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Buchstabenträumerin
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Hier blogge ich über Jugendbücher und Romane der verschiedensten Genres: https://buchstabentraeumerei.wordpress.com.

Bewertungen

Insgesamt 170 Bewertungen
Bewertung vom 24.10.2020
Und in mir ein Ozean
Stephan, Dennis

Und in mir ein Ozean


ausgezeichnet

„Und in mir ein Ozean“ von Dennis Stephan erzählt vom Leben des jungen Außenseiters Arthur. Im Roman begleiten wir den Protagonisten bei seinen Versuchen, sich aus einer gestörten Mutter-Sohn-Beziehung zu lösen und später der Umklammerung der Vergangenheit zu entkommen. Arthur landet in Hamburg, Amsterdam und Berlin. Er trifft Menschen, die es gut mit ihm meinen und Menschen, die ihm nicht guttun. Er verliebt sich, er verwundet andere und wird verwundet. Und immer bleibt er auf der Suche, rastlos, fest im Griff seiner eigenen vermeintlichen Unzulänglichkeiten.

Der Reifeprozess von Arthur umfasst insgesamt vier Stationen. Seine Kindheit verbringt er auf Rügen, wo er mit seiner alleinerziehenden Mutter in einem abgelegenen Haus in den Dünen lebt. Die Inselbewohner begegnen ihnen mit Skepsis, denn die Mutter eckt mit ihrem Glauben und ihrer Weltanschauung an. Die wenigen Freunde die Arthur hat, verliert er und am Ende, kaum dass er volljährig ist, verliert er auch seine Mutter.

Auf sich allein gestellt, ergreift er die Flucht nach vorne. Er landet in Hamburg, wo er als Zivi in einer Pflegeeinrichtung arbeitet. Anschluss findet er auch dort nicht, er bleibt für sich, bis er nach einer Prügelei vom stinkreichen Gunther von der Straße aufgesammelt wird. Gunther nimmt ihn unter seine Fittiche, stattet ihn mit einer Kreditkarte aus und entführt Arthur in die Welt der Schönen und Reichen. Immer tiefer versinkt er in einem Sumpf aus Drogen und Alkohol, genießt es, auf diese Weise seinen Gedanken entfliehen zu können, nur um am Ende zu merken, dass dieses Entkommen nur oberflächlich und unecht ist.

Nach einem tragischen Vorfall und einem Autounfall flüchtet er erneut und wagt einen Neuanfang in Amsterdam. Dort lernt er Daniëlle und Ruben kennen, die ihn bei sich aufnehmen. In Amsterdam dreht sich alles um die Kunst und um die Liebe. Arthur wird Teil der Beziehung, doch nur Ruben wird seine erste große Liebe. Er versinkt in ihr und erlebt den zweiten großen Verlust seines Lebens. Mit gebrochenem Herzen reist er nach Berlin, wo er Fleur kennenlernt und in einem Bioladen jobbt. Die innige Freundschaft zu Fleur und die halbherzige Beziehung zu Thomas, einem Amerikaner, markieren diese Station.

Es sind Zufallsbekanntschaften, die Arthur auf seinem Weg begleiten und die ihn in seiner Entwicklung unterstützen, prägen und herausfordern. Die an dem Kern seiner Schwierigkeiten nagen, die ihn schlussendlich dazu bringen, sich mit seiner Vergangenheit und der Beziehung zu seiner Mutter auseinanderzusetzen. Denn wohin Arthur auch flieht, immer überschattet eine tiefe Traurigkeit all seine Freundschaften und Beziehungen.

In Berlin beginnt er mit einer Therapie und hier wird der Roman richtig intensiv. Die Fäden kommen zusammen, alles, was Arthur in Hamburg, Amsterdam und Berlin erlebt hat, macht auf einmal Sinn. Man leidet mit ihm, man beginnt die vielen Schichten zu sehen, die Arthur sich wie einen Schutzmantel umgelegt hat. Am Ende schließt sich der Kreis, Arthur kehrt nach Hause zurück und hat die Chance, Wunden heilen zu lassen.

Dennis Stephan hat mich mit „Und in mir ein Ozean“ vollkommen gepackt. Ich habe jede Seite geliebt und die Geschichte wird noch lange nachklingen. Neben der Geschichte an sich und der sehr glaubwürdigen und sympathischen Figur von Arthur, hat mir außerdem der selbstverständliche und durchweg offene und vorurteilsfreie Umgang mit Transgender, Homosexualität, jedweden Beziehungsformen und Religiosität sehr gut gefallen. Das sollte heutzutage einfach Standard sein. Hinzu kommt ein Schreibstil, der hier und da vielleicht etwas übertrieben wirken mag, der für mich aber genau die richtige Dosis Gefühl und Tiefgang enthielt. Tiefsinnig und berauschend schön.

Bewertung vom 19.10.2020
Wo einst Leben war
Wanke, Lena

Wo einst Leben war


gut

Mit „Wo einst Leben war“ von Lena Wanke erwartet euch eine Dystopie, die anderen Dystopien in vielerlei Hinsicht ähnelt, die aber dennoch absolut aus der Masse heraussticht. Diese Geschichte ist wahrhaftig düster, hoffnungslos und erbarmungslos. Worum es geht: Die Menschen leben in Hochhäusern im Land Kaimar D., das nach diversen Naturkatastrophen und Kriegen von Götz Kaimar regiert wird. Die Menschen sollen ein sorgloses Leben führen, zahlen dafür jedoch mit dem Verlust jeglicher Selbstbestimmung und Individualität. Von der alten Welt sind nur noch Trümmer übrig, die heiße Sonne hat die Landschaft versengt und alles Lebendige getötet. Durch diese Wüstengegend schleppen sich die Geschwister Jona, Tobias, Luki und Emma sowie Taube, ein kleines Mädchen, das sie unterwegs bei sich aufgenommen haben. Sie fliehen vor einem Leben in den Hochhäusern, sie wollen ihre Freiheit nicht aufgeben. Doch der Preis für diese Freiheit ist ein Leben in ständiger Angst.

Von ihren Eltern haben die Geschwister den Auftrag erhalten, den Weg zu einem sicheren Ort zu finden. Sie haben nur wenige Hinweise und wissen nicht, was sie am Ziel erwartet. Aber sie wissen, dass sie ankommen müssen, um endlich ohne den ständigen Begleiter Angst leben zu können. Und so laufen sie bereits seit vielen Jahren, immer auf der Hut vor anderen Menschen und nur die vage Aussicht auf eine Verbesserung ihrer Lage treibt sie an. Eines Tages verschwindet Tobias, der große Bruder von Jona und ihr Fels in der Brandung. Fortan muss sie die Verantwortung tragen, was ihr zusehends über den Kopf wächst. Als dann auch noch ein Fremder zu ihnen stößt, gerät alles außer Kontrolle.

An einer Stelle im Buch hatte ich mir einen Gedanken aufgeschrieben. Dieser lautete: Dieser Roman ist wie ein einziges langes Sterben, ein Sterben der Welt und ein Sterben der Menschen. Und das bringt mein Empfinden beim Lesen tatsächlich auch rückblickend ziemlich exakt auf den Punkt. „Wo einst Leben war“ ist eine Herausforderung an einen selbst – durchzuhalten, dabei zu bleiben, nicht schwach zu werden und abzubrechen, nicht aufzugeben. Vor allem waren es die verstörenden und emotional krassen Entwicklungen, die sich immer wieder aufs Neue wie ein Tritt in den Magen anfühlten. Hinzu kommen aber auch leider einige Längen, die zum Abbruch verleiten können.

Hält man diese Längen aus, ist „Wo einst Leben war“ ein intensives Leseerlebnis. Das liegt im ausdrucksstarken und dramatischen Schreibstil der Autorin begründet. Sie verliert sich in intensiven Schilderungen der Gemütslage von Jona, sie taucht ein in ihre Hoffnungslosigkeit, ihre Zweifel, ihre Furcht und ihre Trauer. Teils wurde es mir zu viel, ich wollte ihren Gedanken nicht mehr folgen und hielt ihre bedrückenden Emotionen nicht mehr aus. Doch gerade dadurch sticht dieser Roman, wie ich finde, extrem aus dem Genre heraus. Kein Vergleich zu „Die Bestimmung“ von Veronica Roth oder „Die Tribute von Panem“ von Suzanne Collins, wo ich mir immer noch ein klares Gefühl von „das ist Fiktion, am Ende wird es wieder besser“ bewahren konnte. Im Vergleich zu „Wo einst Leben war“ sind genannte Dystopien ein Feuerwerk der Hoffnung.

Was man hier demnach auch nicht bekommt, ist eine auflockernde Liebesgeschichte. Zwar nähern sich zwei Figuren etwas an, doch dies bleibt so sehr eine Nebenhandlung, dass sie quasi nicht ins Gewicht fällt. Unter Umständen liegt das aber auch daran, dass die Nebenfiguren durch die Ich-Perspektive von Jona recht blass bleiben. Die jüngeren Geschwister Emma, Luki und auch Taube sind beinahe durchgehend verängstigt oder besorgt. Darüber hinaus zeigen sie wenige Charakterzüge. Tobias bleibt ein ewiges Geheimnis, er ist zu verschlossen, um mehr von sich preiszugeben, und auch Oliver erlaubt wenig Einblicke in seine Gedanken- und Gefühlswelt. Schade, denn hier andere Blickwinkel kennenzulernen, wäre unter Umständen eine Bereicherung gewesen.

Bewertung vom 15.10.2020
Escape Room Adventskalender. Die drei unheimlichen Geschenke
Eich, Eva

Escape Room Adventskalender. Die drei unheimlichen Geschenke


ausgezeichnet

Jedes Jahr die gleiche Frage: Was kommt in den Adventskalender des Kindes? Oder: Welcher Adventskalender wird für das Kind gekauft? Anstelle von Süßigkeiten oder kleinen Überraschungen erwartet Kinder mit dem „Escape Room Adventskalender: Die drei unheimlichen Geschenke“ von Eva Eich echte Detektivarbeit. Jeden Tag müssen Rätsel gelöst und Codes geknackt werden, um herauszufinden, wer den Weihnachtsmann entführt hat. Schließlich muss er rechtzeitig vor Weihnachten wieder befreit werden! Was der Adventskalender für Kinder bietet und ob er hält, was er verspricht, erfahrt ihr hier.

Wie funktioniert der Adventskalender? Das Grundprinzip ist einfach und es wird auf der ersten Seite kurz und leicht verständlich erklärt. Als Leser lernt man Toni und Luka kennen, die mit ihren Eltern durch die Stadt hetzen, um Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Noch dazu endet der Tag mit einem Streit der Eltern und die Kinder gehen zu Bett. Doch plötzlich befinden sich in ihrem Zimmer drei Geschenke. Wer hat die dorthin gelegt? Und was hat es damit auf sich?

Auf der darauffolgenden Seite gilt es ein Rätsel zu lösen. Es werden drei Lösungsmöglichkeiten vorgegeben hinter denen jeweils ein Bildausschnitt abgebildet ist. Löst man das Rätsel richtig, führt einen der dazugehörende Bildausschnitt zum nächsten Kapitel. Man liest das Buch also nicht Seite für Seite, sondern man springt hin und her. Sollte man mal nicht weiterkommen, helfen Tipps weiter. Das Konzept ist also leicht verständlich und durch die visuelle Aufbereitung für Kinder auch sehr gut begreiflich.

Was steckt drin? Jeden Tag setzt sich die Geschichte rund um Luka und Toni und ihre Mission fort, am Ende folgt das jeweilige Rätsel. Die Rätsel sind sehr vielseitig. Mal gilt es ein Labyrinth zu durchqueren, mal muss mit viel Kreativität ein richtiger Schlüssel gefunden werden, mal fehlen in bekannten Weihnachtsliedern Wörter und Silben, die wiederum zum nächsten Ziel führen.

Können Kinder die Rätsel lösen? Der Escape-Adventskalender erfordert auf jeden Fall Aufmerksamkeit, logisches Denken und Kombinationsfähigkeit. Manche Rätsel sind zwar relativ leicht zu lösen, viele hingegen sind ganz schön kniffelig. Eine gute Mischung, die einerseits Kinder ermutigt, weil sie weiterkommen, andererseits aber auch mal die Geduld herausfordert. Bei einer Altersempfehlung ab neun Jahren ist der Escape-Krimi also anspruchsvoller, kann aber auch von jüngeren Kindern gemeinsam mit den Eltern gelöst werden.

Die Gestaltung ist weitestgehend sehr schön, die Illustrationen erinnern an verträumte Bilderbücher, manchmal kommt ein moderner Touch hinzu. Einige Bilder sind allerdings etwas zu schrill für meinen Geschmack. Hier sehen einzelne Bildelemente wie aufgeklebt aus, es fehlt eine einheitliche Linie. Manche Bilder wirken auf mich wie unfertige Comic-Zeichnungen. Das nicht alles wie „aus einem Guss“ ist, liegt vermutlich daran, dass eine Grafikerin und eine Illustratorin für diesen Adventskalender am Werk waren. Das ist natürlich reine Geschmackssache und fällt in meiner Bewertung nicht weiter ins Gewicht, schließlich soll das Buch ja Kindern gefallen und zur Detektivarbeit animieren.

Stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis? Das Escape-Abenteuer überzeugt in dieser Hinsicht vollkommen. Das Buch ist hochwertig verarbeitet und stabil und mit insgesamt 24 Rätseln für Kinder und auch die ganze Familie eine wunderbare Abwechslung in der Adventszeit.

Der „Escape Room Adventskalender: Die drei unheimlichen Geschenke“ von Eva Eich ist ein tolles Buch für Kinder, die die Adventszeit mit dem Lösen kniffliger Rätsel und einer spannenden Geschichte verbringen möchten. Es ist ideal für Kinder ab neun Jahren und stellt sie vor die eine oder andere Herausforderung. Frust kommt jedoch nicht auf, denn Tipps helfen im Notfall weiter. Eine tolle Idee!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.10.2020
24 Rezepte bis Weihnachten

24 Rezepte bis Weihnachten


gut

Weihnachten naht! Auch wenn wir gefühlt gerade erst den Sommer hinter uns gelassen haben, ist es gar nicht mehr lange hin, bis die Lichterketten in den Fenstern leuchten und sich viele Menschen auf die Weihnachtszeit freuen. Und was wäre ein Dezember ohne Adventskalender? Ich liebe es, jeden Tag ein Türchen zu öffnen oder auf andere Weise eine Überraschung zu erleben. Für alle, die gerne kochen und backen ist da vielleicht der kulinarische Adventskalender „24 Rezepte bis Weihnachten“ eine gelungene Überraschung. Ich habe mir das glitzernde Büchlein genauer angesehen und verrate euch hier, wie es mir gefallen hat.

In dem kulinarischen Adventskalender „24 Rezepte bis Weihnachten“ wurden klassische Weihnachtsrezepte zusammengestellt bzw. Rezepte mit typisch weihnachtlichen Zutaten, und Getränke gehören auch dazu. Das hat mich positiv überrascht, denn die Vorstellung, jeden der 24 Tage aufwändig zu kochen, hätte mich vollkommen überfordert. So wechseln sich vielseitige Gerichte mit leichten Snacks ab und an den übrigen Tagen gönnt man sich einfach mal einen Punsch! Ist es alltagstauglich? Theoretisch wäre es sicherlich zu schaffen, diesen Adventskalender relativ unkompliziert nachzukochen und zu -backen, wenn man denn alle Zutaten parat hat. Doch wahrscheinlich ist es mindestens ebenso schön, sich an einigen Tagen nur inspirieren zu lassen und sich das Rezept für einen der Weihnachtstage vorzumerken.

Was steckt drin? Den Leser erwarten herzhafte Rezepte wie Kürbisnocken, Pilzragout und die für viele obligatorische Lammkeule. Aber auch leichtere Kost ist dabei, wie zum Beispiel gefüllter Chicorée und eine Pastinaken-Cremesuppe. Außerdem kommen angesichts Rosmarin-Zitronen-Küchlein oder Cranberry Shortbread Back-Enthusiasten ebenfalls nicht zu kurz. Dazu gibt es Birnenpunsch, Ingwer-Punsch oder eine mexikanische heiße Schokolade. Die Rezepte sind alle wunderbar weihnachtlich und man kann beim Anschauen der Bilder beinahe schon die Gewürze und Aromen riechen.

Geeignet für Vegetarier und Veganer? Der kulinarische Adventskalender enthält einige vegetarische Rezepte und hier und da lässt sich eine vegetarische Alternative zaubern, indem beispielsweise Speck weggelassen wird. Für Veganer hingegen ist der Adventskalender ungeeignet, da für die meisten Rezepte tierische Produkte benötigt werden. Wer ausschließlich vegetarische oder vegane Inspiration sucht, muss daher auf ein anderes Buch zurückgreifen.

Stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis? Ein Kritikpunkt von mir ist hingegen leider der Preis. Angesichts der insgesamt nur 24 Rezeptideen ist das schmale Buch meiner Meinung nach ziemlich teuer. Ob nun die aufwändige Gestaltung den Preis rechtfertigt, kann ich nicht beurteilen, doch es gibt ebenso hochwertige Kochbücher für weniger Geld oder mit entsprechend mehr Inhalt. Wem die Geste dennoch wichtig ist und wer jemandem (oder sich selbst natürlich) ungeachtet des Preises eine Freude machen möchte, der kann hier unbesorgt zugreifen. Eine passende Weihnachtskarte befindet sich bereits im Rückteil des Buches.

Bewertung vom 30.09.2020
Albas Sommer
Casanova, Claudia

Albas Sommer


ausgezeichnet

Wer auf der Suche nach einem Roman für ruhige und entspannte Herbsttage ist, der sollte zu „Albas Sommer“ von Claudia Casanova greifen. Diese Geschichte lässt einen zum Ausklang des Sommers noch einmal durch Blumenwiesen streifen und Blütenduft schnuppern. Man spürt die Begeisterung der Hauptfigur Alba für die Natur und lässt sich von ihrer Begeisterung anstecken, auch wenn man sich bis dato nicht für die Wissenschaft der Botanik interessiert hat. Darüber hinaus erzählt die Autorin von einer Romanze auf so zarte und dennoch herzergreifende Art und Weise, dass einem nichts anderes übrig bleibt, als hingerissen zu sein. Vor allem aber ist „Albas Sommer“ eine faszinierende Geschichte über eine Frau, die sich mit Feuereifer der Erforschung von Pflanzen verschreibt und sich gesellschaftlichen Konventionen widersetzt.

„Albas Sommer“ ist eine filigrane und unprätentiöse Erzählung und dennoch ist sie auf jeder Seite spannend. Das liegt an der Vielfalt der Themen, die darin mitschwingen. Die Handlung spannt sich von 1875 bis ins Jahr 1888, einer Zeit des technischen Fortschritts und der Forschung. Gleichzeitig feiert Claudia Casanova die Schönheit der unberührten Natur, den Familienzusammenhalt und die Liebe.

Vom Entdeckergeist dieser Zeit trägt Albas viel in sich. Sie liebt die Pflanzen und die Natur, möchte sie erforschen und katalogisieren. Sie möchte die Welt bereisen und sich mit Gleichgesinnten austauschen. Als sie mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester Luisa nach Valdecabriel zieht, einem Ort nahe Teruel in der spanischen Region Aragonien, gibt sie sich ganz ihrer Forschung hin. Vor allem ihre Mutter unterstützt sie und auch ihre Schwester in ihrer Neigung und ermöglicht es ihnen, mit Hilfe des örtlichen Priesters ihre wissenschaftlichen Ambitionen zu vertiefen und professionell auszugestalten.

Der Preister ist es auch, der den deutschen Botaniker Heinrich Willkomm nach Valdecabriel einlädt. Zwischen Alba und Heinrich ist es eine schicksalhafte Begegnung. Durch Heinrich eröffnet sich Alba eine Welt an Möglichkeiten, sie ist mehr denn je davon überzeugt, Wissenschaftlerin werden zu wollen. Heinrich hingegen sieht in ihr eine ebenbürtige Partnerin, mit der er seine Passion teilen kann. Je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto mehr verlieben sie sich ineinander. Doch Heinrich ist verheiratet und Alba einem anderen versprochen.

Daneben kommt es zu weiteren Spannungen. Albas Vater hat in ein fragwürdiges Eisenbahngeschäft investiert und die Familie gerät in finanzielle Schwierigkeiten. Albas Mutter hingegen erkrankt schwer. Diese Tatsachen werden nicht breitgetreten, sie steuern den Verlauf der Geschichte vielmehr auf sehr unaufdringliche Art und Weise. Das gefiel mir außerordentlich gut, denn so konnte ich ganz bei Alba bleiben, in ihrer Welt, bei ihren Emotionen und bei ihrer Entwicklung.

Auch sehr angenehm fand ich die Tatsache, dass Alba in ihrem direkten Umfeld volle Unterstützung und Wohlwollen erfährt. Es wäre einfach gewesen, müsste sie sich gegenüber ihrer Familie behaupten. Zu erleben, wie im Grunde alle Voraussetzungen erfüllt sind und sich manche Träume dennoch nicht erfüllen lassen, ist umso eindringlicher. Besonders erwähnenswert ist hier der Zusammenhalt der beiden Schwestern, deren inniges und vertrauensvolles Verhältnis ohne viele Worte etabliert wird.

Trotz aller Widrigkeiten, mit denen Alba sich konfrontiert sieht, schlägt man dieses Buch am Ende mit einem guten Gefühl zu. Denn man hat so viel durch die Lektüre gewonnen! Man lernt die Natur (neu) lieben, die Strukturen der Blätter, die Zerbrechlichkeit der Blüten. Zumindest in mir hallt der positive Gedanke an die Kraft der Natur sicherlich noch lange nach: „Sie ist willens, so starke Wurzeln zu schlagen, dass die Steine brechen, wie die Saxifraga alba. Sie ist bereit, sich ein Leben von neuer, pulsierender Schönheit zu erschaffen.“

Bewertung vom 12.09.2020
Nach der Sonne
Eika, Jonas

Nach der Sonne


weniger gut

Im Grunde fehlen mir die Worte zu „Nach der Sonne“ von Jonas Eika, der 2019 für seinen Erzählband den renommierten Literaturpreis des Nordischen Rates erhielt. Er gilt als Shooting-Star in Dänemark und wird für sein queeres, sinnliches, bizarres und teils brutales Werk gefeiert. Ich war unendlich neugierig auf dieses Buch, nur um nun vor lauter Fragezeichen zu stehen. Mir wollte sich einfach nicht erschließen, worum es in Eikas Geschichten geht. Was ist die Aussage? Teils erschloss sich mir noch nicht einmal die Handlung vollständig. Zu verworren, unverständlich und verrückt ist sie. Dennoch möchte ich „Nach der Sonne“ nicht unbesprochen lassen, denn wer weiß, vielleicht ist es für den ein oder anderen von euch gerade wegen seiner bizarren Natur genau das Richtige.

Was nehme ich aus „Nach der Sonne“ von Jonas Eika mit? Es ist, als hätte jede Erzählung eine Metaebene, die jegliche Grenzen von Realität, üblichen Normen und Zeit sprengt. Das für sich genommen finde ich unglaublich spannend. Allerdings ist die Entfernung von dem, was realistisch und im gängigen Sinne „möglich“ ist in diesen Erzählungen und für meinen Geschmack so groß, dass ich abgehängt wurde. Die Worte ergaben in meinem Kopf keinen Sinn. Alles erschien mir wie ein großes Mysterium und der Zugang dazu war mir verwehrt. Einzig gegen Ende des zweiten Teils von „Bad Mexican Dog“ gibt es eine Stelle, einen Gedanken, der mich bewegt hat und den ich abschließend teilen möchte: „Alle Dinge sind lächerlich ohne die Sonne. Schattenlose Gegenstände unter freiem Himmel, durchleuchtet und verurteilt zu einem dunklen Leben auf dem Sand, in der Haut, unter dem Meer.“

„Nach der Sonne“ von Jonas Eika ist ein Erzählband, der fünf seltsame und bizarre Geschichten enthält, deren Sinn sich mir weitestgehend nicht erschloss. Der Autor bewegt sich abseits von jeglichen realistischen Ebenen, seine Geschichten verflüssigen sich, formen sich neu, werden zu etwas gänzlich Unterwartetem. An sich ein unglaublich spannendes Konzept, für das ich allerdings nicht die richtige Leserin war.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2020
Die Unschuldigen
Crummey, Michael

Die Unschuldigen


ausgezeichnet

„Die Unschuldigen“ von Michael Crummey ist ein Roman über das Leben und Überleben an der Küste Neufundlands im 18. Jahrhundert. Dort herrscht ein kaltes und raues Klima und was für Erwachsene bereits ein herausforderndes Leben ist, ist es noch viel mehr für Kinder, die gänzlich auf sich allein gestellt sind. So ergeht es Ada und Evered, deren Eltern und kleine Schwester sterben, als sie beide erst elf und neun Jahre alt sind. Sie leben weit abgeschieden von der nächstgelegenen Stadt und wissen nicht mehr als das wenige, was ihre Eltern ihnen beigebracht haben. Sie kennen die Welt jenseits ihres Zuhauses nicht, sie können nicht lesen, nicht schreiben und sie haben keine Vorstellung davon, was es bedeutet Erwachsen zu werden.

Der Autor stammt selbst aus Neufundland und lebt seit 2001 mit seiner Familie in St. John’s, im Südosten der Insel. Umso authentischer sind seine Schilderungen vom kräftezehrenden Fischfang im eiskalten und launischen Atlantik, den langen Wintern und dem täglichen Kampf, genügend zu essen zu haben. Hinzu kommen heftige Stürme, der oftmals beklemmende Alltag in einer kleinen Hütte und die Unmöglichkeit, einander aus dem Weg gehen zu können. Mir gefiel es sehr, die beiden Geschwister auf ihrem Weg zu begleiten, in die Natur einzutauchen, mitzuerleben, wie sie die Veränderung ihrer Körper und Sinne erleben, wie sich ihr Zusammenleben dadurch verändert und wie sie gleichzeitig immer auch in ihrer kleinen vertrauten Welt bleiben.

Die Isolation von Ada und Evered wird nur durch sporadische Begegnungen mit anderen Menschen durchbrochen. Die Kontrastwirkung zwischen der Zivilisation und dem kargen Leben mit äußerst eingeschränkten Möglichkeiten und limitiertem Wissen fand ich sehr faszinierend.

Michael Crummey schreibt im Wechsel aus den Perspektiven von Ada und Evered und so bleibt der Ton insbesondere in Bezug auf die erwachende Sexualität entwaffnend kindlich und unschuldig, beinahe schon naiv. Gleichermaßen hat Crummey aber auch einen sehr poetischen Schreibstil. Insbesondere wenn er von Naturgewalten, vom Tod und von gefährlichen und erschütternden Erlebnissen erzählt, spürt man seine Wurzeln als Dichter. Einzelne Szenen ließen mich daher lange nicht los, insbesondere die im Schiffswrack.

„Die Unschuldigen“ ist ebenso ein Survival-Roman wie auch eine sensible Coming-of-Age Geschichte. Denn während Ada und Evered ihr Leben bestreiten, einen mühseligen Tag nach dem anderen, sich aufeinander verlassen und einander brauchen, verändert sich schrittweise die Beziehung der Geschwister. Ängstlich und verunsichert erleben sie den Beginn der Pubertät, sie wurden niemals aufgeklärt und die neuen Empfindungen sind ihnen ein Rätsel.

Assoziationen zu „Die blaue Lagune“ mögen naheliegend sein, doch ist dieser Roman gänzlich anders, denn es geht dem Autor nicht allein um die Beziehung der Geschwister: „I don’t want it to be the incest book“, sagte er in einem Interview im Hazlitt Magazine. Vielmehr sei es ihm wichtig gewesen, eine Geschichte über eine Kindheit auf Neufundland zu schreiben, nur dass diese unter extremen Umständen erlebt wird: „So I kind of thought about it, as a story about childhood. I just tried to write them as real children in extreme circumstances.“ Und das ist ihm gelungen, finde ich.

„Die Unschuldigen“ von Michael Crummey ist eine beklemmend-beeindruckende Schilderung eines rauen Überlebenskampfes auf Neufundland. Die Landschaft, die Arbeit und die Lebensbedingungen faszinieren, während die Geschichte der Geschwister Ada und Evered berührt. Ein intensiver und empfehlenswerter Roman.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.08.2020
Rowan & Ash
Handel, Christian

Rowan & Ash


ausgezeichnet

Habt ihr schon einmal einen Fantasyroman gelesen, in dem der Held sich nicht in die Prinzessin verliebt, sondern in den Königssohn? Mit seinem Jugendbuch „Rowan & Ash – Labyrinth aus Schatten und Magie“ schlägt Autor Christian Handel genau diesen Weg ein und hat mich mit seiner queeren Liebesgeschichte komplett begeistert. Doch nicht nur dieser Aspekt ist großartig, sondern auch das ganze Drumherum ist stimmig: Der Plot, die Figuren, das Setting, der Schreibstil. Ein Roman voller Abenteuer, Herz und Humor.

Die Geschichte wird insbesondere von der Figur Rowan getragen. Als Leser ist man ganz nah dran an seinen Gefühlen, Gedanken, Ängsten und Sorgen. Er befindet sich auf dem Weg zur Kronprinzessin Alyss, seiner Verlobten, und er ist überzeugt, seiner Verpflichtung nachkommen zu wollen. Gleichzeitig ist da sein Herz, das beim Anblick von Königssohn Ash einige Kapriolen schlägt. Doch Männer, die andere Männer lieben, werden geächtet, ausgestoßen und beschimpft. Diese Neigung ist demnach falsch und gegen die Natur, dessen ist sich Rowan sicher. Er hadert mit seinem Schicksal und versucht, Ash zu vergessen. Ich litt sehr mit ihm, denn jegliche Zweifel von Rowan lassen sich vollkommen nachempfinden.

Der innere Konflikt existiert ganz klar nicht (nur) der Dramaturgie wegen, man spürt, dass Christian Handel das Thema Queerness wichtig ist. Sanft, einfühlsam, respektvoll und ernsthaft beschreibt er, wie sich Rowan zu Ash hingezogen fühlt und wie vehement er versucht, sich gegen diese Gefühle zu wehren. Es ist sofort klar, dass es dem Autor nicht um den Reiz einer verbotenen Liebe geht. Das hebt „Rowan & Ash“ sehr von vielen Young und New Adult Romanen ab, in denen genau solche verbotenen Lieben eine Rolle spielen. Das hat natürlich eine absolute Daseinsberechtigung, doch der sensible Umgang mit dem Thema ist schon etwas Besonderes.

Auch wenn man es jetzt anders vermuten mag, die Liebesgeschichte nimmt nicht überhand. Sie ist sehr angenehm dosiert und harmonisch im großartigen Plot eingewoben. Einem Plot, der gegen Ende übrigens mit einem extrem unerwarteten Twist überrascht! Das hatte ich nicht kommen sehen.

Doch zuvor stehen die Regierenden des Landes vor einem großen Problem: Die Magie auf der Insel Iriann hat seinen Ursprung im Schattenlabyrinth, einem einst von Elfen erbauten, herrlichen Schloss, von dem nunmehr nichts als eine verkohlte und unheimliche Ruine übrig geblieben ist, in dem die Schwarze Königin in einem tiefen Schlaf liegt. Wenn sie sich regt, rollen Wellen von Magie durch das Land, durch die wertvolle Artefakte der Elfen aufgeladen werden, die sich die Menschen zunutze gemacht haben. Gleichzeitig aber streifen vermehrt Schattenkreaturen durch das Land und der Hexenbrand, eine tödliche Krankheit, breitet sich aus.

Nun droht die Schwarze Königin tatsächlich aufzuwachen und eine Entscheidung muss getroffen werden. Soll das Labyrinth versiegelt werden, so dass auch die Quelle der Magie versiegt, oder sollte man das Risiko eingehen abzuwarten?

Ab der Hälfte entwickelt „Rowan & Ash“ eine ungemein starke Sogkraft. Sowohl die Geschichte als auch die Beziehung von Rowan und Ash gewinnen immer mehr an Kraft und Intensität. Die beiden sind beinahe die neuen Magnus und Alec! Zudem gewinnt man nicht den Eindruck, man habe dergleichen schon tausendmal gelesen. Das liegt maßgeblich daran, dass der Autor von gängigen Klischees Abstand hält, seine Figuren sind individuell, ebenso wie der Plot zu überraschen weiß. Einziger Kritikpunkt ist das etwas abrupte Ende. Hier hätten durchaus noch einige weitere Szenen folgen können, damit die Geschichte richtig ausklingt. So wirkte es auf mich unvollständig, da viele Konflikte ungelöst bleiben. Andererseits bleibt so natürlich Raum für die eigene Fantasie.

Bewertung vom 11.08.2020
Kein Weg zurück / Elbendunkel Bd.1
Fischer, Rena

Kein Weg zurück / Elbendunkel Bd.1


ausgezeichnet

Rena Fischer hat mit „Elbendunkel: Kein Weg zurück“ den Auftakt eines neuen dystopischen Fantasyromans geschrieben. Gewohnt temporeich und fesselnd erzählt sie von einem San Francisco im Jahre 2044, einer Zeit, in der Elben und Menschen zusammenleben. Doch über die Jahre hinweg haben sich die Spannungen zwischen beiden Spezies verhärtet und Luz wächst in einer Welt auf, in der besonders Dunkelelben gefürchtet und unterdrückt, Lichtelben hingegen geduldet werden. Rassismus ist an der Tagesordnung. Doch davon bekommt Luz, Tochter des Chefs der Elbensicherheitsbehörde wenig mit, bis sie auf ein verhängnisvolles Date mit Lichtelben-Mischling Niall geht und dort dem geheimnisvollen Darel begegnet.

„Elbendunkel: Kein Weg zurück“ ist klassische Romantasy. Schon das wunderschöne Cover weckt, wie ich finde, genau die passenden Erwartungen. Die Story ist komplex und spannend. Vor allem das Thema Rassismus sowie damit verbundene Vorurteile, Fehlinformationen und Machtspiele stehen im Mittelpunkt. Dunkelelben werden in der Gesellschaft als gefährlich und bösartig dargestellt und mit einem Chip versehen, der ihren Aggressionsgrad misst. Wird ein Wert überschritten, kann ein im Chip befindliches Gift den Dunkelelben töten. Einige Szenen und Aussagen empfand ich beinahe als zu extrem für ein Jugendbuch. Doch die Autorin balanciert die Themen letztendlich gut mit Romantik und Fantasy aus, so dass sie zwar ernsthaft behandelt, aber für die Zielgruppe nicht übermächtig düster und gewalttätig werden.

Der Plot entwickelt sich typisch für einen romantischen Fantasyroman. Luz wird aus ihrem behüteten und privilegierten Leben gerissen und befindet sich von jetzt auf gleich in einer Ausnahmesituation. An ihrer Seite hat sie den gutherzigen Niall sowie Bad Boy Darel, den sie trotz ihrer berechtigten Abneigung (natürlich) sehr interessant findet. Darel selbst ist undurchschaubar, er verfolgt eine eigene Agenda und lässt sich nicht in die Karten blicken. Gemeinsam versuchen sie einen Ausweg aus der prekären Lage zu finden, in die sie ein gelüftetes Geheimnis rund um Luz‘ Identität gebracht hat.

Wie zu erwarten, bahnt sich im Roman eine Liebesgeschichte bzw. Dreiecksgeschichte an. Diese drängt sich jedoch bislang nicht zu stark in den Vordergrund, was ich angenehm fand. Die Figur von Luz hat es mir nicht ganz einfach gemacht, sie zu mögen. Mal ist sie naiv und hilflos, dann wieder aufbrausend, selbstbewusst und willensstark. Diese Wechsel waren mir teilweise zu abrupt, mir hätte eine konsistentere bzw. weniger rasante Entwicklung besser gefallen. Doch insgesamt trägt Luz die Geschichte gut, man kann sich in sie hineinfühlen und möchte sie auf ihrem Weg begleiten. Auch Darel ist durchaus interessant, doch für meinen Geschmack etwas zu sehr der typische Bad Boy. Niall wiederum wirkt auf den ersten Blick wie der Gute, doch er hat eigene Ziele im Blick, er ist nicht nur der zuverlässige Junge von nebenan. Die Vielschichtigkeit dieser Figur gefiel mir am besten. Im Zusammenspiel ergeben die Figuren eine spannende Kombination.

Rena Fischer schreibt wie immer sehr angenehm. Ihre Dialoge sind humorvoll und es entstehen absolut keine Längen, was bei einem Roman dieses Umfangs nicht selbstverständlich ist. Zudem bringt Rena Fischer viel Gefühl in „Elbendunkel: Kein Weg zurück“, indem sie äußerst eindringliche und bildstarke Metaphern verwendet. Für mich waren die Formulierungen zwar teils zu dramatisch, ich hätte die Emotionen gerne mehr zwischen den Zeilen herausgelesen, doch für Romantasy und die Zielgruppe hat die Autorin alles richtig gemacht.

Fazit

„Elbendunkel: Kein Weg zurück“ von Rena Fischer ist eine temporeiche und fesselnde Romantasy-Geschichte, die mich wunderbar unterhalten hat. Wer dieses Buch liest, darf sich auf einen spannenden Plot freuen, der sich in vielerlei Hinsicht im klassischen Rahmen des Genres bewegt, aber auch absolut zu überraschen vermag. Ich freue mich auf Band 2!

Bewertung vom 17.06.2020
Wild
Blix, Ella

Wild


gut

In ihrem neuen Roman „Wild. Sie hören Dich denken“ entführt uns das Autorinnen-Duo Ella Blix in die Wildnis, genauer gesagt in die Sächsische Schweiz. Um die Natur geht es, um Wälder und Tiere, und um vier jugendliche Straftäter, die in dem Camp „Feel Nature“ ihren Sommer verbringen sollen. Doch irgendetwas geht im Wald nicht mit rechten Dingen zu… Hier erfahrt ihr, was mich an der Geschichte begeistern konnte, was mich weniger überzeugte und weshalb ihr den Klappentext auf keinen Fall lesen solltet. Denn die sind zwar wunderbar dazu geeignet, einen ersten Einblick in den Roman zu bieten, in diesem Klappentext wird meinem Empfinden nach jedoch bereits zu viel verraten. Dies nimmt dem Roman leider einen immensen Teil der Spannung.

Im Roman geht es um Noomie, Olympe, Flix und Ryan aus Berlin, vier Jugendliche, die aus den verschiedensten Gründen im Camp landen. Die erfahren wir erst im Verlauf der Geschichte, doch eines erfahren wir direkt zu Beginn: Noomie legte es darauf an, in das Camp geschickt zu werden, denn sie möchte herausfinden, was im letzten Sommer mit ihr geschah, an jenem Tag, an den sie sich nicht mehr erinnern kann. Als Leser begleiten wir die Jugendlichen in wechselnden Perspektiven, was einem einen schönen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt jedes Einzelnen ermöglicht. Ryan, der Jüngste der Gruppe, war mir dabei am sympathischsten, seine Figur ist meiner Meinung nach auch am besten ausgearbeitet. Noomie hingegen wirkte auf mich eher eindimensional und wenig greifbar, auch wenn sie die Hauptfigur ist. Doch insgesamt sind die Figuren derart individuell, dass man die Passagen aus der jeweiligen Perspektive gerne liest.

Das liegt zu großen Teilen auch am Schreibstil von Tania Witte und Antje Wagner. Sie verstehen einfach ihr Handwerk. Die Dialoge sind frisch und authentisch, außerdem erschaffen sie eine wundervolle Atmosphäre. Der Wald ist einem als Leser so nah, dass man meint ihn zu sehen, zu riechen und zu spüren. Und das ist ungeheuer wichtig, denn der Wald mit all seiner Flora und Fauna spielt eine essentielle Rolle in der Geschichte. Zudem verändert sich die Natur in der Wahrnehmung der Jugendlichen im Verlauf der Geschichte. Erst ist sie ihnen, den Kindern aus der Großstadt, lediglich fremd und suspekt, dann wird sie bedrohlich und schlussendlich gewinnt sie noch eine ganz andere Bedeutung. Sehr gut umgesetzt.

Die atmosphärischen Beschreibungen der Natur tragen daher sehr zur Spannung bei, die das Duo Ella Blix grundsätzlich von Anfang bis Ende halten kann. Nichtsdestotrotz gab es meinem Empfinden nach ein paar Längen. So sind einige Szenen sehr weitschweifig und manchmal stehen die Figuren, um es mal platt zu sagen, ganz schön auf dem Schlauch. Ich wurde ungeduldig und wartete zappelig darauf, dass sich die Dinge weiterentwickeln. Hätte den vier Jugendlichen beispielsweise nicht schon viel eher auffallen müssen, dass etwas mit ihnen passiert? Hätten sie nicht vehementer versuchen müssen, dahinterzukommen? Und müssen die Szenen im Bauwagen wirklich so ausführlich sein? Natürlich wird hier ein wesentlicher Aspekt des Romans beleuchtet, doch statt einer weit ausholenden Erläuterung hätte mir auch ein klares „so und so funktioniert es“ genügt. Wer es gelesen hat, wird wissen, welche Szene ich meine.

Was mir hingegen sehr gefiel, war die Bedeutung von Freundschaft und Zusammenhalt. Zu Beginn ist nicht damit zu rechnen, dass diese vier sehr unterschiedlichen Charaktere Freunde werden können, doch die Art, wie sie sich einander annähern, einander zu verstehen beginnen, Mitgefühl entwickeln, das hat mich berührt. Auch berührt hat mich die Idee der Geschichte, das große Ganze, das dahintersteht. An dieser Stelle möchte ich nicht weiter ausführen, denn das würde zu viel verraten, doch sagen wir es so – dass „Wild. Sie hören Dich denken“ auf Umweltpapier gedruckt und mit dem BLAUEN ENGEL zertifiziert wurde, hat Hand und Fuß. Gerne mehr Geschichten, die sich auf solch feinfühlige Weise dem Thema Natu