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Lesehonig
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 21.12.2023
Monsieur le Comte und die Kunst der Täuschung / Monsieur le Comte Bd.2
Martin, Pierre

Monsieur le Comte und die Kunst der Täuschung / Monsieur le Comte Bd.2


ausgezeichnet

Im sonnigen Süden von Frankreich wohnt ein außergewöhnlicher Mann. Lucien Comte de Charcarasse ist der Träger eines schaurigen Erbes. Für seine Mitmenschen ist er der wunderbare Patron eines schmucken Restaurants. Doch tatsächlich sind die Männer in seiner Familie Auftragskiller. Am Sterbebett seines Vaters musste er diesem versprechen die Tradition fortzuführen. Doch Lucien ist von anderer Sorte und will niemanden töten. Um jedoch vor seinem Onkel den Schein zu wahren, lässt er sich kreative und abenteuerliche Szenarien einfallen, um allen gerecht zu werden.
Was für eine außergewöhnliche und witzige Story! Lucien ist ein richtiges Schlitzohr. Mit viel Charme umgarnt er nicht nur die Frauen in seinem Umfeld. Wie ein Eiskunstläufer dreht er seine Pirouetten, um alle Unwägbarkeiten zu umschiffen. Dabei sind seine Coups unvorhersehbar und spektakulär. Ich liebe es in einer Geschichte so überrascht zu werden. Auch die Nebenfiguren sind einzigartige und sehr smarte Charaktere, die man nicht unbedingt alle mögen muss, der Geschichte aber weitere Würze verleihen. Dies war der zweite Band dieser neuen Südfrankreich-Reihe. Ich habe jedoch keine Informationen vermisst. Man kann die Bücher auch gut einzeln lesen. Eine tolle Reihe die ich weiterverfolgen werde.

Bewertung vom 13.12.2023
Das einzige Kind
Lind, Hera

Das einzige Kind


ausgezeichnet

Völlig abgeschieden lebt der kleine Djoko mit seinen Eltern in einem Häuschen im Wald im ehemaligen Jugoslawien. Doch schon bald wirft der Zweite Weltkrieg seine Schatten über das karge Bauernleben. Verzweifelt versuchen die Eltern mit dem 5-jährigen zu fliehen, geraten aber schon bald zwischen die Fronten verfeindeter Volksgruppen. Während alle die der kleine Junge liebt, dem Krieg zum Opfer fallen überlebt er auf ganz unglaubliche Weise. Immer wieder nehmen sich Menschen dem Kind an und retten ihm mehrfach das Leben. Getrieben von einem unsagbaren Überlebenswillen und mit der Kraft extremer Anpassungsfähigkeit geht Djoko seinen Weg durch halb Europa.
Diese Kriegsgeschichte ist einzigartig und steht doch für so viele Geschichten, Kinder und Länder in denen ähnliches Leid herrscht. Djokos Geschichte macht einen demütig und sprachlos und Hera Lind beweist hier wieder Einfühlungsvermögen, Empathie und Wortgewandtheit. So werden einem die grausamen Ereignisse, die dieses Kind durchleben musste, schmerzhaft bewusst. An mancher Stelle musste ich das Buch weglegen und tief durchatmen, an andere Stelle flossen bei mir die Tränen und dennoch wollte ich genau hinhören und mitfühlen. Denn was kann man Menschen, die solches Leid erfahren haben, schon geben als unser Mitgefühl und unsere Aufmerksamkeit? Ich finde es ganz großartig, dass uns die Autorin diese Geschichte zugänglich gemacht hat und Djoko uns nach so langer Zeit seine Geschichte erzählt hat. Sie sollte niemals verloren gehen.

Bewertung vom 30.11.2023
Der Kaninchenstall
Gunty, Tess

Der Kaninchenstall


sehr gut

Ein großes Apartmenthaus in Vacca Valley ist Schauplatz für ein bizarres Spektakel. Unterschiedlichste Menschen sind hier gestrandet. Manche glücklich, manche zutiefst verstört oder abgelöscht. Wie in einem Zoom bewegen wir uns von Apartment zu Apartment und tauchen in ihre Geschichten ein. Im Zentrum steht die 19-jährige Blandine. Völlig aus der Bahn geworfen durch eine Liebesgeschichte mit ihrem Highschool Lehrer klammert sie sich fanatisch an die heilige Hildegard von Bingen. Während die Hitze des Sommers alles lähmt, lernen wir weitere Nachbarn von Blandine kennen. Oft nicht minder skurril und mit absurden Gedankengängen bestückt.
Ich habe doch ziemlich lange für dieses Buch gebraucht. Denn es war keine leichte heitere Literatur, sondern ziemlich schwere Kost. Die vielen Preis und Lobhymnen auf die Autorin Tess Gunty kann ich durchaus nachvollziehen. Ihre Wortgewalt ist ziemlich beeindruckend und sie schlägt einem mit hoher Frequenz unglaublich bizarre und spektakuläre Sätze um die Ohren. Die Gedankengewitter die ihre Protagonisten erschaffen sind erschlagend und predigtgleich. Die Geschichte selbst war mir doch etwas zu absurd und an mancher Stelle zu schräg. Immer wieder musste ich das Buch zur Seite legen, da ich es als belastend empfand. Ein Fazit fällt hier schwer, denn obwohl mir die Geschichte nicht gefallen hat, ist es doch meiner Meinung nach richtig gute Literatur. Ich bin sehr gespannt auf weitere Romane aus der Feder von Tess Gunty.

Bewertung vom 28.11.2023
Da bin ick nicht zuständig, Mausi
Conny from the block

Da bin ick nicht zuständig, Mausi


ausgezeichnet

Was haben wir doch alle unsere Meinung von Beamten. Und was glauben wir doch, was da auf dem Amt abgeht. Conny ist so eine von den Beamtinnen. Sie lebt in Berlin Gropiusstadt und arbeitet in einer Berliner Behörde. In ihrem Buch nimmt sie uns mit durch den täglichen Amtswahnsinn. Ihre Kolleginnen symbolisieren typische Charaktere wie man sie wahrscheinlich in jedem Büro findet: eine motzige Giesela, die Mir-doch-allet-ejal-Doris, eine in sich ruhende Petra, die übermotivierte Führungskraft Ronja, die es allen recht machen wollende Dilara und die typische mitt40er-Beamtin Conny.
Bevor ich das Buch lass, hatte ich noch nichts von Conny gehört, habe jetzt aber ihren Instagram-Account für mich entdeckt. Hier lässt sie die Puppen tanzen und stellt ihre Charaktere mit viel Charme und Filter vor. Zum schreien komisch. Da ich selbst in einem Amt arbeite, muss ich leider zugeben: Jenau so isset! Das ist keine Satire, sondern mein täglicher Alltag. Und da ich die meiste Zeit meines Lebens selbst in Neukölln Gropiusstadt gelebt habe, kann ich sagen, auch das Bild, dass hier gezeichnet wird ist wirklich gut getroffen. Sehr sympathisch und komisch die Conny. Du bereicherst meinen Arbeitsalltag! Ick sach Danke, wa! Weitermachen! Is jenemicht!
Müssta ma lesen Leute!

Bewertung vom 18.11.2023
Verlogen / Mörderisches Island Bd.2
Ægisdóttir, Eva Björg

Verlogen / Mörderisches Island Bd.2


ausgezeichnet

Die alleinerziehende Mutter Marianna verschwindet spurlos. Aber irgendwie scheint es, als wurde es niemanden wirklich kümmern. Selbst die 15-jährige Tochter Hekla, ist eher froh nun dauerhaft bei ihren Pflegeeltern bleiben zu dürfen. Als in einer Höhle im Lavafeld Mariannas Leiche gefunden wird, bringt dies nun doch die Polizei auf den Plan. Die junge Polizistin Elma geht dem Fall nach und trifft auf viel Schweigen, Wut und Trostlosigkeit.
Ich war schon lange nicht mehr so begeistert von einem Krimi. Die Stimmung in diesem Buch hat es mir total angetan. Schon früher habe ich gerne skandinavische Krimis gelesen. Doch waren die oft ziemlich gewalttätig und roh. Dieser hier ist geprägt von leisen ruhigen Tönen, ohne Gewaltexzesse oder blutigen Szenen. Hier bringt eher das Ungesagte und Angedeutete die Gänsehaut zum Wachsen. Obwohl doch etwas Düsteres und Bedrückendes nicht unbedingt meine bevorzugte Lektüre für den November ist, war dieses Buch gerade jetzt genau das richtige für mich. Denn die Isländer zeigen uns wie man auch im grauen Winter glücklich sein kann. Unter anderem mit einem Gläschen Rotwein im Whirlpool auf der Terrasse unter einem strahlenden Sternenhimmel. Dieser Islandkrimi war für mich ein absolutes Jahreshighlight und eine tolle Entdeckung. Ich freue mich schon auf die kommenden Bände dieser Reihe.

Bewertung vom 31.10.2023
Die drei ??? Der Tag der Toten
Sonnleitner, Marco

Die drei ??? Der Tag der Toten


ausgezeichnet

Der neuste Fall der drei Detektive beginnt auf einem Friedhof. Peter ist dort in den späten Abendstunden mit seinem Schulkurs versammelt, als plötzlich unheimliche Dinge vor sich gehen und sie Einbrecher stören, die Rätselhaftes suchen. Denn was gibt es schon zu holen auf einem Armenfriedhof? Wenig später treffen die drei ihren neusten Klienten Linus. Der ist völlig verzweifelt, da er von einem unheimlichen Skelett heimgesucht wird. Es lauert ihm überall auf und versetzt ihn in Angst und Schrecken. Und wir wären hier nicht bei den drei ??? wenn nicht alle Fäden zusammenlaufen würden.
Mein Sohn und ich haben dieses Buch zusammen gelesen und fanden es großartig. Dies ist mal wieder ein sehr gelungener Fall für die drei Detektive. Der gewohnte Gruselfaktor ist ebenso dabei wie ausreichend Spannung und Rätselfieber. Der arme Peter musste wieder so einiges durchmachen und Justus behielt wie immer als einziger die Nerven. Die Friedhofsszenen waren halloweenwürdig und die Frotzeleien der drei schmunzelreif. Für uns zum Start in die Halloweensaison perfekt!

Bewertung vom 28.10.2023
Marthas Geheimnis / Die Zuckerbaronin Bd.1
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Marthas Geheimnis / Die Zuckerbaronin Bd.1


ausgezeichnet

Die Schwestern Martha und Gwendolin Schinder sind die Töchter des Schmugglerkönigs vom Bayrischen Wald. Saccharin war das Schmuggelgut um 1908. Der Zucker des armen Mannes. Während der teure Zucker die Industriellen zu Geld und Wohlstand brachte, waren die Ärmeren auch auf die Süße erpicht. Als 1878 die Chemiker Fahlenberg und Remsen den künstlichen und günstigen Süßstoff Saccharin entwickelte, entspann sich ein Machtkampf zwischen den Interessensgruppen. Das Saccharin wurde in Deutschland verboten und so entspann sich ein reger Schwarzmarkthandel. Während Martha wild und märtyrerisch ihren Vater auf den Schmuggelfahrten begleitet, ist die stille Gwendolin gegen das Treiben. Als die Schwestern beim Erntedankfest den Industriellensohn Alexander kennenlernen, müssen sie ihr Geheimnis unbedingt wahren und dennoch ihr Glück finden.
Wieder einmal wurde ich in ein Stückchen Geschichte entführt, dass mir völlig unbekannt war. Durch die Figuren des Romans wurde der historische Hintergrund so lebhaft, dass ich ihn sicher nicht vergessen werde. Unglaublich wie doch schon damals die Interessen der reichen Bevölkerung im Mittelpunkt auch der Gesetzgebung standen. Die Schwestern fand ich obwohl sehr unterschiedlich, gleichermaßen liebenswert. Eine wirklich zauberhafte Geschichte mit historischem Hintergrund, der uns die Menschen dieser Zeit sehr nahebringt. Ich werde meinen Tee künftig mit mehr Würde süßen.

Bewertung vom 24.10.2023
Der Geruch von Ruß und Rosen
Rabinowich, Julya

Der Geruch von Ruß und Rosen


sehr gut

Obwohl sie nun endlich in Deutschland in Sicherheit lebt, findet Medina keine Ruhe. Ihr Vater befindet sich noch immer in dem Land, aus dem sie ihre Flucht angetreten haben. Medina versucht in ihrer neuen Heimat zur Ruhe zu kommen und Pläne für die Zukunft zu machen, doch sie weiß wirklich Ruhe kann sie erst finden, wenn sie weiß, was aus ihrem Vater geworden ist. Also macht sie sich heimlich auf die Suche nach ihm und kehr zurück in ihr Heimatland. Begleitet wird sie dabei von ihrer Tante Amina, die auch erst Ruhe finden kann, wenn sie mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen hat.
Diese Geschichte steht für so viele Flüchtlingsgeschichten. Der Leser erfährt deshalb keine näheren Einzelheiten über das Land, aus dem die Familie floh. Andere Leser unserer Leserunde machten mich darauf aufmerksam, dass es sich bei diesem Buch um den dritten Teil der Geschichte handelt. Das erklärte mir dann auch, warum ich manche Beziehungen zwischen den Protagonisten nicht verstanden habe und manche Figuren rätselhaft für mich blieben. Hier wäre ein Hinweis im Klappentext sehr hilfreich gewesen. Obwohl der Schreibstil sehr einfach und schlicht ist, wird man doch immer wieder von starken Sätzen überrascht die einen berühren. Erst sehr spät habe ich verstanden, dass die Geschichte in Form eines Tagebuches geschrieben ist. Das fand ich dann stilistisch wieder sehr gelungen. Die Geschichte von Medina und ihrer Familie steht stellvertretend für so viele Flüchtlingsschicksale unserer Zeit. Für Menschen die traumatisiert und entwurzelt versuchen in der Fremde Fuß zu fassen. Ein wichtiges Buch für unsere Zeit und unsere Gesellschaft. Ich empfehle jedoch die Vorgängerbände „Dazwischen: ich“ und „Dazwischen: wir“ zu lesen, um sich im Leben von Medina besser zurecht zu finden.

Bewertung vom 17.10.2023
Geheimnisse um das Märchenschloss
Benke, Alexandra

Geheimnisse um das Märchenschloss


ausgezeichnet

Ein Bauernhof im Allgäu ist der Schauplatz eines spannenden Abenteuers für die vier Kinder Lotta, Rosalie, Tim und Xaver. Neben vielen Tieren, die die Kinder begeistern entdecken sie auf dem Hof auch ein geheimnisvolles Bergkristall-Zimmer und dessen Besitzer den Jungen Friedrich. Dieser ist irgendwie anders als andere Kinder. Er strahlt etwas Besonderes aus, dass merken nicht nur die vier Freunde, sondern auch ein zuerst gefährlich wirkender Hund, der in Friedrichs Gegenwart friedlich wird. Rund um das Schloss Neuschwanstein erleben die Kinder viele aufregende Ferientage und Abenteuer. Wer bereits einmal in dieser Gegend war, weiß welche Mystik und Faszination von dem Schloss und den Sagen rund um das Schloss ausgeht. Dieses Gefühl hat die Autorin ganz wunderbar eingefangen und in eine aufregende Geschichte verpackt. Ich habe das Buch zusammen mit meiner 9-jährigen Tochter gelesen und sie hat es total geliebt. Die Geschichte war spannend und das Setting einfach traumhaft! Total nach unserem Geschmack! Sehr gut haben uns auch die Illustrationen gefallen. Sie haben die geheimnisvolle Stimmung greifbar gemacht und Rosalie, Tim, Xaver und Lotta lebendig. Ein tolles Familienbuch, nicht nur für die Urlaubsreise ins Allgäu, sondern einfach auch zum dahin träumen.

Bewertung vom 08.10.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


sehr gut

Ein langes Leben ist nun vorbei. Doch war es erfüllt? Ja, es war erfüllt von einem Wunsch, der nie in Erfüllung ging- Eigentum zu besitzen. Wolf Haas schreibt ein sehr persönliches Buch, über sein 1923 geborene Mutter. Angetrieben von dem Wunsch ein Haus oder Wohnung ihr eigen nennen zu können, kämpft sie sich durch die unterschiedlichsten Arbeitsstellen und sammelt so immer mehr Wissen und Können an. Und auch Geld kann sie durch viel Sparsamkeit anhäufen. „Doch dann kam die Inflation und das ganze Geld war weg!“ Ist ein Satz, der sich durch das schmale Büchlein schlängelt und an vielen Stellen seinen Kopf herausstreckt. Verbittert und hart ist die Mutter über die Jahre geworden. Immer in der Erkenntnis bis zum Tod hinter einem unerfüllten Wunsch hinterhergejagt zu sein. Überraschend vertraut war mir diese Jagd doch aus meiner eigenen Familiengeschichte. Generationen, die sich abmühten, vom Munde absparten und denen doch am Ende nichts übrig blieb außer Resignation. Und wie ist es mit uns? Die wir auf die nächste Beförderung hoffen, auf mehr Gehalt und die Wünsche, die man sich damit erfüllen kann und dann erschrocken feststellen, dass die Inflation am Ende nicht mehr übriglässt als vorher. Es ist nur ein kurzer Einblick, den wir von den vielen Jahrzehnten Leben der Mutter erhaschen können, und doch reduziert auf das eine große Dilemma des Lebens, nämlich nie genug zu bekommen zu haben und zu besitzen. Und während der eine Verbittert ist, ist dies vielleicht gerade das, was den anderen weitertreibt.