang im Umgang miteinander zeigt.

Das Buch ist sehr berührend, spätestens am Ende, wenn sich die Episoden puzzleartig zusammenfügen, viele Begebenheiten des Buches einen neuen Sinn bekommen. Gleichzeitig ist dies auch ein kleiner Kritikpunkt: nach dem Ende müsste man das Buch eigentlich nochmal lesen, um sich die Abfolge der Ereignisse nochmal zu vergegenwärtigen, während des Buches besteht hierzu kaum eine Chance. Und nochmal durchgeblättert stellt man fest, dass es viele Erklärungen für das Verhalten aller Beteiligten nach den dramatischen Ereignissen gibt, aber nur wenige dafür, warum schon vor diesen Ereignissen das Unbehagen in die Familie eingezogen war. Dennoch ein sehr empfehlenswertes Buch!

Bewertung vom 07.08.2021
Mein Sternzeichen ist der Regenbogen
Schami, Rafik

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen


weniger gut

„Mein Sternzeichen ist der Regenbogen“ von Rafik Schami ist ein Buch, das man gerne in die Hand nimmt: Der ungewöhnliche Titel und der farbenfrohe Umschlag (Gestaltung: Peter-Andreas Hassiepen) wirken wie lockende Stimmen aus dem Reich des Fabulierens. Und tatsächlich: Einige Protagonisten scheinen, den Leser bei der Hand zu nehmen, mit in ihre eigene Welt, irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit.

Manchmal, in einer kleinen Lesepause, fragt man sich dann unwillkürlich: Bin ich denn wirklich sicher, wann ich geboren bin und welches mein Sternzeichen ist? Oder: Habe ich gerade mit der Witwe Amar und ihrem Geist getanzt oder mit den misstrauischen Nachbarn durch das Fenster zugeschaut?

Dieses träumerische Nachspüren, diese Aufenthalte im Reich des Fabulierens werden leider immer wieder unterbrochen durch den Autoren selbst: Rafik Schami beschließt jeden der sechs Abschnitte des Erzählbandes mit eigenen Betrachtungen zum jeweils vorangestellten Stichwort, wie zum Beispiel „Lachen“ oder „Sehnsucht“. Die jeweils etwa fünfseitigen Ausführungen, die meist mit zahlreichen Zitaten von Schriftstellern und Philosophen gespickt sind, wirken wie weitgehend unbearbeitete Notizen eines innerlich und äußerlich weitgereisten Mannes, der weiterhin nach seinem Platz in der Welt sucht.

Auch der emphatische Leser bleibt etwas ratlos zurück – und letztlich auch enttäuscht, weil das Buch nur punktuell einlöst, was es zu versprechen scheint.

Bewertung vom 22.07.2021
Raumfahrer
Rietzschel, Lukas

Raumfahrer


sehr gut

Lukas Rietzschel beschreibt auf mehreren Zeitebenen das Zusammenwirken zweier Familien in Ostdeutschland, die in Bezug zueinander stehen. Die Geschichte entwickelt sich langsam, die Protagonisten kommen einem nicht wirklich nahe, die prägnante Sprache vermittelt aber ein plastisches Bild vom Leben in Ostdeutschland vor und nach der Wende. Als Leser kann man mitverfolgen, wie alle Beteiligten Halt suchen, aber nicht finden - aufgrund der äußeren Bedingungen nicht finden können. Der Autor wertet aber nicht - er beschreibt und lässt die Bilder wirken. Die Verbindung zu Georg Baselitz ermöglicht eine weitere Ebene, die aus meiner Sicht gar nicht nötig gewesen wäre - die Geschichte steht auch so für sich.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, da es eine dichte Atmosphäre entwickelt, der Titel Raumfahrer (leider im Klappentext gespoilert) sich in dem Tun der Menschen erschließt, mir (als Westdeutsche) auch eine neue Sichtweise ermöglicht wird.
Das Cover ist insgesamt stimmig, nur bis zum Schluss war ich immer der Meinung, dass der Autor wohl "Roman Lukas" heißt...

Bewertung vom 31.05.2021
Letzte Ehre
Ani, Friedrich

Letzte Ehre


sehr gut

Ein düsteres Buch mit einem düsteren Ende - Im Mittelpunkt steht nicht eine Geschichte, sondern das Buch verbinden eher mehrere Erzählungen, die durch einzelne Figuren miteinander verbunden sind. Zentrales Thema ist die Gewalt gegen Frauen - von Missbrauch in der Kindheit bis zur Gewalt aus Eifersucht, die Komissarin selbst scheint auch betroffen.
Die Figuren sind - wie bei Ani nahezu immer - greifbar nahe mit ihren Problemen, nie aber sind sie geradlinig, immer kantig. Gerade die Komissarin hadert mit sich, ihren eigenen Fehler aber auch mit - insbesondere - den Männern und der Welt. Die Geschichte tritt dabei aber eher in den Hintergrund, es sind eher Einzelporträts, die sich im Buch durch einen roten Faden miteinander verbinden.
Sprachlich und in der Betrachtung der Menschen ein tolles Buch, konnte ich es dennoch nicht vorbehaltlos gerne lesen: Zu düster ist die Materie, zu brutal die Teilgeschichten, zu unversöhnlich der Schluss. Der skurille Humor, den Ani zuweilen in der Süden-Reihe entwickelt ist hier leider kaum zu erkennen, ich hätte ihn mir manchmal trotz der Schwere des Buches gewünscht.

Bewertung vom 13.05.2021
Die Geschichte von Kat und Easy
Pásztor, Susann

Die Geschichte von Kat und Easy


sehr gut

Die Geschichte findet auf 3 Ebenen statt: eine in der Vergangenheit, eine in der Gegenwart live und eine in der Gegenwart als Gedankenaustausch auf einem Blog.
Am Ende des Buches bin ich mir nicht sicher, wie ich es gefunden habe: Gut, weil es interessante Fragen stellt, die Freundinnen in ihrer ganzen Verletzlichkeit zeigt, die Rückschau in die 70er plausibel ist, die erneute Annäherung schrittweise gelingt. Aber auch irritierend, weil der Geliebte bis zum Ende überhöht und nur am Rande in Zweifel gezogen wird, auch die Schuld (falls es diese überhaupt gibt) der Protagonistin wird fast nicht mehr in Frage gestellt. Die 3 Ebenen finden am Ende nur teilweise zueinander.
Dennoch ist es ein gut zu lesenden Buch, dass durch den Wechsel der Perspektiven die "was wäre gewesen wenn"-Fragen aufgreift und die Möglichkeit lässt, diese in das eigene Leben zu spiegeln.

Bewertung vom 01.05.2021
Die Toten vom Gare d'Austerlitz
Lloyd, Chris

Die Toten vom Gare d'Austerlitz


sehr gut

"Die Toten vom Gare d'Auterlitz' ist kein klassischer Kriminalroman - auch wenn die Ausgangssituation (Mord - Kommisar - Auflösung) diesem entspricht. Das Buch schildert vielmehr, was Krieg aus den Menschen macht - den Besatzern und den Besetzten, den Flüchtlingen und den Mittätern. Die Stimmung in Paris ist atmosphärisch beschrieben, die Veränderung im Leben auf der Straße, die ständige Angst, vor allem aber die andauernde Unsicherheit. Den Kommisar beschäftigt dies fortwährend - wem kann er trauen? Wem nicht? Kann er sich selbst trauen? Die Auflösung bringt somit letztlich auch keine Erleichterung, Opfer bleiben alle (wenngleich dem Leser zumindest ein bißchen Happy-End gegönnt ist).
So atmosphärisch dicht das Buch, geschrieben ist, so genau die Figuren gezeichnet sind, so sarkastisch-pointiert manche Gedanken des Kommisars sind: Die Geschichte ist nicht immer leicht zu lesen. Zu viele Unsicherheiten und Verwirrungen prägen den Verlauf, am Ende hat der Kommisar Klarheit, der Leser / die Leserin muss aber nochmal in die Irre geleitet werden. Das ist schade und wirkt dann doch zu konstruiert. Alles in allem ein Buch, das man am Besten am Stück lesen sollte und das einem einen dichten Einblick in die Zeit und ein durchaus symphatischen Protagonisten bietet.