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Martinchen
Wohnort: 
Magdeburg

Bewertungen

Insgesamt 44 Bewertungen
Bewertung vom 13.03.2024
Der Fluss der Erinnerung
Flanagan, Kelly

Der Fluss der Erinnerung


ausgezeichnet

Kelly Flanagan erzählt in seinem gelungenen Debütroman Elijah Campbells Geschichte. Elijah steht kurz davor, alles zu verlieren, was ihm wichtig ist, seine Familie, seine Karriere und seinen Glauben. Er scheint am Tiefpunkt angekommen zu sein. Als er in einem immer wiederkehrenden Albtraum die Brücke seines Heimatortes als Teil seiner Vergangenheit erkennt, kehrt er dorthin zurück und stellt sich seinen Erlebnissen.

Diesem Roman merkt man die Fachkenntnis des Psychologen Flanagan an. Sein Wissen und seine Erfahrung fließen in die Geschichte ein und machen sie nicht nur lebendig, sondern führt zu Erkenntnissen des eigenen Wachstums. Natürlich ist Elijahs Geschichte nicht auf jeden übertragbar, zwischenmenschliche Beziehungen und ihre Probleme hat jedoch jeder von uns und kann auf diese Weise lernen.

In einem wunderbaren Stil mit vielen Wendungen wird Elijahs Geschichte und seine Probleme deutlich. Gut gefallen haben mir die imaginären Gespräche, die Elijah mit längst verstorbenen Verwandten führt. Dabei stößt er auf einen Satz, dessen Bedeutung ihm erst jetzt aufgeht und er versteht, dass sein Onkel seine eigene Unzulänglichkeit erkannt und benannt hat. Elijah hat Freunde, Freunde, die sein jahrelanges Schweigen hinnehmen, die für ihn da sind und ihm helfen, Einsichten zu gewinnen. Für ihn (und nicht nur für ihn) ist ein sehr wichtiger Aspekt, sich auch mit den eigenen Problemen und Unzulänglichkeiten angenommen zu fühlen, Eingeständnisse machen und Lügen aufdecken zu können, ohne befürchten zu müssen, seine Freunde zu verlieren.
Der Glaube spielt, wie eingangs erwähnt, eine große Rolle.

Das Cover spiegelt den Inhalt wider: es gibt hellere und dunklere Wellen, es geht abwärts und aufwärts. Es ist farblich genau nach meinem Geschmack gestaltet.

Fazit: ein gelungenes Debüt mit viel Stoff zum Nachdenken

Bewertung vom 12.03.2024
Im See der Himmel
Sand, Helen M.

Im See der Himmel


ausgezeichnet

Maria wird von ihrer Großnichte Sofia nach Mühlbach eingeladen, über 50 Jahre nachdem sie das Dorf in Süddeutschland verlassen hat und in Greenville, South Carolina, eine neue Heimat gefunden hat. Maria weiß, dass dies wahrscheinlich die letzte Gelegenheit ist, sich mit ihrer Familie auszusöhnen.

„Im See der Himmel“ ist der Debütroman von Helen M. Sand. Sie studierte an der Universität Heidelberg Anglistik, Romanistik und Germanistik. Sie lebte längere Zeit in Argentinien und den USA und wohnt nun mit ihrer Familie in der Nähe von Karlsruhe (Quelle: Klappentext).

Helen M. Sand erzählt diese Familiengeschichte auf zwei Zeitebenen, zum einen in den Jahren 1944/1945, zum anderen in den Jahren 2001 und 2002. Der im Jahre 2016 spielende Epilog rundet die Geschichte ab.

Fortlaufend wird die Geschichte Anfang dieses Jahrhunderts erzählt. Der Besuch in Mühlbach läuft etwas anders als geplant, weil die Sorge um Sofia, deren Schwangerschaft Probleme bereitet, im Vordergrund steht. Das gibt Maria die Gelegenheit, sich zurückzuziehen und mit Erinnerungsstücken und Tagebuchaufzeichnungen die Geschehnisse der beiden letzten Kriegsjahre lebendig werden zu lassen. Die katholische Familie leidet unter dem strengen Großvater, einem glühenden Verehrer Hitlers. Seine Tochter Emilie hat schwere Schicksalsschläge zu verkraften und kann kein Verständnis für ihre älteste Tochter aufbringen. Nach und nach werden die Ereignisse, die zum endgültigen Bruch mit der Familie geführt haben, sichtbar.
Die Charaktere sind authentisch und lebendig beschrieben. Das gilt für den Großvater, für Emilie, die sich nicht wehren kann, für die Söhne, die völlig falsche Vorstellungen vom Krieg haben, für Marias jüngere Schwester Käte, die neidisch auf Maria ist und für alle anderen.
Der Schreibstil ist sehr gut lesbar und insbesondere die Erzählungen aus den Kriegsjahren sind sehr spannend. Der christliche Glaube spielt eine wichtige Rolle.

Das Cover und der Titel passen hervorragend zum Inhalt, ein Stammbaum zu Beginn des Romans bietet eine gute Orientierung.

Fazit: eine bewegende Familiengeschichte, die sich so oder ähnlich zugetragen haben könnte

Bewertung vom 12.03.2024
Die Gefallenen von St. Katharine¿s
Harris, C. S.

Die Gefallenen von St. Katharine¿s


sehr gut

London, 1813: Der Chirurg Paul Gibson stolpert im wahrsten Sinne des Wortes über eine verstümmelte Leiche. Neben ihm liegt eine schwerverletzte Frau. Da es sich bei den beiden um Franzosen handelt, schließt die Polizei den Fall aus politischen Gründen sofort ab. Also ermittelt Sebastian St. Cyr und muss sich dabei seiner Vergangenheit stellen.

„Die Gefallenen von St. Katherine's“ ist mittlerweile der 9. Band der Reihe um den englischen Adligen Sebastian St. Cyr. Da jeder Fall in sich abgeschlossen ist, ist die Kenntnis der Vorgängerbände nicht notwendig. Allerdings erzählt die Autorin auch die sich weiter entwickelnden privaten Geschehnisse. C.S. Harris lässt sich von der Französischen Revolution und ihren Folgen inspirieren. Die historischen Fakten hierzu erläutert sie wie gewohnt am Ende des Krimis.
Die Hauptfiguren Sebastian St. Cyr, seine Frau Hero, beider Väter und der Chirurg Paul Gibson sind bereits aus den Vorgängerbänden bekannt. Insbesondere bei Paul Gibson sind neue Facetten zu entdecken, da er hier eine wichtige Rolle spielt. Heros Schwangerschaft schreitet fort, was sie nur teilweise daran hindert, Sebastian zu unterstützen. C.S. Harris nutzt dies, um die Geburtspraxis der damaligen Zeit zu beleuchten.
Auch in diesem Fall ist das Szenario überwiegend düster, was auch daran liegt, dass vieles in den Abend- und Nachtstunden stattfindet. Aber auch die Armut und das entbehrungsreiche Leben der Londoner ist wieder Thema.
Der Fall selbst wirft viele Fragen auf. Auch Sebastian St. Cyr tappt lange Zeit im Dunkeln, bis er es schafft, die Stränge zu entwirren. Das gelingt sehr gut, am Schluss ist der Tod des französischen Arztes nachvollziehbar und vollständig aufgeklärt.
Fazit: ein gut recherchierter und spannender Krimi

Bewertung vom 10.03.2024
Das Geheimnis von St. Benet's
Menzel, Marlene

Das Geheimnis von St. Benet's


sehr gut

Alethea Shaw soll ein Grab umsetzen und entdeckt dabei zufällig eine zweite Leiche. Verdächtig ist zunächst Reverend Hughing. Das jedoch möchte Thea nicht wahrhaben und ermittelt auf eigene Faust.

Der vorliegende Band ist der vierte der Reihe um Inspector Myrna Evans und ihrer Freundin Alethea Shaw. In jedem Band ist der jeweilige Kriminalfall abgeschlossen, die Ereignisse in dem kleinen Ort in Lancashire und im Privatleben der beiden Frauen werden übergreifend erzählt. Ich empfehle, die Reihenfolge einzuhalten, auch wenn das zum Verständnis nicht notwendig ist.

Marlene Menzel versteht es, ihre Leserinnen sofort in das Geschehen hineinzuziehen. Ihre Hauptfiguren Myrna und Alethea sind ebenso wie Callan, der die beiden bei ihren Ermittlungen unterstützt, sind sehr sympathisch. Einige Bewohnerinnen spielen in jedem Band eine wichtige Rolle und tragen dazu bei, dass der in einem flüssigen Stil geschriebene CosyCrime kurzweilig und lebendig wird.

Der Fall selbst ist spannend, denn es gibt einige falsche Fährten. Er wird nachvollziehbar aufgelöst. Dennoch erlaubt sich die Autorin einen Cliffhanger, denn eine neu eingeführte Figur bleibt geheimnisvoll.

Das Cover passt sich in der Gestaltung den Vorgängerbänden an, der Inhalt spiegelt sich im Motiv wider.

Fazit: eine gelungene Fortsetzung

Bewertung vom 03.01.2024
Waiseninsel / Jessica Niemi Bd.4
Seeck, Max

Waiseninsel / Jessica Niemi Bd.4


ausgezeichnet

Kommissarin Jessica Niemi wird nach einer Auseinandersetzung beurlaubt und reist auf die Aland-Inseln. Einer der älteren Gäste, die sich ebenfalls auf der Insel befinden, wird tot aufgefunden. Da es in der Vergangenheit bereits zwei ähnliche Todesfälle gab, beginnt Jessica Niemi zu ermitteln.

„Waiseninsel“ ist der vierte Band der Serie um Kommissarin Jessica Niemi und mein erster. Jeder Fall ist in sich abgeschlossen, das Privatleben der Ermittler wird hinreichend beschrieben, so dass ich keine Problem hatte, in die Geschichte hineinzufinden.

Max Seek ist der aktuell erfolgreichste Thriller-Autor Finnlands. Seine Bücher erscheinen in über 40 Ländern und standen auf den Bestseller-Listen der New-York-Times und des Spiegels. Der dritte Band wurde mit dem Nordischen Krimipreis 2023 ausgezeichnet. Seek wohnt mit seiner Familie in Finnland. (Quelle: Klappentext)

Mit einem spannenden Prolog, der im Jahr 1982 spielt, beginnt Seek seinen Thriller. Danach springt er in das Jahr 2020 zu der psychisch labilen Jessica Niemi, die an diesem Tag bei einer eskalierenden Situation gefilmt wird, die anschließend viral geht. Eine weitere Zeitebene betrifft die 40er Jahre des letzten Jahrhunderts, als das auf der Insel ansässige Waisenhaus Kinder beherbergte, die während des Krieges aus Finnland fliehen mussten.
Jessica Niemi hat ein außergewöhnliches Wahrnehmungsvermögen, das zu merkwürdigen Bildern führt. Jessica nimmt sie ernst, hört auf ihr Bauchgefühl und ist, nicht nur, aber auch deswegen eine hervorragende Ermittlerin.

Max Seek schafft eine gruselige Atmosphäre auf der Insel. Vieles geschieht tatsächlich in der Dunkelheit, aber auch seine lebendig beschriebenen Charaktere haben ihre Geheimnisse, die nach und nach aufgedeckt werden und der Geschichte neue und teilweise überraschende Wendungen geben. Dabei erscheint mir nicht alles schlüssig, was meinem Lesevergnügen jedoch nicht schmälerte. Der Fall ist gelöst, dennoch gibt es einen Cliffhanger, der erfreulicherweise auf eine Fortsetzung schließen lässt.

Das Cover mit der Hängebrücke passt sich den Vorgängerbänden an.

Fazit: ein sehr spannender Thriller, den ich gern empfehle

Bewertung vom 03.01.2024
The Next Girl
Kovach, Carla

The Next Girl


ausgezeichnet

Bewertet wird die deutschsprachige Ausgabe!

Ein ausgesetztes Baby entpuppt sich nach einem DNA-Test als die Tochter einer vor vier Jahren verschwundenen Frau. Werden Gina Harte, mit einem privaten Trauma belastet, und ihr Team Deborah nun finden, nachdem die Suche zuvor erfolglos verlief?

„Das unbekannte Mädchen“ ist der Auftakt-Band der Reihe um Gina Harte, von der bislang erst zwei Bände übersetzt wurden.

Carla Kovach hat einen sehr spannenden Krimi geschrieben, bei dem die Leserin atemlos durch die Seiten jagt. Sie wechselt die Perspektiven zwischen der verschwundenen Deborah und Gina Hartes Ermittlungen. Dennoch wissen die Leser nicht mehr als Gina und ihr Team, denn die Autorin beschreibt Szenen aus Deborahs Alltag. Deborah erleidet Schreckliches, gibt aber zu keinem Zeitpunkt auf, sondern behält immer die Hoffnung, ihrem Peiniger zu entkommen. Listig schafft sie es, durch den DNA-Test auf sich aufmerksam zu machen. Auch ihr Mann und ihre Mutter geben die Hoffnung nicht auf. Carla Kovach lässt es immer mitschwingen, wenn die Rede von einem oder beiden ist.

Gina Harte steht im Mittelpunkt des Ermittlerteams. Carla Kovach lässt die Leser an ihrem Privatleben teilnehmen, in genau der richtigen Dosis, wie ich finde. Gina setzt alles daran, Deborah nun zu finden, auch, weil sie fürchtet, vor vier Jahren etwas übersehen zu haben. Sie rollt den Fall komplett neu auf und findet neue Ansatzpunkte, so dass sich das Bild vervollständigt.

Der Schreibstil ist flüssig zu lesen, die Charaktere sind lebendig und mit Empathie beschreiben, die Perspektivwechsel trägt zur Spannung bei.

Fazit: unbedingt lesen

Bewertung vom 03.01.2024
Meeresnacht (eBook, ePUB)
Lund, Carina

Meeresnacht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Elin jagt den Mondscheinmörder

oder ist sie die Gejagte?

Spannend geht es weiter mit der Suche nach dem Mondscheinmörder. Elin Bertram und ihr Team, zu dem jetzt auch Thees Conrads gehört, haben noch immer keine vielversprechende Spur, als ein junger Mann entführt wird. Das irritiert, denn bislang waren es immer junge Frauen und hängt es überhaupt damit zusammen? Es sind noch ein paar Tage bis zum nächsten Termin, so zynisch das klingt.

Carina Lund versteht es, Spannung aufzubauen, ich habe den Krimi nahezu an einem Stück gelesen. Bereits im ersten Teil kam der Täter Elin Bertram nahe, in diesem Band kommuniziert er nahezu täglich mit ihr. Das sympathische Ermittlerteam hat keine Idee, wer dahinter stecken könnte. Dafür überschlagen sich teilweise die Ereignisse. Dinge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, stehen dann doch in einem Zusammenhang. Das ist sehr geschickt konstruiert, ebenso dass der Leser den Wissensstand des Ermittlerteams hat und wie Elin und die anderen völlig im Dunkeln tappt.

Der zweite Band endet mit der Lösung des aktuellen Falls, ich warte ungeduldig auf den dritten Band.

Fazit: absolut spannend – große Leseempfehlung

Bewertung vom 03.01.2024
Aktion Phoenix
Herzog, Christian

Aktion Phoenix


sehr gut

Christian Herzog lässt seinen Roman im Jahr 1936 in Berlin spielen. Die Eröffnung der Olympischen Spiele steht unmittelbar bevor. Die Reichshauptstadt will sich als glamourös und weltoffen präsentieren. Um diesen Eindruck zu vermitteln, hat Hermann Schmidt vom Propagandaministerium (kurz Promi genannt) die Aufgabe, eine Truppe hasserfüllter Schläger und eine Widerstandsgruppe ruhig zu halten. Sollte er diese Aufgabe gut meistern, winkt ihm ein Karrieresprung – nicht zuletzt wegen seines Schwiegervaters. In einem zweiten Erzählstrang deckt der Zeppelin-Steward Georg Finkbeiner ein schreckliches Geheimnis auf, das die Fahrt des Luftschiffes „Hindenburg“ zur Eröffnungsfeier betrifft.

Christian Herzog ist das Pseudonym von Ralf H. Dorweiler, Jahrgang 1973, der als Redakteur für eine große Tageszeitung arbeitete und nebenberuflich Kriminalromane veröffentlichte. Seine historische Romane sind sehr erfolgreich und ermöglichen ihm, ausschließlich als Schriftsteller tätig zu sein.

Das Thema dieses Romans ist die Frage, „wie autoritäre Staaten die Menschen mit Mitteln der Propaganda beeinflussen. Eine Thematik, die auch im 21. Jahrhundert von brisanter Aktualität ist.“ Insbesondere diese beiden Sätze haben mich davon überzeugt, das Buch lesen zu wollen.

Christian Herzog schreibt einen flüssig zu lesenden und bildhaften Stil. Viele Szenen entstanden sofort vor meinem geistigen Auge. Seine Protagonisten sind lebendig und authentisch beschrieben. Insbesondere die Kunststudentin Anna Kollmann steht für den Widerstand, wobei sie sich der Gefahr jederzeit bewusst ist. Hermann Schmidt, der sich in Anna verliebt, wird absolut glaubhaft in seiner Verunsicherung, sowohl was diese Affäre betrifft als auch beruflich, hin- und hergerissen zwischen seiner Frau und seinem wohlmeinenden Schwiegervater und seiner Schwester, die einen Juden geheiratet hat und in die USA ausgewandert ist. Hermann Schmidt fühlt sich nicht wohl in seiner Rolle und das spürt der Leser an vielen Stellen.

Der Erzählstrang um Georg Finkbeiner und die anderen Mitarbeiter auf der „Hindenburg“ ist sehr realistisch beschrieben. Georg will eigentlich nur als Steward arbeiten, sein großer Traum und findet sich dann in einer Rolle wieder, die ihm eigentlich etwas zu groß ist, die er jedoch wunderbar und glaubwürdig meistert.

Viele weitere Figuren tauchen auf, die teilweise eher Nebenrollen spielen und authentisch beschrieben sind. Das gilt auch für die historischen Persönlichkeiten, soweit ich das beurteilen kann.

Die Geschichte ist gut aufgebaut und auch das Ende nachvollziehbar, auch wenn ich gerne etwas mehr über Hermann Schmidts weitere Zukunft erfahren hätte. Insbesondere die Idee mit der Namensgleichheit der Aktion hat mir sehr gut gefallen.

Dennoch bin ich mit dem Roman nicht so recht warm geworden, wobei ich nicht begründen kann, woran das liegt. Vielleicht einfach daran, dass mich der perfide Plan, der zwar rein fiktiv war, aber durchaus im Rahmen des Möglichen lag, erschüttert hat, insbesondere vor dem Hintergrund der heutigen technischen Möglichkeiten.

Fazit: ein spannender Roman mit aktuellen Bezügen.

Bewertung vom 04.12.2023
Der Spion und der Verräter
Macintyre, Ben

Der Spion und der Verräter


ausgezeichnet

Ben Macintyre legt mit „Der Spion und der Verräter“ die Biografie von Oleg Gordijewski vor, der als KGB-Offizier für den britischen Geheimdienst spionierte. Daneben werde Einblicke in die Arbeit des KGB und anderer Geheimdienste sowie in das russische Denken und Handeln gegeben. Streckenweise liest sich dieses Buch wie ein Thriller, insbesondere was die Planung und Durchführung der spektakulären Flucht aus Moskau betrifft.

Das zunächst unspektakulär anmutende Cover enthält alle wichtigen Informationen in Schrift und Bild. Im Hintergrund des eher unscheinbaren Mannes mit Aktenkoffer sind sehr zurückhaltend zwei Gebäude abgebildet, die die Sowjetunion und Großbritannien symbolisieren. Nicht zufällig wird der Eindruck erweckt, der Mann bewegt sich von Ost nach West.

Ben Macintyre nimmt in seiner Einführung, die auf den 18. Mai 1985 datiert ist, eine für Oleg Gordijewski einschneidende Situation vorweg und baut damit Spannung auf. Im Anschluss daran wird Gordijewskis Lebensgeschichte chronologisch erzählt. Bereits die Ausgangssituation in der Familie ist sehr interessant, denn hier lernt Oleg Gordijewski, wie man Geheimnisse voreinander verbergen kann.

Macintyre arbeitet sehr gut heraus, welche Beweggründe Oleg Gordijewski gehabt hat, für den britischen Geheimdienst zu arbeiten. Auch Gordijewskis Zweifel, seine Ängste und seine Überlegungen, u.a. zu der Frage, ob er seine Frau einweihen soll, werden thematisiert.

Insgesamt ist es eine mit vielen Informationen und Namen durchsetzte Geschichte, die sich nicht nebenbei lesen lässt. Fotos, eine Liste der Decknamen und Aliasse, ein umfangreicher Zitatnachweis und ein informatives Nachwort vervollständigen das Buch.

Fazit: eine absolut lesenswerte wahre Geheimdienstgeschichte