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Frie
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Hamburg
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Leseratte

Bewertungen

Insgesamt 65 Bewertungen
Bewertung vom 11.06.2022
Der fränkische Uhrmacher
Mano, George Gaio

Der fränkische Uhrmacher


sehr gut

George Gaio Mano hat eine Geschichte über einen fränkischen Uhrmacher im 17. Jahrhundert geschrieben, der beim persischen Schah angestellt ist und diesem auch zum Freund wird. Rudolf Stadler ist ein junger Uhrmachermeister und für seinen Beruf und sein Alter weit gereist.
Er hat einen eigenartigen Humor und ist vielleicht auch ein bisschen naiv. Er lebt in Ispahan und ist mit einer christlichen Sklavin verheiratet. Am Ende wird er zum Märtyrer; sein Grab wurde lange als eine Art Wallfahrtsort besucht.
Die Auf einer wahren Begebenheit beruhenden Geschichte ist im Stil arabischer Märchen erzählt. Zu Anfang muss man sich etwas daran gewöhnen. Die Geschichte ist leicht zu lesen und lässt sich in wenigen Stunden bewältigen. Das Ende ist nicht märchenhaft; es gibt 'keine Moral der Geschichte' und der Schah wächst nicht über sich hinaus und lässt die Hinrichtung Stadlers zu. Trotzdem ist es eine schöne, abwechslungsreiche Erzählung.
Der Einband ist ansprechend gestaltet mit Bildern von Taschenuhren und einem Uhrwerk. Das Buch hat ein Lesebändchen.
Es eignet sich aus meiner Sicht wunderbar als Geschenk.
Ich vergebe 4 Sterne.

Bewertung vom 28.05.2022
Sonnenseiten
Penyas, Ana

Sonnenseiten


sehr gut

Ich hatte in einem Kulturradio über dieses Buch gehört und es mir gleich gekauft. Ich bin ein grafic novel Fan und mag, wie dort Geschichten über Bilder transportiert werden. Über 50 Jahre verfolgen wir die Veränderungen im Leben einer Familie an der spanischen Levante, die sich durch den exzessiven Bauboom und den damit unterstützen Tourismus für die ursprünglich vor Ort Lebenden ergeben. Es ist ein kritisches, auch politisches Buch.
Penyas nutzt Photos, die sie in ihre Zeichnungen einarbeitet. Damit schafft sie ihren eigenen Stil. Die Bilder wollen nicht schön sein, sondern Ausdrucksstark. Zum Teil ist ihr Stil fast kindlich.
Obwohl mir Gravic Novels, die bewusst nicht gefällig gezeichnet sind, oft nicht gefallen, hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen. Penyas zeigt kritisch die Schattenseiten des Massentourismus auf und lässt sich daneben Zeit, auch typische innerfamiliäre Auseinandersetzungen aufzugreifen und die vielfältigen sexuellen Themen Jugendlicher zu zeichnen. Penyas hat 2018 den höchsten spanischen Comicpreis gewonnen; das wundert mich nicht.
Ein Porzellanteller wird das Band zwischen den Jahrzehnten - verrückt, dass dieser es vielleicht als einziger unbeschadet vor Ort übersteht. Schade, dass die Geschichte 2019 endet - die Auswirkungen von Corona auf das alles hätten mich interessiert.
Ein Buch, das nachdenklich macht. Für mich klare vier Sterne.

Bewertung vom 13.05.2022
Waldinneres
Subietas, Mónica

Waldinneres


gut

Viele Geschichten weben sich ineinander; zum Beispiel die des Kunstsammlers Jakob Sandler auf seiner Flucht aus Nazideutschland mit der von Gottfried, welchem lange nach dem Tod seiner Eltern ein unerwartetes Erbe in einem Schließfach zufällt.
Schnell wird man in den Bann gezogen. Die relativ kurzen Kapitel lassen sich gut lesen. Der Plot um ein geheimnisvolles Bild ist spannend und neu. Raubkunst als zentrales Element des Romans ein wichtiges Thema. Viel Potential liegt darin.
Das Buch hat einen sehr schönen Einband, welcher Ausschnitte des Bildes zeigt, um das es im Buch geht. Ein Lesebändchen fehlt mir. Es könnte ein starkes Erstlingswerk einer spanischen Autorin sein.
Sie zeichnet Menschen mit Ecken und Kanten; soweit gut. Es ist dem Leser nicht unbedingt leicht, den Personen nahe zu kommen, da man nicht immer erfährt, was die Gründe für ihr Handeln sind.
Die Schwäche des Buches ist für mich, dass partout alle Erzählstränge zusammengeführt werden müssen - das wirkt aufgesetzt - insbesondere wenn am Ende alle Personen in dem Roman mit mindestens einer weiteren Person in einem engen Zusammenhang stehen.
Schade: die Idee des Romans hatte Potential für 5 Sterne - der Einband des Buches ist wirklich gelungen und sehr ansprechend. Die Geschichte liest sich leicht, leider ist nicht alles logisch, zu viel wird nicht auserzählt. Ich hatte ob des wirklich interessanten Themas hohe Erwartungen, die sich leider nicht erfüllten. Ich wünschte mir fast, dass die Autorin die Geschichte nochmal überarbeitet- an sich könnte sie ein Klassiker werden. So sind es leider nur 3 Sterne.

Bewertung vom 01.05.2022
Bu Tian Ge - Die Ballade von den Himmelsstürmern - Band 1
Xia, Da

Bu Tian Ge - Die Ballade von den Himmelsstürmern - Band 1


sehr gut

Die Zwillinge Quchen und Ating werden nach der Geburt getrennt und wachsen unter sehr unterschiedlichen Einflüssen auf, ohne von einander zu wissen. Sie sind mit übernatürlichen Kräften ausgestattet und lernen, diese zu entwickeln. Band 1 der Saga beschreibt die Kindheit und Jugend der beiden. Hier gibt es schon Berührung zu bösen Mächten; zum Glück lernen die Geschwister, miteinander in Kontakt zu treten. Die beiden weiteren Bände werden Ende 22 und Anfang 23 erscheinen.

Ich hatte zuvor kein Manhua gelesen (Comickunst aus dem chinesisch sprachigen Teil der Welt). Allerdings bin ich grafic novel Fan und habe somit ein Grundverständnis. Wichtig für mein Eintauchen in das Buch ist die Information im Klappentext, dass die Geschichte daoistische, buddhistische, mythologische und volksreligiöse Bezüge hat. Das machte es mir leichter, mich auf die Geschichte einzulassen. Die Zeichnungen sind künstlerisch und detailliert. Besonders viel Liebe steckt in den Landschaften und den Zeichnungen der Haare. Die großen Augen erinnern an Mangas. Gut gefallen haben mir auch die Anmerkungen des Übersetzers, da auch diese mir die Inhalte des Buches näher gebracht haben. Sehr schwer habe ich mich mit den feminin gezeichneten Männergestalten getan. Ich habe die Protagonisten deshalb nicht immer richtig zuordnen können. Das hat das Lesen erschwert. Der erste Band endet mit einem Cliffhanger. Viele Fragen sind während der Geschichte aufgetaucht, die bis zum Ende von Band 1 nicht beantwortet werden. Xianxia ist ein interessantes Genre und von diesem Manhua bin ich ganz angetan. Das sind 4 Sterne!

Bewertung vom 28.04.2022
Atlas der Unordnung
Papin, Delphine

Atlas der Unordnung


ausgezeichnet

Auf 175 Seiten eines quadratischen Buches taucht man ein in die Welt der Grenzen. Das Buch ist in verschiedene Kapitel aufgeteilt, denen jeweils ein erklärender Text vorangestellt ist. Über 60 Karten geben Beispiele zu Grenzen verschiedenster Art.
Jede der Karten ist anders gestaltet, so dass man sich immer neu orientieren muss. Ich kenne jetzt z.B. die älteste Grenze der Welt und weiß, dass auch Deutschland ungeklärte Grenzverläufe hat. Bedrückend ist das Kapitel über Mauern. Erschreckend, wieviel Mauern in den letzten 20 Jahren dazu gekommen sind. Allein die Seite mit Trumps Mauer zu Mexiko macht das Buch schon lesenswert.
Eine der letzten Karten wurde von den kriegerischen Aktivitäten Putins überholt: die Krim und Donbass.
Mir gefällt das Buch ausnehmend gut. Ich könnte mir seinen Einsatz sehr gut im Bildungsbereich vorstellen.
Es ist abwechslungsreich, voller Lernfelder und hat ein handhabbares Format.
Das ist ein Buch, welches mit mir alt werden wird.
Karten, die Spaß machen und mit denen man schlauer werden möchte. Das muss ein Buch erst mal schaffen.
Dafür gibt es volle Punktzahl!

Bewertung vom 24.04.2022
Der Papierpalast
Heller, Miranda Cowley

Der Papierpalast


ausgezeichnet

Lassen Sie sich nicht vom pastelligen Einband täuschen und auch der Klappentext, der auf eine leichte Sommerliebe hindeuten könnte, spart den harten Kern der Geschichte aus. Eva Menasse beschreibt das Buch als sommerlichen Suchtstoff, da ist sie an manchen Stellen wohl deutlich dickfelliger als ich.

Cowley Heller nimmt sich vieler Themen an, die dysfunktionale Familien betreffen können: Verrat, Vergewaltigung, Verdrängung, Kindesmissbrauch, Bindungsunfähigkeit, Vernachlässigung von Kindern.
Um Elle dreht sich die Geschichte. Wir erleben einen Tag im Papierpalast, dem Dauer-Familien-Urlaubsziel, der zu Beginn der Sommerzeit von Mäusenestern befreit werden muss und im Winter unbewohnbar ist. Unterbrochen werden die Schilderungen durch Rückblenden auf das 50 jährige Leben von Elle und ihrer Familie.
Die Sprache ist klar und sexualisiert. In Elles Leben gibt es zwei Männer, den Briten Peter und Jonas, ihre Jugend/Lebensliebe. Mit Jonas verbindet sie ein dunkles Geheimnis.
Obwohl ich keiner der Personen in ihren Handlungen folgen konnte, lies sich der Roman schnell und gut lesen. Ich mag auch die klare, harte Sprache der Autorin. Manchmal sind die Schilderungen so bitter, dass man innehalten muss vor Mitleid. Aber auch witzige Stellen finden sich.
Die große Schwäche ist für mich das Ende. Es ist aus meiner Sicht offen bzw lässt verschiedene Ausgänge zu. Ich brauche nicht immer ein gutes Ende, aber in Anbetracht der oben geschilderten Themen hätte ich es mir hier gewünscht (bzw. Elle und ihrer Familie). So bleibe ich etwas traurig zurück. Trotzdem für mich 4 Sterne.

Bewertung vom 21.04.2022
Die Forsyte Saga
Galsworthy, John

Die Forsyte Saga


gut

Die Trilogie, die in der Begründung für die Verleihung des Literatur Nobelpreises an Galsworthy stand, wurde neu verlegt. Reclam hat die drei Bände hübsch gestaltet und liefert sie in einem passenden Schuber aus. Ergänzt wird das durch einen Stammbaum.
In Band 1 bekommen wir viele der Forsyte vorgestellt, so dass man versucht ist, weitere Notizen zum Stammbaum zu machen. Tatsächlich werden für den ersten Teil der Geschichte 5 Personen von Bedeutung sein. June, die Tochter von Jolyon dem Jüngeren, verlobt sich mit Bosinney. Dieser wird Architekt von Soames für dessen Hausbau außerhalb der Stadt. Deshalb trifft er auf dessen Frau Irene, in welche er sich unsterblich verliebt.
Die Beschreibung der Personen beschäftigt sich gerade Anfangs mit Äußerlichkeiten. Das ist besonders bei den Frauen auffällig aus der Zeit gefallen, da diese gerne mit dem Attribut klein beschrieben werden, selbst wenn sie körperlich sogar groß gewachsen sind.Im Verlauf der Geschichte gewinnen die Hauptpersonen am Kontur. Zum Teil durch die Beschreibung ihrer Taten, zum anderen durch die Beschreibung ihrer äußeren Veränderung. Der Tod der Familienältesten Ann markiert wohl den Höhepunkt der Bedeutung der Forsyte; ein weiterer Tod wird 'die Auflösung der Familie Forsyte zur Folge haben'. Die Bindung der Familie wirkt äußerlich eng ( es gibt ritualisierte Treffen); emotional gibt es nur einzelne Familienmitglieder, die an einander hängen. Ein Bindeglied ist das Vermögen und die Frage, ob man selbst oder ein anderer reicher sei. Das Buch könnte auch die gefährliche Frau heißen, da Irene mit ihrer Schönheit und Ausstrahlung alle Männer berührt.
Der zweite Band startet mit einem Einschub, Nachsommer, in welchem Jolyon der Ältere und Irene aufeinander. Er verliebt sich Hals über Kopf und kann es sich nicht eingestehen. Die Schönheit Irenes lässt er sich gegenüber als Grund gelten. Er vermacht ihr eine Leibrente und verstirbt an der Aufregung seiner Gefühle.
Das zweite Buch, in Fesseln, rankt sich im wesentlichen wieder um Irene. Nach Jahren der Trennung will Soames einen Stammhalter. Eigentlich will er die Scheidung, um Annette, eine junge Französin zu heiraten.
Als er wieder auf Irene trifft, entflammt er erneut in einer Mischung aus Liebe und Besitzdenken. Jolyon d.J. verwaltet seit Jahren das Geld für Irene und will ihr während der Scheidung von Soames beistehen. Er verliebt sich in Irene und erliegt ihrer Schönheit (am Ende wie sein Vater). Soames spioniert Irene aus und erfährt von der Nähe zwischen Jolyon und ihr. Im Schreiben seines Anwalts zur Scheidung wird das (bis dahin nicht vorhandene) Verhältnis als Grund genannt. Die beiden entscheiden sich für einander und werden Eltern eines Sohnes. Soames heiratet Annette. Als er sich am Kindbett für Kind oder Frau entscheiden muss, wählt er das Kind. Annette überlebt und Soames wird Vater einer Tochter. Seinem Vater hat er am Sterbebett vorgelogen, er hätte einen Sohn. Als er das Kind dann sieht, spürt er überrascht Triumph. Er denkt: 'Dies Wesen ist meins'.
In einer Nebenhandlung heiratet Val, der Enkel von James, Holly, die Enkelin von Jolyon, d.Ä. und die beiden verbinden damit die verfeindeten Familienzweige.
Der dritte Band handelt von Jon und Fleur.
Das sind die Kinder von Jolyon d.J. und Irene bzw. Soames und Annette.
Wie das Schicksal es so will begegnen sich die beiden und verlieben sich ineinander. Beide Elternteile sind gegen die Verbindung. Lange versuchen sie, die Gründe vor den Kindern geheim zu halten. Das glückt nicht. Jon verzichtet im Andenken an seinen Vater auf die Beziehung und wandert aus. Fleur heiratet in den englischen Adel ein.
Galsworthy bemerkt zur Saga, dass diese versinnbildlichen soll, was Schönheit im Leben der Menschen anrichtet.
Ich finde eher, dass es ein Buch darüber ist, dass Vermögen alleine nicht glücklich macht und das das Aussehen einer Frau nicht der wichtigste Grund für eine Eheschließung sein sollte; nicht mal im viktorianischen Zeitalter.
Soames al

Bewertung vom 11.04.2022
Meine glutenfreie Hausmannskost
Gruber, Tanja

Meine glutenfreie Hausmannskost


ausgezeichnet

Über die Jahre bin ich gut geworden in glutenfreien Kuchen. Stolz bin ich auf meine Sammlung mehlfreien Weihnachtsgebäcks. Ich nutze glutenfreie Spaghetti und Nudeln aus Bohnen uä. Aber herzhaftes Essen ohne Gluten kam zu kurz. Da passt das Buch von Tanja Gruber, meine glutenfreie Hausmannskost perfekt.
Der fröhlicher bunter Einband mit glänzenden Elemente macht schon mal Spaß.
Tolle, abwechslungsreiche Photos machen Appetit. Praktisch zum Nachkochen: das Rezept auf einer Seite und gegenüber das Bild mit dem fertigen Gericht. Zu vielen Rezepte gibt es Tipps als Ergänzung. Die Rezepte haben eine Abwandlung für Veganer. Ergänzt wird das Buch durch einen umfangreichen Theorie Teil zu den Themen Zöliakie, glutenhaltige und glutenfreie Lebensmittel, selbstgemachte Mehlmischungen und Hinweise zu Laktoseintoleranz und Milcheiweißallergie.
Direkt versucht habe ich mich an Eierspätzle in der Variante mit Käse. Für 4 Personen hatte ich die Menge für 6 Portionen gemacht und dazu Blattsalat. Es war nur ein kleines bisschen über, vielleicht eine Portion. Die geschabten Spätzle waren gut gelungen, der schwäbischen! Familie hat es geschmeckt.
Außerdem hatte ich Sehnsucht nach Laugengebäck. Daran bin ich gescheitert. Der Fehler liegt aber sicher bei mir, da ich im ganzen Leben noch keinen Hefeteig hinbekommen habe.
Als nächstes stehen Bratlinge und Schupfnudeln an. Schön finde ich auch das Angebot an Saucen.
Das Buch wird mich begleiten.
Ich kann es wärmstens für alle empfehlen, die auf Gluten verzichten müssen und wollen. Das ist ein gelungenes Kochbuch. Für mich volle Punktzahl.

Bewertung vom 08.04.2022
Halt finden in sich selbst
Lolos, Georg

Halt finden in sich selbst


sehr gut

Lolos wagt den großen Aufschlag. Was so einfach daher kommt: stelle dir die 13 Fragen, dann findest du deinen sicheren Ort in dir selbst, wird so leicht nicht werden.
Es sind existenzielle Fragen die gestellt werden. Diese lassen sich nicht auf die Schnelle beantworten. Mit der Beantwortung gehen Verhaltensänderungen einher. Das braucht Geduld und Zeit.
Der Autor nutzt Erläuterungen und Beispiele aus dem Buddhismus, von Jesus und z.B. die Autorin Byron Katie.
Das Buch hat eine übersichtliche Gliederung mit verständlichen und passenden Beschreibungen der Kapitel.
Am Ende findet sich ein Hinweis zur praktischen Anwendung des Buches, z.B. in welchen Situationen man sich welche Fragen stellen könnte. Auf 6 Seiten werden die Essenzen aus allen Fragen nochmals für z.B Meditationen zusammengefasst.
Ich denke, dieses Buch ist anspruchsvoll für Anfänger und vielleicht sogar ein Buch, welches eine Begleitung braucht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man mit dem Buch alleine Resultate erzielen kann. Wenn ein elementarer Zustand, wie die Ohnmacht nach dem Tod einer geliebten Person bearbeitet werden soll und die Übung dazu Byron Katie zitiert mit dem Satz: "wisst ihr, was ich am meisten an der Vergangenheit liebe? It's over! sie ist vorbei!" und zu Bewegung oder Tanz motiviert, dann darf der Grad der Ohnmacht nicht allzu hoch sein. Meine um ihren Mann trauernde Mutter erreiche ich damit jedenfalls nicht.
Ich vermute, dass Menschen, die bei Lolos in Behandlung oder Ausbildung sind mit dem Buch gut arbeiten können und werden.
Sehr interessant finde ich die Einschübe, die Lolos Haltung zu bestimmten Themen in Medizin und Therapie wiedergeben. So hält er nichts von der Vorstellung, dass eine Krankheit zwangsläufig eine psychische Ursache haben muss, sondern betrachtet uns als Wesen in größeren Zusammenhängen, wie z.B. Familie und Umwelteinflüssen. Das empfinde ich als wohltuend - die Büchereien sind voll von Titeln, die einem suggerieren, dass man sich nur selbst 'optimieren ' müsste und alles wird gut.
Wer also bereit ist, sich wichtigen Fragen zu stellen, Zeit und Geduld mitbringt und diesen Mix aus christlichen und buddhistischen sowie populärwissenschaftlichen Ansätzen interessant findet, der wird dieses Buch mögen. Vermutlich wird man es mehrmals lesen.

Bewertung vom 02.04.2022
Bergers unverhoffte Reise
Walker, Hans

Bergers unverhoffte Reise


gut

Auf einem Frachtschiff treffen, in wenigen Kabinen auf 5 Sterne Niveau, 8 Passagiere auf einander. Neben Max, dem Hauslehrer und seinen zwei Schülern, ist es deren Mutter, ein Schriftsteller mit Schreibblokade, ein älteres Ehepaar mit Geheimnissen und eine undurchschaubare Gräfin.
In einer Art Kammerspiel verweben sich die Menschen über Gespräche und Taten miteinander. Auch Teile der Besatzung werden Bestandteil dieser Verbindung.
Es ist ein Potpourri der Lebensthemen, auf die wir hier treffen. Liebe, Treue, Lust und Erwachsen werden spielen genauso eine Rolle, wie Ängste, Einsamkeit, Neugier, gesellschaftliche Normen und ungesunde Beziehungen.
Walker erweckt seine Protagonisten nicht alle im selben Maße zum Leben. Max lernt man gut kennen, oft nehmen wir an seinen Gedanken teil. Der Schriftsteller hingegen bleibt diffus. Die Gräfin zeigt sich im Verlauf der Geschichte von einer anderen Seite. Die Mutter der Kinder tritt als solche kaum in Erscheinung, fällt aber als Frau mit 'Wirkung' auf. Diese Gewichtung in der Ausgestaltung der Figuren ist m.E. kein Unvermögen von Walker, sondern Absicht. Es ist ein bisschen so, als sei man selbst Teil der Gruppe gewesen. Wenn man sich dann -am Ende der Reise- trennt, kennt man die andern auch unterschiedlich gut.
Ich fühlte mich gut unterhalten, bis ich zum Ende der Geschichte kam; dieses hat mich überrascht. Liest man den letzten Satz des Buchrückens, erwartet man etwas anderes.

Der Einband ist mir zu grau - das Buch wird es damit im Laden schwer haben; zum Glück ist wenigstens der fliegende Fisch lackiert.
Als Liebhaberin von Büchern tu' ich mich mit der Bindung schwer. Ich wollte den Rücken nicht brechen; dadurch hat das Buch aber in die Hände geschnitten.

In der Summe ist der Eindruck auf mich ok. Das Buch lässt sich gut lesen, hat mich aber nicht nachhaltig beeindruckt. Die Geschichte ist mir zu konstruiert um mich emotional voll einfangen zu können. Für mich sind es drei von fünf Sternen.