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Pergamentfalter
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Bewertungen

Insgesamt 35 Bewertungen
Bewertung vom 19.07.2016
Krähenmutter / Laura Kern Bd.1
Shepherd, Catherine

Krähenmutter / Laura Kern Bd.1


sehr gut

Zugegeben, mit dem Begriff "Rabenmutter" können vermutlich viele etwas anfangen. Dass der Rabe bei diesem Buchtitel durch eine Krähe ersetzt wurde, ließ mich zunächst stutzen, als ich das Buch sah. Mittlerweile empfinde ich den Titel aber als passend. Im Gegensatz zum Raben klingt der Begriff "Krähe" härter. Vielleicht kann man sogar soweit gehen, ihn als gefährlicher klingend einzustufen. In jedem Fall hat "Krähenmutter" einen deutlich dunkleren Unterton als "Rabenmutter" - und ist damit der perfekte Ausgangspunkt für diese Geschichte.

Jährlich verschwinden in Deutschland etwa 100.000 Kinder. In Catherine Shepherds neuestem Werk ereilt dieses Schicksal auch eine junge Mutter in Berlin: Ihr wenige Monate alter Sohn verschwindet spurlos, als sie sich nur einmal kurz vom Kinderwagen entfernt hat. Für die beiden eingesetzten LKA-Ermittler Laura und Max ist schnell klar, dass es ich bei dieser Entführung nicht um einen normalen Fall handelt. Die Lösegeldforderung bleibt aus, das Kind bleibt verschwunden und als sich die Innensenatorin einschaltet und auch noch der Vater des Kindes verschwindet, läuft ihnen die Zeit davon ...

Die Handlung dieses Thrillers spielt auf mehreren Ebenen: Zum Ersten ganz klar der Fall selbst inkl. der Polizeiarbeit, den Besprechungen und internen Konflikten. Zum Zweiten die persönliche Ebene der beiden Hauptcharaktere Laura und Max, die neben der Arbeit mit ihren eigenen Abgründen und Problemen zu kämpfen hatten. Zum Dritten durch kurze Einblicke in das Leben von jemandem, der nur "Baby" genannt wird, und seiner Mutter. Durch diese unterschiedlichen Ebenen und damit verbundene Perspektivwechsel bekam ich einen Rundumblick über die Handlung. Gleichzeitig wurden dadurch immer wieder neue Fragen aufgeworfen, die mich weiterlesen ließen. Die Spannung wurde beinahe durchgehend aufrechterhalten.

Die Charaktere waren allesamt lebendig beschrieben. Der Einblick insbesondere in Lauras Persönlichkeit hat mir wirklich gut gefallen, auch wenn mir ihre Vergangenheit schon fast klischeehaft erschien, angesichts der vielen Thriller und Krimis, die eine ähnliche Grundlage für ihre Hauptcharaktere besitzen. Insgesamt bin ich leider mit keinem der Charaktere richtig warm geworden, habe aber trotzdem gern ihren Fall verfolgt.


Fazit
Obgleich die Charaktere mich nicht gänzlich überzeugen konnten, hatte ich Spaß an diesem Buch. Die Handlung ist flüssig und spannend und ließ sich gut verfolgen. Perspektivwechsel regten mich dazu an, weiterzulesen und mehr über den Fall und die damit verbundenen Personen herauszufinden.

Insgesamt würde ich das Buch allerdings eher als Krimi denn als Thriller einstufen. Für einen Thriller hat mir letztenendes noch eine ordentliche Portion zusätzliche Spannung gefehlt.

Bewertung vom 18.05.2016
In der Finsternis
Dazieri, Sandrone

In der Finsternis


ausgezeichnet

"Das Grauen", wie Dazieri treffend einleitet, beginnt, als zwei italienische Polizisten einen dehydrierten Mann auf einer Landstraße aufgreifen. Er berichtete vom Verschwinden seiner Frau und seines Sohnes. Wenig später wird die Frau ermordet aufgefunden; der Junge bleibt verschwunden. Nach ersten Ermittlungen der Polizei wird der Mann als Täter verhaftet.
Derweil scheint Inspektor Rovere nicht so recht an die Schuld des Vaters zu glauben. Er sieht Parallelen zu einem alten Fall, bei dem ebenfalls ein kleiner Junge entführt und elf Jahre lang in einem Silo gefangen gehalten wurde, ehe ihm die Flucht gelang: Dante Torre.
Rovere setzt die derzeit wegen eines Traumas beurlaubte Polizistin Colomba Caselli auf den neuen Fall an und stellt ihr Dante als Berater zur Seite. Gezwungenermaßen begibt sich ungleiche Duo auf Spurensuche - in Gegenwart und Vergangenheit. Dabei ist noch niemandem klar, in was für persönliche und auch staatliche Abgründe dieser Fall führen wird...

Die Handlung von "In der Finsternis" ist unglaublich spannend erzählt. Begonnen bei einem Mord in Verbindung mit einer Entführung stolpern die beiden Protagonisten von einem Albtraum in den nächsten und finden sich dabei in einem immer persönlicheren Umfeld wieder. Nicht nur diesem Umstand ist es geschuldet, dass dieser Thriller eine emotionale Achterbahnfahrt ist.
Neben der eigentlichen Handlung sind die große Stärke dieses Buches die beiden Protagonisten, die mich aufgrund ihrer Wirklichkeitsnähe und Lebendigkeit sehr beeindruckt haben.
Auf der einen Seite findet sich Dante Torre, ein Mann, dessen mentale Leistungsfähigkeit mich hin und wieder an Sherlock Holmes denken ließ. Im Lesen von Menschen und Ziehen von Schlussfolgerungen ist er brilliant. Seine grausame Vergangenheit hat jedoch derart tiefe Narben hinterlassen, dass er kaum zu einem angemessenen Sozialverhalten fähig ist und auch seine Klaustrophobie erschwert ihm das Leben.
Colomba Caselli - oder CC, wie Dante sie nennt - auf der anderen Seite ist eine durchsetzungsfähige Polizistin, die kein Problem damit hat, auch mal "anzuecken". Seit ihrem letzten großen Fall ist sie jedoch traumatisiert und beurlaubt. Angesichts ihrer Panikattacken und Schuldgefühle will sie eigentlich den Polizeidienst hinter sich lassen. Bis Rovere sie in den neuen Fall verwickelt.
Die Dynamik des Duos könnte eine ganze emotionale Palette füllen. Trotz der bedrückenden Handlung ließen die beiden mich das eine oder andere Mal schmunzeln und nahmen mich mit in ihrer Geschichte. Von der ersten bis zur letzten Seite hatte ich das Gefühl, Teil dieser wahnsinnigen (im wahrsten Sinne) Geschichte zu sein. Trotz der Erzählperspektive, die mich anfangs etwas stutzen ließ: Überwiegend wechselt die Perspektive von Kapitel zu Kapitel zwischen einzelnen Charakteren. Stellenweise finden sich jedoch auch innerhalb einzelner Kapitel Andeutungen des allwissenden Erzählers sowie Perspektivwechsel. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit war dieser Schreibstil jedoch mancherorts sogar förderlich für die Geschichte: Durch ihn konnte Dazieri ein facettenreiches, detailliertes Bild der Geschichte schaffen und somit den Kern der Handlung darstellen, den ich in seiner Komplexität nur mit einem Wort beschreiben kann: Unglaublich.

Fazit
Es gibt sie nicht oft, aber es gibt sie: Bücher, die einen mitreißen. Geschichten, die einen nicht mehr loslassen wollen, deren Charaktere der Realität entsprungen zu sein scheinen und deren Orte man nicht mehr verlassen will. "In der Finsternis" ist eines dieser Bücher.
Packend bis zur letzten Seite, mit einer Handlung, die mehr als nur ein gewöhnlicher Kriminalfall ist. Nebst der Geschichte an sich sind es vor allem die Protagonisten, die dieses Buch prägen. Sie liefern - vor allem angesichts des überraschenden Finales - Zündstoff für weitere Geschichten. Ich hoffe sehr, Colomba und Dante noch einmal wiederzusehen.
Bis dahin gibt es von mir eine sehr klare Kaufempfehlung!